Und sie bewegt sich doch …

Selfie am Hauptbahnhof in Hannover

Bahnstreik! Das Wort hat mich letzte Woche echt getroffen. Es stand nicht weniger als meine Teilnahme an dem Schreibseminar auf dem Spiel. Ich hätte mich wirklich, wirklich geärgert, wenn das nicht geklappt hätte. Allerdings war ich fest entschlossen. Die Deutsche Bahn würde mich nicht aufhalten und wenn ich per Anhalter oder zu Fuß nach Wolfenbüttel aufgebrochen wäre.

Letztendlich war alles überhaupt nicht schlimm, weil wir unverschämtes Glück hatten. Mit wir meine ich Mark Kammerbauer und ich. Der Landshuter wollte auch zum Seminar und wir hatten vereinbart, dass wir gemeinsam mit dem Zug fahren könnten.

Meine Fahrkarte hatte ich gleich nach der Zusage zum Seminar gekauft direkt über einen Link der Bundesakademie. In Kooperation mit der Deutschen Bahn kann man nämlich veranstaltungsgebundene Zugtickets kaufen, was deutliches Sparpotential beinhaltet. Zudem sind die Tickets auch als Flextickets erhältlich. Da habe ich gleich zugeschlagen, weil man auf einer solchen Strecke damit doch flexibler ist. Ich schlug Mark vor, am besten gleich die Platzkarten zu buchen, weil die Züge erfahrungsgemäß, besonders am Sonntagnachmittag voll sein würden. Aber irgendwie funktionierte das nicht. Zu der Verbindung, auf die wir uns geeinigt hatten, konnte man keine Platzkarten buchen. Das ging ein paar Tage so, bis die Verbindung überhaupt nicht mehr angezeigt wurde. Irgendwo gab es wohl eine kurzfristige Baustelle und die Verbindung fiel aus. Letztendlich blieb pro Hin- und Rückfahrt nur noch eine einzige Verbindung übrig. Als ich die Platzkarten buchte, waren die ICEs schon zu zwei Drittel ausgebucht. Der Wahnsinn!

Am Montag den 4. März bekam ich eine E-Mail von der Bundesakademie, in der man mich über den Bahnstreik informierte und anbot, Kontakt zu den anderen Teilnehmern herzustellen, um eventuelle Fahrgemeinschaften zu bilden. Ich war ernüchtert. Sollte das Seminar für mich am Ende unerreichbar werden? Ich hielt den Fahrplan im Auge, denn wie von den anderen Streiks bekannt, würde es einen Notfahrplan geben. Ich war mir sicher (bzw. redete ich mir das ein), ich würde schon irgendwie nach Wolfenbüttel kommen. Nach und nach wurden alle Züge im normalen Fahrplan storniert. Nur der nicht, für den wir Platzkarten hatten. Das blieb bis zum Tag der Reise so.

Und wo Mark schon einen Tag früher nach München fahren musste, klappte meine Anreise in die Bayrische Landeshauptstadt am Freitag ganz normal. Der Bayrischen Regiobahn (BRB) sei Dank, die streikten nämlich nicht. Ich war extra einen Zug früher gefahren, um keinen Stress beim Umsteigen zu haben. Als ich ankam, wartete mein Begleiter schon auf mich und wir gingen erst einmal frühstücken. Im Zug hatten wir dank der Platzkarten sofort unsere Sitzplätze, denn der Zug wurde von Haltestelle zu Haltestelle voller. Einmal mussten die Leute sogar aus den vorderen Abteilen nach hinten umziehen, damit wir weiterfahren konnten. Einziges Problem, unser geplanter Anschlusszug von Hannover nach Braunschweig fuhr nicht. Wir nahmen einen Zug später (ebenfalls eine Privatbahn) und kamen bis nach Braunschweig. Dort hatte ich im Voraus organisiert, dass uns eine weitere Teilnehmerin, die in Braunschweig wohnte, mit dem Auto abholte und mit nach Wolfenbüttel nahm. Was auch wunderbar klappte.

Vor der Rückfahrt war es etwas hektisch. Nach dem Seminarende bis zur Abfahrt unseres Zuges blieb nicht viel Zeit. Ich glaube, ich habe noch nie mein Mittagessen so reingeschlungen, wie am Sonntagmittag. Wir kamen aber pünktlich zum Bahnhof und die Verbindung bis Hannover klappte hervorragend. Ab Hannover ging es genauso problemlos weiter. Wir hatten zwischenzeitlich zwar etwas Verspätung und ich sah meinen Anschlusszug in München schon davonfahren, aber beim nächsten Halt waren zehn Minuten Aufenthalt eingeplant, so das wir am Ende überpünktlich in München waren. Erst zwei Stationen vor meinem endgültigen Ziel musste die BRB an einer Baustelle warten und ich kam mit mehr als zehn Minuten gegen halb zehn Abends an.

Ich finde, dass die GDL allen voran ihr Vorsitzender sich ein bisschen mehr zurücknehmen könnten, die Deutschen Bahn hatte ihnen ja einen Vorschlag unterbreitet. Letztendlich wird der Arbeitskampf auf dem Rücken der Kleinen ausgetragen, den Pendlern und den Menschen, die nicht mit dem Auto fahren können oder wollen. Andererseits muss man auch sagen: eine 35-Stunden-Woche im Schichtdienst hatte ich schon 1993. Wir scheinen da nicht sehr weit vorangekommen zu sein.

Geisterfahrer

In der letzten Woche war es bei uns nicht nur bitter kalt, sondern auch neblig. Vor allem am frühen Morgen war der Nebel so dicht, dass man teils schon die Nebelschlussleuchte gebraucht hätte. Zudem hatte es geschneit und der Wind wehte den Schnee auf die Fahrbahn, wo er zu einer vereisten Fläche festgefahren wurde.

