Zuckerrohr und Küstenstraßen

Madeira Tag 8:

„Wir waren noch nicht in der Zuckerrohrfabrik, da müssen wir nochmal hin“, schlägt mein Mann vor.
Richtig, das war eines der Highlights unseres letzten Madeirabesuchs. Also steigen wir gleich nach dem Frühstück ins Auto und fahren Richtung Machico und von da aus weiter nach Porto da Cruz. Während es in Funchal noch trüb aussah, brennt hier auf der anderen Seite der Insel die Sonne vom Himmel. Die Zufahrt zum Ort ist ein wenig beschwerlich, weil wir eine Umleitung nehmen müssen, dafür parken wir anschließend direkt am Meer.

Halb elf Uhr morgens liegt alles verlassen, wir sehen nur ein paar Bauarbeiter das kleine Meeresschwimmbecken instandsetzen. Dafür rauscht das Meer laut und gewaltig. Meterhohe Wellen brechen sich an dem steinigen Strand; das Wasser hat einen ungewöhnlichen grünblauen Ton. Ich stehe mal wieder minutenlang und sehe den Wellen zu, während mein Mann schon vorgeht.

Wir umrunden eine kleine Halbinsel, auf deren Gipfel eine alte Ruine steht. Gleich dahinter steht die alte Zuckerrohrfabrik. Und dort ist echt was los. Draußen steht ein kleiner Lieferwagen auf einer Waage. Daneben läd ein Greifbagger Bündel aus Zuckerrohr auf und fährt sie zum Eingang. Ich trete durch das offene Tor in dem ein weiterer Lieferwagen steht, auf dem ein Arbeiter die ausgepressten Reste des Zuckerohrs verteilt. Drinnen steht ein dampfbetriebenes Ungetüm. Förderbänder verbinden mehrere Presswerke miteinander, Männer in blauen T-Shirts stehen oberhalb der mannshohen Walzen und verteilen das Zuckerohr mit langen Stöcken. Unten fließt die ausgepresste Flüssigkeit in große Tröge und wird von da aus in Edelstahltanks gepumpt. Es ist so laut, dass man sein eigenes Wort nicht versteht. Laut den aufgestellten Infotafeln gibt es die Fabrik schon seit dem 19. Jahrhundert. Die Maschine, die wir beobachten, ist mindestens genauso alt.

Als wir uns satt gesehen haben, gehen wir zurück zum Auto. Die Sonne sticht inzwischen unerträglich heiß herunter und wir haben vergessen Sonnenschutzmittel mitzunehmen. Auf der nordöstlichen Küstenstraße fahren wir nach Santana und von da aus weiter Richtung Sao Vincente. Zwischendurch halten wir immer mal an und machen Fotos.
Kurz vor Ponta Delgada wird die Küstenstraße sehr schmal, einmal müssen wir sogar zurückfahren, weil uns ein Auto entgegen kommt. Zum Glück passiert uns das nicht in dem unbeleuchteten, etwa autobreiten Tunnel, in dem Wasser von der Decke aufs Auto tropft. Auf Madeira sollte man über fahrerisches Können und eine gewisse Abgeklärtheit verfügen, denn manche Strecken, besonders die etwas abgelegenen, sind recht anspruchsvoll.

Wir erreichen wohlbehalten Sao Vincente und fahren weiter nach Ribeira Janela. Dort begann am Samstag die Umleitungsstrecke. Verglichen zu damals ist das Wetter heute viel besser. Wir parken am Strand gegenüber eines Wasserkraftwerks. Große Felsen schirmen das Tal vom Meer ab. Ein kleiner Tunnel führt zur anderen Seite, von wo man einen tollen Blick auf die tosende Brandung hat, die mehrere vorgelagerte Felsformationen umspült.

