Deutsche Bahn – Jede Fahrt ein Abenteuer

Es ist wie in der Lotterie. Manchmal zieht man das große Los, sehr oft aber erwischt man eine Niete. Und manchmal kann die Niete auch ein Hauptgewinn sein. Je nachdem wie man es betrachtet. Bei meiner Reise mit der Deutschen Bahn am Freitag lässt sich leider nicht so genau definieren, was von beiden es ist nun ist. Diese Entscheidung überlasse ich dem Betrachter.

Seit über zwanzig Jahren fahre ich regelmäßig mit der Bahn. In den vergangenen Jahren war es etwas weniger. Bis 2017 aber, waren es ca. 4000 Euro im Jahr, die ich für Fahrkarten ausgeben habe. Man kann sich also ausrechnen, wie oft ich unterwegs war. In all der Zeit habe ich so einiges erlebt, aber ich habe nie eine Zug-Evakuierung mitmachen müssen. Am Freitag war es dann soweit:

Es geht schon damit los, dass der Meridian kurz hinter Rosenheim an einer Langsamfahrstelle (wegen defekter Schwellen) Verspätung aufbaut. Als der Zug in den Münchner Hauptbahnhof einfährt, kommt uns mein ICE schon entgegen.
Blöderweise ist der Sprinter ausgefallen, mit dem ich sonst immer fahre, wenn ich meinen Zug verpasse. Ich nehme also einen ICE nach Nürnberg, wo ich dann die Option habe, 44 Minuten zu warten und mit der Regionalbahn weiterzufahren, um eineinhalb Stunden später anzukommen oder einen ICE nach Erfurt zu nehmen und von dort nach Saalfeld zu kommen (mit nur 50 Minuten Verspätung). Weil es kalt ist, entscheide ich mich für die Fahrt mit dem ICE über Erfurt.

Schwerer Fehler!

Das passende Wetter zum Evakuieren

Kurz vor Erfurt macht der Zug eine Vollbremsung. Kurzzeitig riecht es merkwürdig, dann steht der Zug … und steht und steht und steht. Die Durchsagen des Personals sind spärlich und sollen Hoffnung schüren, dass es bald weitergeht. Draußen rieselt der Schnee, über die verschneiten Felder hüpfen die Rehe. Es wäre so idyllisch, wenn nicht die Ungewissheit wäre, wie und wann es denn weitergeht.

Nach einer Stunde bewegt sich der Zug wieder. Die Durchsagen machen weiter Hoffnung. Nur leider ist die Geschwindigkeit so gering, dass man daneben herlaufen könnte und man wäre schneller. Immer wieder bleibt der Zug stehen, bewegt sich dann wieder ein paar Meter vorwärts, bleibt wieder stehen. Ich schwanke zwischen Hoffnung und Frust. Meinen Zahnarzttermin hatte ich schon beim Umsteigen in Nürnberg abgesagt.

Etwa zwei Kilometer weiter auf der Höhe von Arnstadt bleibt der Zug endgültig liegen. Die Durchsage ist diesmal ernüchternd, auch wenn sich die Zugbegleiterin Mühe gibt, das Ganze auszuschmücken, um die Situation besser darzustellen, als sie ist. Wir sollen evakuiert werden. Der Ersatzzug würde in Erfurt gerade bereitgestellt. Alles bereitet sich schon mal vor. Dann heißt es warten, warten und weiter warten.

Bahnangestellte laufen mit orangen Westen und Rettungsleitern durch den Zug. An drei Wagen sollen die Übergänge platziert werden. Ich werfe einen sehnsüchtigen Blick auf die Autobahn, die an der Schnellstrecke entlangführt. Ich fahre gern mit der Bahn, inzwischen aber wäre mir ein Auto lieber, trotz des Winterwetters mit glatten Straßen. Zumindest funktioniert die Heizung im Zug. Dann fährt der Zug wieder. Allerdings rückwärts, um sich für die Evakuierung in Position zu begeben. Nicht nur ich frage mich, warum der Zug rückwärts fahren kann aber nicht vorwärts. Wahrscheinlich ist nur ein Triebkopf beschädigt.

Das Taxi ist da.

Ich warte und warte. Irgendwann fährt ein zweiter ICE längsseits und hält. Das Taxi ist da! Doch es dauert noch eine halbe Stunde, bis die Evakuierung losgehen soll. Dann die Durchsage: Die Evakuierung kann nicht wie geplant über Stege von Zug zu Zug stattfinden, sondern über Leitern, weil die Länge der Wagons der beiden Züge nicht übereinstimmt. Die Durchsage erntet sarkastisches Gelächter unter den Passagieren. Draußen schneit es immer mehr. Deshalb wird der Zug nur über zwei Ausgänge evakuiert, nämlich die, die unterhalb einer Brücke liegen, damit niemand nass wird oder auf den Leitern ausrutscht.

Inzwischen ist in Polizei da. Zwei Bundeswehrangehörige auf Heimaturlaub, die zufälligerweise im Zug sitzen, helfen mit. Nochmal eine halbe Stunde später beginnt die Evakuierung. Wagen für Wagen werden die Passagiere aufgefordert zu den zwei Ausgängen am hinteren Teil des Zuges zu gehen. Wir stehen in einer Reihe. Alle sind diszipliniert. Es geht zügig voran. Ich bin schon dran, da werde ich zum nächsten Ausgang weitergeschickt. Hier scheint es ein kleines Problem zu geben, denn die Schlange bewegt sich nicht. Dann gehts doch weiter. Im Reißverschlussverfahren werden die Leute aus zwei Wagen aufgefordert, die Leiter hinunter zu klettern. Die schmale Treppe ist tatsächlich glatt, aber ich komme heil runter. Ich wage nicht daran zu denken, ob und wie meine Eltern da hinuntergeklettert wären. Man reicht mir meinen Koffer, ich bedanke mich artig und gehe ein paar Meter bis zum einzigen Eingang am Ersatzzugs. Jemand nimmt mir den Koffer ab und ich klettere die steile Leiter wieder hoch. Das Ganze hat kaum eine Minute in Anspruch genommen. Ich laufe im Zug nach vorn und finde einen freien Sitzplatz neben einem jungen Mann mit MacBook.

Dann heißt es wieder warten. Der ICE ist entsprechend voll gewesen, weil der Sprinter ausgefallen war. Dementsprechend viele Passagiere müssen den Zug wechseln. Es dauert nochmal eine ganze Stunde, bis alle an Bord sind und es unter Applaus weitergehen kann. Trotzdem sollte ich froh sein, dass der Zug nicht in einem der 26 Tunnel liegengeblieben ist, die wir zuvor durchquert haben. Ärgerlich ist es dennoch. In den dreieinhalb Stunden, die die ganze Evakuierung gedauert hat, hätte man fast bis Erfurt laufen können. Ich frage mich: Warum man da keine Lok davor spannen kann? Das würde schneller gehen.

10:24 Uhr sollte ich ursprünglich in Erfurt ankommen. Als der Ersatzzug am Bahnsteig hält ist es 15 Uhr. Ich muss dringend was essen, und mein Trinken ist auch alle. An Bord wurde zwar Wasser ausgegeben, ich habe nur leider keins mehr bekommen. Am Bahnhof in Erfurt versorge ich mich erst einmal mit Essen und Trinken. Um 15:44 Uhr geht es weiter. Die Regionalbahn ist nicht nur proppenvoll voll, sondern auch eiskalt. Es zieht an den Füßen und ich friere trotz Jacke und dickem Pullover. Die privaten Bahnen müssen halt sparen. Dafür ist der Zug pünktlich.

