Und sie bewegt sich doch …

Selfie am Hauptbahnhof in Hannover

Bahnstreik! Das Wort hat mich letzte Woche echt getroffen. Es stand nicht weniger als meine Teilnahme an dem Schreibseminar auf dem Spiel. Ich hätte mich wirklich, wirklich geärgert, wenn das nicht geklappt hätte. Allerdings war ich fest entschlossen. Die Deutsche Bahn würde mich nicht aufhalten und wenn ich per Anhalter oder zu Fuß nach Wolfenbüttel aufgebrochen wäre.

Letztendlich war alles überhaupt nicht schlimm, weil wir unverschämtes Glück hatten. Mit wir meine ich Mark Kammerbauer und ich. Der Landshuter wollte auch zum Seminar und wir hatten vereinbart, dass wir gemeinsam mit dem Zug fahren könnten.

Meine Fahrkarte hatte ich gleich nach der Zusage zum Seminar gekauft direkt über einen Link der Bundesakademie. In Kooperation mit der Deutschen Bahn kann man nämlich veranstaltungsgebundene Zugtickets kaufen, was deutliches Sparpotential beinhaltet. Zudem sind die Tickets auch als Flextickets erhältlich. Da habe ich gleich zugeschlagen, weil man auf einer solchen Strecke damit doch flexibler ist. Ich schlug Mark vor, am besten gleich die Platzkarten zu buchen, weil die Züge erfahrungsgemäß, besonders am Sonntagnachmittag voll sein würden. Aber irgendwie funktionierte das nicht. Zu der Verbindung, auf die wir uns geeinigt hatten, konnte man keine Platzkarten buchen. Das ging ein paar Tage so, bis die Verbindung überhaupt nicht mehr angezeigt wurde. Irgendwo gab es wohl eine kurzfristige Baustelle und die Verbindung fiel aus. Letztendlich blieb pro Hin- und Rückfahrt nur noch eine einzige Verbindung übrig. Als ich die Platzkarten buchte, waren die ICEs schon zu zwei Drittel ausgebucht. Der Wahnsinn!

Am Montag den 4. März bekam ich eine E-Mail von der Bundesakademie, in der man mich über den Bahnstreik informierte und anbot, Kontakt zu den anderen Teilnehmern herzustellen, um eventuelle Fahrgemeinschaften zu bilden. Ich war ernüchtert. Sollte das Seminar für mich am Ende unerreichbar werden? Ich hielt den Fahrplan im Auge, denn wie von den anderen Streiks bekannt, würde es einen Notfahrplan geben. Ich war mir sicher (bzw. redete ich mir das ein), ich würde schon irgendwie nach Wolfenbüttel kommen. Nach und nach wurden alle Züge im normalen Fahrplan storniert. Nur der nicht, für den wir Platzkarten hatten. Das blieb bis zum Tag der Reise so.

Und wo Mark schon einen Tag früher nach München fahren musste, klappte meine Anreise in die Bayrische Landeshauptstadt am Freitag ganz normal. Der Bayrischen Regiobahn (BRB) sei Dank, die streikten nämlich nicht. Ich war extra einen Zug früher gefahren, um keinen Stress beim Umsteigen zu haben. Als ich ankam, wartete mein Begleiter schon auf mich und wir gingen erst einmal frühstücken. Im Zug hatten wir dank der Platzkarten sofort unsere Sitzplätze, denn der Zug wurde von Haltestelle zu Haltestelle voller. Einmal mussten die Leute sogar aus den vorderen Abteilen nach hinten umziehen, damit wir weiterfahren konnten. Einziges Problem, unser geplanter Anschlusszug von Hannover nach Braunschweig fuhr nicht. Wir nahmen einen Zug später (ebenfalls eine Privatbahn) und kamen bis nach Braunschweig. Dort hatte ich im Voraus organisiert, dass uns eine weitere Teilnehmerin, die in Braunschweig wohnte, mit dem Auto abholte und mit nach Wolfenbüttel nahm. Was auch wunderbar klappte.

Vor der Rückfahrt war es etwas hektisch. Nach dem Seminarende bis zur Abfahrt unseres Zuges blieb nicht viel Zeit. Ich glaube, ich habe noch nie mein Mittagessen so reingeschlungen, wie am Sonntagmittag. Wir kamen aber pünktlich zum Bahnhof und die Verbindung bis Hannover klappte hervorragend. Ab Hannover ging es genauso problemlos weiter. Wir hatten zwischenzeitlich zwar etwas Verspätung und ich sah meinen Anschlusszug in München schon davonfahren, aber beim nächsten Halt waren zehn Minuten Aufenthalt eingeplant, so das wir am Ende überpünktlich in München waren. Erst zwei Stationen vor meinem endgültigen Ziel musste die BRB an einer Baustelle warten und ich kam mit mehr als zehn Minuten gegen halb zehn Abends an.

Ich finde, dass die GDL allen voran ihr Vorsitzender sich ein bisschen mehr zurücknehmen könnten, die Deutschen Bahn hatte ihnen ja einen Vorschlag unterbreitet. Letztendlich wird der Arbeitskampf auf dem Rücken der Kleinen ausgetragen, den Pendlern und den Menschen, die nicht mit dem Auto fahren können oder wollen. Andererseits muss man auch sagen: eine 35-Stunden-Woche im Schichtdienst hatte ich schon 1993. Wir scheinen da nicht sehr weit vorangekommen zu sein.

Die große Bahnverschwörung

Update: 12.01.2023

Die Bahn argumentiert, dass man sich die Fahrkarten in einem Reisebüro am Saalfelder Markt (15 Minuten Fußweg vom Bahnhof) kaufen kann. Über so viel Dreistigkeit kann ich nur staunen. Kein Wunder, dass die Leute sich verarscht vorkommen und gegen alles protestieren.

Der alte Beitrag wurde durch Fotos ergänzt.

Da wird man glatt zum Verschwörungstheoretiker. Als ich das letzte Mal in Saalfeld war und im Reisezentrum am Bahnhof die Zugbindung meiner Fahrkarte aufheben lassen wollte, las ich auf einem Zettel an der Tür, dass das Reisezentrum ab dem nächsten Tag geschlossen wird. Die Bahnbeamtin, die mir ein letztes Mal die Tür öffnete, sah nicht gerade motiviert aus. Sie wollte mir auch die Fahrkarte nicht mehr abstempeln. Das sei nicht mehr nötig, meinte sie. Ich bedankte mich und wünschte ihr noch alles Gute bevor ich ging.

Inzwischen kehrte mit dem Fahrplanwechsel der Fernverkehr auf der Strecke Saalfeld-Nürnberg zurück. Ganze fünf Doppelstock ICs fahren nun jeden Tag zwischen Leipzig und Karlsruhe. Für mich sind die leider keine Option, weil ich in Nürnberg keine zeitnahe Anbindung an einen ICE nach München habe. Nichtsdestotrotz freue ich mich, dass man nun wieder komfortabler fahren kann und ohne, dass der Zug an jedem Briefkasten hält.

Das Vergnügen werden aber nur jene Menschen haben, die über ein Smartphone bzw. einen Internetanschluss verfügen. Bei der überalterten Bevölkerung im Landkreis ist das nicht immer der Fall. Denn die Deutsche Bahn hat nicht nur das Reisezentrum am Saalfelder Bahnhof geschlossen, sondern auch die Fahrkartenautomaten abgebaut. Ja, richtig gehört, es gibt am Bahnhof nur noch die Automaten von Abellio und der Erfurter Bahn. Und an denen kann man nur Tickets für den Nahverkehr in Thüringen kaufen. Begründung der Deutschen Bahn: sie hätten den Betrieb des Bahnhofs Saalfeld komplett an die Erfurter Bahn übergeben.

