Zuckerrohr und Küstenstraßen

Madeira Tag 8:

„Wir waren noch nicht in der Zuckerrohrfabrik, da müssen wir nochmal hin“, schlägt mein Mann vor.
Richtig, das war eines der Highlights unseres letzten Madeirabesuchs. Also steigen wir gleich nach dem Frühstück ins Auto und fahren Richtung Machico und von da aus weiter nach Porto da Cruz. Während es in Funchal noch trüb aussah, brennt hier auf der anderen Seite der Insel die Sonne vom Himmel. Die Zufahrt zum Ort ist ein wenig beschwerlich, weil wir eine Umleitung nehmen müssen, dafür parken wir anschließend direkt am Meer.

Halb elf Uhr morgens liegt alles verlassen, wir sehen nur ein paar Bauarbeiter das kleine Meeresschwimmbecken instandsetzen. Dafür rauscht das Meer laut und gewaltig. Meterhohe Wellen brechen sich an dem steinigen Strand; das Wasser hat einen ungewöhnlichen grünblauen Ton. Ich stehe mal wieder minutenlang und sehe den Wellen zu, während mein Mann schon vorgeht.

Wir umrunden eine kleine Halbinsel, auf deren Gipfel eine alte Ruine steht. Gleich dahinter steht die alte Zuckerrohrfabrik. Und dort ist echt was los. Draußen steht ein kleiner Lieferwagen auf einer Waage. Daneben läd ein Greifbagger Bündel aus Zuckerrohr auf und fährt sie zum Eingang. Ich trete durch das offene Tor in dem ein weiterer Lieferwagen steht, auf dem ein Arbeiter die ausgepressten Reste des Zuckerohrs verteilt. Drinnen steht ein dampfbetriebenes Ungetüm. Förderbänder verbinden mehrere Presswerke miteinander, Männer in blauen T-Shirts stehen oberhalb der mannshohen Walzen und verteilen das Zuckerohr mit langen Stöcken. Unten fließt die ausgepresste Flüssigkeit in große Tröge und wird von da aus in Edelstahltanks gepumpt. Es ist so laut, dass man sein eigenes Wort nicht versteht. Laut den aufgestellten Infotafeln gibt es die Fabrik schon seit dem 19. Jahrhundert. Die Maschine, die wir beobachten, ist mindestens genauso alt.

Als wir uns satt gesehen haben, gehen wir zurück zum Auto. Die Sonne sticht inzwischen unerträglich heiß herunter und wir haben vergessen Sonnenschutzmittel mitzunehmen. Auf der nordöstlichen Küstenstraße fahren wir nach Santana und von da aus weiter Richtung Sao Vincente. Zwischendurch halten wir immer mal an und machen Fotos.
Kurz vor Ponta Delgada wird die Küstenstraße sehr schmal, einmal müssen wir sogar zurückfahren, weil uns ein Auto entgegen kommt. Zum Glück passiert uns das nicht in dem unbeleuchteten, etwa autobreiten Tunnel, in dem Wasser von der Decke aufs Auto tropft. Auf Madeira sollte man über fahrerisches Können und eine gewisse Abgeklärtheit verfügen, denn manche Strecken, besonders die etwas abgelegenen, sind recht anspruchsvoll.

Wir erreichen wohlbehalten Sao Vincente und fahren weiter nach Ribeira Janela. Dort begann am Samstag die Umleitungsstrecke. Verglichen zu damals ist das Wetter heute viel besser. Wir parken am Strand gegenüber eines Wasserkraftwerks. Große Felsen schirmen das Tal vom Meer ab. Ein kleiner Tunnel führt zur anderen Seite, von wo man einen tollen Blick auf die tosende Brandung hat, die mehrere vorgelagerte Felsformationen umspült.

Weiter oben führt ein alter Straßentunnel zur ehemaligen Küstenstraße, die jetzt nur noch als Evakuierungsweg des neu gebauten Tunnels genutzt wird. Wir durchqueren zu Fuß den etwa zweihundert Meter langen Tunnel. Es ist dunkel und das Kopfsteinpflaster uneben. Es steht zwar nirgendwo ein Verbotsschild, aber man kommt sich doch etwas seltsam vor. Besonders, wenn man die vielen kleinen Felsbrocken sieht, die auf der anderen Seite auf der alten Küstenstraße liegen. So ganz ungefährlich ist es nicht, hier entlang zu wandern. Da könnte jederzeit auch ein größerer Brocken runterkommen oder die Straße abgehen. Wir machen ein paar Fotos und gehen anschließend zum Auto.