Man stelle sich folgende Situation vor: Morgens kurz nach 6 Uhr. Es ist dunkel, minus 8° C und teils spiegelglatt auf der Straße. Wir sind mit dem Auto auf dem Weg zur Arbeit. Wer taucht plötzlich im Nebel vor unserem Auto auf? Richtig Radfahrer, nicht nur einer, sondern mehrere. Mancher hatte nicht mal Reflektoren an der Kleidung, sondern nur ein mickriges Rücklicht am Gepäckträger. Jeden Tag hatten wir auf der Strecke mindestens einen Radfahrer vor uns.

Leute, das ist lebensgefährlich und zwar nicht nur für den Radfahrer, sondern auch für die Autofahrer. Überhaupt: Wie kann man bei solchen Temperaturen und Witterungsverhältnissen mit dem Fahrrad unterwegs sein? Wozu? Wem wollen die was beweisen? Dass sie besonders taff sind? Fühlen die sich moralisch überlegen, weil sie bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren? Und wenn dann was passiert, sind die bösen Autofahrer daran schuld.

Ich weiß nicht, ich finde solche Leute sind entweder lebensmüde oder bekloppt. Anders kann man das einfach nicht bezeichnen.

Die große Bahnverschwörung

Update: 12.01.2023

Die Bahn argumentiert, dass man sich die Fahrkarten in einem Reisebüro am Saalfelder Markt (15 Minuten Fußweg vom Bahnhof) kaufen kann. Über so viel Dreistigkeit kann ich nur staunen. Kein Wunder, dass die Leute sich verarscht vorkommen und gegen alles protestieren.

Der alte Beitrag wurde durch Fotos ergänzt.

Da wird man glatt zum Verschwörungstheoretiker. Als ich das letzte Mal in Saalfeld war und im Reisezentrum am Bahnhof die Zugbindung meiner Fahrkarte aufheben lassen wollte, las ich auf einem Zettel an der Tür, dass das Reisezentrum ab dem nächsten Tag geschlossen wird. Die Bahnbeamtin, die mir ein letztes Mal die Tür öffnete, sah nicht gerade motiviert aus. Sie wollte mir auch die Fahrkarte nicht mehr abstempeln. Das sei nicht mehr nötig, meinte sie. Ich bedankte mich und wünschte ihr noch alles Gute bevor ich ging.

Inzwischen kehrte mit dem Fahrplanwechsel der Fernverkehr auf der Strecke Saalfeld-Nürnberg zurück. Ganze fünf Doppelstock ICs fahren nun jeden Tag zwischen Leipzig und Karlsruhe. Für mich sind die leider keine Option, weil ich in Nürnberg keine zeitnahe Anbindung an einen ICE nach München habe. Nichtsdestotrotz freue ich mich, dass man nun wieder komfortabler fahren kann und ohne, dass der Zug an jedem Briefkasten hält.

Das Vergnügen werden aber nur jene Menschen haben, die über ein Smartphone bzw. einen Internetanschluss verfügen. Bei der überalterten Bevölkerung im Landkreis ist das nicht immer der Fall. Denn die Deutsche Bahn hat nicht nur das Reisezentrum am Saalfelder Bahnhof geschlossen, sondern auch die Fahrkartenautomaten abgebaut. Ja, richtig gehört, es gibt am Bahnhof nur noch die Automaten von Abellio und der Erfurter Bahn. Und an denen kann man nur Tickets für den Nahverkehr in Thüringen kaufen. Begründung der Deutschen Bahn: sie hätten den Betrieb des Bahnhofs Saalfeld komplett an die Erfurter Bahn übergeben.

Wer mit einem der ICs fahren möchte, muss seinen Fahrschein mit dem Smartphone kaufen oder daheim am Computer. Im Zug beim Zugbegleiter geht das nicht mehr. Wer keinen Fahrschein hat, kann nicht mit dem IC fahren oder er fährt schwarz.

Echt jetzt? Geht das denn so einfach? Die Bahn ist ein Staatsunternehmen, das einen Versorgungsauftrag hat.

Ich glaube ja, dass irgendjemandem bei der Bahn die IC-Verbindung auf der Saalebahn ein Dorn im Auge ist. (Wahrscheinlich sitzt derjenige in Erfurt.) Da will jemand keinen Fernverkehr auf der Strecke und um das so unattraktiv wie möglich zu gestalten, macht man die Anbindung an den Nahverkehr und an die Anschlusszüge in anderen Bahnhöfen so schlecht, dass kaum jemand damit fährt. Wenn man dann noch die Möglichkeiten zum Fahrkartenverkauf einschränkt, werden noch weniger Leute damit fahren. Dann kann man sich in einem Jahr hinstellen und behaupten, dass die Verbindung nicht angekommen wird und die Züge wieder streichen. So funktioniert Verkehrspolitik in Deutschland. Sich dann aber wundern, dass die Leute lieber mit dem Auto fahren. Ich fürchte, wenn das so weitergeht, fahren in zehn Jahren keine Züge mehr in Deutschland.

Vielleicht sollten wir es wie die Schweizer machen. Da müssen nämlich alle Politiker und Abgeordnete mit der Bahn fahren und nicht mit Limousine und Chauffeur. Dann klappt das nämlich auch mit der Pünktlichkeit.