Wer mit einem der ICs fahren möchte, muss seinen Fahrschein mit dem Smartphone kaufen oder daheim am Computer. Im Zug beim Zugbegleiter geht das nicht mehr. Wer keinen Fahrschein hat, kann nicht mit dem IC fahren oder er fährt schwarz.

Echt jetzt? Geht das denn so einfach? Die Bahn ist ein Staatsunternehmen, das einen Versorgungsauftrag hat.

Ich glaube ja, dass irgendjemandem bei der Bahn die IC-Verbindung auf der Saalebahn ein Dorn im Auge ist. (Wahrscheinlich sitzt derjenige in Erfurt.) Da will jemand keinen Fernverkehr auf der Strecke und um das so unattraktiv wie möglich zu gestalten, macht man die Anbindung an den Nahverkehr und an die Anschlusszüge in anderen Bahnhöfen so schlecht, dass kaum jemand damit fährt. Wenn man dann noch die Möglichkeiten zum Fahrkartenverkauf einschränkt, werden noch weniger Leute damit fahren. Dann kann man sich in einem Jahr hinstellen und behaupten, dass die Verbindung nicht angekommen wird und die Züge wieder streichen. So funktioniert Verkehrspolitik in Deutschland. Sich dann aber wundern, dass die Leute lieber mit dem Auto fahren. Ich fürchte, wenn das so weitergeht, fahren in zehn Jahren keine Züge mehr in Deutschland.

Vielleicht sollten wir es wie die Schweizer machen. Da müssen nämlich alle Politiker und Abgeordnete mit der Bahn fahren und nicht mit Limousine und Chauffeur. Dann klappt das nämlich auch mit der Pünktlichkeit.

Ein Land am Rande des Abgrunds

Als ich im Dezember 1998 den Wintereinbruch in New York City erlebte, wunderte ich mich sehr. Drei Schneeflocken und die Stadt versank im Chaos. Gesperrte Flughäfen, unpassierbare Straßen, ausgefallene Züge waren für Tage Normalität in der Stadt. Die New Yorker nahmen es gelassen und ich staunte, wie ein solches eigentlich hochtechnologisches Land wie die USA eine derart marode Infrastruktur haben konnte, dass ein paar Schneeflocken ausreichten, um es ins Chaos zu stürzen.

Heute erinnere ich mich wieder daran. Ich war am Wochenende mit dem Zug unterwegs, eigentlich wollte ich nicht fahren, weil ich mich nicht so gut gefühlt habe. Aber wenn die Eltern beide krank sind, da muss man einfach nach ihnen sehen. Das Ende vom Lied – ich bin am Montag nicht wieder nach Hause gekommen, weil bei der Bahn im Süden nichts mehr ging.

Dass es am Samstag schlimm war und es zu Zugausfällen gekommen ist, geschenkt. Das war reichlich Schnee der da innerhalb kürzester Zeit gefallen ist. Aber dass das Problem am Montag immer noch bestand und ich nicht zurückfahren konnte, war schon ärgerlich. Und eigentlich hatte mir die Bahn geraten, heute auch noch nicht zu fahren und lieber auf morgen zu warten. Wie stellen die sich das vor? Ich muss arbeiten gehen. Soll ich deswegen extra Urlaub nehmen, weil die es nicht hinbekommen, eine Srecke zu räumen, die zu den wichtigsten Transitstrecken im Süden der Republik gehört. Was wäre das für ein Aufschrei gewesen, wenn man die A8 für vier Tage einfach dicht gemacht hätte, weil man nicht genug Räumfahrzeuge hat. (Gut, dass ist tatsächlich schon mal passiert, 2013 wurde ein Teil der Autobahn durch Hochwasser weggespült.) Den Aufschrei hätte man bis nach Berlin gehört. Doch dieses Mal – Nichts!

Ich bin heute morgen in den ersten Fernzug gestiegen, den ich erwischen konnte und bin auf gut Glück gen Süden gefahren. Ich fand beim Umstieg in den ICE sogar einen freien Platz, obwohl die BahnApp den Zug als überfüllt angezeigt hat. Der hatte dann zwar Verspätung, weil er auf der Strecke herumstehenden Güterzügen ausweichen musste, aber er kam zumindest in München an. Da war dann aber auch Schluss! Fahrten nach Traunstein oder sogar Österreich und Italien – Fehlanzeige! Die Passagiere strandeten in München.

Ich hatte im Vorfeld herausgefunden, dass zumindest die S-Bahnen vereinzelt wieder fuhren und stieg in die S6 nach Ebersberg. Die fuhr zwar auch nur bis Grafing Bahnhof, aber das war mir dann egal. Ich ließ mich dort von meinem Mann mit dem Auto abholen. Der hat extra eher Feierabend gemacht und ist die 70 Kilometer hin und mit mir wieder zurückgefahren. Ohne ihn wäre ich wohl nicht angekommen, zumindest nicht heute Nachmittag.

Laut den Verantwortlichen fehlte es an Technik und an Personal. Die Politik schreit schon nach einer Untersuchungskommission, obwohl sie es war, die die Bahn Jahrzehntelang zum Sparen gezwungen hat. Es kann nicht sein, dass für solche extremen Notfälle keine Technik da ist. Das waren ein paar Zentimeter mehr Schnee als üblich. (Wobei ich behaupte, dass es bei uns in der Region 2019 noch viel mehr geschneit hatte.) Was wollen die denn machen, wenn es wirklich mal eine richtige Katastrophe gibt? Vermutlich geht dann Jahre oder Monate nichts mehr. Siehe Ahrtal.

Wir werden uns wohl an solche Szenarien gewöhnen müssen und das nicht nur auf der Schiene. Unser Land ist marode, da bröckelt nicht mehr nur der Putz, sondern da stürzen Decken von Hörsälen ein (Uni Marburg), da gehen Gasleitungen reihenweise kaputt (fünf Havarien im Saalfeld in den letzten sechs Monaten) vom Straßen und Schienennetz ganz zu schweigen. Das alles ist eine Katastrophe mit Ansage. Die Politik weiß das seit Jahren, gemacht wurde nichts dagegen. Ausbaden muss es der Steuerzahler und zwar gleich doppelt. Einmal finanziell durch steigende Steuern und zweitens am eigenen Leib wenn er frierend irgendwo in der Pampa stecken bleibt.

Um das ganze Ärgernis noch zu ergänzen: Die Informationspolitik der Deutschen Bahn ist bekanntlich nicht die beste, aber die Null-Information der Bayrischen Regio Bahn toppt das noch mal um Längen. Nicht nur das es genau zwei Meldungen auf der Internetseite der BRB gab, am 2.12. und am 4.12. In keiner gab es verwertbare Infos oder gar Prognosen. Sinnigerweise fiel ausgerechnet heute noch das Auskunftssystem aus. Zugausfälle und Verspätungen wurden nicht angezeigt. Ein Schelm wer böses dabei denkt!

Vier mal eine Stunde

Ungefähr vier Stunden bekam ich an den vergangen zwei Wochenenden von der Deutschen Bahn geschenkt. Also vier Stunden extra Zeit bei meinen gebuchten Fahrten. Man muss das positiv sehen – mehr Bahnfahren fürs gleiche Geld.