„Zurück fahren wir aber über den Ecumeada Pass“, schlage ich vor und mein Mann biegt an der richtigen Stelle von der Hauptstraße ab. Wieder fahren wir den Berg hoch. Zum gefühlt hundertsten Mal an diesem Tag folgen wir einer Serpentinenstraße. Erneut lässt sich der Wechsel der Vegetationszonen beobachten. Der Pass zeigt sich heute sogar nebelfrei und erlaubt einen Blick ins Tal von Ribeira Brava. An den Hängen sind deutlich die Spuren der Waldbrände von 2012 und 2013 zu erkennen. Von den Lorbeerbäumen stehen nur noch bleiche oder verkohlte Stämme, während sich die Vegetation drumherum bereits erholt hat. Es beginnt leicht zu nieseln. Wie erwartet ist das Wetter auf der südlichen Seite der Insel heute schlechter. Es ist faszinierend, dass egal welches Wetter vorherrscht, auf einer Seite der Insel scheint immer die Sonne – mal auf der einen, mal auf der anderen.

Wir fahren ein letztes Mal an diesem Tag steil bergab. Unterwegs meldet sich die Tankanzeige des Autos und wir steuern die nächstgelegene Tankstelle an. Dort besteht eine kurze Irritation darüber, ob Diesel und Gasoleo dasselbe sind, die aber mit einem Blick auf den Tankdeckel geklärt werden kann. Ja, es ist dasselbe. Der als Diesel beworbene Kraftstoff ist wohl so ein Sondersprit, wie es ihn bei uns z. B. bei Shell gibt. Der gravierende Unterschied zu deutschen Tankstellen ist, dass nur ein Mal (die Betonung liegt auf „ein“) in der Woche der Preis angepasst wird und für jede Tankstelle auf der Insel gilt. Diese Woche liegt er bei 1,217 Euro für den Liter Diesel.

Am späten Nachmittag drehe ich wieder meine Runden im Schwimmbecken, bevor wir zum Essen ans portugiesische Buffet treten. Bei einem kleinen Spaziergang lassen wir den Abend ausklingen.

Obrigada heißt Danke!

Portugiesisch ist schon eine seltsame Sprache. Sie sieht aus wie Spanisch, hört sich aber an wie eine Mischung aus Russisch und Flämisch. Durch die vielen Zischlaute ist man ohnehin kaum in der Lage etwas Sinnvolles zu verstehen.

Zumindest beim Lesen von Verkehrsschildern und der Speisekarte kann man sich mit ein wenig Spanisch-Kenntnissen orientieren. Fehlerfrei eine Flasche Wasser bestellen, schaffe ich aber immer noch nicht und das obwohl wir jetzt schon ein paar Mal in Portugal waren. Die Aussprache scheint für meine Zunge einfach ungeeignet. Zumindest das Wort Danke habe ich inzwischen drauf. Es heißt „Obrigada“, aber nur weil ich weiblichen Geschlechts bin, mein Mann muss „Obrigado“ sagen.

Schon die Schwester meiner Großmutter pflegte zu sagen, dass Portugiesisch eine schwere Sprache sei, sie muss es wissen, denn sie war jahrzehntelang Diakonissin in Brasilien. Ich kann ihr da nur zustimmen.

Portugiesische Namen zu bloggen ist auch nicht leicht, wie ich neuerdings festgestellt habe, denn die Sprache ist gespickt mit lauter zusätzlichen Buchstaben, die auf meiner deutschen Tastatur fehlen.

Kleines schriftliches Beispiel gefällig? Bitteschön:

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Auf Serpentinenstraßen am Meer entlang

Madeira Tag 7:

