Die blödeste Erfindung seit es die Deutsche Bahn gibt Teil 1

So, nach einem langen und turbulenten Wochenende bin ich wieder einigermaßen daheim angekommen. Zumindest habe ich heute mal wieder Zeit zum Bloggen, denn zu erzählen gibt es genug.

Ich war mal wieder mit der Deutsche Bahn unterwegs. Nichts neues eigentlich, aber an diesem Wochenende hatte ich wieder ein besonders schlechtes Karma, das dann auch noch mit dem Chaos des Neun-Euro-Tickets zusammenfiel. Doch von Anfang an.

Donnerstagmorgen 5:30 Uhr am Bahnhof Traunstein: Es ist Feiertag und ich muss schmerzlich feststellen, dass an einem Feiertag die Bahnhofshalle erst um 7 Uhr öffnet und beim Bäcker drinnen zwar schon jemand da ist, aber man weder einen Kaffee noch ein Brötchen kaufen kann, weil man nicht hinkommt. Nun gut, ich hatte mir glücklicherweise was eingesteckt. Der erste Zug Richtung München ist ein IC und steht schon mit fünf Minuten Verspätung angeschrieben. Der nachfolgende Meridian mit dem ich fahren will, wird noch pünktlich angezeigt. Eine Viertelstunde später ist die Verspätung auf zehn Minuten angewachsen und nun hat auch der Meridian fünf Minuten. Der Grund Grenzkontrollen. Nochmal eine Viertelstunde später fährt endlich der IC ein, wenig später auch der Meridian, allerdings am anderen Gleis. Weiter geht’s erstmal nicht, wegen einer Stellwerksstörung. Während sich die beiden Zugführer auf dem Bahnsteig unterhalten und eine Zigarette rauchen, steige ich schon mal ein. Irgendwann eine Durchsage des Zugbegleiters des ICs, der Zugführer möge sich doch bitte in seine Lok begeben und losfahren, das Signal stehe auf Grün. Tja, auch Mann kann sich schon mal festquatschen. Der IC fährt los, der Meridian muss noch warten. Mit 25 Minuten Verspätung beginne ich dann endlich meine Fahrt. (Alle Achtung. Das bedeutet 25 Minuten auf 25 Kilometern. Soweit ist es bis Salzburg, wo beide Züge losgefahren sind.) Meinen Anschlusszug in München schreibe ich schon mal ab. Zum Glück fährt eine halbe Stunde später noch einer. Vor Rosenheim machen wir dann nochmal auf freier Strecke eine kleine Pause, weitere Minuten vergehen. Ich beschließe, mich nicht aufzuregen. Der Zug ist außerdem schon recht voll. Ich ahne bereits Schlimmes, wenn ich an die Regionalbahn von Nürnberg nach Saalfeld denke.

Am Münchner Ostbahnhof angekommen, fährt der Zug erstmal nicht mehr weiter. Wegen einer Baustelle ist die Strecke nur eingleisig befahrbar. Ich bleibe sitzen, den alternativen ICE, mit dem ich hätte fahren wollen, schaffe ich sowieso nicht mehr. Mit sage und schreibe 40 Minuten Verspätung treffe ich endlich am Hauptbahnhof München ein. Lasse am ziemlich belagerten Servicepoint meine Zugbindung aufheben. Irgendwie verstehen viele Reisende nicht, wie die Abfertigung am Service Point funktioniert. Dass man zwar in einer Reihe wartet, aber dann an jeden Schalter gehen kann, der frei wird. Nun, ich nutze dieses Wissen und bin gleich dran. Viel Zeit habe ich eh nicht bis zur Weiterfahrt, aber für einen Kaffee ToGo vom »Rischart« reicht es.

8:22 Uhr fahre ich mit zwei Minuten Verspätung mit einem erfreulich leeren ICE weiter nach Nürnberg. In Nürnberg bleiben mir genau vier Minuten zum Umsteigen. Zum Glück gehts hier nur eine Treppe runter, fünf Meter durch die Unterführung und die nächste Treppe wieder hoch. Ich hatte meinen Sitzplatz im ICE schon so gewählt, dass ich genau an der richtige Treppe herauskomme. Am Bahnsteig erwarten mich eine Gruppe Sicherheitsleute (kann auch Polizei gewesen sein), die die geschlossenen Türen der Regionalbahn verbarrikadieren. Ich werde mit einem Kopfschütteln abgewiesen. Daraufhin schnauze ich den Typen an, dass ich seit fünf Uhr unterwegs bin, mehrere Züge verpasst und 80 Euro für mein Ticket bezahlt habe. Es interessiert ihn nicht, er lässt mich nicht einsteigen. Ich renne weiter, die nächste Tür ist unbewacht, weil der Zug gleich abfahren soll. Von drinnen sieht mich ein Mann kommen und macht mir auf. Ich quetsche mich zwischen die stehenden Passagiere und bin drin. Völlig aufgelöst, vom Rennen und der Aufregung.

Kleiner Eindruck vom vollen Regionalzug

Draußen sind 30 Grad, der Wagon ist brechend voll und ich bekomme wegen der FFP2-Maske keine Luft mehr – zumindest kann ich nicht umfallen. Drei Stationen später wird es noch enger und ich quetsche mich auf einen freien Notsitz vor dem Klo. Körper an Körper mit zwei beleibten Männern. Frei nach dem Motto: lieber schlecht gesessen, als gut gestanden. Die Luft ist zum Schneiden und wenn beim Halt an den Bahnhöfen die Türen aufgehen, giert jeder nach Luft. Vor mir packt eine junge Frau einen Fächer aus und wird sofort von allen mit neidischen Blicken bedacht. Sowas sollte ich mir vielleicht auch mal in die Handtasche stecken.

Drei Stunden, so lange dauert die Fahrt von Nürnberg nach Saalfeld mit der Regionalbahn. Dieses Mal ist es noch ein bisschen länger als sonst, weil mehr Leute zusteigen als aussteigen. Die meisten wollen nach Leipzig. Ein Ehepaar im mittleren Alter neben mir will sogar weiter nach Wismar. Sie sind heute morgen aus Stuttgart losgefahren. Der Mann muss stehen, die Frau setzt sich später neben mich, nachdem einer der Männer ausgestiegen ist. Ihr Mann jammert. Sie versucht ihn aufzuheitern, und bietet ihm ihren Sitz an, aber er bleibt genervt. Normalerweise fahren sie nicht mit der Bahn, erzählt sie mir, aber das mit dem Neun-Euro-Ticket war einfach zu verlockend. Aber dass es so voll ist, hätte sie nicht gedacht. Als ich ihr sage, dass die Deutsche Bahn von Reisen an die Ostsee abrät, wegen der vollen Züge, kommt sie ins Grübeln. Sie überlegt, ob sie nicht das Wochenende in Leipzig verbringen sollten.

