Kein Frieden in der Friedensstraße

Seit einem Monat herrscht Ruhe in der Friedensstraße in Saalfeld. Durch die Baustelle an der Kreuzung am Meininger Hof ist die Straße nur noch bis zur Höhe der Hausnummer 50 befahrbar. Wo Jahrzehnte lang viele tausend Autos am Tag fuhren – schließlich führten hier mal zwei Bundesstraßen entlang – parken nun Autos vor der Haustür.

Für die Anwohner ist die Stille noch immer ungewohnt. Manch einer sagt sogar, er wache in der Nacht auf, weil es so ruhig ist. Man öffnet die Haustür und es schlägt einem kein Verkehrslärm entgegen. Es rasen keine Autos vorbei, um die Grünphase der Ampel am Meininger Hof zu erwischen und auch keine Schwerlaster, die sich mal wieder verfahren haben.

Es könnte aber noch viel ruhiger sein, wenn nicht alle fünf Minuten ein Auto aus dem Kreisverkehr am Blankenburger Tor in die Friedensstraße einbiegen würde, um bis zur Baustellenabsperrung zu fahren, nur um dann wieder umzudrehen. Anfangs hatte ich dafür noch Verständnis. Da hatte sich die Baustelle noch nicht rumgesprochen und die Ausschilderung war nicht optimal. Inzwischen ist die Sperrung jedoch gut ausgeschildert. Es steht sogar ein Sackgassenschild vorm Kreisverkehr und trotzdem versuchen nach wie vor Autos und Lkws an der Baustelle durchzukommen.

Man fragt sich, was in den Köpfen dieser Fahrzeuglenker vorgeht? Folgen sie blind ihren Navis oder halten sie sich für besonders schlau. Vielleicht denken sie auch, die Baustelle sei nur eine Verschwörungstheorie und die Straße nur zum Spaß gesperrt, um die Autofahrer zu ärgern. Ich weiß es nicht.

Ich weiß nur, dass mein Auto letzte Woche zum Opfer eines dieser besonderes schlauen Fahrzeughalter geworden ist. Ein LKW-Fahrer fuhr bis zur Absperrung, konnte dann nicht mehr drehen und musste zurücksetzen. Dabei hat er das parkende Auto touchiert und ist weitergefahren. Zum Glück hat es jemand aus der Straße beobachtet und die Nummer aufgeschrieben. Der Ärger und Aufwand ist jedoch enorm. Polizei, Versicherung, Werkstatt und dann noch die Versicherung des Gegners, das hat mich die ganze letzte Woche beschäftigt. Es wäre vermeidbar gewesen, wenn sich der Fahrer an die ausgeschilderte Umleitung gehalten hätte. Zugegeben, die ist mit fast 30 km Umweg enorm, aber irgendwann muss die Straße ja mal kernsaniert werden. Zuletzt ist das 1974 geschehen.

Wie ich gehört habe, war der Unfall nicht der Einzige in den letzten Wochen. Und als ich am Sonntagnachmittag auf der Straße stand, haben innerhalb von zehn Minuten mindestens vier Fahrer wieder umgedreht. Ein SUV hat dabei noch richtig Gas gegeben. Ich wünschte die Stadt würde die Sperrschilder und Barrieren gleich hinterm Kreisverkehr aufstellen, so dass die Autofahrer gar nicht erst auf die Idee kämen in die Straße einzufahren. Denn dann herrschte in der Friedensstraße wirklich Frieden.

Die eingeschränkte Versorgung auf dem Lande

Es hat Vorteile auf dem Land zu leben, das ist unbestritten. Bessere Luft, mehr Grün, schöne Landschaft, weniger Leute und weniger Verkehr. Außerdem ist es ruhiger. Doch diese Vorteile sind nichts, wenn man weit fahren muss, um Einkaufen zu gehen oder Arztbesuche zu absolvieren (besonders bei Fachärzten). Die Möglichkeiten am Wochenende mal Essen zu gehen oder irgendetwas Kulturelles zu erleben, sind in den vergangenen Jahren immer weiter eingeschränkt worden. Cafes und Restaurants wurden geschlossen, weil es keine Pächter mehr gibt oder die Betriebskosten die Einnahmen einfach aufgefressen haben. Geschäfte schließen, weil sich keine Nachfolger finden, die sie weiterführen wollen oder weil die Mieten unerschwinglich geworden sind.