Porto Moniz – dieses Reiseziel stand ja noch aus, nachdem eine Umleitung am Samstag unserer Fahrt eine andere Richtung gab. Deshalb versuchen wir es dieses Mal von Süden her. Über Ribeira Brava und Ponta do Sol geht unsere Fahrt nach Calheta durch lange Tunnel mit mehr oder weniger Steigung und relativ ruhigem Verkehr. In Calheta machen wir einen kurzen Abstecher zum Strand, einem der wenigen künstlich angelegten Strände auf Madeira. Es sieht alles ein wenig verschlafen aus, obwohl es schon reichlich spät ist. Wahrscheinlich liegt es an dem trüben Wetter.
Von dort aus fahren wir auf der alten Küstenstraße über Jardim do Mar nach Paul do Mar einem kleinen Fischerdorf im Südwesten der Insel. Es sieht so aus, als kämen nur wenigsten Touristen bis hierhin, der Ort wirkt ursprünglich inmitten grüner Terrassenfelder. Entlang einer engen sehr steilen Straße, die sich in vielen Serpentinen die Felsen hochwindet, fahren wir weiter Richtung Porto Moniz. Auf der Straße und in den Orten ist es ungewöhnlich ruhig, nur hin und wieder sind Leute in folkloristischen Gewändern zu sehen. Es scheint tatsächlich ein Feiertag zu sein.

Beinahe endlos zieht sich die Serpentinenstraße an der Küste entlang. Am Straßenrand wachsen Hortensien und afrikanische Schmucklilien wie Unkraut. In den kleinen Ortschaften sind es die Gärten der Bewohner, die wie bunte Blumenteppiche aussehen. Hier wächst alles, was man sich vorstellen kann. Überhaupt ist dieser Teil der Insel viel grüner. Es fließt sogar Wasser an den Seiten der Straße entlang. Vor fünf Jahren war es auf der gesamten Insel so.

Oberhalb von Porto Moniz halten wir an und machen Fotos vom azurblauen Ozean, der sich an den schwarzen Lavafelsen der Küste bricht, dazwischen liegt die Ortschaft mit den Meeresschwimmbädern. Als plötzlich zwei Busse ankommen und Touristen ausspucken, steigen wir schnell wieder ins Auto und fahren hinunter in den Ort. Wir finden einen Parkplatz neben dem Meeresaquarium, dem wir bereits das letzte Mal einen Besuch abgestattet hatten. Das angeschlossene Schwimmbad mit den Naturbecken ist in einem bedauernswerten Zustand und die Becken so gut wie leer, dafür hat weiter vorn ein neues Schwimmbad eröffnet. Die Wellen sind dort so stark, dass sie sich an den vorgelagerten Felsen brechen und bis über den Beckenrand schwappen.

Wir legen eine Rast ein und beobachten das Schauspiel des Meeres. Ich könnte noch stundenlang dort sitzen und den Wellen zusehen, doch es ist kühl und windig, also fahren wir weiter. Entlang der nördlichen Küstenstraße geht es durch viele Tunnel in Richtung Sao Vincente. Jetzt erfahren wir auch, warum wir letzte Woche die Umleitung fahren mussten. Ein Steinschlag hat eine Fahrbahnhälfte verschüttet. Dem Schaden an der Leitplanke nach zu urteilen, müssen die Brocken noch größer gewesen sein.

In Sao Vincente überlegen wir kurz, ob wir den Lavagrotten einen Besuch abstatten sollen, entscheiden uns aber dagegen. Da wir beim letzten Mal so begeistert waren, fürchten wir, dass uns ein erneuter Besuch enttäuschen könnte. Die Lavagrotten gehören zu einem Museum in dem es um Vulkanismus und die Entstehung der Insel geht. Zuerst spaziert man eine halbe Stunde durch alte Lavatunnel und wird anschließend mit einer Multivisionsshow (3D-Film inklusive) überrascht. Das ganze dauert mindestens 1,5 Stunden und ist wirklich sehenswert, auch wenn es ein wenig Konzentration erfordert, weil die Erklärungen nur auf Portugiesisch und Englisch sind.

Über die Autobahn geht es zurück nach Funchal. Durch die sehr anspruchsvolle Fahrerei sind wir (mein Mann als Fahrer, ich als Navi) ziemlich ausgepowert und erholen uns in den vielen Schwimmbecken unseres Hotels.

Zum Abendessen gibt es beim italienischen Buffet Pizza und Pasta satt.