Mir läuft inzwischen der Schweiß in Bächen herunter. Mein Shirt ist durchgeweicht, meine Maske sowieso. Ich trage das Ding seit sechs Stunden und kann nicht mehr. Ich ziehe es von der Nase und atme tief durch. Es interessiert ohnehin keinen mehr. Bei den wenigsten sitzt sie noch richtig. 12:30 Uhr steige ich endlich am Ziel aus dem Zug (knapp zwei Stunden später als geplant), genauso wie das Ehepaar. Sie beschließen mit dem nächsten Zug wieder nach Hause zu fahren. Dem Mann reicht es. Ich sage zu der Bahnbeamtin am Bahnsteig, die ich seit Jahren kenne, wie bescheuert ich die Idee mit dem Neun-Euro-Ticket finde. Sie antwortet mir mit dem Arm über dem Kopf: Ihr steht’s bis dahin.

Als ich mit meinem Koffer die Treppe zur Unterführung runtersteige, denke mit Grauen an die Rückfahrt am Montag.

Gendern ist diskriminierend und sexistisch

Danke, Danke, Danke an Nele Pollatscheck, die übrigens ein richtiger Trekkie ist, für ihren Artikel über das Gendern im Tagesspiegel.

Ich rege mich deswegen so über das Thema auf, weil die Deutsche Bahn gestern wieder den Vogel abgeschossen hat. Da tauchte in einem Tweet tatsächlich das Wort »Reisendenlenker:innen« auf. Liebe Deutsche Bahn, seid ihr jetzt komplett gaga? In der Vergangenheit musste ich denglische Wörter wie »Infopoint« und »Servicepoint« ertragen. Nun sind es Begriffe, die schon ein deutscher Muttersprachler nur schwer erfassen und verstehen kann, wie muss es da jemandem gehen, der Deutsch nur als Fremdsprache erlernt hat? Ja, das ist auch eine Form der Diskriminierung.

Wenn ich als Frau einen gegenderten Text lese, geht mir jedes Mal der Hut hoch. Abgesehen von der sprachlichen Ästhetik fühle ich mich auf mein Geschlecht reduziert. Dabei sollte es um Gleichberechtigung gehen. Jeder soll gleich behandelt werden. Wenn ich aber jedes Mal das Geschlecht eines Menschen hervorhebe, dann bedeutet das eine Sonderbehandlung. Dann erhöhe ich den einen auf Kosten des anderen. Dann bedeutet das, dass der Mensch nur nach seinem Geschlecht beurteilt wird und nicht nachdem, was er ist oder kann. Es spaltet die Gesellschaft, denn jedem der da nicht mitmacht, wird die Moral aberkannt.

Es ist tödlich für eine starke Gemeinschaft, die unter politischem und neoliberalem Druck steht, wenn jeder nur für sich selbst und seinesgleichen kämpft. Ohne einen geschlossenen Widerstand kann sich der Turbokapitalismus immer schneller und weiter ausbreiten, die Ungerechtigkeit weiter fortsetzen und immer mehr Menschen in Armut treiben. Das Einzige was sich dem entgegensetzen kann, ist eine starke Gemeinschaft in der jeder zugunsten der Gemeinschaft seine persönlichen Belange zurückstellt und für die gemeinsame Sache kämpft. Nur so funktioniert Gleichheit. Und nicht in dem man Frauen oder Transsexuelle Personen in Texten sichtbar macht, in dem man sie auf ihr Geschlecht reduziert. Das hat noch keiner Frau geholfen, gleiches Geld für gleiche Arbeit zu bekommen, oder einen Posten im Aufsichtsrat.

Darüber zu reden ist leicht, etwas aktiv dagegen zu tun, ungleich schwieriger. Es kostet Mühe und Zeit, die viele, der sich moralisch überlegen fühlenden, Genderbefürworter nicht aufwenden wollen.

Lotteriespiel Deutsche Bahn

Ich war in den letzten vier Wochen mehrmals mit der Deutschen Bahn unterwegs. Trotz Corona fühle ich mich da relativ sicher. Die Züge sind meist halbleer, da mache ich mir eigentlich keine Gedanken. Wenn sich dort so viele Leute anstecken würden, wären die Bahnmitarbeiter reihenweise krank oder in Quarantäne. Aber wenn man mit denen ins Gespräch kommt, stellt man fest, dass sie keine solchen Erfahrungen gemacht haben. 2020 gab es wohl auch eine Studie, die anhand der Krankenstatistik von Bahnmitarbeitern belegt hat, dass das Ansteckungsrisiko in Fernzügen eher niedrig ist. Beim Öffentlichen Nahverkehr mag das was anderes sein, da fahren auch mehr Leute mit.

Leider ist eine Fahrt mit der Deutschen Bahn durch Deutschland nach wie vor ein Lotteriespiel. Je nach Witterungslage mit mehr oder weniger guten Chancen pünktlich anzukommen. Als es Ende Januar geschneit hat, hatte ich schon ein schlechtes Gefühl, bevor ich überhaupt losgefahren bin. Bei Abfahrt 5:44 Uhr auf dem Bahnhof war die Regionalbahn auch einigermaßen pünktlich. Bis hinter Rosenheim blieb das auch so. Dann bremste der Zug plötzlich ab, fuhr langsamer und blieb dann ganz stehen. In meinem Postfach lagen da schon drei Mails, dass ich meinen Anschlusszug in München wohl nicht erreichen würde. Irgendwann ging’s wieder weiter. Fast im Minutentakt kamen die Mails, dass mein Zug mal erreichbar und mal nicht erreichbar war. Die Zahl der Meldungen erhöhte sich bis München auf 16. Letztendlich hatten wir sechs Minuten, was bei geplanten zwölf Minuten Umsteigezeit in München nur mit einem Sprint zu machen ist. Vor zwei Jahren hätte ich das in sechs Minuten vielleicht noch geschafft. Aber bei meinem derzeitigen Fitnesstand und mit FFP2-Maske hatte ich null Chancen. Der ICE fuhr gerade los, als ich zum Bahnsteig kam. Ich war übrigens nicht die Einzigste, die es nicht geschafft hatte. Das war es dann mit der Regionalbahn, mit der ich von Nürnberg nach Saalfeld fahren wollte.