Um kurz vor 17 Uhr komme ich endlich am Zielbahnhof an, sieben Stunden später als geplant. Insgesamt war ich elf Stunden unterwegs. Ein neuer Rekord für diese Strecke.

Am Montag muss ich wieder zurück. Dieses Mal auch wieder über Erfurt. Ich »freue« mich schon sehr. Ein neues Abenteuer wartet.

Nur ein Etikett

Diese ganze Diskussion um das Bürgergeld finde ich wenig zielführend, weil es nicht die wahren Probleme aufdeckt, weshalb manche Menschen genauso viel Geld bekommen, wenn sie daheim bleiben, als wenn sie arbeiten würden.

Fakt ist, das Bürgergeld ist keine neue Erfindung, das gibt es schon seit Jahrzehnten. Vor zwanzig Jahren hieß es Sozialhilfe, später wurde daraus Arbeitslosengeld II, dann Hartz IV und jetzt heißt es eben Bürgergeld. Es wurde immer nur das Etikett getauscht und ein paar kleinere Anpassungen vorgenommen.
Fakt ist auch, es gab schon immer Leute, die staatliche Hilfen ausgenutzt haben und es wird immer Leute geben, die sie ausnutzen werden. Das wird kein Gesetz der Welt verhindern können. Ein Großteil der Menschen, die das Geld bekommen, benötigen es auch, z. B. weil sie schlicht nicht »mehr« arbeitsfähig sind oder weil sie alleinstehend Kinder oder Verwandte versorgen müssen.
Außerdem, die paar Euro, um die das Bürgergeld jetzt erhöht wurde, hat die Inflation schon längst gefressen.

Jeder, der sich darüber aufregt, dass Menschen die arbeiten, oft weniger haben, als Empfänger von Bürgergeld, darf dabei nicht vergessen, dass jeder, der nach Abzug der Miete weniger als das Mindesteinkommen hat, Anrecht auf staatliche Zuschüsse, wie Wohngeld hat. Leider wissen dies nur die Wenigsten. Viele Geringverdiener scheuen sich die Anträge zu stellen, entweder weil es ihnen zu bürokratisch ist, oder weil die Leute zu stolz sind.

Dass immer mehr Menschen staatliche Unterstützung brauchen, obwohl sie einer geregelten Arbeit nachgehen, finde ich sehr problematisch. Hier liegt der Hund begraben. Die Unternehmen machen es sich einerseits einfach in dem sie weniger Gehalt zahlen, um damit ihre Gewinnmargen hochzuhalten. Andererseits müssen Arbeitgeber auch eine Menge Geld für jeden Beschäftigen an den Staat abdrücken. Nirgendwo in Europa ist die Abgabenlast so hoch wie in Deutschland. (Irgendwo muss das Geld für das Bürgergeld und die Renten herkommen.) Ich bin mir sicher, dass viele Arbeitgeber (vor allem Handwerker) ihre Leute besser bezahlen könnten, wenn sie nicht so viele Abgaben an den Staat zahlen müssten. Und viele Arbeitnehmer hätten mehr Geld in der Tasche, wenn sie weniger Steuern und Versicherungen zahlen müssten.

Vielleicht wäre es auf Dauer sinnvoller, weniger Abgaben zu verlangen und den Arbeitgebern Anreize zu geben, mehr Leute einzustellen. Wahrscheinlich müsste man einigen der jungen sowie den langjährigen Beziehern von Sozialleistung, Arbeit erst einmal wieder schmackhaft machen. Wie das gehen soll, dazu habe ich allerdings keine Idee. Ich sehe nur tagtäglich, wie lustlos schon die Azubis bei uns anfangen. Die möchten viel verdienen und möglichst wenig dafür tun. Da würde vielleicht ein Prämiensystem helfen.

Ein weiteres Problem in Deutschland ist der geringe Anteil an Wohneigentum. Die meisten Menschen in Deutschland wohnen zur Miete. In anderen Ländern Europas ist der Anteil an Wohneigentum viel größer. Daher kommen dort die Menschen auch mit weniger Geld zurecht. In Deutschland wird es jedoch immer schwieriger an Wohneigentum zu kommen. Massive Bauvorschriften, dazu steigenden Baukosten und Zinsen haben es für Geringverdiener und die Mittelschicht in den letzten Jahren und Monaten beinahe unmöglich gemacht, an Wohneigentum zu kommen. Da ist durch Spekulation eine gigantische Blase entstanden, die das Dilemma noch befeuert. Auch deswegen brauchen Menschen in Deutschland Bürgergeld, weil sie die hohen Mieten und Nebenkosten nicht zahlen können. Hier hätte schon längst ein staatlicher Eingriff erfolgen müssen. Aber wie so oft wurde darauf gesetzt, dass der Markt das von selbst regelt. Das Ergebnis sehen wir jetzt.

Außerdem fände ich gut, wenn es weniger Abgeordnete in den Parlamenten gäbe und auch Beamte in die Sozialkassen einzahlen würden, im Namen der Gerechtigkeit.

Durch Stellenabbau in die Krise

Alle jammern und schreien momentan, dass sie zu wenig Personal haben und das die meiste Arbeit liegenbleibt. Im Gesundheitswesen ist das natürlich besonders schlecht. Einige behaupten, dass es an den hohen Corona-Inzidenzen liegt. Ich behaupte mal, dass dies nicht der primäre Auslöser ist. Die Situation ist zu komplex, um sie auf einen einzigen Auslöser herunterzubrechen. Es ist wie überall alles viel verzahnter, als wir uns das vorstellen können.

Unsere Personalprobleme sind vor allem eines, sie sind hausgemacht. Ich nenne jetzt mal nur ein Beispiel: das Bayernwerk. Hier wurden in den letzten zwanzig Jahren mehr als 2000 Stellen abgebaut. Wie viel es genau sind, ist nicht klar, aber es ist spürbar geworden. Seit Jahren stelle ich regelmäßig Anträge für Hausanschlüsse, Inbetriebsetzungen, Zählerwechsel und PV-Anlagen. Bisher lief das relativ problemlos. Formular ausfüllen, per E-Mail an das jeweilige Kundencenter schicken und fertig. Manchmal gab es Rückfragen, dann haben die mich angerufen und wir haben das telefonisch geklärt, z. B. wenn es Probleme mit der Höhe der Anschlussleistungen gab. Seit ca. eineinhalb Jahren ist das nicht mehr so. Ich muss jedem Antrag hinterher telefonieren und sicherstellen, das er a angekommen ist und b auch bearbeitet wird. Das ist nicht mehr selbstverständlich. Die Bearbeitung eines Antrags dauert inzwischen drei Mal so lange, wenn er nicht komplett durchs Raster fällt. Ich hatte unlängst ein Bauvorhaben, bei dem ich den Hausanschluss am 21. Oktober 2021 beantragt habe. Ratet mal, wann der kam. Der Anschluss wurde in der letzten Septemberwoche 2022 endlich gelegt. Und das auch nur, weil ich seit Mitte Juli fast wöchentlich beim Bayernwerk angerufen und darum gebettelt habe.