Wandern über den Wolken

Madeira Tag 6:

Schon bei unserem letzten Besuch standen wir auf dem höchsten Gipfel Madeiras – dem Pico de Areeiro – und nahmen uns fest vor, wenn wir mal wieder herkommen, eine Gipfelwanderung zu machen.
Gesagt getan, starten wir gleich nach einem leichten Frühstück und fahren quer durch Funchal an Monte vorbei den Berg hinauf. Über Funchal ist der Himmel noch Wolken verhangen und ein großes himmelblaues Kreuzfahrtschiff macht gerade im Hafen fest.
Innerhalb weniger Kilometer überwinden wir über tausend Höhenmeter. Man kann sich in etwa vorstellen, wie steil die Straßen dafür sein müssen. Oben klart es zunehmend auf und als wir die Wolkengrenze durchbrechen, knallt die Sonne unbarmherzig auf das öde Hochland herunter. Während der Fahrt lässt sich der Wechsel der Vegetationszonen sehr gut beobachten. Zuerst Palmen und subtropische Blumen, dann Lorbeerwald der nach und nach in Kiefernwald übergeht. Bis schließlich niedrige Hecken aus Baumheide überwiegen, gefolgt von bodennaher Vegetation aus Gräsern und Flechten. Oben am Gipfel, der von einer Radarkuppel gekrönt ist, gibt es nur noch Felsen und ein paar Ginsterbüsche, die wie gelbe Farbkleckse aus dem roten Gestein herausstechen. Wenige hundert Meter unter uns erstreckt sich zu beiden Seiten der Insel ein weißes Wolkenmeer.
Der Parkplatz unterhalb des Gipfels ist schon gut gefüllt, neben ein paar Bussen stehen viele Mietwägen in Reih und Glied. Hinter dem modernen Touristenzentrum mit Restaurant und Souvenirladen stehen ein paar Südamerikaner und verbreiten über Lautsprecher gängige Schlagermelodien im Panflötensound. Wir ergreifen die Flucht und gehen ein paar Meter zur anderen Seite, weg von all den Touristen und der fürchterlichen Musik. Tatsächlich finden wir eine kleinen Pfad zu einem Aussichtspunkt. Dort sitzt ein deutsches Ehepaar und genießt wie wir den Ausblick und die Ruhe fern ab vom Trubel. Wir kommen ein wenig ins Gespräch.
Als wir sehen, dass die Touristenbusse wieder abfahren, gehen wir zurück und starten mit unserer geplanten Wanderung. Wir wollen nur bis zum nächsten Aussichtspunkt gehen, da wir wissen das der Weg anstrengend und nicht einfach ist. Ich habe zunächst Bedenken, ob ich das sowohl konditionell als auch wegen meiner Höhenangst durchstehe. Doch dann ist es gar nicht so schlimm, wie ich dachte. Über gefühlte tausend Stufen steigen wir erst hinab und dann wieder hinauf, bis zur kleinen Aussichtsplattform. Hierher kommen nur geübte Wanderer, denn der Weg ist steinig und steil und so verwundert es nicht, dass wir auf ein paar Tiroler Bergwanderer treffen.
Auf dem Weg zurück komme ich etwas ins Schwitzen und das nicht nur wegen der Anstrengung, denn ich registriere erst jetzt richtig, wie tief es rechts und links heruntergeht. Mutig überwinde ich die Hinternisse und meine Angst und bin am Ende stolz auf mich, dass ich es geschafft habe.
Wir nehmen Abschied vom Berg und fahren zur Forellenzucht nach Ribeiro Frio, von dort aus wandern wir an einem Levada entlang bis zu einem Aussichtsbalkon und wieder zurück. Verglichen mit unserer Tour auf dem Berg, ist das hier ein Spaziergang.
Für die Rückfahrt zum Hotel wählen wir eine alternative Route, die uns über den Berg durch einen einsamen Wald führt. An einer Lichtung halten wir an und genießen die sonnige Ruhe. Unser Rastplatz könnte genauso gut in einem europäischen Mittelgebirge liegen, Nadel- und Laubbäume, dazwischen ausgedehnte Grasflächen, ganz anders, als das was wir bisher gesehen haben. Madeira hat eben viele verschiedene Landschaften zu bieten.
Über die Korbmacherstadt Camacha geht es zurück nach Funchal. Wo wir uns im Hotel von den Strapazen beim Schwimmen und im Whirlpool erholen.
Zum Abendessen bevorzugen wir nur leichte Kost, trotz des reichhaltigen Buffet.