Wenn der Wurm drin ist, dann richtig. Ich nahm also den nächsten Zug, der eine halbe Stunde später fuhr und bei dem ich in Nürnberg in den ICE nach Erfurt wechseln konnte, um von dort mit der Regionalbahn nach Saalfeld zu kommen. Der ICE hatte anfangs eine Türstörung fuhr dann aber los und ich kam einigermaßen pünktlich nach Nürnberg. Nur der ICE nach Erfurt hatte eine halbe Stunde Verspätung, wegen einer technischen Störung. Sprich, ich würde die Regionalbahn in Erfurt nicht mehr bekommen. Stattdessen wartete ich eine Dreiviertelstunde, um mit der Regionalbahn von Nürnberg zu fahren. Der Navigator-APP der DB sei Dank, dass man sich jederzeit die passenden Verbindung suchen kann. Der Regionalexpress blieb unterwegs an einer Baustelle stecken und somit verzögerte sich meine Ankunftszeit nochmal. Statt 10:51 Uhr wie geplant, kam ich 12:10 Uhr an und somit rechtzeitig 10 Minuten vor meinem geplanten Zahnarzttermin. Stress pur!

Die Rückfahrt war ähnlich turbulent. Verspätete Regionalbahn, verpasster ICE und verspäteter Folge-ICE. Zum Glück fahren die Regionalbahnen Richtung Salzburg nachmittags alle halbe Stunde. So war ich nur 45 Minuten später dran.

Letztes Wochenende hatte ich mich eigentlich schon wieder auf Verspätungen eingestellt. Aber siehe da, zumindest am Freitag verlief meine Fahrt ohne Zwischenfälle und ich kam tatsächlich pünktlich an. Ich hab gleich einen Strich an den Kalender gemacht. Auf der Rückfahrt klappte es anfangs auch super. Doch dann blieb kurz hinter Nürnberg der ICE stehen. Vor uns war ein Zug auf Grund eines technischen Defekts liegengeblieben. Ich stellte mich schon auf eine längere Wartezeit ein. Es waren dann aber nur 23 Minuten. Meine Regionalbahn war dennoch schon weg. Da blieb dann wenigstens noch Zeit für einen Kaffee und einen Krapfen beim Rischart im HBF München. (Fragt aber nicht, was das inzwischen kostet. Mit ein bisschen Augenmaß kann man für das Geld eine dreiköpfige Familie einen Tag lang ernähren.) Am Ende kamen dann nochmal zehn Minuten drauf, weil die Regionalbahn in Prien warten musste, um den Railjet durchzulassen. Anzahl der Info-Mails der DB über die Verspätungen: 21.

Seufz! Ich kann mich an Zeiten erinnern, an dem zumindest 80 Prozent der Züge pünktlich waren. Inzwischen muss man echt froh sein, wenn man noch am gleichen Tag ankommt. Na ja, Zumindest die Mail-Benachrichtigungen funktionieren, wenn auch mit Spam-Charakter.

Nervige Reisebegleitung

Es ist ja schön, von der Deutschen Bahn informiert zu werden, wenn die Zugfahrt nicht so stattfinden kann wie geplant oder es zu Störungen kommt. Aber 13 E-Mails um mir mitzuteilen, dass mein Zug Verspätung hat, finde ich schon etwas nervig. Besonders doof sind E-Mails mit der Nachricht: »Ihr Anschluss« wird voraussichtlich nicht erreicht«, obwohl es noch ewig hin ist bis zum Umsteigen. Das macht mich jedes mal kirre. Sogar die Zugbegleiter sind genervt, wenn man sie darauf anspricht. Der eine hat nur mit dem Kopf geschüttelt und erklärt dass das großer Mist sei, was in den Mails steht. Und er behielt recht, ich habe meinen Anschluss problemlos erwischt.

Obwohl meine Fahrt am vorletzten Wochenende schon von vornherein unter keinem guten Stern stand. Das Ticket hatte ich schon im Oktober gekauft, weil es da für BahnBonus-Kunden eine Aktion gab. Ich meine, 17,90 EUR eine Strecke von 500 Kilometern sind ein Angebot, das man nicht ablehnt. Also habe ich meine Tickets für die nächsten Monate im Voraus gekauft.

Mitte November erhielt ich dann die Info, dass die Fahrt am 3. Dezember wegen Bauarbeiten nicht wie geplant stattfinden kann. Ich sollte eine alternative Verbindung wählen und kostenlos umbuchen. Eigentlich wollte ich mit der Regionalbahn ab Nürnberg bis nach Saalfeld fahren. Die fuhr aber nicht, also suchte ich mir den ICE über Erfurt raus. Ein paar Tage später kam die Info, auch dieser Zug muss wegen der Bauarbeiten ausfallen. Es blieb eine Verbindung über Bayreuth-Kulmbach mit einem zusätzlichen Umstieg. Nun hatte es am Tag vorher auch noch geschneit, was meine Hoffnungen auf einen reibungslosen Ablauf senkte.

Aber … welch ein Wunder … es klappte alles. Ich hatte nur einen längeren Aufenthalt in Nürnberg – wo ich gleich mal einen original Nürnberger Lebkuchen gekauft habe – und einen unfreiwilligen Halt an dem Bahnhof in der Nähe von Bayreuth, an dem ich vor fast 30 Jahren immer ausgestiegen bin, wenn ich aus der Berufsschule kam. Ich konnte sogar die Ortschaft sehen, in der ich damals gewohnt habe. Das war dann schon ein wenig nostalgisch. Ich kam allerdings gute eineinhalb Stunden später in Saalfeld an, als geplant. Das war nicht so toll, weshalb ich gleich mal mein Fahrgastrechteformular ausgefüllt habe.

