Ich war mehr als erstaunt, als ich im Dezember las, dass in der Städtischen Galerie in Rosenheim eine Punkaustellung eröffnete. Unter dem Titel »Punk: Wir versprechen nichts!« wurden neben der Ausstellung auch Konzerte, Lesungen und Workshops zum Thema Punk angeboten. Wohlgemerkt in Rosenheim! Nicht in München, Hamburg, Düsseldorf oder Berlin – nein – mitten in der oberbayrischen Provinz gestaltet jemand eine Ausstellung über Punk. Allein das ist schon einen Besuch wert.
Punk ist also jetzt nach knapp 50 Jahren Salonfähig geworden. Wobei ich glaube, dass die Punker von einst das Konzept einer Ausstellung über Punk rundheraus ablehnen würden. Schon allein, weil man Eintritt dafür zahlen muss. Da ich zwar zur Generation X gehöre, aber nie ein Punk gewesen bin, mich aber brennend dafür interessiere, musste ich mir das ansehen. Zusammen mit meiner jungen Arbeitskollegin, die auch etwas für Punk übrig hat, fuhren wir am Samstag nach Rosenheim. Die Städtische Galerie in Rosenheim steht direkt neben dem berühmten Lokschuppen, in dem es jährlich große aufwendige Sonderausstellungen zu irgendwelchen Themen gibt. In diesem Jahr geht es um den Untergang der TITANIC.
Wir ließen den Lokschuppen links liegen und gingen in die Galerie, wo wir tatsächlich an der Kasse warten mussten, da sich eine Schlange an Leuten gebildet hatte. Die Ausstellung war unerwartet gut besucht. So lange wir da waren, kamen und gingen immer wieder Leute. Ich hatte erwartet, dass wir die einzigen seien. Offenbar ist das Interesse an Punk in allen Bevölkerungsschichten hoch, denn der Altersdurchschnitt der Besucher lag etwa bei vierzig Jahren.
Das Gebäude besteht aus neun großen Ausstellungsräumen, die man nacheinander durchquert. An den Wänden hängen Fotos, und Grafiken unteranderem von Andy Warhol. Es gibt ein paar Vitrinen mit Ausstellungsstücken vor allem Zeitungen, Magazine, Schallplatten und Textilien, aber auch Kunstwerke ungewöhnlicherer Natur. Jeder Raum ist einer Stadt gewidmet. Es wird erzählt wie dort der Punk entstanden ist oder sich etabliert hat. Los geht es mit New York City. Eine Infotafel unterrichtet die Besucher über die Situation der Arbeiterklasse und den Verfall der Stadt in den siebziger und achtziger Jahren, über die Kunst und Musikszene, die Aggressivität durch die zunehmenden Not der Jugendlichen. Ein Zeitstrahl im unteren Drittel der Wände listet politische Ereignisse des Landes von 1974 bis 1990 auf und begleitet damit die großformatigen Bilder. In jedem Raum gibt es zudem eine Säule mit Kopfhörern, mit denen man sich vier Songs der prägendsten Punkbands anhören kann.
Im zweiten Raum kommen wir nach London. Vivienne Westwood und ihre Mode wird vorgestellt. Es gibt informationen zu den Sex Pistols und auch hier wieder eine Infotafel und einen Zeitstrahl über die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse. In den folgenden Räumen geht es um Punks in Düsseldorf, Berlin und Bayern (und speziell Rosenheim). In einem »Do it yourself«-Raum geht es um Fanzines. Mit einem Kopierer, Klebstoff und Zeitschriften kann man selbst ein Fanzine herstellen. In zwei Kabinen laufen Filme und Diashows. Im vorletzten Raum geht es um die Kommerzialisierung des Punk in der aktuellen Gegenwart. So kann man in einem kleinen Trickfilm den Tag eines »modernen Punk« im Jahr 2025 erleben. 12:30 Uhr Aufstehen, Sozial Media, ein bisschen studieren, Sport machen, Bier trinken, sozialisieren (sprich mit ein paar Freunden Bier trinken), heimgehen, auf Super RTL die Gummibärenbande schauen, im Internet surfen und 22:30 Uhr ins Bett gehen. Sehr treffend!
Besonders gut gefielen mir die Schautafeln mit der Kunstfigur Petra Punk, die am Eingang jedes Raums angebracht sind. Die junge Punkette erzählt augenzwinkernd darüber, was Punksein bedeutet. Die Texte richten sich vorwiegend an Jugendliche, um ihnen das Lebensgefühl Punk zu vermitteln. Der letzte Raum lädt mit Sesseln und einer kleinen Bibliothek an Punkbüchern (leider keines von Enpunkt) zum Lesen und Kaffeetrinken ein.
Am Ende war ich sehr positiv überrascht. Die Ausstellung ist gut gemacht, nüchtern und ohne Klischees berichtet sie über die Punkszene in verschiedenen Orten und ihre Entwicklung. Ich habe Neues erfahren und weiß jetzt, dass der Punk auch vor der bayrischen Provinz nicht halt gemacht. Gut so!
Die Ausstellung läuft noch bis zum 13. April 2025. Nähere Infos gibt es auf der Internetseite der Städtischen Galerie Rosenheim.