Kleine Obstkunde

Heute Surinamkirsche und Bananenmaracuja:

Zu den ungewöhnlichsten Früchten die auf Madeira wachsen, gehört die Surinamkirsche aus der Gattung der Kirschmyrten. Die unscheinbare Frucht ähnelt den Blütenständen des „Pfaffenhütchens“, ist im Gegensatz dazu aber nicht giftig. Die Bäume sehen tatsächlich aus wie Sauerkirschbäume nur das ihre Früchte nicht so üppig am Baum hängen wie bei uns die Kirschen. Aus diesem Grund gehört das Obst der Surinamkirsche auch zum Teuersten was man auf den hiesigen Märkten kaufen kann (37-39 Euro pro Kilo). Vom Geschmack her sind die Früchte einzigartig, sie lassen sich mit nichts Bekanntem vergleichen – ein wenig säuerlich, mit einer Spur Salz und einem unfassbaren Aroma. Von ihrer Konsistenz her erinnern sie auch hier stark an Kirschen, saftiges Fruchtfleisch umhüllt einen verhältnismäßig großen Kern.

Leider sind die Früchte wie Himbeeren nicht sehr lagerungsfähig, was bedeutet, dass sie schlecht zu exportieren sind und man sie in Deutschland nur schwer bis gar nicht bekommt.

Ein weiteres Highlight auf Madeira sind die vielen Sorten Passionsfrüchte. Eine davon ist die Bananenmaracuja. Die sieht nicht nur aus wie eine kleine Banane, sie schmeckt auch ein wenig danach. Gegegessen werden übrigens nur das Fruchtfleisch mit den Kernen, die Schale ist hart und ungenießbar.

Auf dem Foto zu erkennen: Rechts eine aufgeschnittene Bananenmaracuja und links Surinamkirschen mit Stein.

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Mit der Seilbahn ins Pflanzenparadies

Madeira Tag 5:

Mein Mann schlägt vor mit der Seilbahn zum „Monte“ zu fahren. Das ist so etwas wie der Hausberg Funchals, wobei die ganze Stadt eigentlich am Berg liegt.

Nach einem für uns recht späten Frühstück, es ist bereits nach acht Uhr, laufen wir ins Zentrum. Direkt hinter dem Hafen liegt die Talstation der Seilbahn, die die Besucher auf fast 600 Meter Höhe bringt. An Tagen, wenn kein Kreuzfahrtschiff im Hafen liegt, geht es hier auch relativ entspannt zu und so müssen auch wir nicht warten, bis wir die Gondel besteigen können. Von da aus hat man einen sehr schönen Blick auf die Stadt, wenn sich die Bahn langsam nach oben bewegt. Wir schweben zirka eine halbe Stunde über den Dächern Funchals.

Bereits bei unserem letzten Madeirabesuch waren wir auf dem Monte und sehr angetan von dem Botanischen Garten, dem wir auch dieses Mal einen Besuch abstatten. Durch einen dichten Wald aus Lorbeerbäumen und Baumfarnen spaziert man über kleine Brücken und Stege im asiatischen Stil zum zentralen Punkt des Gartens einem See mit Wasserfällen und einer großen Villa. Dahinter erstreckt sich ein japanischer Garten mit vielen verspielten Elementen und kleinen Teichen voller bunter Koikarpfen.

Zwei Stunden wandern wir durch das große Areal und erfreuen uns an den vielen exotischen Blumen und Bäumen, dann statten wir noch der nahegelegenen Kirche einen Besuch ab. Von hier aus hat man einen wunderbaren Blick über Funchal und auf die Touristenattraktion Madeiras schlechthin – die Korbschlitten. Todesmutige Touristen lassen sich mit diesen Schlitten die steilen Straßen herunter „rodeln“. Beim letzten Mal haben wir den Weg hinunter zu Fuß zurückgelegt, was in einen Drei-Stunden-Marsch ausgeartet ist und uns tagelang Muskelkater beschert hat. Heute bevorzugen wir lieber die Seilbahn und haben sogar eine Gondel für uns allein.

Auf dem Rückweg ins Hotel finden wir ein kleines Café in dem wir sehr guten Kaffee und Gebäck konsumieren.

Den Nachmittag verbringen wir mit Schwimmen und Lesen. Nach dem Abendessen erkunden wir die Strandpromenade und machen Fotos vom Pflanzenwuchs rund ums Hotel.

Vom Wind von der Klippe geweht

Madeira Tag 4:
Wir beschließen wandern zu gehen. Gleich nach dem Frühstück geht’s los. Wir fahren in den Osten der Insel. Dort gibt es einen klassischen Wanderweg auf einer kargen Halbinsel hin zum – Ponta Sao Lourenco.
Entlang der Autobahn geht’s durch unzählige Tunnel Richtung Flughafen. Dort verläuft die Autobahn unter der Rollbahn hindurch und eine kurze Streck parallel dazu. Leider ist kein landendes Flugzeug in Sicht.