Einen herben Verlust hat die Gemeinde in der ich lebe zuletzt erfahren müssen, als der Werkmarkt zugemacht hat. Der Werkmarkt war ein kleiner Baumarkt, der sich im ehemaligen Gebäude einer Lidl-Filliale eingerichtet hatte. Dort gab es alles, was man für das Landleben braucht. Gartenbedarf, Werkzeug und Maschinen, Camping- und Haushaltsartikel sowie einen Schlüsseldienst. Als wir unlängst hinwollten, um eine Säge zu kaufen, standen wir vor verschlossenen Türen. Das Gebäude wird jetzt von einer Isolierfirma als Lager benutzt. Wann der Werkmarkt zugemacht hatte, wissen wir nicht, aber es muss wohl um den Jahreswechsel gewesen sein, denn im November war er noch geöffnet gewesen. Wenn ich jetzt einen Schlüssel nachmachen lassen möchte oder ein Werkzeug brauche oder auch nur eine Schraube kaufen will, dann muss ich ins Auto steigen und 15 Kilometer in die nächste Stadt fahren. Gut für den, der ein Auto hat. Denn der Nahverkehr hier beschränkt sich auf den Schulbus am Morgen und Mittags sowie eine Bahn, die nur sporadisch mal fährt und mit der man doppelt so lange unterwegs ist, wie mit dem Auto

Als ich 2007 zum ersten Mal nach Waging kam, war alles noch da: mehrere Drogeriemärkte, Gärtnerei, Buchladen, Reisebüro, Fahrradladen, Spielzeuggeschäft und sogar zwei Hutläden, dazu jede Menge Lokale und Cafés, mehrere Bäckereien und Metzger, Supermärkte und Lebensmittelläden. Heute ist nur noch ein Teil davon übrig. Besonders schlimm war es, nachdem Schlecker Pleite gegangen war, der Penny im Ort geschlossen wurde und der Edeka ums Eck dichtgemacht hat. Was blieb, war ein Lidl und ein EDEKA, in dem sich die Leute auf die Füße getreten sind. Vor allem im Sommer, wenn die Bevölkerungszahl wegen der Campingtouristen von 6.000 auf 10.000-12.000 ansteigt, brauchte man nirgendwo mehr hinzugehen.

2018 wurde dann auf der grünen Wiese ein REWE und ein Rossmann gebaut. Das war eine leichte Entlastung, obwohl man weit gehen muss, wenn man kein Auto hat oder nicht wegen jedem Meter fahren will. Inzwischen ist auch der REWE ziemlich überlaufen, die Postfiliale und der Lottoladen haben zugemacht, dazu muss man nun auch in den REWE. Es gibt nur noch zwei Metzger und zwei Bäcker, die nur noch Filialen von Großbäckereien sind. Unsere Semmeln bestellen wir im Reformladen, der Freitags von einer Biobäckerei beliefert wird. Der kleine Bioladen hat ebenso geschlossen, wie der Schuhladen, die Buchhandlung und das Café bei dem wir uns immer Kuchen oder Torten gekauft haben. Einer der Metzger hat seinen Laden geschlossen und stellt nur noch Konserven her (die zwar sehr lecker sind) und im Käseladen (Werksverkauf vom Bergader) bekommt man auch mal Milch und Jogurt, falls man welche braucht. Die Fahrradläden gibt es noch und ein paar Klamottengeschäfte. Die haben aber teilweise nur in den Sommermonaten auf. Jetzt hat der Pächter vom großen EDEKA angekündigt, aufzuhören, hoffentlich macht sein Geschäftsführer weiter, denn dann bliebe wahrlich nur noch der Lidl und der REWE, was für einen Ort dieser Größe definitiv zu wenig ist.

Mich ärgert es immer, wenn Leute, die in der Großstadt leben, Menschen auf dem Land vorwerfen, dass sie ein Auto besitzen und meinen, mit einem Lastenrad ginge das doch auch. Denen wünsche ich mal einen Monat ohne Auto hier zu leben. Mal sehen wie sie schnaufen, wenn sie die 15 Kilometer bergauf nach Traunstein radeln, um zum Arzt zu gehen oder Einkaufen oder ins Fitnessstudio … Halt! Zumindest Letzteres könnten sie sich dann sparen.

Die Säge habe ich jetzt im Internet bestellt, wie so vieles andere, was ich hier nicht im Ort bekomme, weil es keinen Laden dafür gibt.

Frohes Neues Jahr

Ich hoffe, ihr seid gut ins neue Jahr gerutscht. Wir waren zuhause und haben den Abend auf der Couch verbracht. Es liefen ein paar gute Dokumentationen, da ging die Zeit schnell rum.

Ich bin kein Partytyp und finde Silvester im allgemeinen langweilig. 2020 sind wir sogar um zehn Uhr ins Bett gegangen, nur um von den importierten Böllern der Nachbarn geweckt zu werden. Das Böllerverbot ist eine der wenigen sinnvollen Pandemiemaßnahmen gewesen. Dieses Jahr fand ich es schon übertrieben. Allein, das die Sachen bereits am Samstag verkauft wurden. Viele böllerten schon das ganze Wochenende. Ich hab nichts gegen ein paar Raketen, die haben wir früher auch steigen lassen. Aber die Batterien, die es heute gibt, das ist Wahnsinn. Gestern Abend hat es sich angehört, als wäre man in einem Kriegsgebiet, und das auf dem Dorf. Bei manchen Donnerschlägen haben die Glasscheiben geklirrt. Irre!

