Freiwild auf der Straße

Über eintausend Kilometer haben wir vergangenes Wochenende auf Deutschlands Straßen und Autobahnen zurückgelegt. Ich fahre ja lieber mit der Bahn, aber manchmal geht es nicht anders.

Was ich in letzter Zeit beim Autofahren häufig feststelle und was sich auch dieses Mal bestätigte, ist das rüpelhafte Verhalten einiger Verkehrsteilnehmer. Da wird gedrängelt und an den unmöglichsten Stellen überholt; Geschwindigkeitsbegrenzungen scheinen kaum noch jemanden zu interessieren und Blinken ist sowieso Out. Man kommt sich wie ein Idiot vor, weil man sich an die Regeln hält und vorschriftsmäßig fährt. Wenn man mit einem Kleinwagen mit 90-100 km/h auf der Landstraße fährt, wird man grundsätzlich überholt. Meist von dicken SUVs, deren Fahrer oder Fahrerin kaum übers Lenkrad gucken können. Im Stadtverkehr ist Rücksichtnahme zum Fremdwort geworden, man wird geschnitten oder angehubt, wenn es mal nicht gleich vorwärts geht oder das Einparken etwas länger dauert.

Ich kann mich erinnern, dass dies noch vor zehn bis fünfzehn Jahren nicht so extrem war. Meiner Meinung nach liegt das zum einen daran, dass die Autos sicherer geworden sind und damit auch das Sicherheitsgefühl der Fahrer. Nach dem Motto, mir kann ja nichts passieren. Wozu auch die vielen SUVs beitragen. Zum anderen liegt es am Wandel, den die Gesellschaft in den letzten zwanzig Jahren durchlaufen hat. Heute ist jeder nur noch sich selbst der Nächste. Kaum einen scheint zu interessieren, wenn er mit seinem riesigen Auto einen Kleinwagen oder Fußgänger platt macht. Zumindest legt das der Fahrstil von manchem Verkehrsteilnehmern nahe.

Verkehrsregeln sind nicht für umsonst gemacht worden und sie gelten für alle, auch für die Geländewagen die nur auf Straßen fahren und sich die Reifen nicht schmutzig machen wollen.

Kein Anschluss unter dieser Nummer

Alle haben ein Handy, aber keiner telefoniert. Zumindest erzählt mir das dieser Artikel bei NTV.

So ganz von der Hand weisen, lassen sich die Ausführungen der Journalistin nicht. So richtig viele Anrufe habe ich in letzter Zweit nicht bekommen und wenn, dann waren sie entweder geschäftlicher Natur oder es klingelten irgendwelche Umfrageinstitute. Man redet nicht mehr miteinander, weil man dabei nicht kontrollieren kann, was man sagt, oder weil man sich vom Anrufer gestört fühlt. Mhm! Sind wir jetzt schon so egoistisch, dass wir nicht mal mehr mit anderen sprechen wollen?

Eine bedenkliche Entwicklung wie ich finde. Denn es ist nicht so, dass Sprache einst Grundlage unserer Evolution zum Menschen war. Wenn wir jetzt nicht mal mehr miteinander telefonieren wollen, was kommt dann? Wahrscheinlich hören wir als Nächstes auf, uns zu schreiben. Wenn ich mir manchmal mein E-Mail Postfach betrachte, könnte ich meinen, es wäre schon soweit. Denn ich verschicke mehr E-Mails, als ich beantwortet bekomme. Liegt es an mir oder was sagt das über mich und andere?

Ich besitze kein Smartphone und nutze daher auch kein Whats…(auch immer). SMS schreibe ich nur, wenn es nicht anders geht und ich nicht telefonieren kann. Einfach, weil es zu kompliziert ist, auf einer Nummerntastatur einen ausführlichen Text zu tippen. Denn ich hasse es, eine nur mit ASCII-Zeichen formulierte Nachricht zu versenden. Ein Smiley hier und ein Emoticon dort – das ist so, als würde ich versuchen mit Händen und Füßen zu sprechen. Nennt mich altmodisch, aber das kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein, eher der Anfang menschlicher Degeneration. Vielleicht haben wir in 50 Jahren alle einen Chip im Kopf, mit dem wir kommunizieren. Und jeder lebt in seinem eigenen abgeschlossenen Tank und führt ein virtuelles Leben in einer geträumten Welt. (Matrix lässt grüßen.)