An Machico vorbei fahren wir weiter nach Canical dem östlichsten Ort Madeira. Auf einer schmalen Straße steuern wir zunächst einen beliebten Aussichtspunkt an. Dort betrachten wir die Klippen, die wir bewandern wollen, zunächst von der Seeseite aus. Hier oben ist es schon ziemlich windig.

Wir fahren weiter und erreichen wenig später den Startpunkt unserer Wanderung. Gut ausgerüstet mit Bergschuhen, Jacken und Verpflegung machen wir uns auf den steinigen unebenen Weg. Wir sind nicht die einzigen, aber die Heerscharen französischer Senioren verteilen sich schnell in dem weitläufigen Gelände. Auf dem Wegweiser stehen drei Kilometer. Eine Strecke, die eigentlich zu schaffen sein sollte, ja wenn die Madeirenser es mit der Beschilderung genau nehmen würden. Erfahrungsgemäß sollte man etwa mit dem Doppelten rechnen, was auf den Schildern steht, das kommt dann in etwa so hin.

Frohen Mutes laufen wir los und kommen in dem manchmal etwas steilen Gelände gut voran, auch wen mir ab und zu die Puste ausgeht. Es geht über Felsen und schmale Steintreppen bergauf und bergab. Unterbrochen von schönen Aussichtspunkten. An einem weht der Wind so heftig, das man die Kamera nicht stillhalten kann.
Der Wind wird immer schlimmer, je weiter wir an den Klippen entlang gehen. Er raubt einem den Atem und hin und wieder muss ich meinen Mann festhalten, damit er mir nicht davon fliegt. :)

Irgendwann, etwa auf der Hälfte der Strecke – wir sind schon eine gute Stunde unterwegs – geht dann bei mir gar nichts mehr. Man kann sich fast nicht mehr auf den Beinen halten. Der Wind bläst Sand und Staub durch die Luft, was sich im Gesicht wie Schmirgelpapier anfühlt. Meine Augen tränen und als ich an einem Abhang eine steile Treppe hinunter gehen soll, nur von einem dünnen Drahtseil gesichert, kapituliere ich. Starker Wind, Höhenangst und Tränen in den Augen sind gute Gründe um aufzugeben. Mein Mann geht noch ein paar Meter weiter um Fotos zu machen, während ich hinter einem Felsen im Windschatten auf ihn warte.

Auf dem Weg zurück kommt der Wind von hinten und schiebt einen regelrecht über die Felsen. Ich rutsche ein paar mal aus, kann mich aber gerade noch an meinem Mann festhalten. Unterwegs kommen uns Wanderer entgegen, die mit den gleichen Problemen kämpfen, manche von ihnen haben noch nicht einmal richtige Wanderschuhe an, sondern sind in Sandalen oder Stoffturnschuhen unterwegs. Ich bin froh, als wir wieder in den Windschatten einer großen Klippe eintauchen. Und dann stehen sie plötzlich vor uns, eine Gruppe Rentnerinnen in hochhackigen Sandalen. Ich schüttle nur noch mit dem Kopf und gehe weiter. Den Höhepunkt bildet eine Schwangere (etwa 7-8 Monat, dem Bauchumfang nach zu urteilen) in dünnen Riemchensandaletten. Ihr Mann in Converse Turnschuhen vorneweg – Unglaublich.

Als ich wieder ins Auto steige, stelle ich fest, wie meine Beine vor Anstrengung zittern. Wahrscheinlich hätte ich gar nicht bis zum Ende durchgehalten.
Auf der Rückfahrt halten wir noch in Prainha, einem kleinen idyllisch gelegenen Sandstrand. Nur etwa fünfzig Meter breit, liegt er einsam zwischen hohen Felsen eingeschlossen. Wenn ich auf Madeira im Meer baden gehen wollte, dann hier.

Wieder im Hotel angekommen, ruhen wir uns ein wenig aus und gehen anschließend schwimmen.

Vor dem Abendessen lassen wir uns noch von einer jungen Fotografin ablichten und gehen zum Essen ins „il Basilico“ einem italienischen Restaurant innerhalb des Hotelkomplex. Das Risotto und die vegetarische Pizza sind der Hammer.

Satt und zufrieden lassen wir den Tag auf dem Balkon ausklingen.