Am Freitag den 20.10. fuhr ich um 12:44 Uhr in Traunstein los und sollte eigentlich kurz nach 18 Uhr in Frankfurt am Main sein. Es ging schon so los, dass die Regionalbahn wegen der obligatorischen Passkontrollen in Freilassing zu spät kam. Dann werden gerade auf der Strecke zwischen Traunstein und Rosenheim die Oberleitungen getauscht (zum gefühlt einhundertsten Mal seit ich dort lang fahre), was einen weiteren Aufenthalt und Verzögerung hervorrief. Außerdem waren alle Toiletten im Zug kaputt. Ja, alle! Deshalb blieb der Zug in Rosenheim stehen und ein Fäkalien-Fahrzeug kam längsseits und pumpte nach und nach jedes Klo aus. In der Hoffnung die Toiletten würden dann wieder funktionieren. Gebracht hat die Aktion, außer einer saftigen Verspätung gar nichts. Zum Glück hatte ich eine Stunde zum Umsteigen. Was mir aber nicht half, weil der ICE mit dem ich fahren wollte, erst eine halbe Stunde nach dem er abfahren sollte, bereitgestellt wurde. Ich war versucht einen anderen ICE zu nehmen, der in Richtung Frankfurt fuhr, traute mich das aber wegen der Zugbindung nicht. Das nächste Mal mache ich das aber, dass ist mir komplett egal. Jedenfalls schien an diesem Tag am Münchner Hauptbahnhof jeder Zug der ankam und abfuhr 30 bis 90 Minuten Verspätung zu haben. Inklusive meinem. Ich kam also erst fünfundvierzig Minuten zu spät aus München weg. Wegen diverser Baustellen und anderer Hindernisse wurde daraus eine Stunde. In Frankfurt hatten der ICE dann keine Einfahrt in den Hauptbahnhof und stand nochmal eine Viertelstunde herum. Ich war also erst nach 19:15 Uhr und damit  75 Minuten später in Frankfurt als geplant. Leider konnte ich keine Entschädigung beantragen, weil es ein kostenloses Ticket von meinen BahnBonus Punkten war.

Die Rückfahrt am Sonntagmorgen war nicht weniger aufregend. Erstmal Gleiswechsel in Frankfurt, dann Verspätung, die sich wegen einer Streckensperrung im Frankfurter Süden und einer Umleitung noch vermehrte. Ich verstehe echt nicht, wie man während des Buchmessewochenendes den Tunnel am Südbahnhof wegen Bauarbeiten sperren kann. Da gibt es doch sicher bessere Zeitpunkte. Jedenfalls zog sich die Bahnfahrt bis München wieder einmal so in die Länge, dass ich meinem Anschlusszug nur noch zuwinken konnte, als ich im München Hauptbahnhof einfuhr. Weil Sonntag war und wegen der Bauarbeiten, fuhren die Regionalbahnen nach Salzburg nur alle Stunde, was für mich wieder warten bedeutete. Mit mehr als einer Stunde Verspätung kam ich dann endlich in Traunstein an.

Am Freitag den 27.10. hatte ich eigentlich alle Hoffnung aufgegeben, dass meine gebuchte Fahrt geplant verlaufen würde. Schon allein wegen der Passkontrollen und der Baustelle. Aber siehe da. Ich musste mich beim Umsteigen in München zwar ein bisschen beeilen, aber ich bekam den Anschluss-ICE. Meinen Hoffnungen, dass ich an diesem Tag tatsächlich mal pünktlich in Saalfeld ankommen könnte, wurde ein abruptes Ende gesetzt, als ich kurz vor Nürnberg, beim Blick auf den Fahrtenmonitor im ICE ein fettes rotes Kreuz über meiner Anschlussverbindung entdeckte. Was war jetzt schon wieder? Die Navigator-App (ohne die Bahnfahren eigentlich nicht mehr geht) bestätigte den Ausfall der Regionalbahn von Nürnberg nach Saalfeld. Super! Der Zug war gleich in Nürnberg, jetzt noch Zugpersonal zu finden, was einem helfen konnte, unmöglich. Ich befragte meine App und ließ mir diverse Verbindungen anzeigen. Ich konnte Aussteigen und eine Stunde warten, ich konnte mit dem ICE weiter bis Erfurt fahren und dort auf den Zug nach Saalfeld warten oder ich konnte mit dem ICE bis Erfurt fahren und von dort in die RB nach Gera steigen und in Jena-Göschwitz in den RE nach Saalfeld wechseln. Da würde ich nur 35 Minuten verlieren. Ich entschied kurzerhand im ICE sitzen zu bleiben und bis Erfurt durchzufahren. Kurz vor Erfurt checkte ich nochmal die Verbindung – zum Glück – denn die RB nach Gera war zwar pünktlich, aber der Zug von Jena-Göschwitz nach Saalfeld fiel aus. Mein Karma war an diesem Tag offensichtlich besonders schlecht. Ich blieb also in Erfurt und wartete fast eine Stunde auf die Erfurter Bahn nach Saalfeld. Die fuhr, wie konnte es anders sein, zehn Minuten später als im Fahrplan. Irgendwann kam ich dann doch in Saalfeld an, aber eben nicht pünktlich. Vielleicht sollte ich mich freuen, überhaupt angekommen zu sein.

Heute – neues Spiel neues Glück bei der Bahnlotterie. Ihr erratet es schon, ich zog mal wieder die Niete. Dieses Mal war es die Regionalbahn von Saalfeld nach Nürnberg, die genau fünf Minuten nach der Abfahrt meines ICEs Richtung München ankam und nicht neun Minuten vorher wie geplant. Außerdem war der Zug so voll, wie ich es zuletzt bei der Einführung des Neun-Euro-Tickets erlebt habe. So strandete ich erstmal in Nürnberg, und wartete auf den nächsten Zug nach München. Und hier hatte ich dann die Qual der Wahl. Etwa eine halbe Stunde nach meinem geplanten ICE fuhren drei, nochmal zum mitschreiben, DREI ICEs innerhalb von drei Minuten in Richtung München. Frage: Kann man die nicht irgendwie besser verteilen? Wenn der eine nur eine Viertelstunde früher gefahren wäre, hätte ich meinen Anschluss in München bekommen. So allerdings nicht. Wir hatten zwar fünf Minuten Verspätung, aber das war ohnehin egal, die Regionalbahn nach Traunstein fuhr erst wieder fünfzig Minuten später. Wobei die dann schon später kam, pünktlich fuhr, um dann kurz vor Rosenheim wegen einer Signalstörung erstmal Pause zu machen. Ich kam also wieder mehr als eine Stunde später als geplant in Traunstein an. Dort gab es dann noch einen kleinen Tumult, weil der Zug ungeplant in zwei Zugteile getrennt wurde, einer blieb in Traunstein, ein anderer fuhr weiter nach Salzburg. Das hatten viele Reisende, mich eingeschlossen, nicht auf dem Schirm. Schön, dass es zumindest beim Einfahren in den Bahnhof kommuniziert wurde und nicht erst nach der Weiterfahrt.

In zwei Wochen fahre ich wieder, mal sehen, was mich dann so erwartet. Vielleicht bekomme ich wieder mehr Zeit in den Zügen der Deutschen Bahn geschenkt … auf alle Fälle, denn ich bekam schon eine nette Service-E-Mail, dass meine Rückfahrt nicht wie geplant stattfinden kann und ich mir eine Alternative suchen muss. Das geht doch schon gut los.

Alles kein Problem, denn laut dem aktuellen Werbespot der DB muss es erstmal schlimmer werden, bevor es besser wird. Allein mir fehlt der Glaube an eine positive Entwicklung noch zu meinen Lebzeiten.

Zugbindung oder keine Zugbindung

Die Überschrift erzählt es schon. Ich war am Wochenende wieder mit der Deutschen Bahn unterwegs. Am Freitag lief es planmäßig. Ich kam überpünktlich und ohne Rennerei an und konnte endlich meinen Zahnarzttermin wahrnehmen, der im Dezember wegen meinem Abenteuer mit der Zugevakuierung ausgefallen war.

Die Rückfahrt war allerdings wieder das Problem. Beim letzten Mal war es ein angekündigter Selbstmord, dieses Mal wurde mir schon drei Wochen vorher per E-Mail mitgeteilt, dass ich wegen diverser Baustellen meinen Anschlusszug in Nürnberg nicht erreichen würde. Ich solle doch eine frühere Verbindung nehmen, die Zugbindung bei meinem Sparticket wäre aufgehoben. Ich fuhr also eine Stunde früher los und wollte mir wie immer vor der Abfahrt am Schalter noch schriftlich die Aufhebung der Zugbindung auf meinem Fahrschein bestätigen lassen.