Offensichtlich geht es den Leuten noch gut genug, um Millionen Euro in Feuerwerkskörper aus China zu investieren. Aber wehe der Kaffee oder die Heftromane werden teurer …

Waldsterben

Das kahle Herz Deutschlands so könnte man Thüringen nennen, denn von den grünen Wäldern, die noch vor fünf Jahren die Berge bedeckten, ist kaum noch was übrig. Es ist erschreckend, wie rapide der Wald in den vergangenen zwei Jahren abgestorben ist. Aus ehemals verträumten grünen Tälern durch die kleine Bäche fließen, sind baumlose trockene Schluchten geworden. Mir tut jedes Mal das Herz bluten, wenn ich durch meine Heimat fahre.

Kleiner Vergleich gefällig?

Ludwigstadt und Umgebung etwa 2019 Quelle: Google Maps
Aufnahme von 2023 Quelle: BayernAtlas

Fast noch schlimmer ist es im Harz. Dadurch das es Nationalpark ist, werden die dürren Bäume nicht gefällt. Entsprechend sieht es dort aus. Touristisch ist das kein reizvolles Ausflugsziel mehr. Wir sind auf unserer Reise nach Norden zweimal durchgekommen und fanden es verheerend. Übrigens genau an dem Tag, an dem nachmittags der Waldbrand am Brocken ausgebrochen ist, sind wir vormittags dort vorbeigefahren. Ich sagte noch zu meinem Mann: »Wenn es hier mal brennt, bekommen die das nicht so schnell wieder unter Kontrolle.«

Man sollte alle Klimawandelleugner mal dorthin schicken und ihnen zeigen, dass der Klimawandel bereits vor ihrer Haustür angekommen ist. So gesehen verstehe ich jene Thüringer nicht, die die AfD gewählt haben. Die sehen doch den Klimawandel mit eigenen Augen. Nur durch die Trockenheit in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren konnte der Borkenkäfer diese Schäden überhaupt anrichten. Ich habe ja den Vergleich zum Alpenraum, dort regnet es viel öfter als beispielsweise in Thüringen.

Anderseits weiß man seit dreißig Jahren, dass die Fichtenmonokultur schlecht ist, dass wir mehr Mischwälder brauchen. Nichts wurde dagegen getan, weil so ein Waldumbau nämlich Geld kostet, das kein Waldbesitzer ausgeben will. Jetzt müssen sie es. Das Waldsterben betrifft auch den Frankenwald. Dort wurden die gleichen Fehler begangen.

Weil ja viele über die Alternativen Energien wettern und das Windräder die Landschaft verschandeln, stelle ich mal die ketzerische Frage: Was verschandelt die Landschaft mehr …

… ein toter Wald …
… oder ein paar Windräder?

Geschätzt statt gerechnet

Man kann nur hoffen, dass bei der Deutschen Bahn Vulkanier* arbeiten. Laut einem Vorstandsmitglied der Deutschen Bahn werden die Fahrpläne inzwischen nicht mehr berechnet, sondern nur noch geschätzt. Zu viele Baustellen, zu viele Langsamfahrstrecken und zu viele andere Störungen, so dass ein ordentlicher Fahrplan nicht mehr möglich ist.

Ich hatte das schon länger vermutet. Vor allem, weil ich merke, wie meine Fahrten bei gleicher Strecke immer länger werden. In den Fahrplänen stecken so viele Zeitpolster, dass Züge mitunter früher ankommen und an Bahnhöfen warten müssen, bis die Abfahrtszeit erreicht ist. Andererseits bekomme ich weniger Verbindungen als früher angezeigt, wenn ich auf der Bahnseite danach suche. Verbindungen mit Umsteigezeiten unter zehn Minuten werden gar nicht mehr angezeigt. Es passt vieles nicht mehr zusammen.

Wie schlimm es tatsächlich um die Deutsche Bahn bestellt ist, kann man in einem Interview mit Arno Luik in der Berliner Zeitung lesen. Leider wurde der Artikel inzwischen hinter der Bezahlschranke versteckt. (Alternativ kann man das Interview mit Arno Luik aus den Deutschen Wirtschafts Nachrichten lesen, es werden über ähnliche Inhalte gesprochen.) Im Groben zusammengefasst spricht der Bahnexperte – von dem ich vor Jahren das Buch »Schaden in der Oberleitung« gelesen habe – davon, warum der Niedergang der Bahn erst jetzt so offensichtlich wird, obwohl der Keim des Untergangs schon von Ex-Bahnchef Helmut Mehdorn gelegt wurde.

Auszug:

– Das ist das Verrückteste an der ganzen Geschichte. Die Bahn ist für den Erhalt ihrer Infrastruktur verantwortlich. Die muss sie mit eigenen Mitteln pflegen. Wenn die Infrastruktur aber so kaputt ist, dass sie neu gebaut werden muss, dann springt der Staat, also der Steuerzahler ein. Er übernimmt die Kosten zu 100 Prozent. Sprich: Im eigenen ökonomischen Interesse hat die Bahn kein großes Interesse an dieser kostenintensiven Pflege ihrer Infrastruktur.

Und nun wird es komplett irre: Die Bahn übernimmt für diese Neubauten die Planungsaufsicht und bekommt dafür 18 bis 23 Prozent der Gesamtbaukosten. Die Bahn hat also ein Interesse daran, dass die Neubauten möglichst teuer werden. Das spült Geld in ihre Kasse. Im Klartext: Die Bahn verdient an ihrem Zerfall.