Sonne, Nebel, Feuerwerk

Madeira Tag 3:
Der Tag fängt zunächst trüb an, wird aber zunehmend sonniger. Wir beschließen den Skywalk am Cabo Girao einen Besuch abzustatten und dann nach Sao Vincente auf die andere Seite der Insel zu fahren. Gleich nach dem Frühstück, es ist noch vor neun Uhr, fahren wir los. Auf der Autobahn geht es zügig voran, dann geht es auf abenteuerlich steilen Straßen zur 580 Metern hochgelegenen Klippe. Als wir dort eintreffen ist es halb zehn und es stehen schon 5, in Worten „fünf“, große Touristenbusse da. Auf dem kleinen Skywalk treten sich die Touristen gegenseitig auf die Füße. Ich bin mir nicht sicher, wieviel Gewicht die Glasscheibe aushält, aber darüber scheint sich niemand Gedanken zu machen. Wir beobachten das eine Weile und beschließen dann weiterzufahren. Vielleicht ergibt sich später noch mal eine Gelegenheit.

Der Weg zurück zur Autobahn ist wie die meisten Straßen auf Madeira steil und kurvig. In Ribeira Brava verlassen wir die Schnellstraße und fahren Richtung Sao Vincente. Das Tal, durch das wir fahren, war vor fünf Jahren eine Geröllwüste. Wenige Wochen zuvor war damals nach starken Regenfällen eine Schlammlawine abgegangen und hatte Straße und Häuser dem Erdboden gleich gemacht. Heute zieht sich durch das Tal ein Kanal aus Beton, der groß genug ist, um sehr viel Wasser aufzunehmen und ins Meer zu leiten. Häuser und Straße sind wieder hergerichtet nur an einzelnen Stellen wird noch gebaut.

Wir verwerfen unsere Idee über den Encumeada Pass zu fahren, als wir die dicken Wolken sehen, die sich über den Bergkamm schieben und durch starke Fallwinde aufgelöst werden. Bei solchem Wetter ist es droben ziemlich ungemütlich, wir kennen das vom letzten Mal. Also nehmen wir den Tunnel.
Kurz bevor wir auf der anderen Seite wieder herauskommen, taucht im Tunnel mitten auf der Straße die Silhouette eines Hundes auf. Mein Mann steigt auf die Bremsen und kann gerade noch dem zotteligen Streuner ausweichen. Nach dem Schreck fahren wir vorsichtig durch den Ort bis zur Küste. Es regnet leicht, aber es ist warm. Die Wellen klatschen laut gegen die Felsen der Steilküste. Auf der Küstenstraße findet gerade ein Radrennen statt. Wir überlegen ob wir zurück fahren sollen, doch anscheinend kann man zumindest auf einer Spur weiterfahren, was wir auch tun.

Noch vor fünf Jahren konnte man Teile der historischen Küstenstraße befahren, die sich abenteuerlich an den Klippen entlang windet. Inzwischen ist die Straße komplett wegen Steinschlaggefahr gesperrt. Schade, denn es verursachte einen besonderen Nervenkitzel auf einer Straße zu fahren, die nur so breit wie ein Auto ist und auf der rechten Seite das Meer zu wissen – ohne Leitplanke. Ach ja nicht zu vergessen, die Wasserfälle, die sich dabei über das Auto ergossen. Eine Erfahrung die man nun nicht mehr machen kann.

Kurz vor unserem Zielort, Porto Moniz, dann plötzlich eine Umleitung. Der letzte Tunnel vor dem Ort ist wegen des Radrennens gesperrt. Über eine steile Serpentinenstraße fahren wir den Berg hinauf. Nur leider auf den Falschen und dazu noch in die falsche Richtung. Jetzt sind meine Kenntnisse als Navi gefragt, doch die helfen nicht viel, weil man auf einer Insel wie Madeira nicht viele bis keine Ausweichmöglichkeiten hat. Wir folgten also der Straße, die uns nicht nur auf die Hochebene sondern auch Kilometer weit von Porto Moniz wegführt.
Je höher wir kommen, um so ungemütlicher wird das Wetter. Und plötzlich tauchen wir in die Wolken. Von der Straße und den Wäldern aus Baumheide rechts und links sind nur noch Umrisse zu erkennen. Beinahe endlos zieht sich die Fahrt. Irgendwann taucht vor uns, einer Fata Morgana gleich, ein Auto auf. Wenig später schält sich eine schwarze Kuh aus dem Nebel und starrt uns vom Straßenrand an. Alles sehr verstörend.
Und dann, als hätte jemand einen Schalter umgelegt, ist der Nebel weg und die Sonne scheint von einem tiefblauen Himmel. Wir fahren über die spärlich bewachsene Hochebene. Erfahren, dass wir tatsächlich noch auf der Umleitungsstraße sind, auf der wir mindestens nochmal eine halbe Stunde fahren müssten, um nach Porto Moniz zu kommen und entscheiden uns ein andermal dorthin zu fahren. Dafür halten wir auf einem Parkplatz und spazieren eine Weile unter einigen der vielen Windräder entlang. In Deutschland kommt man den Dingern niemals so nah.