Ein Land am Rande des Abgrunds

Als ich im Dezember 1998 den Wintereinbruch in New York City erlebte, wunderte ich mich sehr. Drei Schneeflocken und die Stadt versank im Chaos. Gesperrte Flughäfen, unpassierbare Straßen, ausgefallene Züge waren für Tage Normalität in der Stadt. Die New Yorker nahmen es gelassen und ich staunte, wie ein solches eigentlich hochtechnologisches Land wie die USA eine derart marode Infrastruktur haben konnte, dass ein paar Schneeflocken ausreichten, um es ins Chaos zu stürzen.

Heute erinnere ich mich wieder daran. Ich war am Wochenende mit dem Zug unterwegs, eigentlich wollte ich nicht fahren, weil ich mich nicht so gut gefühlt habe. Aber wenn die Eltern beide krank sind, da muss man einfach nach ihnen sehen. Das Ende vom Lied – ich bin am Montag nicht wieder nach Hause gekommen, weil bei der Bahn im Süden nichts mehr ging.

Dass es am Samstag schlimm war und es zu Zugausfällen gekommen ist, geschenkt. Das war reichlich Schnee der da innerhalb kürzester Zeit gefallen ist. Aber dass das Problem am Montag immer noch bestand und ich nicht zurückfahren konnte, war schon ärgerlich. Und eigentlich hatte mir die Bahn geraten, heute auch noch nicht zu fahren und lieber auf morgen zu warten. Wie stellen die sich das vor? Ich muss arbeiten gehen. Soll ich deswegen extra Urlaub nehmen, weil die es nicht hinbekommen, eine Srecke zu räumen, die zu den wichtigsten Transitstrecken im Süden der Republik gehört. Was wäre das für ein Aufschrei gewesen, wenn man die A8 für vier Tage einfach dicht gemacht hätte, weil man nicht genug Räumfahrzeuge hat. (Gut, dass ist tatsächlich schon mal passiert, 2013 wurde ein Teil der Autobahn durch Hochwasser weggespült.) Den Aufschrei hätte man bis nach Berlin gehört. Doch dieses Mal – Nichts!

Ich bin heute morgen in den ersten Fernzug gestiegen, den ich erwischen konnte und bin auf gut Glück gen Süden gefahren. Ich fand beim Umstieg in den ICE sogar einen freien Platz, obwohl die BahnApp den Zug als überfüllt angezeigt hat. Der hatte dann zwar Verspätung, weil er auf der Strecke herumstehenden Güterzügen ausweichen musste, aber er kam zumindest in München an. Da war dann aber auch Schluss! Fahrten nach Traunstein oder sogar Österreich und Italien – Fehlanzeige! Die Passagiere strandeten in München.

Ich hatte im Vorfeld herausgefunden, dass zumindest die S-Bahnen vereinzelt wieder fuhren und stieg in die S6 nach Ebersberg. Die fuhr zwar auch nur bis Grafing Bahnhof, aber das war mir dann egal. Ich ließ mich dort von meinem Mann mit dem Auto abholen. Der hat extra eher Feierabend gemacht und ist die 70 Kilometer hin und mit mir wieder zurückgefahren. Ohne ihn wäre ich wohl nicht angekommen, zumindest nicht heute Nachmittag.

Laut den Verantwortlichen fehlte es an Technik und an Personal. Die Politik schreit schon nach einer Untersuchungskommission, obwohl sie es war, die die Bahn Jahrzehntelang zum Sparen gezwungen hat. Es kann nicht sein, dass für solche extremen Notfälle keine Technik da ist. Das waren ein paar Zentimeter mehr Schnee als üblich. (Wobei ich behaupte, dass es bei uns in der Region 2019 noch viel mehr geschneit hatte.) Was wollen die denn machen, wenn es wirklich mal eine richtige Katastrophe gibt? Vermutlich geht dann Jahre oder Monate nichts mehr. Siehe Ahrtal.

Wir werden uns wohl an solche Szenarien gewöhnen müssen und das nicht nur auf der Schiene. Unser Land ist marode, da bröckelt nicht mehr nur der Putz, sondern da stürzen Decken von Hörsälen ein (Uni Marburg), da gehen Gasleitungen reihenweise kaputt (fünf Havarien im Saalfeld in den letzten sechs Monaten) vom Straßen und Schienennetz ganz zu schweigen. Das alles ist eine Katastrophe mit Ansage. Die Politik weiß das seit Jahren, gemacht wurde nichts dagegen. Ausbaden muss es der Steuerzahler und zwar gleich doppelt. Einmal finanziell durch steigende Steuern und zweitens am eigenen Leib wenn er frierend irgendwo in der Pampa stecken bleibt.

Um das ganze Ärgernis noch zu ergänzen: Die Informationspolitik der Deutschen Bahn ist bekanntlich nicht die beste, aber die Null-Information der Bayrischen Regio Bahn toppt das noch mal um Längen. Nicht nur das es genau zwei Meldungen auf der Internetseite der BRB gab, am 2.12. und am 4.12. In keiner gab es verwertbare Infos oder gar Prognosen. Sinnigerweise fiel ausgerechnet heute noch das Auskunftssystem aus. Zugausfälle und Verspätungen wurden nicht angezeigt. Ein Schelm wer böses dabei denkt!

Vier mal eine Stunde

Ungefähr vier Stunden bekam ich an den vergangen zwei Wochenenden von der Deutschen Bahn geschenkt. Also vier Stunden extra Zeit bei meinen gebuchten Fahrten. Man muss das positiv sehen – mehr Bahnfahren fürs gleiche Geld.