– Seit Jahren fallen jährlich über 100.000 Züge aus. Die Pünktlichkeitsquote der Bahn liegt momentan knapp über 50 Prozent, das ist einzigartig in Westeuropa. Aber diese Quote sagt wenig aus. Denn Bahnchef Lutz erklärte vor einiger Zeit, dass „Züge, die nicht losfahren, auch nicht zu spät ankommen können“. Zugausfälle tauchen also in der Verspätungsstatistik gar nicht auf.

– Die Bahn hat damals ein geschätztes Vermögen von 180 Milliarden Euro, mindestens, und Mehdorn wollte sie für acht Milliarden an dubiose Investoren verkaufen. Im Klartext: Er wollte Volkseigentum verscherbeln, für den angestrebten Börsengang.

– Er hat, mit der Staatskasse im Hintergrund, die Deutsche Bahn radikal so umgebaut, dass sie keine Deutsche Bahn mehr ist. Früher hat die Bahn über 90 Prozent ihrer Geschäfte in Deutschland mit dem Zugfahren gemacht. Mehdorn hat sie zu einem global agierenden Logistikkonzern transformiert. … Diese Milliarden fehlten hierzulande bei der nötigen Pflege der Infrastruktur, der Schienen, der Bahnhöfe.

– Die Signalanlagen und Stellwerke sind veraltet. Die Brücken sind veraltet. Da seit zu vielen Jahren faktisch und sträflich deinvestiert wurde, ist nahezu alles marode. Dieser Zerfall wurde auch dadurch verschleiert, dass die Bahn Puffer in ihre Fahrpläne eingebaut hat. Das heißt, man fährt länger als früher, kommt aber laut Fahrplan trotzdem pünktlich an. Ungefähr 1000 Langsamfahrstrecken sorgen derzeit dafür, dass Züge an vielen Stellen nur noch langsam dahinschleichen können. Da müssen ICEs, die mit Tempo 200 angebraust kommen, auf 60 oder 40 Kilometer runterbremsen.

Quelle: Berliner Zeitung

Interessant ist auch folgende Information. Seit den 1990er Jahren hat die Bahn ungefähr zwanzig Prozent ihres Schienennetzes stillgelegt. Das bedeutet eine Verdichtung des Verkehrs und dadurch auch mehr Verschleiß. Luik stellt die Frage, was passieren würde, würde wenn man zwanzig Prozent des Autobahnnetzes stilllegen – richtig, das gleiche Chaos, was man jetzt bei der Bahn sehen kann.

Es wird aber noch paranoider, wenn demnächst die Trassennutzungsgebühr steigt. Die DB-Töchter (inzwischen ca. 800 Firmen) wie DB-Cargo und DB-Regio müssen ebenfalls diese erhöhten Kosten zahlen. Die Konsequenz daraus wird sein – das Ende des Nahverkehrs. Strecken, die jetzt schon nur bedingt rentabel sind, werden wegfallen, die Preise für Zugtickets ins Unermessliche steigen, woraufhin noch weniger Leute mit der Bahn fahren werden und noch weniger Geld generiert wird. Ein Teufelskreis.

Ich glaube inzwischen, dass es irgendwann damit enden wird, das wir bald gar nicht mehr mit dem Zug fahren werden. Erstens, weil es kaum noch Züge geben wird, die fahren und Zweitens, weil wir es uns nicht mehr leisten können. So wie es aussieht, wird der Zeitpunkt eher früher als später kommen.

Der klimafreundliche Umbau unserer Infrastruktur, wie von der Ampelregierung versprochen, rückt damit in weite Ferne. Trotz Deutschlandticket haben sie an dem Dilemma zumindest eine Teilschuld.

*Spock schätzt in Star Trek IV die Daten des Raumschiffes für eine Rückkehr aus der Vergangenheit in die Gegenwart.

Mehr Kilometer zum gleichen Preis

Vergangenes Wochenende hatte ich mal wieder viel Spaß mit der Deutschen Bahn.

Am Freitag war mein Karma miserabel. Das ging schon so los, dass meine Zugverbindung schon vor Wochen gecancelt wurde. Ich suchte mir also eine Neue, doch als ich am Freitag morgen 6 Uhr relativ kurzfristig zum Bahnhof kam, war noch keine Regionalbahn (RB) bereitgestellt worden. Ich entschied, mit dem IC zu fahren, obwohl die RB wenige Minuten zuvor endlich abgefahren war. Der IC würde die RB auf der Strecke überholen, und so war es auch. Allerdings ergab sich daraus eine Verspätung von 15 Minuten und dann gab es auch noch eine Signalstörung bei Rosenheim, weswegen der ICE in München ohne mich abfuhr.

Ich suchte mir also eine neue Verbindung raus und musste feststellen, dass der nächste ICE nach Nürnberg erst eine Stunde später fuhr (Regionalbahnen fuhren gar nicht). Ich wartete also eine Stunde am Münchner Hbf. Zumindest fuhr dann der ICE pünktlich ab und kam auch pünktlich an.