An diesem Montag hatte der Schalter allerdings geschlossen. Ich sprach den Zugbegleiter in der Regionalbahn drauf an, der wollte oder konnte das aber nicht machen. Meine herausgesuchte neue Verbindung klappte hinten und vorne nicht, obwohl ich eine Stunde früher als geplant losfuhr, strandete ich erstmal in Nürnberg. Der junge Mann am Serviceschalter ließ sich auch nach Vorzeigen der E-Mail überzeugen, die Zugbindung meines Tickets aufzuheben. Ich holte mir etwas zu Essen und fuhr mit dem nächsten ICE problemlos nach München.

Hier war wiedererwarten der EC, mit dem ich ursprünglich fahren wollte, noch nicht abgefahren. Im Gegenteil, er stand noch nicht einmal da. Was wieder beweist, dass nichts verlässlicher ist, als Verspätungen bei der Deutschen Bahn. Laut Anzeige sollte er 15 Minuten Verspätung haben, daraus wurden dann 30 Minuten. Ich machte mich schon auf den Weg zur Regionalbahn, als die Durchsage kam, dass wegen einer Stellwerksstörung zur Zeit keine Züge aus Richtung Augsburg und Rosenheim ein- oder abfahren können. Oha! Deshalb war der Bahnhof so leer. Es standen nämlich kaum Züge herum. Ich hatte mich schon gewundert.

Kurzerhand fragte ich beim herumstehenden Bahnpersonal nach, ob es nicht sinnvoller wäre, zum Ostbahnhof zu fahren, sofern die S-Bahn vom Stellwerksausfall nicht betroffen ist. Der freundliche Herr fand, es sei eine gute Idee und schaute gleich auf seinem Smart-Phone nach, ob die S-Bahnen fuhren. Sie taten es, also fuhr ich zum Ostbahnhof. Dort warteten schon hunderte Leute auf einen Zug Richtung Rosenheim. Zehn Minuten später kam eine Regionalbahn, in die die meisten Pendler einstiegen. Zurück blieben nur jene, die weiter als bis Rosenheim wollten.

Auf der Anzeigetafel standen zwei Züge Richtung Salzburg zur gleichen Zeit, die Regionalbahn und der EC, der inzwischen 40 Minuten Verspätung hatte. Da Fernverkehrszüge immer Vorrang haben, kam der auch zuerst. Ich stieg ein und suchte mir einen Platz im fast leeren Großraumwagen.

Irgendwann vor Rosenheim kam der Zugbegleiter, um die Fahrkarten zu kontrollieren. Ein gutaussehender junger Mann – vor zwanzig Jahren wäre das exakt mein Beuteschema gewesen – nahm mein Ticket und meinte, dass ich nicht mit dem EC hätte fahren dürfen. Ich erklärte ihm, dass die Zugbindung der Fahrkarte aufgehoben wäre, und deutete auf den Stempel. Das interessierte ihn aber nicht. Er meinte, das gelte nur für den ICE und weil ich laut Fahrkarte mit der Regionalbahn weitergefahren wäre, hätte ich nicht in den EC einsteigen dürfen. Mein Argument, dass eine aufgehobene Zugbindung bedeutet, dass ich alle Züge der Bahn benützen dürfte, dementierte er. Ich holte sogar mein Handy vor, um ihm die E-Mail zu zeigen. Er sagte, dass ich mir ein Ticket für den EC hätte holen müssen und mir das Geld über die Fahrgastrechte hätte wiederholen sollen. (Das funktioniert nicht, dass Problem hatte ich nämlich schon mal. Das zusätzliche Ticket habe ich damals nicht ersetzt bekommen, weil ich ja eine Fahrkarte hatte, bei der die Zugbindung aufgehoben war.) Deshalb regte ich entsprechend auf.

Ich fahre fast 30 Jahre mit der Bahn, aber dass man mir Schwarzfahren unterstellte, ist mir in all den Jahren noch nie passiert. Ich fragte ihn etwas lauter als normal, ob das denn eine neue Vorschrift wäre. Er konterte: dass wäre schon immer so gewesen und ich solle mich bitte beruhigen. Er würde mich jetzt trotzdem weiterfahren lassen, aber ich sollte mir das fürs nächste Mal merken. Meine Frage, wo denn steht, dass IC und EC-Züge nicht unter die Aufhebung der Zugbindung fallen, konnte oder wollte er mir nicht beantworten. Er druckste nur herum, dass seine Vorgesetzten in letzter Zeit genauer hinschauen würden. Aha! Daher wehte der Wind. Er knipste meine Fahrkarte ab und ging weiter. Ich war stinksauer.

Also, ganz ehrlich, beim nächsten Mal ignoriere ich den Verbindungsalarm der DB Reisebegleitung, fahre mit den vorgeschriebenen Zügen, nehme die Verspätung in Kauf und hole mir mittels der Fahrgastrechte ein Teil der Fahrkartenpreises wieder, selbst wenn es nur 5 Euro sind.

Hier zum Nachlesen die Beförderungsbedingungen der DB zur Zugbindung. Da steht ganz deutlich, dass man mit allen Züge fahren kann, auch mit IC- und EC-Zügen. Offensichtlich wissen die Angestellten der Bahn selbst nicht, was in den Bedingungen steht. Ich habe das jetzt auf meinem Handy gespeichert, falls es wieder einer nicht weiß. Unfassbar!

Deutsche Bahn – Jede Fahrt ein Abenteuer

Es ist wie in der Lotterie. Manchmal zieht man das große Los, sehr oft aber erwischt man eine Niete. Und manchmal kann die Niete auch ein Hauptgewinn sein. Je nachdem wie man es betrachtet. Bei meiner Reise mit der Deutschen Bahn am Freitag lässt sich leider nicht so genau definieren, was von beiden es ist nun ist. Diese Entscheidung überlasse ich dem Betrachter.

Seit über zwanzig Jahren fahre ich regelmäßig mit der Bahn. In den vergangenen Jahren war es etwas weniger. Bis 2017 aber, waren es ca. 4000 Euro im Jahr, die ich für Fahrkarten ausgeben habe. Man kann sich also ausrechnen, wie oft ich unterwegs war. In all der Zeit habe ich so einiges erlebt, aber ich habe nie eine Zug-Evakuierung mitmachen müssen. Am Freitag war es dann soweit:

Es geht schon damit los, dass der Meridian kurz hinter Rosenheim an einer Langsamfahrstelle (wegen defekter Schwellen) Verspätung aufbaut. Als der Zug in den Münchner Hauptbahnhof einfährt, kommt uns mein ICE schon entgegen.
Blöderweise ist der Sprinter ausgefallen, mit dem ich sonst immer fahre, wenn ich meinen Zug verpasse. Ich nehme also einen ICE nach Nürnberg, wo ich dann die Option habe, 44 Minuten zu warten und mit der Regionalbahn weiterzufahren, um eineinhalb Stunden später anzukommen oder einen ICE nach Erfurt zu nehmen und von dort nach Saalfeld zu kommen (mit nur 50 Minuten Verspätung). Weil es kalt ist, entscheide ich mich für die Fahrt mit dem ICE über Erfurt.

Schwerer Fehler!

Das passende Wetter zum Evakuieren

Kurz vor Erfurt macht der Zug eine Vollbremsung. Kurzzeitig riecht es merkwürdig, dann steht der Zug … und steht und steht und steht. Die Durchsagen des Personals sind spärlich und sollen Hoffnung schüren, dass es bald weitergeht. Draußen rieselt der Schnee, über die verschneiten Felder hüpfen die Rehe. Es wäre so idyllisch, wenn nicht die Ungewissheit wäre, wie und wann es denn weitergeht.