Am Freitag den 20.10. fuhr ich um 12:44 Uhr in Traunstein los und sollte eigentlich kurz nach 18 Uhr in Frankfurt am Main sein. Es ging schon so los, dass die Regionalbahn wegen der obligatorischen Passkontrollen in Freilassing zu spät kam. Dann werden gerade auf der Strecke zwischen Traunstein und Rosenheim die Oberleitungen getauscht (zum gefühlt einhundertsten Mal seit ich dort lang fahre), was einen weiteren Aufenthalt und Verzögerung hervorrief. Außerdem waren alle Toiletten im Zug kaputt. Ja, alle! Deshalb blieb der Zug in Rosenheim stehen und ein Fäkalien-Fahrzeug kam längsseits und pumpte nach und nach jedes Klo aus. In der Hoffnung die Toiletten würden dann wieder funktionieren. Gebracht hat die Aktion, außer einer saftigen Verspätung gar nichts. Zum Glück hatte ich eine Stunde zum Umsteigen. Was mir aber nicht half, weil der ICE mit dem ich fahren wollte, erst eine halbe Stunde nach dem er abfahren sollte, bereitgestellt wurde. Ich war versucht einen anderen ICE zu nehmen, der in Richtung Frankfurt fuhr, traute mich das aber wegen der Zugbindung nicht. Das nächste Mal mache ich das aber, dass ist mir komplett egal. Jedenfalls schien an diesem Tag am Münchner Hauptbahnhof jeder Zug der ankam und abfuhr 30 bis 90 Minuten Verspätung zu haben. Inklusive meinem. Ich kam also erst fünfundvierzig Minuten zu spät aus München weg. Wegen diverser Baustellen und anderer Hindernisse wurde daraus eine Stunde. In Frankfurt hatten der ICE dann keine Einfahrt in den Hauptbahnhof und stand nochmal eine Viertelstunde herum. Ich war also erst nach 19:15 Uhr und damit  75 Minuten später in Frankfurt als geplant. Leider konnte ich keine Entschädigung beantragen, weil es ein kostenloses Ticket von meinen BahnBonus Punkten war.

Die Rückfahrt am Sonntagmorgen war nicht weniger aufregend. Erstmal Gleiswechsel in Frankfurt, dann Verspätung, die sich wegen einer Streckensperrung im Frankfurter Süden und einer Umleitung noch vermehrte. Ich verstehe echt nicht, wie man während des Buchmessewochenendes den Tunnel am Südbahnhof wegen Bauarbeiten sperren kann. Da gibt es doch sicher bessere Zeitpunkte. Jedenfalls zog sich die Bahnfahrt bis München wieder einmal so in die Länge, dass ich meinem Anschlusszug nur noch zuwinken konnte, als ich im München Hauptbahnhof einfuhr. Weil Sonntag war und wegen der Bauarbeiten, fuhren die Regionalbahnen nach Salzburg nur alle Stunde, was für mich wieder warten bedeutete. Mit mehr als einer Stunde Verspätung kam ich dann endlich in Traunstein an.

Am Freitag den 27.10. hatte ich eigentlich alle Hoffnung aufgegeben, dass meine gebuchte Fahrt geplant verlaufen würde. Schon allein wegen der Passkontrollen und der Baustelle. Aber siehe da. Ich musste mich beim Umsteigen in München zwar ein bisschen beeilen, aber ich bekam den Anschluss-ICE. Meinen Hoffnungen, dass ich an diesem Tag tatsächlich mal pünktlich in Saalfeld ankommen könnte, wurde ein abruptes Ende gesetzt, als ich kurz vor Nürnberg, beim Blick auf den Fahrtenmonitor im ICE ein fettes rotes Kreuz über meiner Anschlussverbindung entdeckte. Was war jetzt schon wieder? Die Navigator-App (ohne die Bahnfahren eigentlich nicht mehr geht) bestätigte den Ausfall der Regionalbahn von Nürnberg nach Saalfeld. Super! Der Zug war gleich in Nürnberg, jetzt noch Zugpersonal zu finden, was einem helfen konnte, unmöglich. Ich befragte meine App und ließ mir diverse Verbindungen anzeigen. Ich konnte Aussteigen und eine Stunde warten, ich konnte mit dem ICE weiter bis Erfurt fahren und dort auf den Zug nach Saalfeld warten oder ich konnte mit dem ICE bis Erfurt fahren und von dort in die RB nach Gera steigen und in Jena-Göschwitz in den RE nach Saalfeld wechseln. Da würde ich nur 35 Minuten verlieren. Ich entschied kurzerhand im ICE sitzen zu bleiben und bis Erfurt durchzufahren. Kurz vor Erfurt checkte ich nochmal die Verbindung – zum Glück – denn die RB nach Gera war zwar pünktlich, aber der Zug von Jena-Göschwitz nach Saalfeld fiel aus. Mein Karma war an diesem Tag offensichtlich besonders schlecht. Ich blieb also in Erfurt und wartete fast eine Stunde auf die Erfurter Bahn nach Saalfeld. Die fuhr, wie konnte es anders sein, zehn Minuten später als im Fahrplan. Irgendwann kam ich dann doch in Saalfeld an, aber eben nicht pünktlich. Vielleicht sollte ich mich freuen, überhaupt angekommen zu sein.