Auf der Rückfahrt sollte die Strecke wieder offen sein. Als ich am Montag zum Bahnhof kam, begrüßte mich jedoch die Meldung, dass sich die Abfahrt verspäten sollte. Weil ich in Nürnberg nur eine kurze Umsteigezeit hatte, ging ich zum Schalter und fragte die nette Dame, ob ich nicht lieber über Erfurt fahren sollte. Sie sah in ihren Computer, meinte »Signalstörung! Das dauert länger« und hob die Zugbindung für mein Ticket auf. So fuhr ich statt gen Süden erstmal gen Nordwesten nach Erfurt und stieg dort in den ICE nach München. Unterwegs bekam ich die netten E-Mails von der Bahn, die mich auf dem laufenden hielten, was passiert wäre, wenn ich mit dem geplanten Zug gefahren wäre. Fazit: Ich hätte keinen meiner Anschlusszüge bekommen.

So kam ich dann nur mit einer Verspätung von einer halben Stunde an und das komplett stressfrei. Auf die Flut an E-Mails hätte ich allerdings verzichten können. Witzig finde ich ja die Zeiten und die variierenden Verspätungen. Beispiel gefällig:

6.12.2021; 15:10 Uhr: … die Ankunft Ihrer heutigen Reise mit BRB RE5 in Traunstein, geplant 16:14 Uhr, verspätet sich um 5 Minuten. Voraussichtliche Ankunftszeit ist 16:19 Uhr.
6.12.2021; 15:29 Uhr: … verspätet sich um 3 Minuten. Voraussichtliche Ankunftszeit ist 16:17 Uhr.
6.12.2021; 15:31 Uhr: … verspätet sich um 15 Minuten. Voraussichtliche Ankunftszeit ist 16:29 Uhr.
6.12.2021; 15:31 Uhr: … verspätet sich um 16 Minuten. Voraussichtliche Ankunftszeit ist 16:30 Uhr.
6.12.2021; 15:35 Uhr: … verspätet sich um 2 Minuten. Voraussichtliche Ankunftszeit ist 16:16 Uhr.
6.12.2021; 15:36 Uhr: … verspätet sich um 23 Minuten. Voraussichtliche Ankunftszeit ist 16:37 Uhr.
6.12.2021; 15:42 Uhr: … verspätet sich um 5 Minuten. Voraussichtliche Ankunftszeit ist 16:19 Uhr.

Wann der Zug letztendlich angekommen ist, kann ich nicht sagen. Ich bin nicht damit gefahren. Ich kam erst 16:55 Uhr an.

Die Bahn kommt … oder auch nicht

Am letzten Wochenende war ich mal wieder mit der Deutschen Bahn unterwegs. Der Spruch »Genießen Sie ihre Fahrt in vollen Zügen« traf seit langem mal wieder zu. Es war, als würde es Corona nicht geben. Die Züge waren bis auf den letzten Platz besetzt.

Freitag früh hatte der EC mal wieder Verspätung wegen eines vorausfahrenden Güterzugs, der Minutenlang das Gleis am Bahnsteig belegte. Der ICE von München wurde durch einen anderen Zug ersetzt, bei dem – logischerweise – die Anzeige der Reservierungen nicht funktionierte. Es herrschte ein Drunter und Drüber bei der Sitzplatzsuche. Wenigstens war er halbwegs pünktlich.

Dafür hatte ich dann fast eine Stunde Aufenthalt in Bamberg. Im Sommer geht das ja, aber bei niedrigen Temperaturen und Regen ist das kein Spaß. Der McDonalds war gesperrt, es gab nur Straßenverkauf. Der Aufenthalt in der Bahnhofshalle war ebenfalls nicht gestattet. Dort hatten nur der Blumenladen und der Fahrkartenschalter geöffnet. Die Bäckerei und der Yorma waren geschlossen. Aus lauter Verzweiflung stöberte ich in der sehr gut ausgestatteten Bahnhofsbuchhandlung und kaufte zwei Comichefte. Die Verkäuferin beschwerte sich schon, dass im Laden so viel los sei. Tja, kein Wunder bei dem Wetter.

Dann wartete ich am Bahnsteig. Ein Zug nach Würzburg sollte an meinem Gleis fahren, anschließend der nach Leipzig. So wurde es mehrfach angesagt. Fünfzehn Minuten vor der Abfahrt, ich hatte mich in den Comic vertieft, fuhr ein Zug ein. Das wird der nach Würzburg sein, dachte ich und blickte zunächst nicht auf. Irgendwann sah ich doch hoch und traute meinen Augen nicht. Da stand Leipzig dran. Ich fragte den Zugführer, ob das jetzt der Zug nach Leipzig sei und bekam die blöde Antwort, dass es doch dranstehen würde. Ich setzte mich also rein, kontrollierte auf meinem Ticket die Zugnummer und war dennoch unsicher, ob ich im richtigen Zug sitze. Vor allem weil der Zug dann auch noch zehn Minuten vor der planmäßigen Abfahrt losfuhr. Selbst meine App konnte mir da nicht helfen. Später fragte ich die Zugbegleiterin, warum der Zug außerplanmäßig früher losgefahren sei. Sie meinte, das läge an der Baustelle. Ich konterte, dass das aber weder angezeigt, noch durchgesagt worden war und jetzt bestimmt Leute in Bamberg vergeblich auf den Zug warten. Ihr Kommentar: ja da gebe es wohl ein paar Kommunikationsprobleme. Oha!

Montag früh stieg ich schon mit einem schlechten Gefühl aus dem Bett. Ich hatte am Abend vergeblich versucht eine Platzkarte für den ICE von Erfurt nach München zu bekommen. Die App sagte, der Zug sei komplett ausgebucht, alles war rot und durchgestrichen. Das konnte ja heiter werden. Da ich am Bahnhof in Saalfeld noch Zeit hatte, ging ich zum Schalter und fragte die freundliche Dame dort, ob ich bei ihr noch eine Sitzplatzreservierung buchen könne. Hoffnung hatte ich keine, aber einen Versuch war es wert. Sie schaute nach, meinte das der Zug als ausgebucht angezeigt wurde, versuchte es aber trotzdem und es funktionierte. Sie bekam einen freien Platz angezeigt und druckte mir die Reservierung aus. Erklären konnte sie sich das selbst nicht. Als ich meinen Geldbeutel rausholte, um zu bezahlen, sagte sie: »Lassen Sie ihr Geld stecken.« und reichte mir die Karte. Da war ich baff. So viel Freundlichkeit ist man von der Deutschen Bahn nicht gewohnt.