Weiter oben führt ein alter Straßentunnel zur ehemaligen Küstenstraße, die jetzt nur noch als Evakuierungsweg des neu gebauten Tunnels genutzt wird. Wir durchqueren zu Fuß den etwa zweihundert Meter langen Tunnel. Es ist dunkel und das Kopfsteinpflaster uneben. Es steht zwar nirgendwo ein Verbotsschild, aber man kommt sich doch etwas seltsam vor. Besonders, wenn man die vielen kleinen Felsbrocken sieht, die auf der anderen Seite auf der alten Küstenstraße liegen. So ganz ungefährlich ist es nicht, hier entlang zu wandern. Da könnte jederzeit auch ein größerer Brocken runterkommen oder die Straße abgehen. Wir machen ein paar Fotos und gehen anschließend zum Auto.

„Zurück fahren wir aber über den Ecumeada Pass“, schlage ich vor und mein Mann biegt an der richtigen Stelle von der Hauptstraße ab. Wieder fahren wir den Berg hoch. Zum gefühlt hundertsten Mal an diesem Tag folgen wir einer Serpentinenstraße. Erneut lässt sich der Wechsel der Vegetationszonen beobachten. Der Pass zeigt sich heute sogar nebelfrei und erlaubt einen Blick ins Tal von Ribeira Brava. An den Hängen sind deutlich die Spuren der Waldbrände von 2012 und 2013 zu erkennen. Von den Lorbeerbäumen stehen nur noch bleiche oder verkohlte Stämme, während sich die Vegetation drumherum bereits erholt hat. Es beginnt leicht zu nieseln. Wie erwartet ist das Wetter auf der südlichen Seite der Insel heute schlechter. Es ist faszinierend, dass egal welches Wetter vorherrscht, auf einer Seite der Insel scheint immer die Sonne – mal auf der einen, mal auf der anderen.

Wir fahren ein letztes Mal an diesem Tag steil bergab. Unterwegs meldet sich die Tankanzeige des Autos und wir steuern die nächstgelegene Tankstelle an. Dort besteht eine kurze Irritation darüber, ob Diesel und Gasoleo dasselbe sind, die aber mit einem Blick auf den Tankdeckel geklärt werden kann. Ja, es ist dasselbe. Der als Diesel beworbene Kraftstoff ist wohl so ein Sondersprit, wie es ihn bei uns z. B. bei Shell gibt. Der gravierende Unterschied zu deutschen Tankstellen ist, dass nur ein Mal (die Betonung liegt auf „ein“) in der Woche der Preis angepasst wird und für jede Tankstelle auf der Insel gilt. Diese Woche liegt er bei 1,217 Euro für den Liter Diesel.

Am späten Nachmittag drehe ich wieder meine Runden im Schwimmbecken, bevor wir zum Essen ans portugiesische Buffet treten. Bei einem kleinen Spaziergang lassen wir den Abend ausklingen.

Obrigada heißt Danke!

Portugiesisch ist schon eine seltsame Sprache. Sie sieht aus wie Spanisch, hört sich aber an wie eine Mischung aus Russisch und Flämisch. Durch die vielen Zischlaute ist man ohnehin kaum in der Lage etwas Sinnvolles zu verstehen.

Zumindest beim Lesen von Verkehrsschildern und der Speisekarte kann man sich mit ein wenig Spanisch-Kenntnissen orientieren. Fehlerfrei eine Flasche Wasser bestellen, schaffe ich aber immer noch nicht und das obwohl wir jetzt schon ein paar Mal in Portugal waren. Die Aussprache scheint für meine Zunge einfach ungeeignet. Zumindest das Wort Danke habe ich inzwischen drauf. Es heißt „Obrigada“, aber nur weil ich weiblichen Geschlechts bin, mein Mann muss „Obrigado“ sagen.

Schon die Schwester meiner Großmutter pflegte zu sagen, dass Portugiesisch eine schwere Sprache sei, sie muss es wissen, denn sie war jahrzehntelang Diakonissin in Brasilien. Ich kann ihr da nur zustimmen.

Portugiesische Namen zu bloggen ist auch nicht leicht, wie ich neuerdings festgestellt habe, denn die Sprache ist gespickt mit lauter zusätzlichen Buchstaben, die auf meiner deutschen Tastatur fehlen.

Kleines schriftliches Beispiel gefällig? Bitteschön:

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