Heute – neues Spiel neues Glück bei der Bahnlotterie. Ihr erratet es schon, ich zog mal wieder die Niete. Dieses Mal war es die Regionalbahn von Saalfeld nach Nürnberg, die genau fünf Minuten nach der Abfahrt meines ICEs Richtung München ankam und nicht neun Minuten vorher wie geplant. Außerdem war der Zug so voll, wie ich es zuletzt bei der Einführung des Neun-Euro-Tickets erlebt habe. So strandete ich erstmal in Nürnberg, und wartete auf den nächsten Zug nach München. Und hier hatte ich dann die Qual der Wahl. Etwa eine halbe Stunde nach meinem geplanten ICE fuhren drei, nochmal zum mitschreiben, DREI ICEs innerhalb von drei Minuten in Richtung München. Frage: Kann man die nicht irgendwie besser verteilen? Wenn der eine nur eine Viertelstunde früher gefahren wäre, hätte ich meinen Anschluss in München bekommen. So allerdings nicht. Wir hatten zwar fünf Minuten Verspätung, aber das war ohnehin egal, die Regionalbahn nach Traunstein fuhr erst wieder fünfzig Minuten später. Wobei die dann schon später kam, pünktlich fuhr, um dann kurz vor Rosenheim wegen einer Signalstörung erstmal Pause zu machen. Ich kam also wieder mehr als eine Stunde später als geplant in Traunstein an. Dort gab es dann noch einen kleinen Tumult, weil der Zug ungeplant in zwei Zugteile getrennt wurde, einer blieb in Traunstein, ein anderer fuhr weiter nach Salzburg. Das hatten viele Reisende, mich eingeschlossen, nicht auf dem Schirm. Schön, dass es zumindest beim Einfahren in den Bahnhof kommuniziert wurde und nicht erst nach der Weiterfahrt.

In zwei Wochen fahre ich wieder, mal sehen, was mich dann so erwartet. Vielleicht bekomme ich wieder mehr Zeit in den Zügen der Deutschen Bahn geschenkt … auf alle Fälle, denn ich bekam schon eine nette Service-E-Mail, dass meine Rückfahrt nicht wie geplant stattfinden kann und ich mir eine Alternative suchen muss. Das geht doch schon gut los.

Alles kein Problem, denn laut dem aktuellen Werbespot der DB muss es erstmal schlimmer werden, bevor es besser wird. Allein mir fehlt der Glaube an eine positive Entwicklung noch zu meinen Lebzeiten.

Arbeit als Privileg

Seit einigen Wochen mache ich mir immer wieder Gedanken über Arbeit und darüber, wie sich meine Sicht aufs Arbeiten von der meiner jungen Kollegen unterscheidet.

Arbeiten zu dürfen oder eine Arbeitsstelle zu haben, war für mich immer ein Privileg. Ich habe immer darum kämpfen und dabei viele Niederlagen einstecken müssen. Ich gehöre zur »Generation Praktikum«, der Generation für die ein Job nie nur ein Job war, sondern Sicherheit und Unabhängigkeit bedeutete, etwas das in den Neunziger und Zweitausendern auf dem Arbeitsmarkt sehr selten war. Mit entsprechendem Enthusiasmus hat man sich seinen Aufgaben hingegeben und fast alles getan um den Job behalten zu dürfen.

Nach der Wende Anfang der Neunziger brach im Osten der Arbeitsmarkt komplett zusammen und damit meine ich wirklich komplett. Er war einfach nicht mehr existent und das schon wenige Wochen nach der Währungsunion. Der Betrieb in dem meine Eltern beide arbeiteten wurde »abgewickelt« wie es so schön hieß. Zuerst traf es meine Mutter, wenige Wochen später, nachdem jede Maschine verschrottet und die Gebäude leergeräumt waren auch meinen Vater. Beide waren damals in den Fünfzigern, also zu jung für die Rente und zu alt zum arbeiten. Mein Vater ging trotz körperlicher Beschwerden für kurze Zeit wieder auf den Bau (im neu gegründeten Handwerksbetrieb seines ehemaligen Azubis) meine Mutter machte eine vom Arbeitsamt bezahlte Umschulung zur EDV-Fachkraft. Ich ging aufs Gymnasium und bekam damit noch zwei Jahre Gnadenfrist.

Zwei Jahre später sah die Situation aber noch viel düsterer aus. Im ganzen Landkreis gab es kaum Stellen geschweige denn genügend Ausbildungsplätze. Ich war gezwungen 100 Kilometer weit weg nach Bayern zu gehen. Den Ausbildungsplatz bekam ich auch nur, weil meine Eltern jemanden kannten, der jemanden kannte …

Meine Mutter blieb trotz Umschulung bis zu ihrer Rente arbeitslos, mein Vater hatte das Glück, dass man ihm nach kurzer Arbeitslosigkeit mit 57 die Frühverrentung anbot. Ich hätte nach meiner Lehre zwar in dem Betrieb bleiben können, aber wegen betrieblicher Veränderungen (die Produktion wurde teilweise nach Tschechien ausgelagert) zu deutlich schlechteren Konditionen, als meine Kollegen, die in den Jahren zuvor ausgelernt hatten. Da ich ohnehin studieren wollte, war mir das egal.

Während des Studiums half ich meiner Mutter beim Regale einräumen im Supermarkt. Sie hatte sich den Minijob selbst gesucht, weil sie weder Geld vom Arbeitsamt noch Jobangebote bekam. Dafür bekam ich den vollen Bafög-Satz.

Nach dem Studium hatte ich wieder Mühe eine Arbeitsstelle zu finden und das, obwohl ich inzwischen einen Ingenieurtitel besaß. Hatte man uns im Studium noch versprochen, dass wir gesucht würden und uns die Jobs raussuchen könnten, spürte ich davon nicht viel. Vielleicht lag es daran, dass ich eine Frau war. Die Begründung der Ablehnung meiner Bewerbung waren immer dieselben, überqualifiziert, zu wenig Berufserfahrung, Anstellung nur als Freier Mitarbeiter bzw. die ersten Monate ohne Bezahlung, falsches Geschlecht, falsche Religion oder an der falschen Uni studiert. Mit Mühe und Not und nach unzähligen Bewerbungen bekam ich einen Praktikumsplatz. Sechs Monate später endlich einen Vertrag über eine Festanstellung und zwei Monate später nach dem am 11.9.2001 die Welt erschüttert worden war und die Medienkrise rund um Kirch und Co in München einleitete, erhielt ich die betriebsbedingte Kündigung.

