Schriftartsucher

Wahnsinn! Sowas gibt’s wirklich.

Dafür hätte ich mir während meiner Ausbildung als Druckvorlagenhersteller (neudeutsch: Mediendesigner) wahrscheinlich ein Bein rausgerissen. Als Azubi hat man nämlich zu Übungszwecken, oder auch nur weil die Kollegen zu faul waren, die passende Schriftart aus dicken Schriftmusterbüchern von Adobe und Letraset heraussuchen müssen. Mit Serifen und ohne; besondere Erkennungsmerkmale waren meist das Unterteil des kleinen g. Da saß man schon mal Stunden, bis man die richtige Schrift identifiziert hatte.

Heute gibt es das Internet und ein paar schlaue Leute, die sich mit Bilderkennung auskennen. Auf der Internetseite von MyFonts gibt es die Rubrik: WhatTheFont!

Hier muss man nur ein kleines Bild von der gesuchten Schrift hochladen und schwups hat man die Antwort. Herunterladen kann man die Fonts dann auch noch und das meistens kostenlos.

Ich bin begeistert. Das hätte mir vor zwanzig Jahren Stunden des Suchens erspart. Stattdessen hätte ich dann wahrscheinlich den ausgelaufenen Entwickler/Fixier unter der Entwicklungsmaschine aufwischen dürfen … Dann doch lieber dicke Bücher wälzen.

Makaberer Spaß mit Hundertjährigem

Quelle: Amazon

„Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ ist die schwedische Version von „Forrest Gump“.

Die mit viel schwarzem Humor gespickte Lebensgeschichte von Allan Karlsson, der an seinem Hundertsten Geburtstag kurzerhand aus dem Altersheim abhaut und in den nächstbesten Bus einsteigt, steckt voller skurriler Ideen. Eigentlich ist Karlsson eine tragische Figur. Nach dem frühen Tod der Eltern kommt er mit 12 Jahren in die Psychiatrie, wird dort von einem selbsternannten Rassenarzt kastriert und landet alsbald in einer Munitionsfabrik. Explosionen, sind etwas, das Allan Karlsson schon immer faszinierte. So auch später im Krieg gegen Franko oder beim Manhattan Projekt. Und stets gerät er unbewusst in die Wirren der Weltpolitik und stellt dabei so einiges auf den Kopf.
Jetzt im hohen Alter kann ihn nichts mehr beeindrucken, auch nicht die Ganoven, die hinter ihm her sind, als er zu einem Koffer voller Geld kommt und damit durchs Land zieht. Während seine neuen Freunde sich Gedanken machen, bleibt Allan die Ruhe in Person und genießt das große Abenteuer.

„Der Hundertjährige …“ ist ein lustiger Film, der die Geschichte des 20. Jahrhunderts in ein völlig neues Licht rückt. Nebenbei gibt es eine Menge Tote und einen überforderten Kommissar.

Fazit: Viele tolle Charaktere, irrwitzige Ideen und ein Augenzwinkernder Geschichtsunterricht – so muss ein unterhaltsamer Film aussehen. Vielleicht sollte ich wirklich mal das Buch von Jonas Jonasson lesen, das dem Film zu Grunde liegt.

Unter den Kuppeln Terranias

Ein Badeerlebnis der besonderen Art gönnten wir uns gestern. Bei regnerischem Wetter (oder besser: Es goss wie aus Kübeln) besuchten wir die Therme in Bad Aibling.

Die Thermendichte ist ja in der südöstlichen Region Bayerns sehr ausgeprägt. Fast alle Thermen oder Bäder haben wir in den letzten Jahren schon besucht. Was auf unserer Liste noch fehlte, war Bad Aibling. Man kann ohne Zweifel sagen, dass vom architektonischen Standpunkt diese Therme besondere Schwerpunkte setzt. Klein aber modern und futuristisch – kommst sie daher, mit all den Kuppeln und Bullaugenartigen Fenstern. Dabei durchaus vielfältig. Mit Entspannungs-, Heiss-Kalt-, Thermal-, Sinne-  und Erlebniskuppel, dazu ein abwechslungsreiches Außenbecken. Alles nicht besonders weitläufig, aber auch nicht zu eng. Für Schwimmer ist das nichts, aber die können das angeschlossenen Freibad benutzen. (Sofern es, wie gestern, nicht geschlossen ist.) Für Saunafans gibt auch einen Bereich mit Mooranwendungen und diversen Saunen. Eine steht direkt über einem Bach und man kann schwitzend dem Wasser beim Fließen zusehen.