Ich stehe dazu. Ich telefoniere gern, weil ich gern rede. Und mir ist egal, ob ich dabei von meinem Gegenüber falsch verstanden werden kann. Denn schließlich kann man darüber reden.

Wenn der Topf aber nun ein Loch hat …

Ich komme nach Hause und aus dem Hauseingang ragt ein gelber Schlauch in die Tiefgarage, aus dem Wasser tröpfelt. Der Schlauch zieht sich durch den ganzen Keller bis in den Heizungsraum und endet direkt unter dem riesigen Warmwasserspeicher. An der Wand dahinter prangt ein Wasserfleck. Mein Mann kommt gerade vom Beiratstreffen der Eigentümer und berichtet mir, dass der Wasserspeicher ein Loch hat (Korrosion).

»Wie bitte?!« Haus und Heizung sind gerade mal 15 Jahre alt, wie kann da ein emaillierter Wasserspeicher durchrosten? »Und jetzt?«

Da sich das Loch wegen der Emailierung nicht abdichten lässt, muss der Warmwasserspeicher getauscht werden. Neben den unvermeidlichen Kosten einer Neuanschaffung gibt es ein noch ein weiteres »größeres« Problem. Als der Speicher nämlich eingebaut wurde, war dar Keller noch im Rohbau, dass heißt ohne Decke. Die kam erst später und mauerte den Speicher sozusagen ein. Um ihn rauszubekommen, müsste man entweder drei Türrahmen vergrößern oder den Kessel zersägen. Ein nicht unerheblicher Mehraufwand. Und weil sich schon ziemlich viel Feuchtigkeit im Boden und Mauerwerk gesammelt hat, muss dass ganze auch ziemlich schnell in Angriff genommen werden. Sprich wir und 25 weitere Wohnungen werden in der nächsten Woche für mindestens drei Tage kein warmes Wasser haben und am Ende auch noch die Zeche zahlen.

Wenn ich vergleiche: der Warmwasserspeicher im Haus meiner Eltern ist jetzt 25 Jahre. Inzwischen wurde bereits einmal die Heizung erneuert. Der Kessel wurde nur saubergemacht und anschließend weiterverwendet. Im Grunde kann so ein Ding eigentlich nicht kaputt gehen, vorausgesetzt er wurde vorschriftsmäßig behandelt. Denn bei einem emaillierten Innenleben, reicht ein Stoß von außen und die Emaille innen bekommt einen Riss, an dem sich dann Rost bilden kann. Aber bei dem Pfusch, den der Bauherr an den vier Mehrfamilienhäusern betrieben hat (fehlende Isolierung u.s.w.), wundert mich eigentlich gar nichts mehr.

Ferienzeit = Baustellenzeit

Es sind Osterferien und die Baustellen sprießen wie Unkraut aus dem Boden, besonders die bei der Deutschen Bahn.

Heute morgen im Zug informierte der Zugbegleiter die Reisenden, dass der MERIDIAN nach München ab morgen bis zum Sonntag über die Unfallstrecke durchs Mangfalltal umgeleitet wird, da die Hauptstrecke Rosenheim-München halbseitig gesperrt ist. Die Begeisterung meiner Mitreisenden hielt sich, wie zu erwarten, in Grenzen. Es mault auch kaum noch einer, weil sich die Baustellen auf dieser Strecke schon über Jahre hinwegziehen. Regelmäßig und mindestens zweimal im Jahr kommt es zu Sperrungen. Die aktuelle Baustellenplanung in dieser Woche gipfelt aber in einem sehr seltsamen Ersatzfahrplan. So ist der Regionalzug, mit dem ich morgens um Sechs losfahre meist zehn nach Sieben in München. Ab morgen wird er erst kurz nach Acht in München sein, also fast eine Stunde später. Der Folgezug, der halb Sieben abfährt, ist trotz Baustelle zwei Minuten früher am Hauptbahnhof als der erste, weil er die herkömmliche Strecke nimmt. Das soll einer verstehen. Glauben die tatsächlich, dass noch einer den Zug um Sechs nimmt?