Am Gleis traf ich dann einen Bekannten, der mit mir zusammen nach Erfurt fuhr. Es wurde eine kurzweilige Fahrt. In Erfurt hatte ich einen längeren Aufenthalt. Ich musste also nicht so hetzen beim Umsteigen. Dann kam der ICE auch noch zu spät und in der falschen Reihenfolge, was zu tumultartigen Szenen am Bahnsteig und später im Zug führte. Außerdem fehlte der Wagen 24. Nun wusste ich auch, warum es keine Reservierungen mehr gab und der Zug so voll war. Ich hatte mich günstig platziert und fand gleich den reservierten Sitzplatz. Dort durfte ich dann bis München sitzen, während viele andere in den Gängen saßen oder standen.

Hatte ich da schon ein beklemmendes Gefühl, ob der Enge, sollte sich das im anschließenden EC von München noch steigern. Der war alt, miefig und proppenvoll. Vor allem mit Gepäck. Ich frage mich immer, warum die Leute so viel Zeug mitschleppen. Viele haben riesige Koffer, die sie alleine nicht aus oder in den Zug heben können, dazu noch Beutel, Taschen und Rucksäcke. Es war kaum ein Durchkommen. Ich hatte zum Glück noch einen freien Platz erwischt, wusste später aber auch warum, der freigeblieben war. Daneben saß eine Familie mit zwei kleinen Jungs, die die ganze Zeit über das Großraumabteil beschallten. Immer wenn draußen irgendwelche Tiere zu sehen waren, brüllten sie das lautstark und lang in die Welt hinaus. »Küüüühhheee!« Die Eltern taten mir echt leid. Die Mutter sah schon fix und fertig aus und die wollten von Salzburg aus noch weiter. Meinen Glückwunsch.

An diesem Tag machte ich drei Kreuze, als ich endlich aussteigen durfte. So viele Leute ist man einfach nicht mehr gewohnt, auch wenn sie alle ordentlich Masken getragen hatten.

Immerhin schrieb ich trotzdem ein ganzes Kapitel für meinen Roman.

Die Bahn in Pandemiezeiten

Ich hatte diese Woche wieder das Vergnügen mit der Deutschen Bahn zu fahren. Ich bin extra schon am Dienstag gefahren, weil Streik angekündigt war. Angesichts der vollen Züge hatte wohl nicht nur ich diese Idee.

Inzwischen gilt in den Zügen keine FP2-Maskenpflicht mehr, sondern es reicht eine medizinische Maske. Es hat sich auch jeder daran gehalten, zumindest mehr oder weniger. Auffällig war, dass viele im Zug am Essen waren. Ich hatte in Bamberg wieder eine Dreiviertelstunde Aufenthalt und habe mir beim McCafé einen Kaffee und ein Eis gekauft, das ich dann bei schönstem Sonnenschein auf dem zugigen Bahnsteig genossen habe. Als Alibi um keine Maske tragen zu müssen. Am Bahnsteig in Bamberg herrscht nämlich FFP2-Maskenpflicht. Was voll sinnvoll ist, wenn die Sonne scheint und der Wind geht und nur alle zehn Meter ein Reisender steht. Ich sag dazu nichts mehr, jeder Aerosol-Forscher schüttelt darüber nur mit dem Kopf.

Als ich da stand, fuhr am Nachbargleis ein Zug mit auffälligen Wagons ein. Siehe Bilder. <Ironie> Bei deren Anblick kam mir der Gedanke, dass das wohl die neuen Wagons für Ungeimpfte und Maskengegner sein könnten oder die neue Holzklasse der DB. Weil Stühle muss dann jeder selbst mitbringen, dafür gibt es viel frische Luft und gute Rundumsicht. </Ironie> Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man darüber lachen.

Zurück zu meiner Zugfahrt. Am Nürnberger Bahnhof gab es dann mal wieder ein Problem mit einem Triebwagen. Der Zug fuhr an, bewegte sich 500 Meter und stand dann zehn Minuten in der Ausfahrt vom Gleis. Das Alarmsignal vom Lockführer erklang. Der Ton bedeutet eigentlich nie etwas Gutes. Zum Glück haben sie das Problem aber beheben können. Und zum Glück ist nichts so verlässlich, wie die Verspätungen bei der Deutschen Bahn. Denn der EC nach Graz mit dem ich ab München fahren wollte, hatte auch zwanzig Minuten. Damit habe ich meinen Anschluss geschafft, sonst wäre es eng geworden. Ich fahre jetzt seit 2007 mehr oder regelmäßig mit den EC-Zügen Richtung Salzburg. Die Verspätungsstatistik dieser Züge ist unübertroffen. Ich kann die Tage an einer Hand abzählen, an denen der Zug mal pünktlich war.

Nachrichten aus einer verrückten Zeit

Wir leben tatsächlich in seltsamen Zeiten. Alles ist im Wandel und vieles nicht zum Guten. Ich erkenne immer mehr, dass wir zu lange über unsere Verhältnisse gelebt haben und wir uns ab jetzt einschränken müssen, oder nach Alternativen suchen.

Hamburg verbietet den Bau von Einfamilienhäusern. Ja, das konnte ich auch erst nicht glauben, es stimmt aber. Ab sofort dürfen nur noch Mehrfamilienhäuser gebaut werden. Irgendwie verstehe ich die Argumente der Gesetzgeber. Einfamilienhäuser sind heutzutage oft viel zu groß, sie sind nicht energieeffizient und nehmen viel Platz ein. Bei uns um die Ecke wird gerade ein Grundstück mit mehreren Einfamilienhäusern gebaut. Auf der gleichen Fläche könnte man locker viermal so viele Menschen unterbringen. Früher gab es Reihenhäuser. Die finde ich viel praktischer, sie werden aber nicht mehr gebaut. Warum eigentlich? Stattdessen habe ich diese Woche wieder drei Einfamilienhäuser geplant. In das Kleinste wird eine Familie mit vier Kindern einziehen. Das Größte baut eine junge Frau, die noch keine Kinder hat. Vergangenes Jahr habe ich ein Haus geplant, da hatte allein eines der zwei Kinderzimmer 29 Quadratmeter. So viele Quadratmeter hatte meine Wohnung ins München. Das ganze Einfamilienhaus mit drei Etagen kam auf 350 Quadratmeter. Das ist definitiv übertrieben. Bei den Preisen für Grundstücke können sich normale Familien das eigentlich gar nicht mehr leisten. Aber Einfamilienhäuser ganz zu verbieten … ob das der richtige Weg ist. Auf dem Land sicher nicht.