Die Zählermonteure erzählen mir am Telefon, dass in den letzten zwei Jahren 400 Stellen abgebaut wurden und es sogar für sie immer schwieriger wird, jemandem beim Bayernwerk zu erreichen. Bisher waren zumindest die Kundencenter gut besetzt. Jetzt sind die Leute entweder im Urlaub, krank oder im Homeoffice. Bei manchen Kundencentern sitzen inzwischen Mitarbeiter von Zeitarbeitsfirmen am Telefon. Die haben aber keinen Zugang zu den Daten im System. Sprich, die können nichts nachschauen und auch nichts bewegen, sondern nur die Anrufe notieren, welche dann von den richtigen Mitarbeitern bearbeitet werden, falls sie irgendwann mal Zeit haben. So wird der Berg von Anträgen immer größer, den sie vor sich herschieben, bis das ganze System zusammenbricht. Anträge gehen verloren, werden nicht bearbeitet und die Leute können nicht in ihre Häuser ziehen, weil kein Strom da ist. Den Schwarzen Peter bekommen dann natürlich wir Installationsbetriebe zugeschoben, weil wir für die Beantragung zuständig sind. Ich sage nur so viel, dass ich im vergangenen halben Jahr so oft mit dem Bayernwerk telefoniert habe, wie in den letzten fünf Jahren zusammen, in denen ich den Job schon mache.

Das lässt sich leicht auf andere Institutionen übertragen wie Versicherungen, Großhändler, Ämter oder Banken. Ganz großen Anteil hat hier der Stellenabbau in den vergangenen Jahrzehnten. Überall wurden massiv Stellen abgebaut, sind Leute in Rente gegangen und kein Nachwuchs ausgebildet. Da wurde schlicht auf Kante genäht und so viele wie nur möglich Stellen gestrichen und Polster abgebaut. Da reicht dann eine Krankheitswelle unter den Mitarbeitern und es bleibt so viel Arbeit liegen, bis sie nicht mehr abzuarbeiten ist. Die wenigen Leute kommen nicht mehr hinterher, müssen Überstunden machen, sind unzufrieden und gestresst, werden krank oder kündigen. Was dazu führt, dass die Arbeit auf noch weniger Schultern verteilt werden muss und die Mitarbeiter noch mehr leiden und noch weniger hinterher kommen. Das ist eine Spirale, die irgendwann zum Kollaps führt. In der Gastronomie und im Handel ist es inzwischen schon soweit, dass Geschäfte und Lokale geschlossen werden, weil sich keiner mehr findet, der dort arbeiten will. Hier spielt natürlich auch die schlechte Entlohnung und die mangelnde Motivation der jüngeren Generation eine Rolle.

Ich habe zudem den Verdacht, dass bei vielen Firmen auch die Effektivität der Arbeit durch das Homeoffice in den letzten zwei Jahren massiv gelitten hat. Und denke, dass Arbeiten im Homeoffice nicht für jeden geeignet ist. Wenn ich sehe, wie das in meinem Bekanntenkreis mitunter schamlos ausgenutzt wird (da wird nebenbei die Wohnung renoviert oder ähnliches), kann ich mir nicht vorstellen, dass sich das nur positiv auf die Produktivität auswirkt. In den USA haben die Leute sogar Zweit und Drittjobs angenommen und für jeden Job 40 Stunden abgerechnet. Ich kann nur sagen, dass ich und meine Kollegen nicht im Homeoffice arbeiten konnten. So eine Steckdose lässt sich halt nicht vom Bildschirm aus installieren oder eine WC-Spülung repariert sich auch nicht per Fernwartung (nun ja, nicht jede zumindest). Wenn man dringend etwas braucht, muss man jetzt viel länger warten, bis man es bekommt. Mein Mann kann ein Lied davon singen. Er ist mitunter einer der wenigen, der in der Entwicklungsabteilung einer großen Firma vor Ort arbeitet, weil er eben die Versuchsaufbauten nicht mit nach Hause nehmen kann. Und er muss nun oftmals tagelang auf irgendwelche Elektronikbauteile und Software-Änderungen warten. Es mag hier auch positive Beispiele geben, Leute die produktiver sind, weil sie nicht ständig vom Telefon usw. abgelenkt werden. Dem will ich nicht widersprechen, aber es gibt eben auch viele Leute, die das ausnutzen. Das sollte man zumindest mal kritisch hinterfragen.

Alles in allem glaube ich, dass die Entwicklung, die wir gerade beobachten, so weitergehen und sich sogar noch verschärfen wird, vor allem im Gesundheitswesen. (Wobei hier noch ganz andere Sachen zum Tragen kommen, aber das ist noch mal eine besondere Betrachtung wert.) Ich befürchte halt nur, wenn dann doch mal die kritische Infrastruktur zusammenbricht, dass die Verantwortlichen der Corona-Pandemie die Schuld geben. Das wäre aber falsch, denn es ist sicher nicht der wahre Grund, sondern eher die Gier der Aktionäre und Firmenchefs.

Bürokratie für den Bürger

So langsam naht das Datum, an dem alle Grundstücks- und Hauseigentümer ihre Grundsteuererklärung abgeben müssen. Mein Mann hatte die für unsere Wohnung bereits im Sommer erledigt. Das ging relativ einfach, daher machte ich mir auch keine großen Sorgen über die Grundsteuererklärung meiner Eltern. Nun ja, am Ende war ich reichlich genervt, denn es lief überhaupt nicht so glatt wie gedacht.

Zum einen musste ich für meine Mutter erst einmal einen ELSTER-Zugang beantragen. Offenbar gehen die Finanzämter davon aus, dass eine 82-jährige a) einen Computer hat, b) dazu in der Lage ist, sich anzumelden oder c) jemanden hat, der das für sie macht. Ich merke an: Es gibt viele alte Leute da draußen, die niemanden haben und die damit völlig überfordert sind. Ich erklärte meiner Mutter also, dass sie Post von ELSTER bekommt, und dass sie mir die Kuverts vor den Computer in meinem Arbeitszimmer ablegen soll. Da ich nicht so oft in Saalfeld bin, kam ich natürlich erst spät dazu, sie online anmelden zu wollen.

Und siehe da, es funktionierte nicht. Beim Hochladen und Aktivieren der Zertifikatsdatei bekam ich immer wieder eine Fehlermeldung.  Ich googelte also erst einmal, was die Fehlermeldung »Clientfehler 405 – Leider ist ein Fehler aufgetreten: Die von Ihnen gestellte Anfrage ist unvollständig oder fehlerhaft und kann daher nicht bearbeitet werden.« bedeutet. Nach einer Ewigkeit wurde ich fündig. Mein Browser ist zu alt. Ich habe daheim meinen alten iMac stehen, der mir bisher gute Dienste geleistet hat. Nun wird das Safari offenbar nicht mehr aktualisiert, also versuchte ich es mit Firefox, aber es ging trotz Aktualisierung nicht. Nach drei Mal falsch Eingeben ist ja der per Post gesendete Code bei ELSTER üblicherweise gesperrt. Und man muss einen neuen beantragen. Ich fragte mich: würde das bei der Fehlermeldung auch so sein? Frustriert packte ich die Sachen in meinen Koffer und beschloss, es in Waging am neueren Computer zu erledigen.

Eines vorweg: Meine Sorge war unberechtigt, die Aktivierung der Zertifikatsdatei ging mit dem neueren iMac problemlos. Die Fehlermeldung hat offenbar keinen Einfluss auf die Anzahl der Eingabeversuche. Ich konnte das ELSTER-Konto für meine Mutter erfolgreich aktivieren.