Nach einer Stunde bewegt sich der Zug wieder. Die Durchsagen machen weiter Hoffnung. Nur leider ist die Geschwindigkeit so gering, dass man daneben herlaufen könnte und man wäre schneller. Immer wieder bleibt der Zug stehen, bewegt sich dann wieder ein paar Meter vorwärts, bleibt wieder stehen. Ich schwanke zwischen Hoffnung und Frust. Meinen Zahnarzttermin hatte ich schon beim Umsteigen in Nürnberg abgesagt.

Etwa zwei Kilometer weiter auf der Höhe von Arnstadt bleibt der Zug endgültig liegen. Die Durchsage ist diesmal ernüchternd, auch wenn sich die Zugbegleiterin Mühe gibt, das Ganze auszuschmücken, um die Situation besser darzustellen, als sie ist. Wir sollen evakuiert werden. Der Ersatzzug würde in Erfurt gerade bereitgestellt. Alles bereitet sich schon mal vor. Dann heißt es warten, warten und weiter warten.

Bahnangestellte laufen mit orangen Westen und Rettungsleitern durch den Zug. An drei Wagen sollen die Übergänge platziert werden. Ich werfe einen sehnsüchtigen Blick auf die Autobahn, die an der Schnellstrecke entlangführt. Ich fahre gern mit der Bahn, inzwischen aber wäre mir ein Auto lieber, trotz des Winterwetters mit glatten Straßen. Zumindest funktioniert die Heizung im Zug. Dann fährt der Zug wieder. Allerdings rückwärts, um sich für die Evakuierung in Position zu begeben. Nicht nur ich frage mich, warum der Zug rückwärts fahren kann aber nicht vorwärts. Wahrscheinlich ist nur ein Triebkopf beschädigt.

Das Taxi ist da.

Ich warte und warte. Irgendwann fährt ein zweiter ICE längsseits und hält. Das Taxi ist da! Doch es dauert noch eine halbe Stunde, bis die Evakuierung losgehen soll. Dann die Durchsage: Die Evakuierung kann nicht wie geplant über Stege von Zug zu Zug stattfinden, sondern über Leitern, weil die Länge der Wagons der beiden Züge nicht übereinstimmt. Die Durchsage erntet sarkastisches Gelächter unter den Passagieren. Draußen schneit es immer mehr. Deshalb wird der Zug nur über zwei Ausgänge evakuiert, nämlich die, die unterhalb einer Brücke liegen, damit niemand nass wird oder auf den Leitern ausrutscht.

Inzwischen ist in Polizei da. Zwei Bundeswehrangehörige auf Heimaturlaub, die zufälligerweise im Zug sitzen, helfen mit. Nochmal eine halbe Stunde später beginnt die Evakuierung. Wagen für Wagen werden die Passagiere aufgefordert zu den zwei Ausgängen am hinteren Teil des Zuges zu gehen. Wir stehen in einer Reihe. Alle sind diszipliniert. Es geht zügig voran. Ich bin schon dran, da werde ich zum nächsten Ausgang weitergeschickt. Hier scheint es ein kleines Problem zu geben, denn die Schlange bewegt sich nicht. Dann gehts doch weiter. Im Reißverschlussverfahren werden die Leute aus zwei Wagen aufgefordert, die Leiter hinunter zu klettern. Die schmale Treppe ist tatsächlich glatt, aber ich komme heil runter. Ich wage nicht daran zu denken, ob und wie meine Eltern da hinuntergeklettert wären. Man reicht mir meinen Koffer, ich bedanke mich artig und gehe ein paar Meter bis zum einzigen Eingang am Ersatzzugs. Jemand nimmt mir den Koffer ab und ich klettere die steile Leiter wieder hoch. Das Ganze hat kaum eine Minute in Anspruch genommen. Ich laufe im Zug nach vorn und finde einen freien Sitzplatz neben einem jungen Mann mit MacBook.

Dann heißt es wieder warten. Der ICE ist entsprechend voll gewesen, weil der Sprinter ausgefallen war. Dementsprechend viele Passagiere müssen den Zug wechseln. Es dauert nochmal eine ganze Stunde, bis alle an Bord sind und es unter Applaus weitergehen kann. Trotzdem sollte ich froh sein, dass der Zug nicht in einem der 26 Tunnel liegengeblieben ist, die wir zuvor durchquert haben. Ärgerlich ist es dennoch. In den dreieinhalb Stunden, die die ganze Evakuierung gedauert hat, hätte man fast bis Erfurt laufen können. Ich frage mich: Warum man da keine Lok davor spannen kann? Das würde schneller gehen.

10:24 Uhr sollte ich ursprünglich in Erfurt ankommen. Als der Ersatzzug am Bahnsteig hält ist es 15 Uhr. Ich muss dringend was essen, und mein Trinken ist auch alle. An Bord wurde zwar Wasser ausgegeben, ich habe nur leider keins mehr bekommen. Am Bahnhof in Erfurt versorge ich mich erst einmal mit Essen und Trinken. Um 15:44 Uhr geht es weiter. Die Regionalbahn ist nicht nur proppenvoll voll, sondern auch eiskalt. Es zieht an den Füßen und ich friere trotz Jacke und dickem Pullover. Die privaten Bahnen müssen halt sparen. Dafür ist der Zug pünktlich.

Um kurz vor 17 Uhr komme ich endlich am Zielbahnhof an, sieben Stunden später als geplant. Insgesamt war ich elf Stunden unterwegs. Ein neuer Rekord für diese Strecke.

Am Montag muss ich wieder zurück. Dieses Mal auch wieder über Erfurt. Ich »freue« mich schon sehr. Ein neues Abenteuer wartet.

Neue Verbindung

Wie gestern schon geschrieben, war ich vergangenes Wochenende in Thüringen. Selbstverständlich war ich mit der Deutschen Bahn unterwegs. Und dieses Mal war mir der Bahngott wohlgesonnen, denn die Fahrten verliefen erstaunlich problemlos. Das ist man gar nicht mehr gewohnt.

Selbst das Umsteigen am Freitagmorgen in München ging. Ich musste mich zwar beeilen, aber nicht rennen. Als ich dann im ICE saß, kam die Durchsage, dass sich die Abfahrt wegen einer technischen Überprüfung am Zug verzögern würde. Nun, ja. Da hätte ich mich dann doch nicht so beeilen müssen. Der Zug fuhr mit sieben Minuten Verspätung los und ich hatte mich schon damit abgefunden, in Nürnberg meinen Anschlusszug nicht zu erreichen, aber siehe da, die Verspätung wurde aufgeholt und ich kam pünktlich in Nürnberg an.

Man merkt, es gibt kein Neun-Euro-Ticket mehr, denn die Regionalbahn nach Saalfeld war gähnend leer. Siehe Foto. Ich habe ja fast das Gefühl, das jetzt noch weniger Menschen unterwegs sind als vor dem Neun-Euro-Ticket Boom. Vielleicht liegt es aber auch an der nach wie vor herrschenden Maskenpflicht, im Fernverkehr sogar FFP2. Sieht man davon ab, war es eine relativ entspannte Fahrt.

Am Montag habe ich zum ersten Mal eine neue Zugverbindung ausprobiert. Seit einiger Zeit hält jetzt einmal am Tag ein Intercity in Saalfeld. Dabei handelt es sich um einen Doppelstockzug, der von Leipzig nach Karlsruhe fährt. Wenn ich mit dem bis Ansbach fahre, habe ich dort Anschluss an einen IC in Richtung Freilassing. Ich kann also ohne nochmal Umzusteigen bis nach Traunstein fahren. Bisher habe ich mich nicht getraut, diese Verbindung zu nehmen. Wenn nämlich einer der beiden Züge Verspätung hat sitze ich in Ansbach fest. Von Nürnberg kommt man immer irgendwie weiter. Nun, bei einem Preis von 13,90 Euro für die Rückfahrt, konnte ich nicht widerstehen. Und siehe da, es hat geklappt. Der Zug kam in Saalfeld pünktlich, er musste in Kronach sogar eine Raucherpause einlegen, weil er verfrüht war. An jedem Bahnhof kamen wir pünktlich an und fuhren auch pünktlich ab. Nur kurz vor Ansbach wurde es dann doch nochmal spannend. Da blieb der Zug stehen, weil in einem Waldstück neben den Gleisen Bäume gefällt wurden. Ich traf etwa sechs Minuten später ein, hatte aber zwanzig Minuten Zeit zum Umsteigen.