Das ist alles sehr schön gemacht. Auch die Umkleiden und das Eintrittsbändchen mit Chip, das wie eine Uhr getragen wird und mit dem man auch im angeschlossenen Restaurant während des Badeaufenthalts bezahlen kann. Dazwischen jede Menge Liegen und Liegekissen. Da bekommt man für sein Eintrittsgeld schon einiges geboten.

Am beeindruckendsten fand ich die Architektur. Man fühlt sich wie in der Kulisse eines Science Fiction-Films aus den 70er Jahren. Als wir in der großen Sinne-Kuppel (mit wechselnder Beleuchtung und entspannenden Klängen) waren, sagte ich zu meinem Mann, dass das hier auch in Terrania – dem Regierungssitz des Solaren Imperiums bei Perry Rhodan – stehen könnte. Er hat mir nicht widersprochen.

Für Science Fiction Fans ist ein Besuch der Therme in Bad Aibling ein Muss und fast direkt an der A8 gelegen, auch sehr gut zu erreichen.

Leider darf man keine Kameras und keine elektronischen Geräte mit in die Therme nehmen, daher gibts hier nur die Bilder von der offiziellen Webseite der Therme Bad Aibling.

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Heimweh nach Wolfenbüttel

Heute startet an der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel das Schreibseminar zur phantastischen Kurzgeschichte und ich bin nicht dabei. Das macht mich schon etwas traurig.

Ohne Übertreibung kann ich sagen, dass das Schreibseminar im vergangenen Jahr mein Leben verändert hat. Nicht nur das ich sehr viel mehr schreibe als die anderen Jahre zuvor, ich betreibe es jetzt auch sehr viel ernsthafter. Außerdem hat es meine Perspektive für Literatur verändert. So merke ich heute sehr schnell, warum mich mancher Text anspricht und ein anderer wiederum nicht. Unstimmige Erzählperspektiven, Onkel-Dramaturgie, Weißräume, Schwächen im Plot … Es gibt viel, was mir jetzt ins Auge fällt, worüber ich früher nie nachgedacht habe. Meine eigenen Texte und die anderer kann ich nicht mehr ohne kritischen Blick lesen. Was bei den eigenen Arbeiten hilfreich ist, lässt mich aber auch fremde Romane differenzierter lesen. Da passiert es schon mal, dass ich ein Buch wieder weg lege und nicht zu Ende lese, wenn ich merke, dass es zu viele „technische“ Fehler enthält.

Das ich mit dem Schreiben erst am Anfang stehe, sollte klar sein. Meine Entwicklung hat gerade erst begonnen. Wahrscheinlich werde ich noch oft an einem Schreibseminar teilnehmen müssen, um einigermaßen gut schreiben zu können. Genau deshalb ärgert es mich ein wenig, heute nicht an der Bundesakademie zu sein.

Natürlich gibt es dafür einen triftigen Grund, einen höchst erfreulichen sogar. Mein Mann und ich haben heute vor fünf Jahren geheiratet.
Bei unserer Star-Trek-Hochzeit war damals sogar die Presse anwesend, worauf wir immer noch ein klein wenig stolz sind. Wie immer werden wir unseren Ehrentag angemessen begehen; mit einem besonderen Ausflug und einem guten Essen.

Im November findet ein weiteres Seminar zur phantastischen Literatur in Wolfenbüttel statt. Den Termin habe ich mir schon reserviert. Ob ich dabei sein kann, liegt dann ganz im Ermessen der Veranstalter. Ich würde mich riesig freuen.

Grotesker Sprachtest

In dieser Woche habe ich mit meinen Kollegen einen lustigen Sprachtest veranstaltet. Eigentlich ist der Test erst richtig interessant, wenn man die Leute nicht kennt, aber trotzdem … Es geht darum herauszufinden, wer aus dem Osten Deutschlands kommt und wer in Westdeutschland aufgewachsen ist. Festmachen kann man das sehr leicht an der Aussprache zweier Wörter, nämlich: Dynamo und Konsum.