Nun machte ich mich an die tatsächliche Grundsteuererklärung. Das erste was mir auffiel, fast jedes Bundesland kocht sein eigenes Süppchen. In Bayern funktioniert es anders als in Thüringen. Verglichen, mit dem, was mein Mann eingeben musste, ist es in Thüringen tatsächlich um einiges komplizierter. Dass ich mehrere Grundstücke einzutragen hatte, vereinfachte die Sache natürlich nicht. Ich wühlte mich also durch die Formulare, überlegte bisweilen, was die von mir wollen und schaute in der Karte vom »Grundsteuer Viewer Thüringen« welche Größe das Grundstück hat und welchen Bodenrichtwert ich eintragen muss.

Hier stoßen wir auf das Kernproblem dieser ganzen Geschichte und weswegen es mich so aufregt. Offenbar liegen diese Daten den Behörden schon vor. Ist ja logisch: wofür gibt es letztendlich ein Grundbuchamt, wo man für viel Geld, etwas ein- oder austragen lassen muss. Könnte man das nicht mit den Daten der Finanzämter verknüpfen? Irgendwann muss das doch mal gemacht worden sein, denn sonst wüssten die ja nicht, welche Grundstücke meine Eltern besitzen. Witzigerweise beantwortete mir ausgerechnet die Online-Karte aus dem Viewer die Fragen aus dem Formular, z. B. wie viele Quadratmeter des Grundstücks bebaut sind. Das hätte ich selbst nur schätzen können. Aber da stand es schon schwarz auf weiß auf dem Monitor. Warum zur Hölle muss ich das also nochmal eintragen, wenn die Info bekannt ist?

Einen kompletten Vormittag (von 8 Uhr bis 12 Uhr) meines Urlaubs verbrachte ich mit der Grundsteuererklärung. Immer wenn ich dachte, ich hätte alles ausgefüllt und es wegschicken wollte, bekam ich eine Fehlermeldung, weil irgendwo was falsch oder nicht ausgefüllt war. Wie bitte soll ich die Bebauung eines Wochenendgrundstück bezeichnen, wenn es weder Bungalow noch Ferienhaus oder Gartenhütte in der Auswahl gibt. Einfach einen Text reinschreiben kann man nicht, nur etwas Auswählen und Zahlen eingeben. Ich war echt genervt. Irgendwie habe ich es am Ende doch so hinbekommen, dass ich es absenden konnte. Ob es alles richtig ist … Keine Ahnung!

Meine Meinung: Diese Grundsteuererklärung ist ein Witz. Es ist im Grunde genommen nur ein Abwälzen von Arbeit auf die Grundstücksbesitzer und ihre Angehörigen. Ein Finanzbeamter, der das täglich macht, wäre hundert Mal schneller fertig gewesen. Also entweder haben die in den Ämtern so viele Stellen abgebaut, dass sie nun keine Leute mehr haben, oder die Beamten sind im Homeoffice einfach noch fauler geworden, als sie ohnehin schon waren. Ich weiß es nicht, aber das Ganze ist für mich eine Farce. Das grenzt schon an Schikane. Was machen denn die vielen alten Leute, die keinen Computer und keine Kinder haben? Die müssen Wohl oder Übel zum Steuerberater, die sich daran wieder dumm und dämlich verdienen.

Zumindest war das ELSTER-Portal nicht überlastet. Dies war ja zu Beginn ein massives Problem. Ich sag nur: Deutschland Deine Ämter. Bürokratie trifft auf miserable Infrastruktur und heruntergewirtschaftete Ämter, denen das geeignete Personal fehlt. Ich sehe Schwarz für die Zukunft, denn das ist nur die Spitze des Eisbergs … aber darüber rede ich nächstes Mal.

Anzeigen für Adleraugen

Ich war am Wochenende mal wieder mit der Deutschen Bahn unterwegs. Sagen wir mal so, es lief erstaunlich pünktlich ab, bis auf die Viertelstunde, die der Regionalzug am Freitagmorgen verspätet losfuhr. Begründung: Grenzkontrollen!

Frage: Warum gibt es eigentlich noch immer Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich? Die wurden während der Flüchtlingskrise 2015 eingeführt und nie wieder abgeschafft. Das ist doch eine eklatante Verletzung der Schengener Verträge. Oder sehe ich das falsch?

Jedenfalls war ich überrascht, dass ich sowohl am Freitag als auch am Montag pünktlich angekommen bin. Die Sprints beim Umsteigen zähle ich inzwischen als Fitnesstraining. Einzig, die Regionalbahnen waren wieder pumpvoll. Ich frage mich ja, wer da eigentlich fährt? Diejenigen, die sonst immer gefahren sind, jedenfalls nicht. Ansonsten sieht man da Gestalten, denen möchte man nicht im Dunkeln begegnen und eigentlich auch nicht zu nahe kommen. Wahrscheinlich sind einige von denen, die jetzt mit dem 9-Euro-Ticket unterwegs sind, noch nie mit einem öffentlichen Verkehrsmittel gefahren, denn es mangelt massiv an Anstand und Benehmen. Da wird sich schon in den Zug reingedrängelt, da sind die Leute noch beim Aussteigen. Ich musste eine Familie lautstark auffordern, damit sie die Passagiere aus der Regionalbahn erst einmal haben aussteigen lassen. Dann werden die Sitze mit Koffer, Taschen und Füßen belegt, obwohl Leute in den Gängen stehen müssen, weil sie keinen Sitzplatz haben. Wenn man dann höflich daraufhin weist, das andere vielleicht auch sitzen wollen, wird man noch blöd angemacht. Die Zugbegleiter lassen sich gar nicht mehr sehen, wahrscheinlich eben aus dem Grund, oder weil sie ohnehin nicht mehr durch den Zug kommen. Das ist schon echt lästig. Die Bahner haben jedenfalls die Schnauze gestrichen voll. Ich kann es ihnen nicht verübeln.

Ich bin auch für einen bezahlbaren Nahverkehr, aber diese Aktion ist völlig falsch. Vielleicht sollte man sich vorher erstmal bei der Bahn erkundigen, ob die überhaupt die Ressourcen für so eine Aktion haben. Und außerdem finde ich 9 Euro im Monat einfach zu wenig Geld. 29 Euro hätte ich angemessener gefunden. Oder gleich ein 365 Euro Ticket fürs ganze Jahr. Mich wundert übrigens nicht, dass der CO2-Ausstoß durch das 9-Euro-Ticket nicht weniger geworden ist. Diejenigen, die konnten, sind nämlich aufs Auto umgestiegen.

Theorie

Das Beste an der Deutschen Bahn ist aber die zunehmende Digitalisierung. Da entdecke ich doch im Schaukasten des Wagenstandanzeigers ein Plakat. Dort steht, dass es ab sofort keinen Wagenstandsanzeiger mehr in Papierform gibt. Dafür sollen die Wagen in Echtzeit am Display angezeigt werden. Einerseits eine vernünftige Sache, denke ich, da die Anzeige in den letzten Jahren sowieso kaum mehr mit der Wirklichkeit übereingestimmt hat. Andererseits sollte aber die Anzeige das dann auch können. Was nämlich nicht überall der Fall ist. Die neueste Generation der Anzeigen am Bahnsteig kann das nämlich nicht.