Der Anschlusszug kam dann auch zwei Minuten später und war überraschend leer. Es gab sogar einen Speisewagen, der geöffnet war und die Bediensteten brachten Kaffee vorbei. Als ich in Traunstein ankam, war ich so überpünktlich, dass ich auf meinen Mann warten musste, der noch im Traunsteiner Feierabendverkehr steckte.

Fazit: Ich wünschte mir, dass meine Reisen mit der Deutschen Bahn immer so entspannt und reibungslos vonstatten gingen. Fürs nächste Mal habe ich wieder diese Verbindung ausgesucht. Bei dem Preis lohnt sich das.

Nachtrag zu Braunschweig …

… das Drumherum.

Über den Con hatte ich ja bereits berichtet. Heute möchte ich noch ein bisschen was zur An- und Abreise, sowie dem ganzen Drumherum erzählen.

Eigentlich wollten wir ja mit der Bahn fahren, wir hatten auch schon die Tickets gekauft. Nun kam es anders und ich weiß jetzt, dass man die Sitzplatz-Reservierungen nicht erstattet bekommt, wenn man seine Buchung von sich aus storniert. Das finde ich ein wenig frech von der Deutschen Bahn. Es ist quasi eine zusätzliche Strafgebühr, denn die Stornierung eines Spartickets kostet grundsätzlich 10 Euro. Nicht, dass mir die 18 Euro im Geldbeutel fehlen würden, aber in Ordnung finde ich es nicht. Ich hoffe nur, dass die Bahn das Geld zumindest vernünftig investiert.

Ostramondra. Ob da Mondra Diamond herkommt.

Wir sind also mit dem Auto nach Braunschweig gefahren. Damit die Fahrt nicht so stressig ist, fuhren wir in zwei Etappen, mit Zwischenstopp in Thüringen, wo ich gleich noch ein paar Termine erledigen konnte. Mit unserem Corsa fand ich Autobahnfahrten belastend. Ich war danach immer völlig erschöpft. Mit dem ID3 ist das nicht so. Es ist tatsächlich ein so entspanntes Dahingleiten, dass ich anschließend nicht müde bin.

Das Laden hat wie immer anstandslos geklappt. Und bei dem warmen Wetter hat das Auto kaum etwas verbraucht. Wir sind auf 12,9 kWh pro 100 km gekommen, dies sind umgerechnet 1,3 l Diesel pro 100 km. Nach dem letzten Update hat das Auto auch signifikant mehr Reichweite. Bei 100 Prozent Ladung zeigt es jetzt 620 km Reichweite an. Wir sind am Donnerstag mit 90 Prozent losgefahren und hatten in Plech (nach 310 km) noch 43 Prozent Restreichweite. Wir hätten also locker bis Saalfeld durchfahren können. Haben das aber nicht gemacht, weil wir sowieso stehengeblieben wären und was gegessen hätte. So war es halt so, dass das Auto schneller mit Laden fertig war, als wir mit Toilettenbesuch und Mittagessen. Das Laden in Saalfeld beim Nachbarn hat nicht geklappt, der hat sich zwar eine Wallbox installieren lassen, hat aber kein E-Auto. So ist ihm nicht aufgefallen, dass die Wallbox nur mit einer RFID-Karte zu bedienen ist, die er aber vom Monteur nicht bekommen hat. So haben wir das Auto wieder an der Ladesäule am Bahnhof geladen. Die zehn Minuten Fußweg sind dann auch nicht schlimm.

In Braunschweig fand sich eine Schnellladesäule in Hotelnähe, die wir am Sonntagfrüh angesteuert haben. Wobei ich es gut fände, wenn die Hotels den Gästen eine Lademöglichkeit anbieten würden. Es muss ja kein Schnelllader sein. Auf der Rückreise nach Waging haben wir am Montag dann wieder in Greting gehalten und auch hier hatten wir so viel Restreichweite, dass das Auto nur zwanzig Minuten laden musste.

Was mir während der Fahrt aufgefallen ist, war die extreme Trockenheit. Bei uns in Oberbayern ist es nicht ganz so schlimm, aber je weiter man nach Norden fährt, umso trostloser sieht die Landschaft aus. Besonders auffällig ist es im Erfurter Becken und oberhalb des Harz. Hier wägte man sich schon fast in der afrikanischen Savanne und glaubte jederzeit auf den gelben vertrockneten Feldern Elefanten und Giraffen zu sehen. Der Mais war zirka einen Meter hoch und komplett dürr. Das habe ich so noch nicht gesehen. Die Wälder im Thüringer Wald oberhalb der Saale sind inzwischen großflächig gerodet. Auf manchem Bergkamm steht nicht ein Baum mehr. Das ist ein grusliger Anblick.

In den Dörfern rund um den Harz sieht es nicht weniger gruslig aus. Wir fuhren durchs Mansfelder Land und waren auf der Suche nach einer Gaststätte oder einer Bäckerei, wo wir hätten Mittagessen können. Fehlanzeige. Die Dörfer wirken runtergekommen und verlassen, die Geschäfte waren geschlossen und die Fenster verbarrikadiert. Die Gaststätten, die in der Google-App angezeigt wurden, existieren schon länger nicht mehr oder hatten geschlossen. Als Alternative blieb uns da tatsächlich nur ein Besuch im Kaufland in Aschersleben. Auf der Rückfahrt sind wir auf der westliches Seite des Harz entlanggefahren, da sah die Welt tatsächlich noch ein wenig freundlicher aus. Es ließ sich auch besser fahren, deswegen brauchten wir bis Saalfeld keinen Stopp.

Von Braunschweig selbst habe ich nicht viel gesehen. Ich wünschte, ich hätte mehr Fotos gemacht. Aber irgendwie war ich die ganze Zeit über zu beschäftigt, das ich daran einfach nicht gedacht haben. Das einzige, was ich außerhalb des Congebäudes fotografiert habe, war das pompöse Treppenhaus im Hotel. Das war aber auch das einzige Highlight des Hauses. Unser Zimmer ist in den Neunzigerjahren das letzte Mal renoviert worden. Man erkennt das immer gut an den Bädern. Die Fenster sind noch aus den Siebzigern oder Achtzigern. Man kann sie nicht kippen, dafür sind Haken an den Seiten angebracht, um sie einzuhängen, damit nicht zugehen.

Großartig gedämmt scheint das Haus auch nicht zu sein, sonst wäre es tagsüber nicht so irre warm und nachts so frisch gewesen. Energetisch ist das Gebäude ein Alptraum, auch wegen des Treppenhauses. Die Austattung war recht einfach. Keine Minibar, dafür ein Föhn und ein elektrischer Heizlüfter im Bad. Mein Handtuch hatte Löcher, der Duscheinstieg war ein Abenteuer und für bewegungseingeschränkte Menschen nicht nutzbar. Die Ablagemöglichkeiten im Bad waren kaum vorhanden und die Sitzverhältnisse auf der Toilette so beengt, dass sie die Norm für Bewegungsflächen in Bädern locker unterschritten haben. Zudem herrschte ein Geruch, der einem schon den Atem verschlug, wenn man zur Tür hereinkam. Dafür dann noch 100 Euro pro Nacht zu verlangen, fand ich nicht gerechtfertigt. Es soll aber bereits renovierte Zimmer geben. Ob die dann teuer sind, weiß ich nicht. Das Frühstück war okay, auch wenn der Saft von Discounter stammte.