Ein Westdeutscher wird das Wort Dynamo mit der Betonung auf dem y aussprechen und meint damit das Gerät zur Stromerzeugung am Fahrrad.
Währenddessen ein Ostdeutscher das a betonen wird und bei dem Namen eher diverse Sportclubs im Hinterkopf hat. So hießen nämlich die den Sicherheitskräften zugehörigen Vereine in der DDR, wie z. B. Dynamo Dresden.

Bei Konsum ist das ähnlich; ein Ostdeutscher betont das o und denkt an den Lebensmittelladen um die Ecke, ein Westdeutscher denkt eher an Verbrauch und betont das u.

So lassen sich anhand von zwei Wörtern ganze Bevölkerungsschichten kategorisieren. Seltsam!
Ich gebe zu, die Idee ist nicht auf meinem Mist gewachsen. Ich habe sie aus einem sehr interessanten Buch, welches ich gerade lese und das ich, wenn ich durch bin, auch hier besprechen werde. Bis dahin erfreue ich mich an solch skurrilen Inhalten.

Abschiedslyrik

Ein Liebesgedicht aus dem Jahr 1993. Es fühlt sich so an, als sei das eine Ewigkeit her.

 

Zum Abschied

Lange suchte ich diese Zeilen
die ich dann tief in mir fand.
Lange tat ich hier verweilen
weil mich nur das mit Dir verband.

Kein falsches Wort sollte Dich treffen
keiner der Verse Hoffnung verraten.
Keine Träne durfte mein Gesicht benetzen
kein Gedanke Liebe tragen.

Kein Bedauern wolltest Du in meinem Herzen spüren
kein Leid in meinen Augen sehen.
Keine Qual konnte meinen Seele berühren
kein Verlust in meine Welt eingehen.

Keine Zukunft wir es für uns geben
keine noch so schöne Emotion.
Jeder lebt sein eignes Leben
alles andere bleibt Illusion.

 

Militanter Vegetarier

Was muss ich da heute im Internet lesen: Im MERIDIAN von Traunstein nach München hat in dieser Woche ein Vegetarier eine Gruppe Jugendlicher mit einem Messer bedroht, weil diese im Zug Döner verzehrt haben. Einer der Jugendlichen hat in Bad Endorf die Polizei verständigt, die den militanten Vegetarier dann in Rosenheim festgenommen hat.

Wow! Der Mann muss je echt ausgehungert gewesen sein. Ich kann mir das schon gut vorstellen, da ist man nie Fleisch und plötzlich hockt da eine Truppe Leute neben einem, die sich Döner reinziehen. Alleine der Geruch hat den Mann wohl schier in den Wahnsinn getrieben. Aber muss er gleich ein Messer zücken? Das zeugt doch davon, dass der Mann wahrscheinlich mehr Probleme hat, als nur eine Abneigung gegen Fleischkonsum im allgemeinen und Döner im speziellen. Wahrscheinlich haben ihm die Polizisten am Rosenheimer Bahnhof erstmal ein Snickers gereicht.

Ich kenn das ja von mir. Wenn ich Hunger habe, bin ich kein besonders netter Zeitgenosse. Mein Mann kann ein Lied davon singen. Aber ich gehe nicht mit Waffen auf meine Mitmenschen los, ich breche in Tränen aus … Obwohl, das ist auch irgendwie eine Waffe. Mhmm! Die Waffe der Frau!

Da muss ich mir jetzt nochmal Gedanken darüber machen; am besten bei einem Döner.

Kein Licht am Ende des Tunnels

Tatort ICE-Trasse durch Thüringen. Was ich schon lange befürchtet habe, schält sich so langsam als Gewissheit heraus. Da hat mal wieder jemand bei den Planungen alle Augen zugedrückt und ein idealisiertes Bild für ein Szenario gezeichnet, dass am Ende hunderten Menschen das Leben kosten könnte. Einfach so, nur um die eigenen Interessen oder die seiner Lobby durchzusetzen. Nachdem ich am Donnerstag diesen Artikel in der Ost Thüringer Zeitung gelesen habe, sieht es für mich so aus, als würde die Sicherheit der ICE Fahrgäste im Tunnel steckenbleiben.