Als ich aber in Nürnberg ans Gleis kam, von dem mein Anschluss-IC fahren sollte, stand der nicht in der Anzeige. Zum Glück hat man sein Smartphone, ohne das Zugfahren überhaupt nicht mehr möglich ist, und siehe da; der IC fiel aus, ebenso wie der RE mit dem ich normalerweise fahre. Schuld waren Bauarbeiten am Gleis in Nürnberg und ein Stellwerksausfall bei Bamberg.

Laut Fahrplan sollte zehn Minuten später eine RB nach Coburg abfahren. Am Gleis hatten sich schon hunderte Leute versammelt, aber nachdem sich zwanzig Minuten später immer noch nichts getan hatte, es keine Durchsage gab und sich auch keine Bahnbeamten blicken ließen, beschloss ich mit dem nächsten ICE nach Erfurt zu fahren. Der stand auch schon bereit und ich stieg ein. Er fuhr dann auch relativ pünktlich ab. Doch als ich aus dem Fenster sah, kam mir die Gegend reichlich unbekannt vor. Der Blick ins Smartphone offenbarte, die Strecke nach Bamberg war komplett gesperrt und der Zug wurde über Würzburg und Schweinfurt umgeleitet. Die Durchsage zur Umleitung kam allerdings erst, als wir eine geschlagene halbe Stunde in Rottendorf bei Würzburg auf dem Bahnhof warten mussten.

Nach einem weiteren Zwischenstopp in Coburg kam der ICE mit 111 Minuten Verspätung endlich in Erfurt an, wo ich dann wieder fast eine Stunde warten musste, weil die RB nach Saalfeld gerade abgefahren war. Inzwischen war es 14 Uhr. Als ich endlich in Saalfeld ankam, war es 16 Uhr und ich zehn Stunden unterwegs. Für eine Strecke, die ich mit der Bahn schon mal in viereinhalb Stunden gefahren bin und für die ich normalerweise fünf bis sechs Stunden brauche.

Ist ja schön, das die Deutsche Bahn uns Bahnfahrern mehr Kilometer zum gleichen Preis spendiert, aber mir wäre es lieber, wenn ich nicht stundenlang in Zügen (ohne funktionierendes WC oder Klimaanlage) und an Bahnhöfen verbringen müsste. Ich kann verstehen, dass es inzwischen Leute gibt, die Angst haben mit der Deutschen Bahn zu fahren.

Übrigens, die Stellwerksstörung dauerte bis zum Samstagnachmittag. Erst dann lief der Verkehr langsam wieder an. Am Montag hat es auf der Rückfahrt einigermaßen geklappt. Ich war knapp sechs Stunden unterwegs und habe dabei noch zwei Shoppingtouren am Nürnberger und Münchner Hbf einlegen können.

Gaumenfossilien 2

Und wieder wurde ein Produkt vom Markt genommen, das ich sehr geschätzt habe. Ich esse gern Spargel und dazu esse ich hin und wieder gern eine gute Sauce Hollandaise. Diese selbst zu machen ist ziemlich aufwendig und gelingt nicht immer, weshalb ich in dem Fall gern auf Fertigsauce zurückgegriffen habe, auch wenn ich das üblicherweise vermeide.

Pünktlich zur Spargelsaison kam immer die Sauce Hollandaise von Knorr in die Regale der Supermärkte. Ursprünglich ist die Soße von Unox (Unilever) produziert worden. Als 2001 Unilever Best-Foods übernommen hat, zu dem auch Knorr gehörte, wurde sie unter der Marke Knorr vertrieben, offenbar weil der Name in Deutschland populärer war. Im Gegensatz zu der Hollandaise von Thomy schmeckte die Soße von Unox/Knorr tatsächlich wie selbstgemachte Hollandaise. Ich nahm sie nicht nur für Spargel her, sondern auch zu Pasta, verfeinert mit Zitronenpfeffer und Kirschtomaten.

In diesem Frühjahr suchte ich die Sauce vergeblich. In keinem Supermarkt war sie zu bekommen. Meine Recherche erbrachte, dass ich nicht die einzige war, die die Soße vermisste. In einer Antwort auf die Nachfrage einer Kundin antwortete man bei Unilever: »Dass Sie unsere Sauce Hollandaise nicht finden konnten, liegt daran, dass Ihr Lieblingsprodukt ausgelistet wurde. Eine Auslistung erfolgt z.B. aufgrund einer veränderten Kundennachfrage oder aufgrund von Änderungen im Produktportfolio.«

So, so veränderte Kundennachfrage also. Man könnte vielleicht denken, dass die nicht ganz kalorienarme Soße von vielen Kunden als zu ungesund angesehen wurde, weshalb viele sie nicht mehr kauften. Das ist Quatsch. Wahrscheinlich ist es vielmehr so, dass es das Produkt noch gibt, es aber unter einem anderen Namen und erheblich teurer verkauft wird. Die Sauce Hollandaise von Lukull (ebenfalls eine Marke von Unilever) schmeckt identisch, steckt in einer ähnlichen Verpackung, kostet aber erheblich mehr. (1,29 EUR zu 2,49 EUR) Die Soße gibt es schon seit einigen Jahren. Finden kann man sie im höherpreisigen Lebensmittelhandel im Feinschmecker-Regal.