Ich weiß noch nicht, ob wir beim nächsten Mal wieder dort absteigen werden. Wobei es andere Conteilnehmer schlimmer getroffen hatte. Bei denen war das Hotel überbucht, und sie wurden ins Umland ausquartiert oder mussten sich eine neue Unterkunft suchen.

Die Gaststätten, in denen wir gegessen haben, waren jedenfalls sehr gut. Am Freitag waren wir im »Lord Helmchen« und am Samstag in »Schadts Brauereigasthaus«. Hier stimmt das Preis-Leistungsverhältnis und geschmeckt hat es auch.

Anzeigen für Adleraugen

Ich war am Wochenende mal wieder mit der Deutschen Bahn unterwegs. Sagen wir mal so, es lief erstaunlich pünktlich ab, bis auf die Viertelstunde, die der Regionalzug am Freitagmorgen verspätet losfuhr. Begründung: Grenzkontrollen!

Frage: Warum gibt es eigentlich noch immer Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich? Die wurden während der Flüchtlingskrise 2015 eingeführt und nie wieder abgeschafft. Das ist doch eine eklatante Verletzung der Schengener Verträge. Oder sehe ich das falsch?

Jedenfalls war ich überrascht, dass ich sowohl am Freitag als auch am Montag pünktlich angekommen bin. Die Sprints beim Umsteigen zähle ich inzwischen als Fitnesstraining. Einzig, die Regionalbahnen waren wieder pumpvoll. Ich frage mich ja, wer da eigentlich fährt? Diejenigen, die sonst immer gefahren sind, jedenfalls nicht. Ansonsten sieht man da Gestalten, denen möchte man nicht im Dunkeln begegnen und eigentlich auch nicht zu nahe kommen. Wahrscheinlich sind einige von denen, die jetzt mit dem 9-Euro-Ticket unterwegs sind, noch nie mit einem öffentlichen Verkehrsmittel gefahren, denn es mangelt massiv an Anstand und Benehmen. Da wird sich schon in den Zug reingedrängelt, da sind die Leute noch beim Aussteigen. Ich musste eine Familie lautstark auffordern, damit sie die Passagiere aus der Regionalbahn erst einmal haben aussteigen lassen. Dann werden die Sitze mit Koffer, Taschen und Füßen belegt, obwohl Leute in den Gängen stehen müssen, weil sie keinen Sitzplatz haben. Wenn man dann höflich daraufhin weist, das andere vielleicht auch sitzen wollen, wird man noch blöd angemacht. Die Zugbegleiter lassen sich gar nicht mehr sehen, wahrscheinlich eben aus dem Grund, oder weil sie ohnehin nicht mehr durch den Zug kommen. Das ist schon echt lästig. Die Bahner haben jedenfalls die Schnauze gestrichen voll. Ich kann es ihnen nicht verübeln.

Ich bin auch für einen bezahlbaren Nahverkehr, aber diese Aktion ist völlig falsch. Vielleicht sollte man sich vorher erstmal bei der Bahn erkundigen, ob die überhaupt die Ressourcen für so eine Aktion haben. Und außerdem finde ich 9 Euro im Monat einfach zu wenig Geld. 29 Euro hätte ich angemessener gefunden. Oder gleich ein 365 Euro Ticket fürs ganze Jahr. Mich wundert übrigens nicht, dass der CO2-Ausstoß durch das 9-Euro-Ticket nicht weniger geworden ist. Diejenigen, die konnten, sind nämlich aufs Auto umgestiegen.

Theorie

Das Beste an der Deutschen Bahn ist aber die zunehmende Digitalisierung. Da entdecke ich doch im Schaukasten des Wagenstandanzeigers ein Plakat. Dort steht, dass es ab sofort keinen Wagenstandsanzeiger mehr in Papierform gibt. Dafür sollen die Wagen in Echtzeit am Display angezeigt werden. Einerseits eine vernünftige Sache, denke ich, da die Anzeige in den letzten Jahren sowieso kaum mehr mit der Wirklichkeit übereingestimmt hat. Andererseits sollte aber die Anzeige das dann auch können. Was nämlich nicht überall der Fall ist. Die neueste Generation der Anzeigen am Bahnsteig kann das nämlich nicht.

Wirklichkeit

In Traunstein hat man vor kurzem die Displays getauscht. Weil man auf der neuen Anzeige, ja so viele Informationen mehr anzeigen kann. Das Problem ist aber, dass jemand, der nicht über einen Adlerähnlichen Blick verfügt, die angezeigten Informationen kaum entziffern kann. Hat es vorher gereicht, zehn Meter von der Anzeige wegzustehen, um alles gut zu erkennen, so kann man den Text jetzt nicht mal mehr lesen, wenn man zwei Meter davor steht. Das Beste ist ja. Dort wird die Wagenreihung aus Platzgründen nur zirka angezeigt, also nur erste und zweite Klasse ohne Wagennummern. Was für ein super Service. Da braucht man hellseherische Fähigkeiten, um zu wissen, wo jetzt der Wagen zum Stillstand kommen wird, in den man einsteigen möchte.

Welch ein Fortschritt! Ich frage mich ja immer: Wer heckt sowas aus? Wahrscheinlich niemand, der mit dem Zug fährt. Das muss man doch vorher testen, wie groß eine Anzeige sein muss, damit man sie auch in größerem Abstand auf einem Bahnsteig noch lesen kann. Dafür gibt es doch auch sicher irgendeine DIN-Norm.

Ich sehe schon, die Unfähigkeit verbreitet sich überall mit zunehmender Geschwindigkeit. Bei der Deutschen Bahn anscheinend noch schneller als anderswo.

Die blödeste Erfindung seit es die Deutsche Bahn gibt Teil 2

Halten wir fest, dass ich nach der Hinfahrt ziemlich genervt von der Idee mit dem Neun-Euro-Ticket war (und noch immer bin). Um Ähnliches zu vermeiden, bin ich am Montag eine halbe Stunde eher zum Bahnhof, um in der Regionalbahn nach Erfurt auch einen Sitzplatz zu bekommen.

Montagvormittag 11:45 Uhr: Nachdem ich morgens beim Zahnarzt schon ziemlich hippelig war, u.a. weil ich 15 Minuten warten musste, steigt die Spannung am Bahnsteig noch. Doch der Zug kommt pünktlich, die Leute steigen aus und es ist so leer, dass zwei Fahrgäste sogar ihre Fahrräder mitnehmen dürfen. Normalerweise ist die Mitnahme von Fahrrädern momentan eingeschränkt worden, wegen der vielen Fahrgäste. Der Zug fährt auch pünktlich los. Es ist auch eine Privatbahn und gehört nicht zur DB-Regio. Es herrscht keine FFP2-Maskenpflicht, ein medizinischer MNS reicht. Die erste Hiobsbotschaft erreicht mich noch während der Fahrt. Der ICE-Sprinter, mit dem ich fahren wollte, fällt aus. Aber es soll einen Ersatzzug geben. Toll! Da hätte ich mir das Geld für die Platzkarte echt sparen können. Warum ich dann dennoch zehn Minuten später in Erfurt ankomme, erschließt sich mir leider nicht. Aber ich hab ja genug Zeit zum Umsteigen und hole mir erst mal was zu Essen aus dem Asia-Imbiss. Das Essen dort wollte ich ohnehin schon lange mal probieren.