Wirklichkeit

In Traunstein hat man vor kurzem die Displays getauscht. Weil man auf der neuen Anzeige, ja so viele Informationen mehr anzeigen kann. Das Problem ist aber, dass jemand, der nicht über einen Adlerähnlichen Blick verfügt, die angezeigten Informationen kaum entziffern kann. Hat es vorher gereicht, zehn Meter von der Anzeige wegzustehen, um alles gut zu erkennen, so kann man den Text jetzt nicht mal mehr lesen, wenn man zwei Meter davor steht. Das Beste ist ja. Dort wird die Wagenreihung aus Platzgründen nur zirka angezeigt, also nur erste und zweite Klasse ohne Wagennummern. Was für ein super Service. Da braucht man hellseherische Fähigkeiten, um zu wissen, wo jetzt der Wagen zum Stillstand kommen wird, in den man einsteigen möchte.

Welch ein Fortschritt! Ich frage mich ja immer: Wer heckt sowas aus? Wahrscheinlich niemand, der mit dem Zug fährt. Das muss man doch vorher testen, wie groß eine Anzeige sein muss, damit man sie auch in größerem Abstand auf einem Bahnsteig noch lesen kann. Dafür gibt es doch auch sicher irgendeine DIN-Norm.

Ich sehe schon, die Unfähigkeit verbreitet sich überall mit zunehmender Geschwindigkeit. Bei der Deutschen Bahn anscheinend noch schneller als anderswo.

Kein Idyll durch Klimawandel

Wer nicht an den Klimawandel glaubt, den lade ich gern mal in meine Thüringer Heimat ein. Dann darf er sich die kahlen Hänge und braunen Wälder mal ansehen. Seit Wochen hat es schon wieder nicht geregnet. Und leider ist es nicht nur in diesem Jahr so trocken, sondern schon die letzten fünf bis zehn Jahre. Früher hat es häufig geregnet, die Wälder waren feucht. Im Sommer suchte ich Pilze und spielte in den Bächen. Im Winter lag massenhaft Schnee und ich bin Ski- und Schlitten gefahren. Heute ist Schnee fast ein Fremdwort und die Bäche sind so gut wie ausgetrocknet. Der Waldboden bis in achtzig Zentimeter Tiefe völlig trocken. Wenn man durch den Wald geht, knirscht und knackt es unten den Füßen. Unter dem Laub ist der Boden aufgerissen, wie in der Wüste.

Nein, das ist nicht normal. Der Energiehunger der Welt fliegt uns gerade um die Ohren. Und jeder der meint, so ein Windrad verschandelt die Umwelt oder so ein paar Solarzellen am Balkon sehen doch hässlich aus, dem sage ich: Schau die verdorrten Wälder in Thüringen an, so wie sie werden mal alle Wälder aussehen. Verschandelt das nicht die Umwelt? Ist das dann ansehnlicher? Entweder wir lassen es so wie es ist und pulvern, auf Teufel komm raus, weiter fossile Brennstoffe in die Luft oder wir springen über unseren Schatten und investieren in Wasser, Wind und Solar.

Leider haben das die Politiker in den Regierungen in den vergangenen zwanzig Jahren allen voran die CDU nicht kapiert. Im Gegenteil, erst hat man die Solarbranche inklusive 80.000 Arbeitsplätzen kaputt gemacht. Dafür hat man ein paar Kohlekumpels gerettet. Mit der Windenergie hat man es in den vergangenen Jahren genauso gemacht. Jetzt hat das letzte Werk, in dem Rotorblätter für Windkraftanlagen in Deutschland gebaut werden, zugemacht. Der Grund: die Einführung der CO2-Steuer. Damit sei Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig. Außerdem hat die Bayrische Staatsregierung mit der Einführung der 10H-Abstandsregel (zehn mal die Höhe muss der Mindestabstand zum nächsten Wohngebäude sein) ganze Arbeit geleistet. In einer zersiedelten Region wie Oberbayern, wo alle Kilometer mal ein Bauernhof liegt, ist es damit so gut wie unmöglich eine Windkraftanlage zu errichten.

Wasserkraft hat es in den vergangenen Jahren auch schwer. Die Pumpspeicherkraftwerke (PSW) im Landkreis-Saalfeld-Rudolstadt tun sich schwer, den erzeugten Strom gewinnbringend zu verkaufen, weil sie Netzendgelte an die Bundesnetzagentur zahlen müssen. Obwohl andere Stromspeicher von den Netztentgelten befreit sind. Aber so ein PSW ist eben auch ein Stromspeicher, warum gilt das für diese Form der Kraftwerke nicht? Das Ende vom Lied ist, die PSW stehen still und werden nicht mehr als Spitzenlastkraftwerk genutzt. Dafür verstromt man lieber Gas, weil man den Strom dann viel teuerer verkaufen kann und insgesamt mehr an Strom verdient. Deshalb hat Deutschland mit die höchsten Energiepreise. Im Gegenzug hat es aber auch die schlechtesten Netze, weil das Geld das RWE, E. ON, Vattenfall und EnBW verdienen, meist ins Ausland abwandert. Vattenfall, dem der gesamte ostdeutsche Markt gehört, ist ein schwedisches Energieunternehmen. Ihm gehören auch die Stauseen an der Saale.

Wenn man nicht zu genau hinsieht kommt hier tatsächlich noch ein wenig Idylle auf. Man darf sich fragen wie lange noch.

 

Die blödeste Erfindung seit es die Deutsche Bahn gibt Teil 2

Halten wir fest, dass ich nach der Hinfahrt ziemlich genervt von der Idee mit dem Neun-Euro-Ticket war (und noch immer bin). Um Ähnliches zu vermeiden, bin ich am Montag eine halbe Stunde eher zum Bahnhof, um in der Regionalbahn nach Erfurt auch einen Sitzplatz zu bekommen.

Montagvormittag 11:45 Uhr: Nachdem ich morgens beim Zahnarzt schon ziemlich hippelig war, u.a. weil ich 15 Minuten warten musste, steigt die Spannung am Bahnsteig noch. Doch der Zug kommt pünktlich, die Leute steigen aus und es ist so leer, dass zwei Fahrgäste sogar ihre Fahrräder mitnehmen dürfen. Normalerweise ist die Mitnahme von Fahrrädern momentan eingeschränkt worden, wegen der vielen Fahrgäste. Der Zug fährt auch pünktlich los. Es ist auch eine Privatbahn und gehört nicht zur DB-Regio. Es herrscht keine FFP2-Maskenpflicht, ein medizinischer MNS reicht. Die erste Hiobsbotschaft erreicht mich noch während der Fahrt. Der ICE-Sprinter, mit dem ich fahren wollte, fällt aus. Aber es soll einen Ersatzzug geben. Toll! Da hätte ich mir das Geld für die Platzkarte echt sparen können. Warum ich dann dennoch zehn Minuten später in Erfurt ankomme, erschließt sich mir leider nicht. Aber ich hab ja genug Zeit zum Umsteigen und hole mir erst mal was zu Essen aus dem Asia-Imbiss. Das Essen dort wollte ich ohnehin schon lange mal probieren.