Die Buchmesse in Leipzig 2021 wurde abgesagt. Das kam für mich jetzt nicht so überraschend. Nach den vergangenen Wochen hatte sich das abgezeichnet. Ich bezweifle auch sehr, ob es im nächsten Jahr wieder eine Buchmesse geben wird. Ich tippe mal auf frühestens 2024/2025. Die Zeiten großer Events sind vorbei, daran werden wir uns gewöhnen müssen, egal ob in Sport und Kultur. Hier wird die Pandemie noch sehr lange nachwirken. Just heute habe ich gelesen, dass ein Messebauer seinen Betrieb umstrukturiert hat und in seiner Lagerhalle jetzt Bio-Obst und -Gemüse verkauft. Die jungen Leute, die gerade eine Berufsausbildung in der Messewirtschaft machen, kann man eigentlich nur bedauern.

Die Deutsche Bahn macht in Honig. Glaub ihr nicht? Hier ist der Beweis, die Werbung erreichte mich gestern. Der Honig stammt von stillgelegten Bahnstrecken. Noch kann man ihn nur gewinnen und nicht kaufen. Aber wenn Corona weiterhin das Land so in Atem hält und man nicht mehr mit dem Zug fahren darf, dann wird es viel mehr stillgelegte Strecken geben, als der Deutschen Bahn lieb sein wird.
Vielleicht wäre das auch eine Option für VW. Bei denen hat sich im vergangenes Jahr der Gewinn halbiert. Immerhin haben sie noch Gewinn gemacht. Was keiner so richtig weiß, VW produziert mehr Würstchen als Autos. Vielleicht sollte der Konzern komplett ins Würstchengeschäft einsteigen.

Der entspannte Landkreis

Ich bin trotz Pandemie am Wochenende nach Thüringen gefahren. Nachdem der Nachbarlandkreis BGL seit letzter Woche dicht ist, dachte ich mir, ich besuche meine Eltern nochmal, bevor auch Traunstein der Lockdown ereilt und das wieder langfristig nicht möglich sein wird.

Sagen wir mal so, die Deutsche Bahn hat sich wieder allerlei einfallen lassen, damit mir unterwegs nicht langweilig wird. Das ging am Freitagmorgen schon los, als der MERIDAN mit Verspätung angesagt wurde und das Gleis belegt war, auf dem der Zug sonst losfährt. Glücklicherweise fuhr der Zug dann trotzdem pünktlich allerdings von einem anderen Gleis. Alles Gut, dachte ich da noch. Doch dann bremste einen Signalstörung den Zug kurz vor München aus. Es kam, wie es kommen musste, als der MERIDIAN mit dreizehn Minuten Verspätung in den Münchner Hauptbahnhof einfuhr, kam mir der ICE mit dem ich weiterfahren wollte, schon entgegen. Der »Verspätungsalarm« heißt übrigens jetzt »DB-Reisebegleitung« und statt nur einer E-Mail hatte ich sage und schreibe neun Nachrichten deswegen in meinem Postfach. Das grenzt schon an Spam.

Ich ließ am Service Point die Zugbindung meines Tickets aufheben und fuhr dann mit dem ICE-Sprinter eine halbe Stunde später bis nach Erfurt und weitere zwanzig Minuten später weiter nach Saalfeld. Am Ende war ich eine Stunde länger unterwegs als geplant, was in Corona-Zeiten nicht wirklich prickelnd ist. Die Züge waren zwar nicht voll, aber die Frau, die ohne Maske im ICE zwei Sitze weiter vorn saß und in einer Tour redete, nervte mich irgendwann. Als Attest zeigte sie der Zugbegleiterin ein zerknittertes A4 Blatt in einer Folienhülle. Hm! Ob das echt war?

Die Zugebegleiterin war nicht viel besser, denn sie bestand darauf, dass das Kind einen Tisch weiter vorn seine Fahrkarte selbst entwertete, und zwar mit der Zange, die sie die ganze Zeit in den schwitzenden Händen gehalten hat. Ich glaube, als Mutter hätte ich da den Aufstand geprobt.

In Erfurt am Bahnhof beobachtete ich dann zwei Polizeibeamte, die ohne Maske durch die belebte Fressmeile am Bahnhof patrouillierten. Ja, klar, bei solchen Vorbildern, braucht man sich über eine wachsende Anzahl von Corona-Gegnern nicht wundern. Ich setzte dann auch die Maske ab, aber erst oben am Bahnsteig, als ich dort allein wartete. Im fast leeren Zug hatte ich sie dann wieder auf.

Thüringen ist bis jetzt relativ verschont geblieben. Da kann ich den legeren Umgang gut verstehen. In Saalfeld tragen die Leute in den Geschäften alle brav Masken. Im Freien gibt es keine Maskenpflicht, hier wird auf Abstand gesetzt, was ich als ausreichend empfinde. Selbst auf dem Wertstoffhof herrscht keine Maskenpflicht, nicht so wie in Waging. Am Imbissstand gegenüber vom Wertstoffhof saßen und standen jede Menge Leute beim Mittagessen und plauderten, ebenfalls ohne Maske.

Vielleicht ist es dieser entspannte Umgang mit der Pandemie, der dafür sorgt, dass es so wenig Fälle gibt. Vielleicht liegt es einfach nur daran, dass die Leute älter sind und weniger Geld haben, um extensiv zu feiern oder zu verreisen. (Ich sag ja immer, die Thüringer haben damals schon bei der Völkerwanderung nicht mitgemacht und sind daheim geblieben.) Vielleicht hat der Landkreis einfach auch nur Glück gehabt. Es gibt noch keinen einzigen Coronatoten dafür aber einige spektakuläre Selbstmorde, auf die ich jetzt lieber nicht näher eingehen will.

Meine Rückfahrt fand in leeren Zügen statt. Von den fünf Osteuropäern mal abgesehen, die so sehr nach Alkohol und Nikotin rochen, dass man froh war eine Maske zu tragen. (Ich habe mich dann doch umgesetzt, sonst hätte ich bis zum Aussteigen vermutlich eine Alkoholvergiftung erlitten.)