Man kann verstehen, dass es sich ein Konzern nicht leistet, ein gleiches Produkt unter zwei verschiedenen Marken zu vertreiben. Aber das, was Unilever gemacht hat, ist nicht nur eine Form der Marktbereinigung, sondern auch der versteckten Preiserhöhung. Bei Change.org wurde eine Petition gestartet, bei der sich inzwischen über 2600 Leute beteiligt haben. Wem die Sauce Hollandaise von Knorr ebenfalls fehlt, der kann ja dort unterschreiben. Ich habe das jedenfalls getan, auch wenn ich nicht glaube, dass sich etwas ändert. Aber man soll die Hoffnung bekanntlich nicht aufgeben. Bis dahin greife ich eben tiefer in die Geldbörse und kaufe die Sauce Hollandaise von Lukull.

Der Servicewüstenplanet Teil 1

Eine Servicewüste ist Deutschland schon seit langem. In den vergangenen Jahren und Monaten ist daraus aber fast schon ein ganzer Wüstenplanet geworden.

Ende Februar rief mich meine Mutter ganz aufgeregt an und erzählte mir, dass einer der Brenner ihres Gaskochfeldes nicht mehr zündete. Weil ich nachhaltig sein wollte und dachte, dass es sicher nur eine Kleinigkeit sein kann, rief ich den Kundendienst an. Ich meldete einen Reparaturtermin an. Zwei Tage später bekam ich eine E-Mail, dass der Techniker am 7. März vorbeikommen würde, irgendwann zwischen 8 und 16 Uhr. An besagtem Donnerstag rief dann meine Mutter gegen Mittag an, dass der Techniker da wäre. Ich redetet kurz mit dem Mann, der mir erklärte, dass er schon seit 1992 für die Firma arbeitete, aber die Reparatur von Gaskochfeldern immer ein bisschen schwierig ist. Spätestens hier hätten bei mir die Alarmglocken läuten müssen. Er ging wieder an die Arbeit und ich sagte meiner Mutter, dass ich abends nochmal anrufen würde, um mich zu erkundigen, ob das Kochfeld wieder funktioniert. Meine Eltern kamen meinem Anruf zuvor. meine Mutter beschwerte sich bitterlich, dass der Techniker bei der Reparatur einen zweiten Brenner und die Glaskeramik kaputt gemacht hatte und sie nur noch die kleine Flamme und den Wokbrenner zum Kochen hat. Sie meinte noch, dass er ein neues Gerät bestellt hat und sobald das kommt, solle sie die Nummer anrufen, die er ihr auf einem Zettel geschrieben hat.

Ich machte mir erstmal keine Gedanken, nachdem mein Mann aus Erfahrung (er arbeitet bei dem Hersteller) sagte, dass die Ersatzgeräte relativ schnell rausgeschickt werden. Dafür bekam ich eine Rechnung vom Kundendienst über 119 Euro für die Prüfung und Reparatur des Kochfelds. Dorst stand in der Notiz vom Techniker: 540 Euro, Kunde ruft an, wenn das Gerät da ist. Ich bezahlte erst einmal die Rechnung, weil ich annahm, dass dies den Austauschvorgang in Gang setzen würde.

Nach einer Woche wurde ich unruhig und rief nochmal beim Kundendienst an. Man versprach mir, dem nachzugehen. Was mir inzwischen seltsam vorkam, war die Tatsache, dass meine Eltern weder Kostenvorschlag noch Angebot oder irgendwas unterschrieben hatten. Ich rief beim Kundendienst an und erkundigte mich nach dem Prozedere. Man bestätigte mir, dass normalerweise ein Kaufvertrag unterzeichnet werden müsste und ich dann eine Bestellbestätigung erhalten würde. Die Rechnung für den Reparatureinsatz würde dann mit dem neuen Gerät verrechnet werden. Ich hatte aber weder eine Bestellbestätigung bekommen noch hatten meine Eltern etwas Schriftliches in der Hand. Die Nummer, die der Monteur meiner Mutter gegeben hatte, war die Nummer vom Kundendienst, bei der ich ohnehin schon mehrfach angerufen hatte.

Da ich bei jedem Anruf jemand anderem an der Strippe hatte, musste ich den Vorgang wieder und wieder erklären, darauf wurde mir stets freundlich mitgeteilt, dass man sich um mein Anliegen kümmern wollte. Passiert ist aber nichts. Keiner konnte mir sagen, ob der Techniker nun ein Gerät bestellt hatte oder nicht.

Inzwischen waren drei Wochen vergangen, in denen meine Eltern nur eingeschränkt kochen konnten. Zudem hatte meine Mutter Angst das Kochfeld zu sehr zu belasten, da die Glaskeramik gebrochen war. Am Sonntag den 24. März rief ich erneut den Kundendienst an und kündigte an: Wenn sie mir nicht sagen können, ob ein Ersatzgerät bestellt worden war, würde ich selbst eins kaufen und auf eigenen Kosten einbauen lassen. Noch am gleichen Tag bestellte ich ein neues Gaskochfeld bei einem Online-Händler. Am nächsten morgen rief ich den Heizungsbauer meiner Eltern an und bettelte darum, ob sie das Kochfeld in den nächsten Tagen nicht einbauen könnten. Schließlich stand das Osterwochenende vor der Tür und ich wollte mir nicht vorstellen, wie wir Ostern mit nur einem Kochfeld ein ganzes Ostermenü kochen sollten.

Der Handwerksbetrieb war sehr freundlich und schickte noch am Gründonnerstag einen Techniker. Das Kochfeld war tags zuvor geliefert worden. Mein Mann und ich waren noch auf der Autobahn Richtung Thüringen, als mich meine Mutter anrief und mir den Techniker übergab. Die Küchenbauer, die die Küche vor 15 Jahren aufgebaut hatten, hatten die Rückwand nicht ausgeschnitten, er kam also weder an den Abstellhahn vom Gas noch an die Steckdose für den Strom. Er würde improvisieren müssen und einen zusätzlichen Abstellhahn und eine Klemmdose für das Stromkabel verlegen.

Als wir ankamen, war er noch mitten bei der Arbeit. Beim Verklemmen des Kabel war zudem der Sicherungsautomat durchgebrannt, also musste er losfahren und noch einen Sicherungsautomaten besorgen. Da der Handwerker bis weit nach Mittag brauchte, um alles ordnungsgemäß zu installieren, hatten weder meine Eltern noch wir Mittagessen kochen können. Ich ging also in die Stadt, um etwas zu holen. Bekomme mal um halb zwei in Saalfeld etwas Warmes zu essen. Nicht mal der Stand mit den Grillhähnchen hatte noch was. Es blieb nur das indische Restaurant (was im übrigen sehr lecker war). Trotzdem war ich beruhigt, meine Eltern hatten endlich wieder ein funktionierendes Kochfeld und alles war ordentlich eingebaut worden.

Nur als wir abends im Flur die Beleuchtung einschalten wollten, ging das Licht nicht mehr an. Bei der Havarie mit dem Sicherungsautomaten war das Stromstoßrelais in Mitleidenschaft gezogen worden. Über Ostern einen Elektriker zu bekommen, der das repariert, war aussichtslos, ich habe es nicht mal versucht. Da mussten Taschenlampen reichen. Zum Glück hatte ich meinem Vater zu Weihnachten einen Spazierstock mit LED-Beleuchtung geschenkt.

Am Dienstag rief ich gleich beim Elektriker an, der einen Tag später vorbeikam und das Relais wieder in Gang setzte. Es war wohl nur ein Kontaktproblem. Übrigens: Die 119 Euro für die sogenannte »Reparatur« habe ich vom Kundendienst zurückgefordert. Nach Zusendung der Rechnung des Kochfelds wurde mir das Geld wieder zurücküberwiesen.

Mein Fazit: Wenn ein Haushaltsgerät außerhalb der Garantie kaputt geht, am besten gleich ein Neues kaufen und nicht erst den Kundendienst rufen. Da kommt selten etwas Gutes bei raus. Man hat unter Umständen mehr Ärger, als wenn man was Neues kauft.

Und sie bewegt sich doch …

Selfie am Hauptbahnhof in Hannover

Bahnstreik! Das Wort hat mich letzte Woche echt getroffen. Es stand nicht weniger als meine Teilnahme an dem Schreibseminar auf dem Spiel. Ich hätte mich wirklich, wirklich geärgert, wenn das nicht geklappt hätte. Allerdings war ich fest entschlossen. Die Deutsche Bahn würde mich nicht aufhalten und wenn ich per Anhalter oder zu Fuß nach Wolfenbüttel aufgebrochen wäre.

Letztendlich war alles überhaupt nicht schlimm, weil wir unverschämtes Glück hatten. Mit wir meine ich Mark Kammerbauer und ich. Der Landshuter wollte auch zum Seminar und wir hatten vereinbart, dass wir gemeinsam mit dem Zug fahren könnten.

Meine Fahrkarte hatte ich gleich nach der Zusage zum Seminar gekauft direkt über einen Link der Bundesakademie. In Kooperation mit der Deutschen Bahn kann man nämlich veranstaltungsgebundene Zugtickets kaufen, was deutliches Sparpotential beinhaltet. Zudem sind die Tickets auch als Flextickets erhältlich. Da habe ich gleich zugeschlagen, weil man auf einer solchen Strecke damit doch flexibler ist. Ich schlug Mark vor, am besten gleich die Platzkarten zu buchen, weil die Züge erfahrungsgemäß, besonders am Sonntagnachmittag voll sein würden. Aber irgendwie funktionierte das nicht. Zu der Verbindung, auf die wir uns geeinigt hatten, konnte man keine Platzkarten buchen. Das ging ein paar Tage so, bis die Verbindung überhaupt nicht mehr angezeigt wurde. Irgendwo gab es wohl eine kurzfristige Baustelle und die Verbindung fiel aus. Letztendlich blieb pro Hin- und Rückfahrt nur noch eine einzige Verbindung übrig. Als ich die Platzkarten buchte, waren die ICEs schon zu zwei Drittel ausgebucht. Der Wahnsinn!