Aber das ist nicht die einzige Baustelle auf meinem Weg zur Arbeit. Die U-Bahn fuhr heute nur im Zehn-Minuten-Takt, statt wie sonst im Fünf-Minuten-Takt, dadurch verpasste ich beinahe noch meinen Bus. Außerdem hält sie in dieser Woche nicht an der Implerstrasse, weil dort die Rolltreppen erneuert werden. Also Baustellen wohin das Auge blickt.

Ich schätze mal, wenn im Mai die Baustelle bei der Bahn abgeschlossen ist, wird an anderer Stelle gleich eine Neue eröffnet. Tja, das kommt davon, wenn man jahrelang nur spart, um einen formvollendeten Börsengang vorzubereiten (der dann Gott sei Dank nicht stattfand), anstatt sich um die Bedürfnisse seiner Fahrgäste zu kümmern. Da kann es schon mal passieren das Gleise und Oberleitungen mit der Zeit marode werden.

Doch kein Frühling

Boah! Der Winter ist zurück. Seit heute Morgen schneit es wie verrückt. Vom Fenster aus sieht man kaum noch die Bürogebäude von Gegenüber. Der Schnee bleibt liegen, nicht nur auf den Bäumen, sondern auch auf der Straße. Jetzt, wo viele Gemeinden ihre Räumfahrzeuge schon eingemottet haben.

Gestern noch eitel Sonnenschein mit frühlingshaften Temperaturen und heute: Winter und Kälte. Da soll man nicht verrückt werden.

Eigentlich ist das ja nicht weiter verwunderlich. Es geht auf Ostern zu. Meine Erfahrungen aus den letzten Jahren haben gezeigt, dass es zu Ostern häufiger schneit, als zu Weihnachten. Zumindest im vergangenen Jahrzehnt. Dafür ist es an Weihnachten oft sommerlich warm und schneefrei.

Wer soll sich da noch auskennen. Das Wetter spielt verrückt, die Welt auch und die Menschen sowieso. Man schlägt sich entweder die Köpfe ein oder wählt ideologisch fragwürdige Parteien. Vernunft wurde zu einem Fremdwort, genauso wie Respekt und Menschlichkeit. Dafür sind Egoismus und Gier zu den Triebfedern unserer Gesellschaft geworden. Hoffnung auf Besserung ist nicht in Sicht. Da wünscht man sich fast eine Eiszeit zurück, die mit einer meterdicken Schneedecke alles unter sich begräbt. Am besten die ganze Menschheit dazu.

Der Kapselkrieg

„Qbo“ heißt das neue Zauberwort aus dem Haus Tchibo und ist eine Kampfansage an den Konkurrenten Nespresso.

Ein neues Kapselsystem im Hochpreissegment mit exklusiven Geschäften und eigens kreierten Kaffeesorten. Während der Automat rund 350 EUR kosten wird, beläuft sich der Preis für ein Kilo Kaffee in Form kleiner Kunststoffwürfel auf rund 60 EUR. Letztere sollen sogar mit einem Chip ausgestattet sein, damit die Kaffeemaschine die Kaffeesorte erkennt und Brühtemperatur und Druck passend dosiert. Als zusätzliches Feature bietet Tchibo seinen Kunden eine Smartphone App über die sie unteranderem die Menge des Milchschaums bestimmen können. Dazu hat die Maschine einen WLAN Anschluss. Ans Internet angeschlossen, teilt die Maschine mittels Push-Mitteilung ihrem Besitzer mit, wann sie gereinigt oder entkalkt werden möchte. Klingt ein bisschen nach Tamagotchi.

Ja, wir reden hier über Kaffee, jenes mehr oder weniger aromatische Heißgetränk mit der dunklen Farbe. Den Puristen stehen beim Gedanken an die »Kapselisierung« die Haare zu Berge, umweltbewussten Menschen sowieso. Der Mega-Trend auf dem Kaffeemarkt dient dem alleinigen Zweck, die Profite der Kaffeehändler zu mehren, auf Kosten von Umwelt und dem Geldbeutel der Konsumenten. Denn so eine Kaffeekapsel ist Hightech pur. Bei „Qbo“ bekommt sie nun auch noch einen Chip. Vor allem deshalb, um sie fälschungssicher zu machen. Im Gegensatz zu den Kapseln der Konkurrenz soll sie aber ohne Aluminium auskommen. Ich möchte dennoch nicht wissen, wie viel Energie und wie viele Ressourcen für so eine kleine Kapsel aufgewendet werden, nur damit sie nach einmaliger Benutzung im Müll landet. Es gibt inzwischen Leute, die diese Kaffeekapseln sammeln und daraus Schmuck basteln. Das ist zwar auch eine Art Recycling aber noch besser wäre es, wenn dieser Müll gar nicht erst entstünde.