Der Ersatzzug lässt auf sich warten. Dafür hat er mehr Wagons, und ich ahne, warum ein Ersatzzug eingesetzt wurde. Der normale Zug war nämlich bis fast auf den letzten Platz ausgebucht. Ich hatte eine der letzten Platzkarten bekommen. Ich stehe also im dünnen Jäckchen am zugigen Bahnhof. Es regnet leicht und der Zug hat wieder mal Verspätung. Erst fünf, dann zehn und schließlich zwölf Minuten als er endlich einfährt. Ich steige ganz vor in den ersten Wagen. Der ist erfahrungsgemäß nicht ganz so voll. Und tatsächlich strahlen mich viele leere Plätze an. Es gibt sogar noch leere Einzelabteile. Die wenigen Fahrgäste verlieren sich im Großraumabteil, aber das ist ganz angenehm. Weniger angenehm ist der lautstark telefonierende Managertyp, der, als wir aus Erfurt rausfahren, aber verstummt, weil das Netz weg ist. Einziger Schwachpunkt im Zug: das WLAN funktioniert irgendwie nicht.

Wenige Kilometer weiter. Irgendwo in der Nähe von Ilmenau, dann ein Ruck. Der Zug bremst abrupt ab und bleibt kurz vor einem Tunnel stehen. Der Zugführer gibt durch, dass wir von der Strecke ausgebremst wurden. Er weiß noch nicht warum, aber sie stehen schon mit der Stellwerks-Zentrale in Verbindung. Ich schaue auf die Uhr und bin noch entspannt. Ich habe in München eine Dreiviertelstunde zum Umsteigen. So eine Störung kann dauern oder schnell vorbei sein. Minuten später hört man wie der Triebwagen angeworfen wird und der Zug versucht loszufahren, aber nicht von der Stelle kommt. Das Spielchen wiederholt sich alle fünf Minuten. Die Fahrgäste hinter mir amüsieren sich, und machen Witze über angezogene Handbremsen. Inzwischen stehen wir schon seit vierzig Minuten. Ich sehe meinen Meridian schon davonfahren. Kurz Zeit später die erlösende Durchsage vom Zugchef. Es geht weiter, die Störung auf der Strecke ist behoben, wir können weiterfahren. Der Zug setzt sich wieder in Bewegung, rein in den ersten der 26 Tunnel, die durch den Thüringer Wald gebohrt wurden.

Nach Nürnberg habe ich Lust auf einen Kaffee und laufe durch den halben Zug bis zum Bistro. Nur um festzustellen, dass es geschlossen ist. Nun es ist kurz nach 16 Uhr. Vielleicht haben die Angestellten schon Feierabend. Ich kehre zurück an meinen Platz und schreibe an meinem Roman. Dabei ignoriere ich die Tatsache, dass ich knapp 50 Minuten Verspätung habe. Vielleicht holt er ja auf der Schnellstrecke zwischen Nürnberg und Ingolstadt noch auf. Die Hoffnung zerschlägt sich kurz vor München, wo der Zug wieder langsamer wird und im Schneckentempo durch die Münchner Vororte schleicht. Mein Zug Richtung Salzburg ist definitiv weg und wegen der aktuellen Baustellen, fahren die Züge der Bayrischen Oberlandbahn momentan nur alle Stunde und nicht alle halbe Stunde. Ich werde also erst nach 19:15 Uhr da sein und nicht wie geplant 18:15 Uhr. Ich hole mir am Hauptbahnhof einen Kaffee, laufe raus bis zum Holzkirchener Bahnhof (ca. 800 m) und rufe meinen Mann an. Am Gleis steht an der Anzeigetafel, dass der Zug ausfällt. Ich checke die Navigator-App, da steht der Zug normal drin. Ich bleibe erstmal stehen und warte. Und tatsächlich kommt er wenig später komplett leer angefahren. Ich steige heute mal weiter hinten ein, denn ich ahne, dass sich die Leute im letzten Waging stapeln werden. Draußen auf dem Bahnhof höre ich die Durchsage, dass die Strecke Richtung Landshut wegen umgefallener Bäume gesperrt ist und momentan keine Züge fahren. Ich habe Mitleid mit den Reisendenden, vor allem den Pendlern.

Knapp eine Dreiviertelstunde später fahre ich einem ziemlich vollen Meridian weiter Richtung Salzburg. Am Grafinger Bahnhof halten wir plötzlich an. Eine Durchsage des Zugführers teilt mit, dass wegen eines Gewitters ein paar Bäume im Gleis liegen. Super, das hat mir heute noch gefehlt. Was habe ich getan, dass mich das Karma so bestraft? Zum Glück ist die Strecke nicht voll gesperrt, sondern nur ein Gleis. Wir müssen drei Züge aus der Gegenrichtung durchlassen, dann fahren wir weiter. Zwanzig Minuten Verspätung sind es dann trotzdem. Irgendwann nach halb Acht komme ich dann völlig fertig in Traunstein an. Ich reise mir die FFP2-Maske runter, weil mein Gesicht juckt. Ich werde die nächsten Tage wieder mit Ausschlag zu kämpfen haben. So viel zum Thema, Maskentragen wäre nicht gesundheitsschädlich oder einschränkend. Pah! Ich möchte nicht wissen, wieviel Mikroplastik sich in diesen knapp acht Stunden wieder in meiner Lunge abgelagert hat. Das kostet mich bestimmt ein paar Lebensmonate.

Zumindest habe ich heute ausreichend Zeit gehabt, um an meinem Roman weiter zu schreiben. Man soll ja immer positiv denken. Aber nun habe ich aber erstmal genug vom Zugfahren und bin heilfroh, die nächsten Wochen nicht in einen Zug steigen zu müssen. Für Anfang August habe ich bereits ein Ticket gekauft. Seltsamerweise gibt es kaum noch günstige Spartickets, seit es das Neun-Euro-Ticket gibt. Na ja, irgendwie muss die Bahn das Geld wieder reinholen. Das macht sie dann bei denjenigen, die regelmäßig fahren. Wie ich gehört habe, sind viele Pendler, wegen der vollen Züge und den unmöglichen Zuständen aufs Auto umgestiegen. Dann hat es doch geklappt, auch noch diejenigen vom Zugfahren abzuhalten, die sich das bisher noch freiwillig angetan haben. Ich sehe schon, am Ende fährt die Deutsche Bahn ohne Passagiere. Laut der Statistik aus den letzten beiden Jahren sind die Züge ohne Fahrgäste viel pünktlicher.

Hier noch ein paar Infos zu der Vollbremsung. Der Zugchef aus dem ICE war kurz vor München noch im Abteil und hat sich bei allen Fahrgästen entschuldigt. Das European Train Control System (ETCS) der Hochgeschwindigkeitsstrecke hat eine Zwangsbremsung eingeleitet, weil es die ETCS-Fahrterlaubnis des ICE nicht erkannt hat. Um das zu beheben, müssen mehrere Anfragen an das zentrale Stellwerk geschickt werden und die Erlaubnis zur Weiterfahrt muss schriftlich protokolliert werden. (Wahrscheinlich haben die ein Fax geschickt.) So viel zur modernen Technik. Wegen der Verspätung hatte dann auch das Bistro geschlossen. Die Bistro-Besatzung musste in Nürnberg aussteigen, damit sie mit dem Rückzug überhaupt wieder nach Hause gekommen sind. Kann man irgendwie verstehen.