Die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle begann von vorn und der Mitarbeiter beim Arbeitsamt machte mir wenig Hoffnung. Dabei war Arbeit da. Die Firma für die ich gearbeitet hatte, bot mir an dort stundenweise während meiner Arbeitslosigkeit zu arbeiten. Ich verdiente umgerechnet 5 Euro am Tag und hatte eine 40 Stundenwoche. Dafür versprachen man mir am Ende des Jahres eine Festanstellung, doch dann entschied man sich für einen männlichen Diplomanden statt für mich.

Ich wurde vor die Wahl gestellt: arbeitslos oder selbständig! Ich entschied mich für Letzteres. Mit 28 Jahren gründete ich meine ganz private Zeitarbeitsagentur und vermietete mich an Firmen in und um München. Das funktionierte 15 Jahre lang gut. Doch nach dem Umzug nach Waging, ging die Suche nach einer Arbeitsstelle in der Nähe weiter. Viele Bewerbungen, wenig Vorstellungsgespräche und nur Absagen. Die Gründe dieses Mal: überqualifiziert, Zickzack-Lebenslauf und die Befürchtung ich wäre wegen meiner Selbständigkeit nicht teamfähig.

Das ich 2017 dann doch fündig wurde, habe ich meinem Chef zu verdanken, der mir damals als einziger eine Chance gab, obwohl ich nicht aus der Branche kam und kaum Ahnung von den Abläufen im Handwerk hatte.

Die Jugend von heute stellt Forderungen an ihre Arbeitgeber, die zu meiner Zeit absurd gewesen wären, die heute aber wegen des eklatanten Fachkräftemangels akzeptiert werden. Das grenzt teilweise schon an Erpressung, was da mitunter abläuft. Dabei ist die Einstellung in der »Generation Z« verbreitet, dass ein Job nur dazu da ist, um am Ende des Monats Geld auf dem Konto zu haben. So wird teilweise ohne Verstand vor sich hin gearbeitet, nur damit man am Ende des Tages sagen kann, man hat irgendetwas getan. Wie oder was – das scheint völlig nebensächlich zu sein. Arbeit ist ein lästiges Übel, das die Freizeit unterbricht. Sie scheint keinen weiteren Wert mehr zu haben, als den Lohn, den man dafür bekommt. Eine fatale und auch traurige Entwicklung, die dazu führt, das Qualität und Quantität leiden und keiner mehr arbeiten will, als er muss.

Ich glaube, irgendwann bekommen auch die Jungen die Quittung dafür. Bis dahin werden wir uns auf schwierige Zeiten einstellen müssen.

Für mich ist und bleibt Arbeit ein Privileg. Es bedeutet für mich Verantwortung dafür zu übernehmen, was ich tue und das Bestmögliche zu geben, egal wie schlecht die Situation gerade ist und wie widrig die Umstände. So bin ich das gewohnt und so wird es auch bleiben.

Tierpfleger versetzt

Die Sendung »Elefant, Tiger und Co« vom MDR ist inzwischen die einzige Sendung im Fernsehen, die ich regelmäßig anschaue. Die Dokusoap aus dem Leipziger Zoo brachte mir nicht nur die Zootiere näher, sondern auch die Menschen, die dort arbeiten.

Umso ärgerlich ist es, dass ausgerechnet Zuschauerliebling Jörg Gräser in den letzten Folgen nicht mehr zu sehen war. Inzwischen ist herausgekommen, dass der Pfleger nach 30 Jahren von den Löwen, Hyänen und Erdmännchen zu den Kaninchen in den Streichelzoo strafversetzt wurde. Der Grund ist wahrscheinlich der Facebookeintrag einer überfürsorglichen Mutter, die durch einen offenen Schieber die Fütterung der Löwen gefilmt hat und dies als verstörende Erfahrung für ihr Kind bezeichnete. Denn die Löwen fraßen gerade ein getötetes Zebra.

Der Zebrahengst konnte trotz intensiven Bemühungen nicht an andere Zoos abgegeben werden und musste getötet werden. Die Verfütterung des Tieres an die Löwen sollte jedoch von den Besuchern unbemerkt geschehen. Leider war der Schieber geöffnet und der Zebrakopf plus Löwe gut von draußen zu sehen.

Wer nun den Schieber offengelassen hat und ob die Fütterung von der Zooleitung befohlen wurde oder nicht, dazu schweigt der Zoo Leipzig. Aber im Zuge dessen kam es offenbar zu Diskrepanzen zwischen Tierpfleger und Zooleitung. Das Ergebnis: Jörg Gräser musste seine geliebten Löwen Anfang April verlassen. Der Kater Majo starb kurze Zeit später an einem Infekt, Löwin Kingali brachte durch den Stress ein offenbar nicht lebensfähiges Jungtier zur Welt. Letzteren Fakt versuchte der Zoo zu verschweigen, musste es aber auf Druck der Presse zugeben.

Die Zuschauer jedenfalls lassen ihren Unmut in den Sozialen Medien freien Lauf. Es gibt sogar eine Petition, die die Rückkehr von »Löwenpapa« Jörg Gräser fordert. Auch ich habe unterschrieben.