Zum Glück trinken immer noch 75% der Bevölkerung ganz normalen Filterkaffee. Wir gehören dazu. So kaufen wir unsere Bohnen bei einer Hamburger Kaffeerösterei, mahlen sie selbst und kochen den Kaffee mit einer stinknormalen Kaffeemaschine. Noch hat sich keiner unserer Gäste beschwert. Im Gegenteil. Und nach dem Brühen landet der Kaffeesatz auf dem Kompost. Fertig. Kein umständliches Reinigen, kein Müll und keine Maschine, die uns diktiert, wann sie entkalkt werden möchte.

Ach ja, 60 EUR – etwa so viel kostet unser gesamter Jahresvorrat an Kaffee.

Der lange Weg nach Hause

Wie groß Deutschland eigentlich ist, wird einem erst dann bewusst, wenn das Überwinden von Entfernungen nicht so gut funktioniert wie gewohnt. Der Donnerstag vor einer Woche war einer dieser Tage, an dem ich auf dem Nachhauseweg mehr als doppelt so lang unterwegs war wie sonst.

Das Unheil begann schon am frühen Morgen mit einem ausgefallenen MERIDIAN. Zum Glück fuhr zehn Minuten später der EC, aber Schnee und das daraus resultierende S-Bahn Chaos sorgten dafür, dass ich mal wieder zu spät zur Arbeit kam.

Da der Schneefall über den Tag hinweg nicht auffhörte, überlegte ich mir, ob es nicht sinnvoller wäre, einen Zug früher in meine Thüringische Heimat zu fahren, dann wäre ich schon vor 20 Uhr zu Hause und hätte noch etwas Spielraum. Soweit meine Planung.

Wegen dem Ausfall einer U-Bahn wurde es am Münchner Hauptbahnhof mal wieder knapp. Eigentlich wollte ich mir noch den neuen NEO kaufen, aber dafür blieb keine Zeit. Ich hetzte zum Zug, nur um anschließend festzustellen, dass er fünfzehn Minuten später abfahren würde. Grund für die Verspätung, man höre und staune, war das »Warten auf Zugpersonal«.

Mit Sorge nahm ich zur Kenntnis, dass die fünfzehn Minuten voll ausgeschöpft wurden und der Zug die Zeit bis Nürnberg auch nicht aufholte. In der Hoffnung doch noch den Regionalexpress nach Bamberg zu kriegen, beeilte ich mich beim Umsteigen in Nürnberg. Leider vergebens. Der Zug konnte wegen drei Minuten nicht warten und war weg. Ich fuhr dann mit der S-Bahn weiter bis Bamberg und wollte dort in den Bus nach Lichtenfels steigen. Leider stand da nur die blaue Linie (mit Zwischenhalten) und der Busfahrer riet mir, die halbe Stunde auf den roten Expressbus zu warten, der nur ein paar Minuten später in Lichtenfels sein würde als er mit seinem Bus.

Ich nutzte die Gelegenheit, um etwas zu essen und in einem Zeitungsladen, der für Provinzverhältnisse sehr gut mit PERRY RHODAN ausgestattet war, den neuen NEO-Roman zu kaufen. Dort waren alle Romane der letzten Wochen reichhaltig vorhanden. So etwas freut mich als Leserin natürlich. Anschließend stieg ich in den Bus, der mal wieder so voll wurde, dass nicht alle potentiellen Fahrgäste mitkamen.