Zum Neun-Euro-Ticket nur noch so viel. Der Hype wird nachlassen, weil viele Leute inzwischen begreifen, dass Bahnfahren nicht so easy ist, wie es immer propagiert wird. Es erfordert Geduld, Flexibilität und eine gewisse Fitness. Nicht zu vergessen das Wissen über die Abläufe und Informationsbeschaffung. Die Navigator-App ist da inzwischen unerlässlich. Ohne Smartphone würde ich heute keinen Zug mehr betreten. Ich frage mich, wie ich früher ohne ausgekommen bin. Nun, da waren auch die Züge pünktlicher. Im Rahmen des Neun-Euro-Tickets wäre ich auch dafür wieder die dritte Klasse einzuführen. Wer da alles mitfährt und wie sich manche Leute benehmen … Mannomannomann. Ich hätte auch schon einen Vorschlag:

Die blödeste Erfindung seit es die Deutsche Bahn gibt Teil 1

So, nach einem langen und turbulenten Wochenende bin ich wieder einigermaßen daheim angekommen. Zumindest habe ich heute mal wieder Zeit zum Bloggen, denn zu erzählen gibt es genug.

Ich war mal wieder mit der Deutsche Bahn unterwegs. Nichts neues eigentlich, aber an diesem Wochenende hatte ich wieder ein besonders schlechtes Karma, das dann auch noch mit dem Chaos des Neun-Euro-Tickets zusammenfiel. Doch von Anfang an.

Donnerstagmorgen 5:30 Uhr am Bahnhof Traunstein: Es ist Feiertag und ich muss schmerzlich feststellen, dass an einem Feiertag die Bahnhofshalle erst um 7 Uhr öffnet und beim Bäcker drinnen zwar schon jemand da ist, aber man weder einen Kaffee noch ein Brötchen kaufen kann, weil man nicht hinkommt. Nun gut, ich hatte mir glücklicherweise was eingesteckt. Der erste Zug Richtung München ist ein IC und steht schon mit fünf Minuten Verspätung angeschrieben. Der nachfolgende Meridian mit dem ich fahren will, wird noch pünktlich angezeigt. Eine Viertelstunde später ist die Verspätung auf zehn Minuten angewachsen und nun hat auch der Meridian fünf Minuten. Der Grund Grenzkontrollen. Nochmal eine Viertelstunde später fährt endlich der IC ein, wenig später auch der Meridian, allerdings am anderen Gleis. Weiter geht’s erstmal nicht, wegen einer Stellwerksstörung. Während sich die beiden Zugführer auf dem Bahnsteig unterhalten und eine Zigarette rauchen, steige ich schon mal ein. Irgendwann eine Durchsage des Zugbegleiters des ICs, der Zugführer möge sich doch bitte in seine Lok begeben und losfahren, das Signal stehe auf Grün. Tja, auch Mann kann sich schon mal festquatschen. Der IC fährt los, der Meridian muss noch warten. Mit 25 Minuten Verspätung beginne ich dann endlich meine Fahrt. (Alle Achtung. Das bedeutet 25 Minuten auf 25 Kilometern. Soweit ist es bis Salzburg, wo beide Züge losgefahren sind.) Meinen Anschlusszug in München schreibe ich schon mal ab. Zum Glück fährt eine halbe Stunde später noch einer. Vor Rosenheim machen wir dann nochmal auf freier Strecke eine kleine Pause, weitere Minuten vergehen. Ich beschließe, mich nicht aufzuregen. Der Zug ist außerdem schon recht voll. Ich ahne bereits Schlimmes, wenn ich an die Regionalbahn von Nürnberg nach Saalfeld denke.

Am Münchner Ostbahnhof angekommen, fährt der Zug erstmal nicht mehr weiter. Wegen einer Baustelle ist die Strecke nur eingleisig befahrbar. Ich bleibe sitzen, den alternativen ICE, mit dem ich hätte fahren wollen, schaffe ich sowieso nicht mehr. Mit sage und schreibe 40 Minuten Verspätung treffe ich endlich am Hauptbahnhof München ein. Lasse am ziemlich belagerten Servicepoint meine Zugbindung aufheben. Irgendwie verstehen viele Reisende nicht, wie die Abfertigung am Service Point funktioniert. Dass man zwar in einer Reihe wartet, aber dann an jeden Schalter gehen kann, der frei wird. Nun, ich nutze dieses Wissen und bin gleich dran. Viel Zeit habe ich eh nicht bis zur Weiterfahrt, aber für einen Kaffee ToGo vom »Rischart« reicht es.

8:22 Uhr fahre ich mit zwei Minuten Verspätung mit einem erfreulich leeren ICE weiter nach Nürnberg. In Nürnberg bleiben mir genau vier Minuten zum Umsteigen. Zum Glück gehts hier nur eine Treppe runter, fünf Meter durch die Unterführung und die nächste Treppe wieder hoch. Ich hatte meinen Sitzplatz im ICE schon so gewählt, dass ich genau an der richtige Treppe herauskomme. Am Bahnsteig erwarten mich eine Gruppe Sicherheitsleute (kann auch Polizei gewesen sein), die die geschlossenen Türen der Regionalbahn verbarrikadieren. Ich werde mit einem Kopfschütteln abgewiesen. Daraufhin schnauze ich den Typen an, dass ich seit fünf Uhr unterwegs bin, mehrere Züge verpasst und 80 Euro für mein Ticket bezahlt habe. Es interessiert ihn nicht, er lässt mich nicht einsteigen. Ich renne weiter, die nächste Tür ist unbewacht, weil der Zug gleich abfahren soll. Von drinnen sieht mich ein Mann kommen und macht mir auf. Ich quetsche mich zwischen die stehenden Passagiere und bin drin. Völlig aufgelöst, vom Rennen und der Aufregung.

Kleiner Eindruck vom vollen Regionalzug

Draußen sind 30 Grad, der Wagon ist brechend voll und ich bekomme wegen der FFP2-Maske keine Luft mehr – zumindest kann ich nicht umfallen. Drei Stationen später wird es noch enger und ich quetsche mich auf einen freien Notsitz vor dem Klo. Körper an Körper mit zwei beleibten Männern. Frei nach dem Motto: lieber schlecht gesessen, als gut gestanden. Die Luft ist zum Schneiden und wenn beim Halt an den Bahnhöfen die Türen aufgehen, giert jeder nach Luft. Vor mir packt eine junge Frau einen Fächer aus und wird sofort von allen mit neidischen Blicken bedacht. Sowas sollte ich mir vielleicht auch mal in die Handtasche stecken.

Drei Stunden, so lange dauert die Fahrt von Nürnberg nach Saalfeld mit der Regionalbahn. Dieses Mal ist es noch ein bisschen länger als sonst, weil mehr Leute zusteigen als aussteigen. Die meisten wollen nach Leipzig. Ein Ehepaar im mittleren Alter neben mir will sogar weiter nach Wismar. Sie sind heute morgen aus Stuttgart losgefahren. Der Mann muss stehen, die Frau setzt sich später neben mich, nachdem einer der Männer ausgestiegen ist. Ihr Mann jammert. Sie versucht ihn aufzuheitern, und bietet ihm ihren Sitz an, aber er bleibt genervt. Normalerweise fahren sie nicht mit der Bahn, erzählt sie mir, aber das mit dem Neun-Euro-Ticket war einfach zu verlockend. Aber dass es so voll ist, hätte sie nicht gedacht. Als ich ihr sage, dass die Deutsche Bahn von Reisen an die Ostsee abrät, wegen der vollen Züge, kommt sie ins Grübeln. Sie überlegt, ob sie nicht das Wochenende in Leipzig verbringen sollten.