Der Zoo Leipzig hat sich damit keinen Gefallen getan. Auch wenn die Mitarbeiter des MDR nicht daran schuld sind und sogar selbst von den internen Querelen nichts wussten, ich werde mir die Sendung sicher nicht so schnell mehr ansehen.

Grottenschlechtes Video

Ich habe diese Woche mit dem neuen Portal der Bayernwerke gekämpft. Dass alte war schon kompliziert, aber ich wusste immerhin nach ein paar Mal, was ich wo eintragen musste. Das neue Portal, das es seit Ende März gibt, funktioniert komplett anders und ist auf den ersten Blick verwirrend. Wenn man sich nämlich als Elektrofirma anmeldet und einen Auftrag für einen Kunden anlegt, wird man im Grund wie der Kunde behandelt. Wahrscheinlich können sich jetzt auch die Bauherren dort anmelden. So genau blicke ich da noch nicht durch. Erst im zweiten Schritt kann man dann die technisch relevanten Daten eintragen.

Ich hab diese Woche zwei Tage gebraucht, um eine PV-Anlage und einen Hausanschluss anzumelden. Letzteren hatte ich schon mal per Formular und E-Mail anmeldet, der war aber mal wieder verbummelt worden. Wie so häufig in den letzten Monaten. Also musste ich ihn neu machen und zwar über das Portal. Das geht jetzt übrigens nur noch online. Bis vor zwei Jahren habe ich die Anmeldungen noch per Fax schicken müssen, dann per Mail und ab jetzt eben online. Mal sehen, ob es dann besser klappt mit der Bearbeitung der Anträge.

Zumindest gibt es ein paar Videos, die erklären, wie das neue Portal funktioniert und was man wo eintragen muss. Ich habe mir die mal angetan, im wahrsten Sinne des Wortes. Zunächst ohne Ton später mit. Bei meinem Sinn für Sprache hat mir das richtig weh getan. Die Unprofessionalität ist kaum zu ertragen. Warum kann man nicht ein bisschen Geld in die Hand nehmen und einen halbwegs professionellen Autor und einen Sprecher engagieren? Das ist für die Bayernwerke, deren Ruf bei Bauherren und Elektrikern in den letzten Jahren ohnehin gelitten hat, keine besonders gute Werbung. Aber seht selbst.

Leichenschau

Vergangenes Wochenende waren wir mal wieder am See. Seit Dezember werden hier Baumstämme für die jährliche Holzaktion gelagert, wie in jedem Jahr übrigens.

Ich bezeichne das immer als Leichenschau, wenn am Wochenende die Familien und Pärchen herumgehen und sich die Bäume ansehen. Denn nichts anderes ist es. Wenn die Bäume so viel Aufmerksamkeit bekommen hätten als sie noch standen, wie jetzt als tote Stämme, hätten wir weniger Umweltprobleme. Diese Holzauktionen gibt es jedes Jahr und jedes Jahr werden es mehr Stämme. Noch vor zehn Jahren reichte ein kleiner Platz am See. Inzwischen liegen sie überall an der Straße und im Park verteilt.

In den letzten Jahren wurden auch in der Gemeinde und drumherum viele Bäume gefällt. Und damit meine ich nicht, die abgestorbenen Bäume, die in Thüringen ganze Berge haben kahl werden lassen. Hier sind es gesunde Bäume, die wegen des Holzes geschlagen werden oder einfach nur, weil sie im Weg sind. Am Festplatz wurde unlängst ein Baum gefällt, weil für nicht mal eine Woche dort ein Festzelt aufgestellt wurde. Ratsch einfach weg. Das etwa einen Hektar große Wäldchen an der Landstraße Richtung Traunstein war innerhalb einer Woche einfach weg. Der Nussbaum und die Weiden am Bach, weg, wegen einer Straße und zwei neuer Häuser. Neue Bäume werden nur selten nachgepflanzt.

Der Hunger nach Energie holt sich nun die Wälder, wenn Gas- und Ölpreis steigen. Und wer mir erzählen will, dass mit Holz heizen nachhaltig ist, den lade ich gern mal ein, wenn der Nachbar wieder Holz sägt: Mit einem Holzspalter und einer Kreissäge, die mit einem alten Traktor angetrieben werden. Da läuft den ganzen Tag der Dieselmotor. Der Rest des Holzes wird gehäckselt und im Hof tagsüber zum Trocknen breit gemacht. Wo er abends mit dem Traktor und der Baggerschaufel zusammen und am nächsten Morgen auf die gleiche Weise wieder auseinander geschoben wird. Wie viel CO2 allein in der Verarbeitung des Holzes steckt, vom aus dem Wald holen und dem Abtransportieren des geschnittenen Holzes rede ich gar nicht. Jedenfalls müssen die Geschäfte gut laufen, denn es wird oft Holz gesägt in letzter Zeit. Manchmal dröhnt das Geräusch der Säge und des Traktors tagelang über die Straße.

Zugbindung oder keine Zugbindung

Die Überschrift erzählt es schon. Ich war am Wochenende wieder mit der Deutschen Bahn unterwegs. Am Freitag lief es planmäßig. Ich kam überpünktlich und ohne Rennerei an und konnte endlich meinen Zahnarzttermin wahrnehmen, der im Dezember wegen meinem Abenteuer mit der Zugevakuierung ausgefallen war.

Die Rückfahrt war allerdings wieder das Problem. Beim letzten Mal war es ein angekündigter Selbstmord, dieses Mal wurde mir schon drei Wochen vorher per E-Mail mitgeteilt, dass ich wegen diverser Baustellen meinen Anschlusszug in Nürnberg nicht erreichen würde. Ich solle doch eine frühere Verbindung nehmen, die Zugbindung bei meinem Sparticket wäre aufgehoben. Ich fuhr also eine Stunde früher los und wollte mir wie immer vor der Abfahrt am Schalter noch schriftlich die Aufhebung der Zugbindung auf meinem Fahrschein bestätigen lassen.

An diesem Montag hatte der Schalter allerdings geschlossen. Ich sprach den Zugbegleiter in der Regionalbahn drauf an, der wollte oder konnte das aber nicht machen. Meine herausgesuchte neue Verbindung klappte hinten und vorne nicht, obwohl ich eine Stunde früher als geplant losfuhr, strandete ich erstmal in Nürnberg. Der junge Mann am Serviceschalter ließ sich auch nach Vorzeigen der E-Mail überzeugen, die Zugbindung meines Tickets aufzuheben. Ich holte mir etwas zu Essen und fuhr mit dem nächsten ICE problemlos nach München.

Hier war wiedererwarten der EC, mit dem ich ursprünglich fahren wollte, noch nicht abgefahren. Im Gegenteil, er stand noch nicht einmal da. Was wieder beweist, dass nichts verlässlicher ist, als Verspätungen bei der Deutschen Bahn. Laut Anzeige sollte er 15 Minuten Verspätung haben, daraus wurden dann 30 Minuten. Ich machte mich schon auf den Weg zur Regionalbahn, als die Durchsage kam, dass wegen einer Stellwerksstörung zur Zeit keine Züge aus Richtung Augsburg und Rosenheim ein- oder abfahren können. Oha! Deshalb war der Bahnhof so leer. Es standen nämlich kaum Züge herum. Ich hatte mich schon gewundert.

Kurzerhand fragte ich beim herumstehenden Bahnpersonal nach, ob es nicht sinnvoller wäre, zum Ostbahnhof zu fahren, sofern die S-Bahn vom Stellwerksausfall nicht betroffen ist. Der freundliche Herr fand, es sei eine gute Idee und schaute gleich auf seinem Smart-Phone nach, ob die S-Bahnen fuhren. Sie taten es, also fuhr ich zum Ostbahnhof. Dort warteten schon hunderte Leute auf einen Zug Richtung Rosenheim. Zehn Minuten später kam eine Regionalbahn, in die die meisten Pendler einstiegen. Zurück blieben nur jene, die weiter als bis Rosenheim wollten.

Auf der Anzeigetafel standen zwei Züge Richtung Salzburg zur gleichen Zeit, die Regionalbahn und der EC, der inzwischen 40 Minuten Verspätung hatte. Da Fernverkehrszüge immer Vorrang haben, kam der auch zuerst. Ich stieg ein und suchte mir einen Platz im fast leeren Großraumwagen.

Irgendwann vor Rosenheim kam der Zugbegleiter, um die Fahrkarten zu kontrollieren. Ein gutaussehender junger Mann – vor zwanzig Jahren wäre das exakt mein Beuteschema gewesen – nahm mein Ticket und meinte, dass ich nicht mit dem EC hätte fahren dürfen. Ich erklärte ihm, dass die Zugbindung der Fahrkarte aufgehoben wäre, und deutete auf den Stempel. Das interessierte ihn aber nicht. Er meinte, das gelte nur für den ICE und weil ich laut Fahrkarte mit der Regionalbahn weitergefahren wäre, hätte ich nicht in den EC einsteigen dürfen. Mein Argument, dass eine aufgehobene Zugbindung bedeutet, dass ich alle Züge der Bahn benützen dürfte, dementierte er. Ich holte sogar mein Handy vor, um ihm die E-Mail zu zeigen. Er sagte, dass ich mir ein Ticket für den EC hätte holen müssen und mir das Geld über die Fahrgastrechte hätte wiederholen sollen. (Das funktioniert nicht, dass Problem hatte ich nämlich schon mal. Das zusätzliche Ticket habe ich damals nicht ersetzt bekommen, weil ich ja eine Fahrkarte hatte, bei der die Zugbindung aufgehoben war.) Deshalb regte ich entsprechend auf.

Ich fahre fast 30 Jahre mit der Bahn, aber dass man mir Schwarzfahren unterstellte, ist mir in all den Jahren noch nie passiert. Ich fragte ihn etwas lauter als normal, ob das denn eine neue Vorschrift wäre. Er konterte: dass wäre schon immer so gewesen und ich solle mich bitte beruhigen. Er würde mich jetzt trotzdem weiterfahren lassen, aber ich sollte mir das fürs nächste Mal merken. Meine Frage, wo denn steht, dass IC und EC-Züge nicht unter die Aufhebung der Zugbindung fallen, konnte oder wollte er mir nicht beantworten. Er druckste nur herum, dass seine Vorgesetzten in letzter Zeit genauer hinschauen würden. Aha! Daher wehte der Wind. Er knipste meine Fahrkarte ab und ging weiter. Ich war stinksauer.

Also, ganz ehrlich, beim nächsten Mal ignoriere ich den Verbindungsalarm der DB Reisebegleitung, fahre mit den vorgeschriebenen Zügen, nehme die Verspätung in Kauf und hole mir mittels der Fahrgastrechte ein Teil der Fahrkartenpreises wieder, selbst wenn es nur 5 Euro sind.

Hier zum Nachlesen die Beförderungsbedingungen der DB zur Zugbindung. Da steht ganz deutlich, dass man mit allen Züge fahren kann, auch mit IC- und EC-Zügen. Offensichtlich wissen die Angestellten der Bahn selbst nicht, was in den Bedingungen steht. Ich habe das jetzt auf meinem Handy gespeichert, falls es wieder einer nicht weiß. Unfassbar!