Der Bus quälte sich anschließend eine halbe Stunde über die Autobahn. Es war kurz vor 19 Uhr, eigentlich hätte ich jetzt schon fast am Ziel sein sollen. So aber war ich immernoch mehr als einhundert Kilometer davon entfernt. In Lichtenfels steuerte ich das Gleis an, auf dem normalerweise die Züge Richtung Thüringen fahren und wurde bitter enttäuscht. Da stand kein Zug, nein, nichtmal eine Anzeige. Wie jetzt? Ich suchte den Fahrplan und da stand es schwarz auf weiß. Die Regionalzüge in Richtung Saalfeld fuhren ab 18 Uhr nur alle zwei Stunden. Der letzte war 18:44 Uhr gefahren und der nächste fuhr erst wieder 20.10 Uhr. Das war der, mit dem ich beim letzten Mal gefahren war. Doch damals bin ich zwei Stunden später in München abgefahren. Die zwei Stunden, die ich an diesem Tag früher losgefahren war, hatten mir also überhaupt nichts genutzt …

Ich war fertig mit der Welt. Ich stand an einem gottverlassenen Bahnhof bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und mein nächster Zug würde erst in mehr als einer Stunde fahren. Ich machte mir erstmal bei einer zufällig auftauchenden Bahnangestellten Luft. Die war entweder aus Arkon-Stahl oder Beschwerderesistent, jedenfalls prallte mein Protest über solche vorzeitlichen Zustände an ihr ab und sie ließ mich einfach stehen.

Meine Rettung in der kalten Not, war die kleine Buch- & Zeitschriftenhandlung in dem ansonsten toten Bahnhof. Der Laden hatte zumindest bis 20 Uhr geöffnet und einen geheizten Raum. Ich klagte der Verkäuferin mein Leid und sie stimmte mir uneingeschränkt zu. Ich war nicht die Erste und Einzige in den letzten beiden Monaten. Viele Pendler und Reisende leiden derzeit unter den unmöglichen Zuständen der Vollsperrung. Und dabei weiß man, wenn die Sperrung vorbei ist, wird es noch schlechter werden, weil dann überhaupt kein Fernzug mehr, den vor Jahren aufwendig sanierten, Bahnhof ansteuern wird.

Kurz vor acht stieg ich dann in den RegionalExpress nach Halle, der wiederum fünfzehn Minuten verspätet los fuhr, weil man auf Reisende aus den Schienenersatzbussen wartete. Für diesen Grund der Verspätung hatte ich zumindest Verständnis.

Statt 19:15 Uhr kam ich an dem Tag um 21:30 Uhr an, ganze zwei Stunden später. Und nein, ich bekomme keine Fahrpreiserstattung, weil ausgerechnet an diesem Tag kein Mensch meinen Fahrschein kontrolliert hatte. Nirgendwo weder im Bus noch in der S-Bahn, nicht mal im ICE.

Ich war fast sieben Stunden unterwegs; auf eine Strecke für die ich noch vor wenigen Jahren nicht mal drei Stunden gebraucht habe. Welch ein Fortschritt! Ich sag’s ja, in ein paar Jahren werden wir in unserer Mobilität so eingeschränkt sein, dass wir uns ins neunzehnte Jahrhundert versetzt fühlen werden.

Zweiklassenmedizin

Wenn ich einen Termin bei einem Arzt vereinbare, bei dem ich noch nicht war, vermeide ich zu erwähnen, dass ich nicht gesetzlich versichert bin. Manchmal höre ich dann schon das Aufstöhnen der Arzthelferin am Telefon, dass doch alles voll wäre und das es beim besten Willen nicht geht. In den meisten Fällen findet sich aber doch ein Termin, auch wenn ich länger darauf warten muss. Ich nehme das gern in Kauf, weil ich keine Sonderbehandlung möchte.