700 – in Worten: siebenhundert – Rettungskräfte werden bei jedem Alarm mobilisiert, der in einem der 14 Tunnel (und 19 Brücken) ausgelöst wird. Und sei es nur, das ein ICE im Tunnel defekt zum stehen kommt. Eine ungeheure Zahl, die sich vorwiegend aus Freiwilligen der angrenzenden 59 Feuerwehren und der Erfurter Berufsfeuerwehr rekrutiert. Hauptproblem ist die Helfer vor Ort zu bringen. Besagte Strecke führt nämlich durch unberührte Thüringer Gebirgslandschaft, in die sich sonst höchstens mal ein Wanderer verirrt. Da diese Anfahrt sehr Zeitaufwendig ist, kann man nicht abwarten, um erstmal zu untersuchen, warum und wieso der Alarm überhaupt ausgelöst wurde. Da geht es gleich in die vollen – Katastrophenfall, auch wenn nur ein Nagetier ein Kabel angenagt hat. Und während sich ein Großteil der Retter für umsonst auf den Weg macht, können in den Gemeinden drumherum in aller Ruhe die Häuser abbrennen. Kollateralschaden eben! Nicht zu vergessen, dass die Retter das freiwillig und ohne Ausgleich tun (tun müssen).

Sehr einfach für die Deutsche Bahn und die Thüringer Landesregierung, die das Rettungskonzept von Hessen übernommen haben und nach dem Motto gehen, dass solch ein Tunnelalarm doch sehr selten ausgelöst wird. Da wird auf dem Rücken von Freiwilligen ein Prestigeprojekt durchgeboxt, wovon die meisten der Retter selbst nichts haben. Denn mit den Zügen werden die wenigsten von ihnen fahren, einfach schon deshalb, weil diese außer in Erfurt nirgendwo halten.

Ach, nicht zu vergessen die Fahrgäste in den Zügen, von denen allen Ernstes erwartet wird, dass sie sich doch bitte selbst aus den Zügen retten.
Zitat: „Sollte ein ICE im Tunnel zum Stehen kommen, egal ob er brennt, entgleist ist oder einen schwerwiegenden technischen Defekt hat, verlassen alle unverletzten Passagiere den Zug zu Fuß. Der Weg bis zum nächsten Notausgang ist maximal einen halben Kilometer lang, so der Bahn-Manager. Dann wären die Menschen in Sicherheit, aber noch nicht gerettet. Denn bis zur frischen Luft beträgt die längste Strecke durch einen Rettungstunnel am Bleßbergtunnel noch einmal drei Kilometer. Erst dann wären die Reisenden im Freien, wenn auch mitten im Wald.“
Laut Statistik sind ja von 300 Passagieren maximal 60 verletzt und 20 davon eingeklemmt. Das aber ein vollbesetzter ICE, wie ich ihn letzten Donnerstag erlebt habe, mehr als 800 Passagiere fast, wird stillschweigend ignoriert. Hoffen wir mal für alle Beteiligten – für die Passagiere und die freiwilligen Helfer – das nie etwas passiert.

Respekt vor schlängelnden Kriechtieren

Wer mich kennt weiß, dass ich wenige Klischees femininer Art erfülle. Eines davon ist vielleicht meine Vorliebe für kleine bunte Glasperlen, das andere ist eine typisch weibliche Phobie.

Während einige Frauen vor Mäusen Reißaus nehmen oder wegen einer Spinne panisch durch die Gegend rennen, sind es bei mir schlangenähnliche Kriechtiere. Am Freitag hatte ich mal wieder das „Vergnügen“ einer solchen Begegnung. Während sich meine Eltern spottend über mich lustig machten, als ich wie ein geölter Blitz über die Wiese rannte und „eine Schlange, eine Schlange“ rief, fand ich das in jenem Augenblick überhaupt nicht lustig. Es ist zwar nur eine Blindschleiche gewesen, die sich vor mir im Gras geringelt hat, aber trotzdem … Mal davon abgesehen, dass Blindschleichen eigentlich Eidechsen ohne Beine sind, überkam mich bei ihrem Anblick das blanke Entsetzen. Ich erschrecke mich dann fürchterlich und kann in dem Moment eigentlich an nichts anderes mehr denken, als ans weglaufen. Ich weiß, dass das bescheuert ist, weil von einer Blindschleiche ganz sicher keine Gefahr ausgeht. Aber bei uns gibt es eben nicht nur Blindschleichen, sondern auch Kreuzottern. Und da mir schon als Kind eingetrichtert wurde, das die giftig sind, habe ich da wohl eine etwas übergesteigerte Sensibilität gegenüber dieser Art Kriechtieren entwickelt.