Danach fahren wir durch einen abgebrannten Lorbeerwald zurück zur Küste. Kurz vor Funchal entscheiden wir uns, noch mal an der höchsten Klippe Europas vorbei zu schauen. Es ist fast leer, als wir am Cabo Girao ankommen. Nur vereinzelte Touristen stehen auf dem Skywalk und blicken in die Tiefe. Nach einigem Zögern traue auch ich mich mit etwas weichen Knien auf die gläserne Plattform. Der Ausblick ist beeindruckend.

Zurück im Hotel entspannen wir uns ein wenig im Pool, anschließend gehen wir zum Abendessen und laufen gegen 22 Uhr zum Hafen. Dort findet im Juni jeden Samstag ein Feuerwerk statt. Zwanzig Minuten lang verfolgen wir das Schauspiel, bevor wir dann zurück ins Hotel laufen und todmüde ins Bett fallen.

Touristenkategorien

Beobachtung: Auf Madeira gibt es drei Kategorien an Urlaubern.

Da wären zunächst die „Aktiven“, leicht erkennbar daran, dass sie schon mit „deuter“-Rucksack und „Jack Wolfskin“-Klamotten in den Flieger steigen. Vom Alter her sind sie vorwiegend zwischen 50 und 60.

Die zweite Gruppe sind die sogenannten „Katalog-Touristen“, Altersgruppe gemischt, aber überwiegend 50+, die sich bei der Buchung dachten: „Oh, Madeira! Da gibt es doch so guten Wein und so schöne Blumen, außerdem ist doch da das Meer und es ist so schön warm dort. Da muss man unbedingt mal hin.“ Nur um dann vor Ort festzustellen: „Moment mal, da kann man ja gar nicht im Meer baden und überall geht es steil bergauf oder bergab und man muss viel laufen und überhaupt, auf einer Seite der Insel regnet es ja dauernd.“

Die dritte und letzte Gruppe nenne ich mal die „Urahnen“. Diese Touristen sind zumeist 75+ und kommen aus England. Sie besuchen seit mindestens 40 Jahren jedes Jahr die Insel und sind leicht an Ge(h)hilfen wie Gehstöcken, Krücken, Rollator oder jungen mitgereisten Betreuern zu erkennen.

Irgendwie passen wir in keine der Kategorien. Was solls, wir sind eh mit die Jüngsten im Hotel. Ich erntete heute schon schräge Blicke als ich im Schwimmbecken mit Schwimmbrille, geübt meine Bahnen zog.

Leb wohl, Winnetou!

Pierre Brice – der große Held meiner Kindheit ist tot. Er starb heute im Alter von sechsundachtzig Jahren.

Vor dreißig Jahren wäre bei dieser Nachricht eine Welt für mich zusammengebrochen. Allein meine Eltern könnten einschätzen, welches Drama sich damals abgespielt hätte. So schlimm ist es heute nicht mehr, aber es macht mich doch sehr traurig, weil ich viele schöne Erinnerungen mit seinen Filmen verbinde. Und ich rede da nicht nur von den Winnetou-Filmen sondern auch von so unbekannten Produktionen wie „Die Puppe des Gangsters“ mit Gina Lollobrigida.

Nun ist Pierre Brice in die „Ewigen Jagdgründe“ hinübergegangen. Die Welt hat einen großen Schauspieler weniger und Generationen von Fans müssen Abschied von ihrem Kindheitsidol nehmen.

Das gleich beide Kindheitsidole von mir – Pierre Brice und Leonard Nimoy – in einem Jahr sterben, ist eine Fügung des Schicksals, die vielleicht eine höhere Bedeutung hat.

Sie mögen beide in Frieden ruhen.