Leider hatte ich mich beim Ticketkauf irgendwie vertippt und die längere Verbindung über Treuchtlingen erwischt. Es war aber am Ende egal, da der schnelle ICE über Ingolstadt, mit dem ich sonst fahre, zehn Minuten Verspätung hatte. Damit hätte ich meinen Anschlusszug in München ohnehin nicht erreicht. So plauderte ich nett mit der Zugbegleiterin im RegionalExpress, die sich ebenfalls darüber aufregte, dass der Bahnkonzern in viele kleine Subunternehmen gesplittet ist, die sich gegenseitig das Leben schwer machen und unsere Steuergelder lieber in irgendwelche Transportunternehmen im Südchinesischen Meer investieren, als in die Infrastruktur im eigenen Land.

Bahn und Politik – der Weg in den Untergang

Quelle: Amazon

Am Wochenende zeigte sich die Deutsche Bahn mal wieder von ihrer »besten« Seite. Na, ja, eigentlich eher von ihrer normalen Seite. Am Freitag fehlte in München der zweite Zugteil des ICEs. Sprich, es wurde kuschelig in den Wagons. Wobei es noch ging. Es stand keiner und neben mir war noch ein freier Platz, wie bei den meisten anderen Plätzen auch. Insofern, wäre dass unter normalen Umständen kein Grund zum Nörgeln gewesen. In Zeiten einer Pandemie ist das jedoch nicht so super. Zumindest kam ich pünktlich an und musste nicht länger als nötig mit Maske im Zug sitzen. Nach sechs Stunden tun einem dann doch irgendwie die Ohren weh und die Nase kribbelt.

Am Montag hatte mein ICE in Nürnberg 45 Minuten Verspätung. Das perfide, er wurde anschließend über Treuchtlingen umgeleitet, ohne das dies publik gemacht wurde. Hätte ich kein Smartphone, hätte ich nicht erfahren, dass der Zug mehr als eineinhalb Stunden später in München ist. Erst durch meine Nachfrage beim Zugbegleiter in der Regionalbahn erfuhr ich davon. Selbst die Zugbegleiter des ICEs, die am Bahnsteig in Nürnberg warteten, hatten keine Ahnung. Einer guckte wenigstens nach und siehe da. Wegen einer technischen Störung am Zug, durfte der nicht über die Hochgeschwindigkeitsstrecke fahren. (Warum, kann man gut in dem nachfolgend besprochenen Buch nachlesen.) Ich habe dann in Nürnberg einen anderen ICE genommen, damit ich nur eine halbe und keine ganze Stunde Verspätung an meinem Zielbahnhof hatte.

Dafür hatte ich die passenden Lektüre dabei, die ich auf beiden Fahrten sogar komplett gelesen habe. Der Journalist Arno Luik rechnet in seinem Buch »Schaden in der Oberleitung« mit der Deutschen Bahn ab. Seit mehr als einem Jahrzehnt recherchiert er zu den Vorgängen innerhalb der Bahn AG, zu den Versäumnissen der Politik und den Auswirkungen auf den Bahnverkehr in Deutschland. Für seine Recherche über Stuttgart 21 wurde er sogar ausgezeichnet. Sein Buch setzt sich aus Interviews mit Beteiligten, Prüfberichten von unabhängigen Instituten und teils geheimen Unterlagen zusammen.

Es ist deprimierend, schockierend und empörend, worüber er schreibt. Vieles ist so unfassbar, dass man das Buch ab und zu mal zuschlagen muss, um die Informationen zu verdauen. Ängstliche Zeitgenossen/innen könnten nach dem Lesen den Wunsch verspüren, nie wieder mit der Bahn zu fahren. Selbst mir als langjährige krisenerprobte Bahnfahrerin ist es zeitweise vergangen. Man möchte sich fast aus dem Zugfenster stürzen, bei so viel krimineller Unvernunft.

Ein großer Teil des Buches ist dem Prestigeprojekt Stuttgart 21 gewidmet. Ich habe davon vieles nur am Rande mitbekommen durch die Medien, bzw. bei einem Blick in die Baugrube vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof. Die erschreckenden Details des Projektes, die von Arno Luik offenbart werden, haben mir aber die Haare zu Berge stehen lassen: Da soll ein Kopfbahnhof in die Tiefe gelegt und zu einem Durchgangsbahnhof gemacht werden. Soweit so gut, das haben die Wiener auch hinbekommen. Aber das Ganze findet in einer geologisch höchst ungünstigen Region statt. Unterhalb von Stuttgart gibt es große Vorkommen an unter Druck stehendem Mineralwasser, das nur durch eine Schicht aus Mergel und Gips vom Grundwasser getrennt ist. Das Gestein neigt dazu sich in Wasser aufzulösen und Hohlräume zu bilden, wenn Wasser eindringt. Dort einen Tunnel zu bohren ist an sich schon Wahnsinn, einen ganzen Bahnhof unterirdisch anzulegen erst recht, von den Kosten mal ganz zu schweigen. Dann hat dieser Bahnhof eine so starke Neigung, das abgestellte Koffer und Kinderwagen ins Rollen kommen, wenn niemand sie festhält. Die stehenden Züge sollten über gute Feststellbremsen verfügen.
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Die Fluchtwege die nach oben führen, sind nicht behindertengerecht. Es gibt erhebliche Mängel beim Brandschutz, die Tunnel sind viel zu eng, die Feinstaubbelastung liegt weit über den Grenzwerten und so weiter. Das sind aber nur die Nebensächlichkeiten. Das Hauptproblem ist, dass nicht alle Züge den Bahnhof benutzen dürfen, weil herkömmliche Signalanlagen fehlen (kein Platz) und die digitale Technik nicht in jeden Zug eingebaut werden kann bzw. nicht überall zuverlässig funktioniert. Der Bahnhof in Stuttgart wird dadurch 20 Prozent weniger Kapazität haben als jetzt. Es werden also weniger Züge fahren, weniger Pendler umsteigen können und es wird sich dadurch mehr Verkehr auf die Straße verlagern.

Die Kosten des Umbaus waren ursprünglich bei 4,5 Milliarden Euro gedeckelt. Diese Schallmauer wurde längst durchbrochen, inzwischen gehen die Experten von acht bis zehn Milliarden aus. Alles zum Großteil aus Steuergeldern. Man nimmt also sehr viel Geld in die Hand, um etwas Funktionierendes zu verschlechtern. Dieses Muster ist übrigens bei allen Großprojekten der Bahn seit 1994 zu erkennen. Die Projekte haben irrsinnig viel Geld verschlungen, den Bahnkunden aber nichts gebracht. Im Gegenteil, viele Menschen wurden vom Fernbahnnetz abgeschnitten, es wurde Umwelt zerstört und durch die Bauarbeiten das Klima geschädigt.