Am Montag den 4. März bekam ich eine E-Mail von der Bundesakademie, in der man mich über den Bahnstreik informierte und anbot, Kontakt zu den anderen Teilnehmern herzustellen, um eventuelle Fahrgemeinschaften zu bilden. Ich war ernüchtert. Sollte das Seminar für mich am Ende unerreichbar werden? Ich hielt den Fahrplan im Auge, denn wie von den anderen Streiks bekannt, würde es einen Notfahrplan geben. Ich war mir sicher (bzw. redete ich mir das ein), ich würde schon irgendwie nach Wolfenbüttel kommen. Nach und nach wurden alle Züge im normalen Fahrplan storniert. Nur der nicht, für den wir Platzkarten hatten. Das blieb bis zum Tag der Reise so.

Und wo Mark schon einen Tag früher nach München fahren musste, klappte meine Anreise in die Bayrische Landeshauptstadt am Freitag ganz normal. Der Bayrischen Regiobahn (BRB) sei Dank, die streikten nämlich nicht. Ich war extra einen Zug früher gefahren, um keinen Stress beim Umsteigen zu haben. Als ich ankam, wartete mein Begleiter schon auf mich und wir gingen erst einmal frühstücken. Im Zug hatten wir dank der Platzkarten sofort unsere Sitzplätze, denn der Zug wurde von Haltestelle zu Haltestelle voller. Einmal mussten die Leute sogar aus den vorderen Abteilen nach hinten umziehen, damit wir weiterfahren konnten. Einziges Problem, unser geplanter Anschlusszug von Hannover nach Braunschweig fuhr nicht. Wir nahmen einen Zug später (ebenfalls eine Privatbahn) und kamen bis nach Braunschweig. Dort hatte ich im Voraus organisiert, dass uns eine weitere Teilnehmerin, die in Braunschweig wohnte, mit dem Auto abholte und mit nach Wolfenbüttel nahm. Was auch wunderbar klappte.

Vor der Rückfahrt war es etwas hektisch. Nach dem Seminarende bis zur Abfahrt unseres Zuges blieb nicht viel Zeit. Ich glaube, ich habe noch nie mein Mittagessen so reingeschlungen, wie am Sonntagmittag. Wir kamen aber pünktlich zum Bahnhof und die Verbindung bis Hannover klappte hervorragend. Ab Hannover ging es genauso problemlos weiter. Wir hatten zwischenzeitlich zwar etwas Verspätung und ich sah meinen Anschlusszug in München schon davonfahren, aber beim nächsten Halt waren zehn Minuten Aufenthalt eingeplant, so das wir am Ende überpünktlich in München waren. Erst zwei Stationen vor meinem endgültigen Ziel musste die BRB an einer Baustelle warten und ich kam mit mehr als zehn Minuten gegen halb zehn Abends an.

Ich finde, dass die GDL allen voran ihr Vorsitzender sich ein bisschen mehr zurücknehmen könnten, die Deutschen Bahn hatte ihnen ja einen Vorschlag unterbreitet. Letztendlich wird der Arbeitskampf auf dem Rücken der Kleinen ausgetragen, den Pendlern und den Menschen, die nicht mit dem Auto fahren können oder wollen. Andererseits muss man auch sagen: eine 35-Stunden-Woche im Schichtdienst hatte ich schon 1993. Wir scheinen da nicht sehr weit vorangekommen zu sein.

Geisterfahrer

In der letzten Woche war es bei uns nicht nur bitter kalt, sondern auch neblig. Vor allem am frühen Morgen war der Nebel so dicht, dass man teils schon die Nebelschlussleuchte gebraucht hätte. Zudem hatte es geschneit und der Wind wehte den Schnee auf die Fahrbahn, wo er zu einer vereisten Fläche festgefahren wurde.

Man stelle sich folgende Situation vor: Morgens kurz nach 6 Uhr. Es ist dunkel, minus 8° C und teils spiegelglatt auf der Straße. Wir sind mit dem Auto auf dem Weg zur Arbeit. Wer taucht plötzlich im Nebel vor unserem Auto auf? Richtig Radfahrer, nicht nur einer, sondern mehrere. Mancher hatte nicht mal Reflektoren an der Kleidung, sondern nur ein mickriges Rücklicht am Gepäckträger. Jeden Tag hatten wir auf der Strecke mindestens einen Radfahrer vor uns.

Leute, das ist lebensgefährlich und zwar nicht nur für den Radfahrer, sondern auch für die Autofahrer. Überhaupt: Wie kann man bei solchen Temperaturen und Witterungsverhältnissen mit dem Fahrrad unterwegs sein? Wozu? Wem wollen die was beweisen? Dass sie besonders taff sind? Fühlen die sich moralisch überlegen, weil sie bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren? Und wenn dann was passiert, sind die bösen Autofahrer daran schuld.

Ich weiß nicht, ich finde solche Leute sind entweder lebensmüde oder bekloppt. Anders kann man das einfach nicht bezeichnen.