Es gibt aber immer wieder Situationen in denen ich das P-Wort in den Mund nehmen muss. So wie heute. Ich brauche einen Termin beim Augenarzt. Der letzte liegt schon drei Jahre zurück und meine bisherige Augenärztin hat ihre Praxis in Schwabing. Nun kann ich nicht immer wegen eines Arzttermins nach München fahren. (Beim Gynäkologen tue ich das zwar, aber das hat seinen Gründe.) Also rief ich die hiesige Augenarztpraxis an und bat um einen Termin. Sofort wurde mir erklärt, dass es für Kassenpatienten eine Sperre gäbe und sie keine Patienten mehr annehmen würden. Ich war schon drauf und dran aufzulegen, um doch lieber in München einen Termin zu machen. Doch dann ließ ich es darauf ankommen. Ich erwähnte vorsichtig, dass ich privat versichert wäre. »Ach so, das ist was anderes“, erklärte mir die Dame am Telefon und fragte ob es mir morgen 15 Uhr passen würde. Da war ich erstmal sprachlos über so viel Dreistigkeit. Für Kassenpatienten war keine Zeit, Privatpatienten kamen scheinbar gleich dran. So was regt mich tierisch auf. Ich lehnte den Termin ab und ließ mir einen für kommende Woche geben. Gut fühle ich mich nicht dabei.

Das Innenstadtproblem

Heute Morgen wollte ich in der Stadt Obst und Gemüse kaufen. Wie zu erwarten, gab es keinen Wochenmarkt und der letzte Lebensmittelladen hat schon seit Mitte Dezember zu. (Ich schrieb bereits darüber.) Also steuerte ich den kleinen Gemüseladen in der Fußgängerzone an. Doch was musste ich da im Schaufenster lesen: »Geschäftsräume zu vermieten«. Daneben ein kleiner Zettel des vietnamesischen Gemüsehändlers, dass sie Ende 2015 ihren Laden aufgeben und sich für die langjährige Treue bei ihren Kunden bedanken.

Da stand ich nun und hatte keine Ahnung, wo ich in einer Stadt mit über fünfundzwanzigtausend Einwohnern Obst und Gemüse kaufen soll, ohne zuvor ins Auto steigen zu müssen und in die Märkte am Stadtrand zu fahren.

Wie ich später erfuhr, hat der Händler aufgehört, weil die Ladenmiete so stark gestiegen war, dass es sich nicht mehr rechnete. Das Haus gehört angeblich der Sparkasse und die ist natürlich mehr an Rendite interessiert, als daran, das die Bevölkerung der Stadt, die über kein Auto verfügt, mit Lebensmitteln versorgt wird.

Wahrscheinlich wird in dem kleinen Geschäft bald ein weiteres Textilgeschäft eröffnen. Nur dies scheint genügend abzuwerfen, um die horrenden Mieten in den Innenstädten zu stemmen. Mit Lebensmitteln war noch nie viel Geld zu verdienen, außer man ist so ein Handelskonzern, der den Zulieferern die Preise diktieren kann.

So wird sich auch in Zukunft kein intaktes Händlergewerbe innerhalb von Städten etablieren können, auch wenn die Stadtväter noch so sehr dafür werben. Ich sehe schon, am Ende kaufen wir alle nur noch im Internet ein, weil es keine Geschäfte mehr geben wird. Außer Amazon und Co kommen auf die glorreiche Idee Ladenfilialen zu eröffnen. Zalando hat es ja bereits vorgemacht.

Karambolage

Kurz vorm Jahresende noch das … ein Stoppschild, eine leicht abschüssige Straße, Raureif und … Bumms!

Schon knallte uns jemand ins Heck. Ärgerlich, auch wenn sich der Schaden rein optisch in Grenzen hält, aber unser FlexFix Fahrradträger ist hin. Wahrscheinlich hat er den Stoß aufgefangen und damit größeren Blechschaden abgewendet. Wir haben noch vor Ort ein Unfallprotokoll ausgefüllt.

Der Fahrerin des anderen Wagens, übrigens auch ein Opel, war das ganze schlicht peinlich. Man kann es verstehen, mir ist selbiges mal an einer roten Ampel passiert, mit dem Unterschied, das an meinem Auto größerer Schaden entstand, weil der, dem ich aufgefahren bin, eine Anhängerkupplung hatte. Sein Auto hatte nicht mal einen Kratzer, mein Golf dagegen brauchte einen neuen Kühlergrill und einen neuen Stoßfänger.

Heute war es umgekehrt: am Fahrzeug der Unfallverursacherin war nix zu sehen, bei uns ließ sich der Fahrradträger nicht mehr einrasten. Die Werkstatt meint, er müsse komplett getauscht werden. Aber sie kümmern sich wegen der Versicherung. Das ist doch schon mal eine gute Nachricht.

Blöd ist es trotzdem.