Mir läuft inzwischen der Schweiß in Bächen herunter. Mein Shirt ist durchgeweicht, meine Maske sowieso. Ich trage das Ding seit sechs Stunden und kann nicht mehr. Ich ziehe es von der Nase und atme tief durch. Es interessiert ohnehin keinen mehr. Bei den wenigsten sitzt sie noch richtig. 12:30 Uhr steige ich endlich am Ziel aus dem Zug (knapp zwei Stunden später als geplant), genauso wie das Ehepaar. Sie beschließen mit dem nächsten Zug wieder nach Hause zu fahren. Dem Mann reicht es. Ich sage zu der Bahnbeamtin am Bahnsteig, die ich seit Jahren kenne, wie bescheuert ich die Idee mit dem Neun-Euro-Ticket finde. Sie antwortet mir mit dem Arm über dem Kopf: Ihr steht’s bis dahin.

Als ich mit meinem Koffer die Treppe zur Unterführung runtersteige, denke mit Grauen an die Rückfahrt am Montag.

Gendern ist diskriminierend und sexistisch

Danke, Danke, Danke an Nele Pollatscheck, die übrigens ein richtiger Trekkie ist, für ihren Artikel über das Gendern im Tagesspiegel.

Ich rege mich deswegen so über das Thema auf, weil die Deutsche Bahn gestern wieder den Vogel abgeschossen hat. Da tauchte in einem Tweet tatsächlich das Wort »Reisendenlenker:innen« auf. Liebe Deutsche Bahn, seid ihr jetzt komplett gaga? In der Vergangenheit musste ich denglische Wörter wie »Infopoint« und »Servicepoint« ertragen. Nun sind es Begriffe, die schon ein deutscher Muttersprachler nur schwer erfassen und verstehen kann, wie muss es da jemandem gehen, der Deutsch nur als Fremdsprache erlernt hat? Ja, das ist auch eine Form der Diskriminierung.

Wenn ich als Frau einen gegenderten Text lese, geht mir jedes Mal der Hut hoch. Abgesehen von der sprachlichen Ästhetik fühle ich mich auf mein Geschlecht reduziert. Dabei sollte es um Gleichberechtigung gehen. Jeder soll gleich behandelt werden. Wenn ich aber jedes Mal das Geschlecht eines Menschen hervorhebe, dann bedeutet das eine Sonderbehandlung. Dann erhöhe ich den einen auf Kosten des anderen. Dann bedeutet das, dass der Mensch nur nach seinem Geschlecht beurteilt wird und nicht nachdem, was er ist oder kann. Es spaltet die Gesellschaft, denn jedem der da nicht mitmacht, wird die Moral aberkannt.

Es ist tödlich für eine starke Gemeinschaft, die unter politischem und neoliberalem Druck steht, wenn jeder nur für sich selbst und seinesgleichen kämpft. Ohne einen geschlossenen Widerstand kann sich der Turbokapitalismus immer schneller und weiter ausbreiten, die Ungerechtigkeit weiter fortsetzen und immer mehr Menschen in Armut treiben. Das Einzige was sich dem entgegensetzen kann, ist eine starke Gemeinschaft in der jeder zugunsten der Gemeinschaft seine persönlichen Belange zurückstellt und für die gemeinsame Sache kämpft. Nur so funktioniert Gleichheit. Und nicht in dem man Frauen oder Transsexuelle Personen in Texten sichtbar macht, in dem man sie auf ihr Geschlecht reduziert. Das hat noch keiner Frau geholfen, gleiches Geld für gleiche Arbeit zu bekommen, oder einen Posten im Aufsichtsrat.

Darüber zu reden ist leicht, etwas aktiv dagegen zu tun, ungleich schwieriger. Es kostet Mühe und Zeit, die viele, der sich moralisch überlegen fühlenden, Genderbefürworter nicht aufwenden wollen.

Bürokratismus zum Quadrat

Mich wundert es inzwischen, dass in der Bundesrepublik überhaupt noch irgendetwas funktioniert, von staatlicher Seite gesehen. Wie starr das bürokratische System zuweilen ist, habe ich unlängst mal wieder erlebt.

Ein Kollege von mir sucht für sich, seine Frau und seine drei kleinen Kinder eine andere Wohnung. Das Mehrfamilienhaus, in dem er jetzt wohnt, ist ein Loch, heruntergekommen, dreckig, kaputt und mit zweifelhaften Mitbewohnern. Für Kinder absolut nicht das geeignete Umfeld. Weil er und seine Frau aber aus Albanien bzw. Griechenland stammen, liegen seine Chancen auf dem privaten Wohnungsmarkt etwas zu bekommen bei nahezu Null.

Also habe ich den Bauträger angesprochen, mit dem ich gerade ein Projekt zum sozialen Wohnungsbau plane. Die gaben mir den Rat, mein Kollege solle sich einen Wohnberechtigungsschein ausstellen lassen. Der Link zum Landratsamt hing gleich an der Mail dran. Dort fand ich auch das Formular, was mein Kollege ausfüllen und unterschreiben musste. Weil er sich damit nicht so gut auskennt, habe ich das Formular ausgefüllt. An einer Stelle war ich mir aber nicht sicher und rief im Landratsamt an. Nach einigen hin und her, fragte mich die Dame, wo der Kollege genau wohnt. Ich antwortet: in Traunstein. Da meinte sie, dass sie in dem Fall nicht zuständig wäre. Ich müsse mich an die Stadt Traunstein wenden. Super, dass hätte man ja auch mal auf der Internetseite schreiben können.

Ich ging also auf die Internetseite der Stadt Traunstein und suchte dort nach dem Ansprechpartner und dem Formular. Fehlanzeige! Ich fand nicht mal heraus, welches Amt dafür zuständig ist und rief den Bürgerservice an. Die nannten mir zumindest eine Telefonnummer, bei der ich anrufen konnte. Als ich dann endlich jemanden erreicht habe und die Frage nach dem Formular stellte, bekam ich zur Antwort, dass es die Unterlagen nur in Papier gäbe und man die im Rathaus abholen müsse. Auf meine Frage, ob sie mir die Sachen nicht per E-Mail schicken könnte, wurde mir gesagt, das ginge nur, wenn ich eine Vollmacht meines Kollegen vorweisen könne. O-Ton: Da könnte ja jeder kommen.

Hä? Ich hab erstmal gestutzt. Beim Landratsamt steht das Formular als Download für jeden zugänglich im Internet. Aber bei der Stadt brauche ich eine Vollmacht, um für den Kollegen per E-Mail ein PDF-Formular anzufordern, mit dem man ohne die dazugehörigen Ausweiskopien und Einbürgerungsurkunden null anfangen kann? Sowas kann man sich nicht ausdenken.

Ich habe dann den Kollegen zum Rathaus geschickt, und ihm erklärt, was er abholen soll. Er brachte mir einen dicken Stapel Papier, weil es nicht nur ein Formular ist, sondern fünf weitere. Das alles muss dann auch wieder in Papierform zurück ins Rathaus. Soviel zum Thema Digitalisierung.

Übrigens! Das eigentliche Formular für die Erteilung eines Wohnberechtigungsscheins von der Stadt Traunstein ist das gleiche wie das vom Landratsamt Traunstein. Nun, wer hätte das gedacht.

Über so viel Bürokratie kann man eigentlich nur den Kopf schütteln.