Wer sich jetzt wundert, warum das passieren konnte, werfe einen Blick in den Vorstand bei der Bahn AG und ihren Töchtern. Die Manager dort haben zuvor bei Banken, im Investment oder bei Bau- und Automobilfirmen gearbeitet, kein einziger war bei der Bahn. Denen geht es gar nicht darum in Deutschland Menschen von A nach B zu bringen. Die investieren im Ausland in dubiose Projekte und Firmen, die ihnen ein Klotz am Bein sind und den Gewinn auffressen.

Wäre die Deutsche Bahn kein staatliches Unternehmen, wäre sie schon längst pleite und zerschlagen. Doch da der Staat jedes Jahr Geld hineinpumpt, geht es immer so weiter, bis auch der letzte Bahnhof abgehängt, die letzte Strecke stillgelegt und der letzte Zug abgefahren ist. Traurig! Besonders perfide, die Bahn verkauft massenhaft ihre Grundstücke. Grundstücke die dem Staat gehören, die sechs Generationen an Steuerzahlern aufgebaut haben.

Unsere lieben Politiker machen da mit, weil ihnen die Autoindustrie am Herzen liegt, weil sie an einer Verkehrswende nicht interessiert sind. Stattdessen lassen sie sich von der vierten Macht im Lande (den Medien) feiern, wenn mal wieder ein neues Großprojekt der Bahn eingeweiht wird. Eines, dass sich Monate später als unwirtschaftlich und unnötig herausstellt.

»Schaden in der Oberleitung« wirft nicht nur einen Blick auf die verqueren Abläufe innerhalb des Bahnkonzerns, sondern auch einen Blick auf die Politik in Deutschland, auf die Mauscheleien in einem Staat, der sich demokratisch nennt, in dem Politiker aber allesamt Marionetten der Industrie sind, in der Neoliberalismus und Turbokapitalismus die Richtung bestimmen, in dem Menschen nur noch Stückgut sind. Man reist nicht mehr mit der Bahn, sondern man wird von ihr transportiert.

Ich empfehle die Lektüre allen Bahnfahrern und all denjenigen, die immer noch daran glauben, dass unsere Regierung nur das Beste für uns will.

»Schaden in der Oberleitung« von Arno Luik erschien 2019 bei Westend.

Auto vs. Zug

Ich hätte nicht gedacht, dass ich Bahnfahren mal vermissen würde. Aber als ich kreuzlendenlahm am Sonntag nach gut sechs Stunden Fahrt aus dem Auto gestiegen bin, fühlte ich mich verspannt und hundemüde.

Eigentlich hatten wir vorgehabt mit der Deutschen Bahn nach Thüringen zu fahren, doch dann meinte mein Mann, dass er lieber das Auto nehmen möchte. Außerdem mussten wir am Montag vergangene Woche sowieso nach München. Da konnten wir anschließend auch gleich weiterfahren.

Die Autobahnen waren voll. Vor den unzähligen Baustellen auf der A9 bildeten sich lange Staus. Wir wichen hinter München auf die B13 aus, um zumindest einen der Baustellenstaus zu umfahren. Das Schöne war, man kam an Ortschaften vorbei, die man nur von der Landkarte kennt oder von den Bahnhöfen, wenn man mit dem Zug vorbeifährt. Pfaffenhofen zum Beispiel. Das Hinterland von München hat durchaus seine Reize, vor allem ist es weniger flach, als man annehmen würde. Die Bundesstraße war frei und führte meist durch Wald und Feld, es gab kaum Ortsdurchfahrten. So kamen wir relativ schnell vorwärts.

Auf der A9 mieden wir die Raststätten und hielten wie immer in Plech beim McDonalds neben der Autobahn. Doch der Wachdienst an der Tür und das Corona-Theater mit Zettel ausfüllen usw. (selbst wenn man nur etwas mitnehmen wollte) schreckten uns ab. Also holten wir unseren Kaffee beim Bäcker im danebenliegenden REWE, ganz ohne Türsteher und Listeneintrag. Beim KFC am Mittag in München hatte sich auch keiner drum geschert, wenn man nur etwas mitnehmen wollte. Außerdem haben wir festgestellt, dass beim KFC das Wrap besser schmeckt als beim McDonalds, die Hühnchenteile sowieso. Die normalen Parkplätze sind seit Corona stärker frequentiert, weil sich keiner in die Raststätten traut. Obwohl man sagen muss, dass die Toiletten bei Sanifair schon deutlich sauberer sind. Zum Glück haben wir Desinfektionsmittel im Auto.

Die Rückfahrt am Sonntag verlief ähnlich. Obwohl wir schon ziemlich früh losfuhren und noch einen kurzen Abstecher nach Feucht machten, um unsere Spende an das Hermann-Oberth-Museum abzugeben. Die dürfen leider nicht öffnen, weil die Räumlichkeiten nicht groß genug sind, um die Corona-Regeln einzuhalten.

Mittags wurde es dann auf der A9 richtig voll und hinter Ingolstadt gab es zudem einen Unfall, so dass es sich staute. Wir fuhren wieder ab und schlugen uns über die Umleitungsstrecke durch. Jetzt wissen wir zumindest, wie der Tower des Flughafens Manching aussieht.

Die A8 zwischen München und Salzburg war wie immer dicht. (Ich frage mich, wie lange das noch gutgehen wird. Seit Jahren streitet man sich wegen des sechsspurigen Ausbaus.) Wir nahmen wie immer die B304 und waren fast allein auf der Straße.

Was mich am Autofahren aber am meisten stört: Ich kann dabei nicht lesen oder schreiben. Im Zug nutze ich die fünf bis sechs Stunden, um meist ein ganzes Buch zu lesen oder ein bisschen an meinem Roman zu schreiben. Während des Autofahrens geht das nicht, da wird mir schon beim Blick aufs Smartphone schlecht. Deshalb gibt es jetzt noch keine NEO-Rezension.

Das nächste Mal fahre ich wieder allein und nehme den Zug. Die Bahn zeigt an, welche Züge zu 50 Prozent ausgelastet und welche weniger frequentiert sind. Das hilft, sich die richtige Verbindung herauszusuchen. Außerdem muss ich noch meine nicht genutzten Fahrkarten aus dem Frühjahr aufbrauchen.