Ich kann mich entsinnen, das meine Mutter und ich mal einen Waldspaziergang abbrechen mussten, weil ich eine Schlange gesehen und panisch im Wald herum geschrien habe ohne mich wieder zu beruhigen. Damals war ich vielleicht 10 Jahre alt. Ganz so schlimm ist es heute nicht mehr, aber wegrennen tue ich immer noch.

Das etwas verwackelte Bild zeigt eine junge Schling- bzw. Glattnatter, die mein Vater letzte Woche fotografiert hat. Sie wohnt unterhalb unseres Kompostierers. Diese heimische Natternart kann bis zu 90 Zentimeter lang werden und bringt lebende Junge zur Welt. Die Schlangenart flüchtet meist nicht, sondern verharrt bewegungslos und wartet ab bis die Gefahr vorbei ist. Außerdem sind sie ziemlich angriffslustig. Ihr Biss ist harmlos, aber ich möchte ihr dennoch nicht begegnen und bewege mich daher nur äußerst vorsichtig, wenn ich in der Ecke bin.

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Deklassiert

Trotz des Streiks bei der deutschen Bahn oder vielleicht gerade deswegen, hatte ich am Donnerstagabend eine äußerst entspannte Fahrt nach Thüringen.

Es war der einzige Zug, der am späten Donnerstagnachmittag in diese Richtung fuhr, und es war anzunehmen, dass er ziemlich voll sein würde. So nutzte ich die Gelegenheit und löste meinen 1. Klasse-Upgrade-Gutschein ein, den ich vor ein paar Wochen von der Deutschen Bahn bekommen hatte.

Gleich beim Einsteigen wählte ich das kleine Abteil, welches hinter dem Zugführerstand liegt und machte es mir dort bequem. Aber was heißt hier bequem. Die Ledersitze der ersten Klasse sind zwar breiter und stehen weiter auseinander, dafür rutscht man andauernd auf dem glatten Lederbezug nach unten und fängt spätestens nach zehn Minuten an zu schwitzen.

Zu meiner Überraschung füllte sich bis zur Abfahrt das sechssitzige Abteil, fast bis auf den letzten Platz. Gleich nach Abfahrt des Zuges kontrollierte der Zugbegleiter die Fahrscheine. Anschließend lehnte ich mich zurück und vertiefte mich in mein Manuskript, wurde aber ziemlich schnell wieder herausgerissen, als eine junge Frau vom Servicepersonal hereinkam um Tageszeitungen zu verteilen. Die Passagiere hatten die Wahl zwischen Süddeutscher, Welt und Bildzeitung, was auch von den meisten dankend angenommen wurde. Ich lehnte ab, da ich in Ruhe zu arbeiten gedachte.
Wenig später kam die junge Frau zurück, verteilte Gratisnaschereien und fragte, ob jemand Wünsche ans Bordbistro hätte. Ich hatte gerade meine Tüte vom Bahnhofsbäcker und meine Trinkflasche vor mir und sah mich ein wenig beschämt um, als mein Platznachbar ein Bier und ein Sandwich bestellte.

Plötzlich fühlte ich mich nicht mehr wohl in meiner Haut. So viel Service von der Deutschen Bahn bin ich einfach nicht gewohnt. Mit meinem 2. Klasseticket schien ich nicht hierher zu gehören und ich glaubte, dass jeder im Abteil das wusste. Schon komisch, was für Gedanken einem manchmal durch den Kopf gehen und in welche Kategorie man sich selbst einordnet, obwohl man in Kategorien zu denken eigentlich ablehnt.

Natürlich blieb ich sitzen. Die meisten Fahrgäste stiegen unterwegs aus und als ich daheim den Zug verließ, blieb das Abteil verlassen zurück. Die junge Frau vom Service war noch ein paar Mal vergeblich vorbeigekommen. Nach dem Wechsel der Zugbegleiter wurde auch nochmal meine Fahrkarte kontrolliert. Ansonsten genoss ich die entspannte Ruhe auf der Fahrt: Ohne laut telefonierende Mitreisende, ohne Gedrängel und Geschubse. Ich gehörte zwar nicht hierher, aber angenehm war es dennoch. Man könnte sich fast daran gewöhnen, doch das würde meiner sozialen Einstellung widersprechen, dem Saldo meines Bankkontos sowieso.