Der Ersatzzug lässt auf sich warten. Dafür hat er mehr Wagons, und ich ahne, warum ein Ersatzzug eingesetzt wurde. Der normale Zug war nämlich bis fast auf den letzten Platz ausgebucht. Ich hatte eine der letzten Platzkarten bekommen. Ich stehe also im dünnen Jäckchen am zugigen Bahnhof. Es regnet leicht und der Zug hat wieder mal Verspätung. Erst fünf, dann zehn und schließlich zwölf Minuten als er endlich einfährt. Ich steige ganz vor in den ersten Wagen. Der ist erfahrungsgemäß nicht ganz so voll. Und tatsächlich strahlen mich viele leere Plätze an. Es gibt sogar noch leere Einzelabteile. Die wenigen Fahrgäste verlieren sich im Großraumabteil, aber das ist ganz angenehm. Weniger angenehm ist der lautstark telefonierende Managertyp, der, als wir aus Erfurt rausfahren, aber verstummt, weil das Netz weg ist. Einziger Schwachpunkt im Zug: das WLAN funktioniert irgendwie nicht.

Wenige Kilometer weiter. Irgendwo in der Nähe von Ilmenau, dann ein Ruck. Der Zug bremst abrupt ab und bleibt kurz vor einem Tunnel stehen. Der Zugführer gibt durch, dass wir von der Strecke ausgebremst wurden. Er weiß noch nicht warum, aber sie stehen schon mit der Stellwerks-Zentrale in Verbindung. Ich schaue auf die Uhr und bin noch entspannt. Ich habe in München eine Dreiviertelstunde zum Umsteigen. So eine Störung kann dauern oder schnell vorbei sein. Minuten später hört man wie der Triebwagen angeworfen wird und der Zug versucht loszufahren, aber nicht von der Stelle kommt. Das Spielchen wiederholt sich alle fünf Minuten. Die Fahrgäste hinter mir amüsieren sich, und machen Witze über angezogene Handbremsen. Inzwischen stehen wir schon seit vierzig Minuten. Ich sehe meinen Meridian schon davonfahren. Kurz Zeit später die erlösende Durchsage vom Zugchef. Es geht weiter, die Störung auf der Strecke ist behoben, wir können weiterfahren. Der Zug setzt sich wieder in Bewegung, rein in den ersten der 26 Tunnel, die durch den Thüringer Wald gebohrt wurden.

Nach Nürnberg habe ich Lust auf einen Kaffee und laufe durch den halben Zug bis zum Bistro. Nur um festzustellen, dass es geschlossen ist. Nun es ist kurz nach 16 Uhr. Vielleicht haben die Angestellten schon Feierabend. Ich kehre zurück an meinen Platz und schreibe an meinem Roman. Dabei ignoriere ich die Tatsache, dass ich knapp 50 Minuten Verspätung habe. Vielleicht holt er ja auf der Schnellstrecke zwischen Nürnberg und Ingolstadt noch auf. Die Hoffnung zerschlägt sich kurz vor München, wo der Zug wieder langsamer wird und im Schneckentempo durch die Münchner Vororte schleicht. Mein Zug Richtung Salzburg ist definitiv weg und wegen der aktuellen Baustellen, fahren die Züge der Bayrischen Oberlandbahn momentan nur alle Stunde und nicht alle halbe Stunde. Ich werde also erst nach 19:15 Uhr da sein und nicht wie geplant 18:15 Uhr. Ich hole mir am Hauptbahnhof einen Kaffee, laufe raus bis zum Holzkirchener Bahnhof (ca. 800 m) und rufe meinen Mann an. Am Gleis steht an der Anzeigetafel, dass der Zug ausfällt. Ich checke die Navigator-App, da steht der Zug normal drin. Ich bleibe erstmal stehen und warte. Und tatsächlich kommt er wenig später komplett leer angefahren. Ich steige heute mal weiter hinten ein, denn ich ahne, dass sich die Leute im letzten Waging stapeln werden. Draußen auf dem Bahnhof höre ich die Durchsage, dass die Strecke Richtung Landshut wegen umgefallener Bäume gesperrt ist und momentan keine Züge fahren. Ich habe Mitleid mit den Reisendenden, vor allem den Pendlern.

Knapp eine Dreiviertelstunde später fahre ich einem ziemlich vollen Meridian weiter Richtung Salzburg. Am Grafinger Bahnhof halten wir plötzlich an. Eine Durchsage des Zugführers teilt mit, dass wegen eines Gewitters ein paar Bäume im Gleis liegen. Super, das hat mir heute noch gefehlt. Was habe ich getan, dass mich das Karma so bestraft? Zum Glück ist die Strecke nicht voll gesperrt, sondern nur ein Gleis. Wir müssen drei Züge aus der Gegenrichtung durchlassen, dann fahren wir weiter. Zwanzig Minuten Verspätung sind es dann trotzdem. Irgendwann nach halb Acht komme ich dann völlig fertig in Traunstein an. Ich reise mir die FFP2-Maske runter, weil mein Gesicht juckt. Ich werde die nächsten Tage wieder mit Ausschlag zu kämpfen haben. So viel zum Thema, Maskentragen wäre nicht gesundheitsschädlich oder einschränkend. Pah! Ich möchte nicht wissen, wieviel Mikroplastik sich in diesen knapp acht Stunden wieder in meiner Lunge abgelagert hat. Das kostet mich bestimmt ein paar Lebensmonate.

Zumindest habe ich heute ausreichend Zeit gehabt, um an meinem Roman weiter zu schreiben. Man soll ja immer positiv denken. Aber nun habe ich aber erstmal genug vom Zugfahren und bin heilfroh, die nächsten Wochen nicht in einen Zug steigen zu müssen. Für Anfang August habe ich bereits ein Ticket gekauft. Seltsamerweise gibt es kaum noch günstige Spartickets, seit es das Neun-Euro-Ticket gibt. Na ja, irgendwie muss die Bahn das Geld wieder reinholen. Das macht sie dann bei denjenigen, die regelmäßig fahren. Wie ich gehört habe, sind viele Pendler, wegen der vollen Züge und den unmöglichen Zuständen aufs Auto umgestiegen. Dann hat es doch geklappt, auch noch diejenigen vom Zugfahren abzuhalten, die sich das bisher noch freiwillig angetan haben. Ich sehe schon, am Ende fährt die Deutsche Bahn ohne Passagiere. Laut der Statistik aus den letzten beiden Jahren sind die Züge ohne Fahrgäste viel pünktlicher.

Hier noch ein paar Infos zu der Vollbremsung. Der Zugchef aus dem ICE war kurz vor München noch im Abteil und hat sich bei allen Fahrgästen entschuldigt. Das European Train Control System (ETCS) der Hochgeschwindigkeitsstrecke hat eine Zwangsbremsung eingeleitet, weil es die ETCS-Fahrterlaubnis des ICE nicht erkannt hat. Um das zu beheben, müssen mehrere Anfragen an das zentrale Stellwerk geschickt werden und die Erlaubnis zur Weiterfahrt muss schriftlich protokolliert werden. (Wahrscheinlich haben die ein Fax geschickt.) So viel zur modernen Technik. Wegen der Verspätung hatte dann auch das Bistro geschlossen. Die Bistro-Besatzung musste in Nürnberg aussteigen, damit sie mit dem Rückzug überhaupt wieder nach Hause gekommen sind. Kann man irgendwie verstehen.

Zum Neun-Euro-Ticket nur noch so viel. Der Hype wird nachlassen, weil viele Leute inzwischen begreifen, dass Bahnfahren nicht so easy ist, wie es immer propagiert wird. Es erfordert Geduld, Flexibilität und eine gewisse Fitness. Nicht zu vergessen das Wissen über die Abläufe und Informationsbeschaffung. Die Navigator-App ist da inzwischen unerlässlich. Ohne Smartphone würde ich heute keinen Zug mehr betreten. Ich frage mich, wie ich früher ohne ausgekommen bin. Nun, da waren auch die Züge pünktlicher. Im Rahmen des Neun-Euro-Tickets wäre ich auch dafür wieder die dritte Klasse einzuführen. Wer da alles mitfährt und wie sich manche Leute benehmen … Mannomannomann. Ich hätte auch schon einen Vorschlag: