Von der Mündigkeit des Autors

Viele Dinge habe ich im vergangenen halben Jahr gelernt. Nicht nur wie man möglichst spannende Geschichten plottet und schreibt, sondern auch, wo meine Grenzen sind. Was ich gut kann und was nicht so gut. Woran ich noch arbeiten muss, und was ich in Zukunft ausprobieren sollte. Noch mehr aber, als alle Fertigkeiten die mit dem Schreiben zu tun haben, konnte ich jene Eigenschaften erproben, die mir schon immer schwergefallen sind.

Dazu gehört Durchhaltevermögen. Davon braucht man als Autor besonders viel, vor allem dann, wenn die Geschichte geschrieben ist und die Überarbeitungen anstehen. Das wird schnell zur Quälerei und man muss sich schon sehr gut selbst motivieren können.

Ein weiterer Punkt ist Leidensfähigkeit. Wenn der perfekte Text in den Augen des Lektors nämlich nicht so perfekt ist, wie man gedacht hatte. Da hilft auch der sachlichste Tonfall bei der Kritik nicht darüber hinweg, dass man frustriert das Handtuch werfen möchte.

Das wichtigste aber ist bei aller Kritik, sich die eigene Meinung zu bewahren. Sich nicht durch den Lektor vereinnahmen zu lassen, sondern auch mal auf dem eigenen Standpunkt beharren. Etwas was ich gerade erlerne. Regeln und Strukturen beim Schreiben sind gut, sie helfen voranzukommen, orientiert zu bleiben und aus einer guten Geschichte eine sehr gute zu machen. Aber, wenn ich einen Text bis ins letzte Wort in ein Gerüst von Regeln quetsche, wenn ich jeden Satz perfektioniere, dann geht meiner Meinung nach etwas wichtiges verloren. Individualität. Ich weiß jetzt, dass ich den erhofften Perfektionismus nie erreichen werde und dass ich das auch nicht muss, weil die klitzekleinen Schwächen und Unzulänglichkeiten das Salz eines Romans sind – das ureigene Unterscheidungsmerkmal sozusagen. Und ja, mein Schreibcoach wird mir jetzt vehement widersprechen. Ich steh trotzdem dazu.

Wie sagte mir mal ein guter Autorenfreund: »Wir Autoren müssen immer das Gefühl haben, der Boss über unseren Text zu sein, auch wenn wir wissen, dass wir vom Lektor ferngesteuert werden. Sonst kommt man sich entmündigt vor.«

Die Leiden des Autors

Indirekt, passiv, Klischee und show don’t tell – das sind die Begriffe, mit denen ich mich in den letzten Wochen und Monaten auseinandersetzen musste.
Was nichts anderes bedeutet:

  • nicht indirekt beschreiben (dazu gehört meine Lieblingsformulierung »nahm zur Kenntnis«);
  • nicht passiv schreiben (fast alle Sätze, in denen das Wort »werden/wird« enthalten ist.);
  • keine Klischees verwenden (dazu zählen alle Formulierungen, die man jeden Tag in der Zeitung lesen kann)
  • und mein »Lieblingsleitsatz« show don’t tell (zeige, was die Figur tut und fühlt, statt es zu erzählen).

Obwohl mein Schreibcoach Roman Schleifer für jede Änderung den Grund in einem Kommentar erklärte, wusste ich manchmal nicht so recht, warum das, was ich geschrieben hatte, passiv sein sollte oder indirekt. Da half dann nur ein klärendes Gespräch via Skype oder eine E-Mail mit Roman. Durch ihn erfuhr ich, dass ich ein Problem mit Zeitformen habe, speziell mit dem Einsatz von Präteritum und Plusquamperfekt. Denn im obigen Satz müsste es »ich habe erfahren« heißen. Wobei das jetzt das Perfekt ist, das in literarischen Texten nicht eingesetzt wird (dieser Teilsatz ist übrigens passiv, erkennbar am »wird«). Das war mir bisher auch noch nicht bewusst. Man lernt eben nie aus, auch dass man »man« nicht in Romanen verwenden darf. Verben wie »machte« sind genauso schlecht und werden gemeinhin als »Verbfaulheit« bezeichnet. Das Wiederrum zeigte mir mein neues Schreibprogramm Papyrus, das ich jedem Autor ans Herz lege.

Apropos ans Herz legen: Was ich mir abgewöhnen muss, ist die Verwendung von Klischees. Dazu gehört unteranderem der Begriff »Hexenkessel«, wenn ich einen Tumult beschreiben will. Entweder ich umschiffe es mit einer aktiven Beschreibung oder ich finde einen ausgefalleneren Vergleich.

Ich weiß jetzt, dass ich eine Handlung aktiv beschreiben muss und nicht drumrum erklären darf, sprich show don’t tell. Diese Anmerkung von Roman konnte ich am Ende kaum noch ertragen. Aktiv, sprich show, wird es durch Dialoge und Gesten. Wobei ich mit Letzteren aufpassen muss, damit sie nicht zu häufig vorkommen. Da ist Abwechslung gefragt. Was bedeutet, dass ich überlegen muss, wie ein Mensch Gefühle in Bewegungen, Mimik oder Gestik ausdrückt. Außerdem darf ich meine Figur nicht sehen oder beobachten lassen, sondern ich muss beschreiben, was sie sieht, da ich ja im Kopf der Figur stecke und nicht als Autor darüber schwebe. Das ist mitunter schwieriger, als ich dachte. Da kommt es manchmal auf Nuancen an, ob eine Formulierung richtig oder falsch ist.

Wie ist das nun mit all den neuen Erkenntnissen durch das Schreibcoaching von Roman?
Es hat meine Art zu schreiben verändert, weil ich jetzt genauer überlege, ob ein Satz all den Forderungen entspricht. Das ist am Anfang sehr mühsam und ich brauche für einen kurzen Text viel länger als früher. Doch laut Roman soll es nach einer Million Wörtern derart in Fleisch und Blut (wieder ein Klischee) übergehen, dass ich nicht mehr nachdenken muss.

Worüber ich mich aber richtig freue ist, dass ich jetzt weiß, wann man »das« mit s und wann mit ss schreibt. Dieses Problem verfolgt mich seit meiner Schulzeit. Ich habe schon so viele Eselsbrücken ausprobiert, aber keine hat bisher funktioniert. Ich habe das immer gefühlsmäßig eingesetzt, bis Roman mir eine einfache Regel erklärt hat, anhand der ich endlich begriffen habe, wann ich welches Wort verwenden muss. Alleine deshalb hat sich das Schreibcoaching schon gelohnt. Und natürlich auch wegen all den anderen Erkenntnisse …

Detailreiches Bild

Das habe ich noch gar nicht geteilt …

Das Cover für die Fan-Edition ist fertig. Es gefällt mir unheimlich gut. Hans-Jochen Badura hat großartige Arbeit geleistet. Ich war ja schon nach dem ersten Entwurf hin und weg. Weil es genau die Szene war, die ich mir gewünscht habe. Ich hatte mir im Auftrag meines Schreibcoach, Roman Schleifer, vier Szenen aussuchen dürfen, die für das Titelbild in Frage kamen. Natürlich hatte ich eine Lieblingsszene. Ich stellte also den Text zu den Szenen zusammen, der einen Auszug der Szene sowie die Beschreibung der Figuren und des Settings enthielt. Nach circa einer Woche bekam ich die Entwurfsskizze und freute mich riesig, dass es meine Herzblutszene auf das Titelbild geschafft hatte.

Dann ging Hans-Jochen an die Arbeit, während ich mich mit den Korrekturen am Manuskript herumquälte. Relativ schnell bekam ich von ihm einen ausgearbeiteten Entwurf, an dem mir ein paar Details noch nicht gefielen. Inzwischen standen wir in regem Kontakt und ich machte Vorschläge, wie ich mir die Szene vorstellte. Der Künstler schickte mir einen Entwurf zu den Änderungen und in dieser Woche kam dann das fertige Bild.

Ich war hin und weg. Das Bild ist derart detailreich, dass ich staunte. Bloß befürchte ich, dass man es auf dem gedruckten Titel gar nicht richtig sehen kann. Deshalb zeige ich an dieser Stelle meinen Lieblingsausschnitt.

Zweite Kostprobe vom Geheimprojekt

Ich habe lange nichts von meinem derzeitigen Geheimprojekt geschrieben. Vor allem habe ich lange nichts dafür geschrieben. Das wird sich hoffentlich in wenigen Tagen ändern, wenn ich die Fan-Edition endlich vom Tisch habe. Ich scharre schon längst mit den Hufen.

Licht! Es tut höllisch weh. Wie tausend Nadeln, die sich mir in den Kopf bohren. Stöhnend vergrabe ich mich tiefer ins Kopfkissen, doch das Licht will nicht weichen. Es ist überall, zerrt an mir, reißt mein Bewusstsein aus dem Reich der Träume an die Oberfläche.
Mein Handrücken drückt gegen mein Gesicht. Er fühlt sich feucht an. Ich ziehe ihn unter meinem Kopf hervor und betrachte ihn blinzelnd. Speichelfäden ziehen sich von der Hand zum Mund. Mühsam drehe ich mich um. Autsch! Die Bewegung schmerzt, mein Rücken fühlt sich an, als wäre er in der Mitte auseinander gebrochen.
Scheiße nochmal, was ist gestern passiert?
Mein Schädel ist doppelt so groß wie sonst, dafür aber umso leerer. Nicht der Hauch einer Erinnerung will sich mir offenbaren. Mein Mund hat die Trockenheit einer Wüste, wahrscheinlich weil mir der ganze Sapper rausgelaufen ist. Ich starre zur Decke und erkenne das »FeelingB«-Poster, das ich irgendwann dort aufgehängt habe. Ich schließe daraus, dass ich mich in meiner Wohnung befinde, doch wie ich hierher kam, weiß ich nicht mehr.
Ein Geräusch lässt mich aufschrecken. Es dauert, bis ich es identifizieren kann: Das Läuten der Türklingel. Der penetrante Laut martert mein Gehirn. Ich will nicht aufstehen, nicht jetzt. Doch derjenige an der Tür lässt nicht locker.
Ich stemme mich hoch, bis ich auf der Bettkante zum Sitzen komme. Die Schlieren vor meinen Augen verziehen sich nur langsam. Nach und nach erkenne ich meine Springerstiefel, die vor dem Bett stehen und meine ramponierte Lederjacke, die jemand über den Stuhl gehängt hat. So ordentlich, dass war bestimmt nicht ich.
Der Geruch von kaltem Rauch steigt mir in die Nase und ich registriere mit Ekel, dass er von meinem dreckstarrenden T-Shirt ausgeht. Wenn ich eines hasse, dann Nikotin.
Das Klingeln hört nicht auf, im Gegenteil, es wird drängender.
»Ja! Verdammt nochmal, ich mach ja schon!«
Auf die Füße zu kommen, ohne gleich wieder umzufallen, fällt mir gerade extrem schwer.
Wie habe ich das nur früher gemacht?
Ich glaube, ich werde langsam alt. Dieser Gedanke hat etwas Beängstigendes und ich reiße mich zusammen. Du bist einunddreißig, das ist nicht alt. Dennoch muss ich mich wie ein Greis am Türrahmen festhalten, bevor ich in den Korridor trete.
Das Klingeln hat aufgehört, dafür sind jetzt laute Klopfgeräusche zu hören und eine besorgte Frauenstimme.
Ich versuche den Schlüssel im Schloss zu drehen und stelle fest, dass nicht abgeschlossen ist. Dann drücke ich die Klinke herunter.

Mein Beitrag zum Conbuch

Manchmal ist es vorteilhaft auf einem E-Mail-Verteiler zu stehen. Durch meine Arbeit für den Newsletter der PRFZ, gelangte ich in den letzten Monaten auf den einen oder anderen wichtigen.

So kam es, dass Anfang Dezember 2015 der Organisator des Colonia Con 22, Bernd Robker, in die Runde fragte, wer etwas zum Conbuch beitragen möchte. Ich bot ihm einen Auszug aus »Parallelwelten« an. Er meinte, da das Conbuch auch bei Amazon als E-Book erscheinen würde, wäre es ihm lieber, keine lizenzrelevanten Inhalte zu verwenden. Er würde aber gern etwas unabhängiges von mir veröffentlichen. Zwei Wochen zuvor war ich in Wolfenbüttel. Wir hatten dort eine Szenen aus meinem, zugegebenermaßen noch recht rudimentären Roman »Vor dem Ende der Hoffnung« besprochen, die ich bereits überarbeitet hatte. Sicherheitshalber schickte ich Bernd noch eine zweite Szene, die deutlich mehr Science Fiction Elemente hatte und bat ihn sich eine auszusuchen. Überraschenderweise wählte er die erste Szene, die eigentlich wenig Phantastisches enthält, dafür aber recht actionlastig ist. Anschließend kam ich in den Genuss eines zweistufigen Lektorats, das die Szene nochmal deutlich straffte und verbesserte. So wurde sie dann auch im Conbuch abgedruckt. Und für diejenigen, die kein Exemplar bekommen haben, können sie nun hier nachlesen.

Viel Spaß!

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Perry’s Geburtstag

DSC08902Mein Lieblingsterraner hat Geburtstag. Rein rechnerisch wird Perry Rhodan heute 80 Jahre alt und ist somit gerade mal zwei Monate älter als mein Vater. Da möchte ich natürlich nicht zurückstehen und ihm von ganzen Herzen gratulieren.

Als ich 1990 zum ersten Mal einen Heftroman mit dem PERRY RHODAN Schriftzug in die Hände bekam, konnte ich nicht ahnen, dass diese Figur mehr als zwanzig Jahre später mein Leben ganz schön auf den Kopf stellen würde. Ich verdanke ihm viele inspirierende Momente beim Schreiben, unzählige unterhaltsame Stunden beim Lesen und einen erfolgreichen Blog, der ohne ihn nicht das wäre, was er ist.

Dankeschön, Perry! Auf viele weitere Jahrzehnte voller Abenteuer!

Motivationsspritze

Ich gebe zu, dass es mir manchmal schwer fällt nach einem anstrengenden Arbeitstag noch einen Blogartikel zu verfassen. Das ist nämlich ziemlich zeitraubend. Und wenn man den ganzen Tag, über einem Manuskript gebrütet hat, schwirrt einem schon mal Buchstabensalat durch den Kopf.

So wie heute. Noch vier Kapitel überarbeiten, dann ist die Fan Edition »für mich« fertig. Ob mein Schreibcoach derselben Meinung ist, bezweifle ich. Zumindest sehe ich das Licht am Ende des Tunnels. Parallel arbeite ich an der NEO-Kolumne für die SOL und der nächste Newsletter will auch vorbereitet werden, dass heißt ich muss mir Fragen für meinen Interviewpartner ausdenken. Da ist es doch schön zu lesen, wenn Hermann Ritter in den aktuellen Clubnachrichten 522 über die SOL 81 und den Newsletter Nummer 12 schreibt. Endlich mal jemand der sich zu dem Interview äußert, dass ich mit Klaus N. Frick im November in Wolfenbüttel geführt hatte. Ich wusste, dass es Hermann Ritter gefallen wird, wenn ich im Interview indirekt auf die Clubnachrichten eingehe. Und ich finde es immer wieder nett, wenn man einem Menschen damit eine Freude machen kann. Das motiviert mich weiterzumachen.

Urlaub statt Seminar

Während in Wolfenbüttel beim Phantastikseminar fleißig an Texten gearbeitet wird, quäle ich mich mit dem Fahrrad den Berg hoch.

Die Aussicht ist zwar lohnend, aber eigentlich wäre ich dennoch lieber beim Schreibseminar. Zumal es dort um das Konzipieren von Geschichten geht; welche Vorgehensweisen es gibt und wie man als Kopf- bzw. Bauchschreiber am besten zurechtkommt. Das sind alles Dinge, die ich in den letzten Monaten gut hätte gebrauchen können. Ein Erfahrungsaustausch mit Autorenkollegen wäre ebenfalls nicht verkehrt. Doch zweimal Wolfenbüttel im Jahr ist nicht drin, vor allem wegen der langen Anreise. Heuer möchte ich das Kurzgeschichtenseminar im August ausprobieren und hoffe das alles klappt.

Bis dahin genieße ich die Aussicht und erfreue mich an den vielen Bildern vom Seminar, die Olaf Kutzmutz über seinem Twitteraccount verbreitet. Da hat man das Gefühl, dabei zu sein.

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Warum ich Phantastik schreibe

Als Autor lebt man von konstruktiver Kritik und kann sich nur mit ihrer Hilfe verbessern. Ich bin immer dankbar für ein offenes Wort, auch wenn es wehtut. Das muss so sein, sonst hilft es nicht. Wogegen ich aber empfindlich reagiere ist, wenn jemand dass Genre der Phantastik an sich kritisiert.

Es geht um eine Geschichte, die ich bereits vor »zwanzig« Jahren schrieb und die jetzt von einem Kritiker (Pädagoge und nicht SF-Fan) unter die Lupe genommen und hinterfragt wurde. Die damalige Publikation (Printausgabe aus dem STAR TREK-Forum) enthält, ohne Frage, eine Menge Rechtschreibsünden. Wobei ich zu meiner Entschuldigung sagen muss, dass ich damals der Korrekturleserin bedingungslos vertraute, weil sie Lehrerin war. Da ich um meine Rechtschreibschwäche wusste, nahm ich an, dass sie das ordentlich erledigen würde. Das dem nicht so war, stellte ich später im Zuge der E-Book Überarbeitung fest. Im Nachhinein betrachtet, glaube ich, dass sie es wahrscheinlich gar nicht gelesen hat. Aber egal. Ich habe aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und sehe jetzt doppelt und dreifach hin, bevor ich etwas herausgebe. Doch darum geht es mir nicht.

Vielmehr klang in der Kritik an, dass sich meine Geschichten ähneln und es doch eine Schande wäre, mein Talent an solche Art Literatur zu verschwenden. Nun, es ist tatsächlich so, dass meine Geschichten mehr oder weniger ähnlich sind. Wofür es Gründe gibt. Man sollte nicht vergessen, dass es sich dabei um FanFiction handelt. Das heißt, um Geschichten die auf einem bestehenden Franchise beruhen, sei es STAR TREK oder PERRY RHODAN. Dort gilt das Gesetz der Serie, was nichts anderes bedeutet, als das die Protagonisten jede Woche in eine Situation oder Anomalie gebracht werden, aus der sie entkommen oder mit der sie fertig werden müssen. Wir sprechen außerdem über eine phantastische Serie.
Das ist ein Punkt über den sich streiten lässt. Als Science Fiction-Autorin möchte ich keine Abbildung der Realität schaffen. Der Betreuer des Resorts Science Fiction vom Heyne Verlag – Sascha Mamczak – hat es folgendermaßen gesagt: »Denn Phantastik schreiben, heißt ja nicht, die Realität mit anderen Mitteln nachzuerzählen, sondern die Realität mit anderen, eben phantastischen Mitteln aufzubrechen.« Mir ging es nie darum, einen Roman über Flüchtlinge zu schreiben, sondern meinen überheblichen Protagonisten aus einer heilen Zukunftswelt, mit dem Problem zu konfrontieren. Ihm seine Überlegenheit vor Augen zu halten und zu sagen: »Schau mal! Das sind deine Vorfahren, deine Wurzeln. Du stammst von diesen Leuten ab. Und nur weil du eine Chance auf Bildung bekamst und in einer friedlicheren Zeit aufgewachsen bist, bist du nicht besser als sie.« Vielleicht ist es mir in dem Roman nicht gelungen, diesen Gedanken zu transportieren. Aber mir ging und geht es beim Schreiben nicht darum, Realität zu dokumentieren. Das können andere besser.

Es ist leider immer noch so, dass man sich als Autor dafür entschuldigen muss, wenn man Phantastik schreibt, weil das Genre in Deutschland in bildungspolitischen Kreisen nach wie vor als Schundliteratur angesehen wird. Im Gegensatz zu anderen Ländern, in denen es genauso akzeptiert ist wie Krimis oder Liebesromane. Das mit der Phantastik ist schlicht Geschmacksache. Es gibt entweder Leute, die sie mögen oder welche, die damit nichts anfangen können. Das ist wie mit Krimis. Ich mag zum Beispiel keine Krimis, weil sie mich langweilen. Ein Mord. Jemand ermittelt. Der Täter wird anhand von Beweisen oder in einem Verhör überführt – die Vorgehensweisen sind stets dieselben. Ich habe keinen Spaß daran, den Täter zu erraten, weil sich mir das durch den bekannten Aufbau der Geschichten, meist nach der ersten halben Stunde erschließt. Was aber nicht heißt, dass ich Krimiautoren für ihr Können nicht bewundere. Es ist sehr viel Arbeit eine solche Geschichte zu entwicklen und eine Kunst dem Leser gerade so viel Informationen zu geben, damit er dabei bleibt, ohne die Auflösung zu früh zu verraten. Niemals würde ich einem Krimiautoren vorschreiben, er solle doch mal etwas anderes schreiben, wenn er Spaß dabei hat. Jeder hat seine eigenen Gründe, warum er was schreibt und und jeder meint, das Richtige zu tun. Und das sollte auch so sein.

Im Nachhinein wünschte ich mir, schon damals von der Bundesakademie in Wolfenbüttel gewusst zu haben. Die Phantastikseminare gibt es dort seit den Neunzigerjahren und hätten mir wahrscheinlich schon früher Möglichkeiten eröffnet, mein Talent entsprechend zu fördern. Aber es ist ja bekanntlich nie zu spät, um etwas Neues zu lernen.

Neues von der Schreibfront

Mein Schreibcoach legte mir dieser Tage nahe, ich solle meine Erfahrungen und Erkenntnisse, die ich bislang durch das Projekt gewonnen habe, aufschreiben.
Und ich dachte mir, wenn ich es schon tue, warum nicht an dieser Stelle.

Die Verunsicherung, die mich nach jedem unserer Gespräche befällt, klingt nur langsam ab. Am Montag war sie besonders groß. Neben den Hauptpunkten: stimmige Szenenbeschreibung, »Show don’t tell« und dem richtigen Adressieren von Dialogen, hatten wir eine Liste mit Stil-Regeln erarbeitet, die ich beim Schreiben beachten sollte. Die Liste war lang und ich entsprechend gehemmt. Denn immer, wenn ich einen Satz formulierte, fiel mir auf, dass er gegen die eine oder andere Regel verstieß. Also änderte ich den Satz, um gleich darauf festzustellen, dass er jetzt gegen eine andere Regel verstieß. Ich änderte ihn wieder und wieder ab, um ihn am Ende ganz zu löschen. Frustriert gab ich auf und überarbeitete stattdessen die Szene, die wir durchgesprochen hatten, anstatt weiter an der Geschichte zu schreiben. Am nächsten Tag versuchte ich es auf die Weise, mit der ich bisher erfolgreich gewesen war. Ich brachte meine Gedanken – ganz altmodisch – mit einem Stift zu Papier und siehe da, es funktionierte. Weil ich den Satz nicht einfach löschen konnte, blieb er erstmal so stehen und ich konzentrierte mich auf den nächsten und den nächsten und den nächsten. Sie waren allesamt nicht ausgefeilt, aber ich konnte auf diese Weise zirka zwölf Normseiten in zwei Stunden erarbeiten. Anschließend jagte ich den Text durch die Diktier-App und glättete dabei die ersten Unebenheiten. In der Textverarbeitungssoftware arbeitete ich den Text weiter aus.

Weil auf der Liste auch das Überprüfen von Dopplungen, das Ausmerzen des Passivs und die Reduzierung von Adjektiven stand, hatte ich eine Idee. Ich wusste, dass es mit »Papyrus Autor« eine Software gibt, die mir all diese Dinge automatisch anzeigen konnte. Ich lud mir die Demoversion auf den Rechner und was soll ich sagen …
Der Text war ein Meer aus grünen Vierecken, blau unterstrichenen oder rosa durchgestrichenen Wörtern. Ich lernte das Wort »Verbfaulheit« und wurde wieder mit der »Als-Seuche« konfrontiert. Das Programm bietet jede Menge Unterstützung. Der Synonym-Wortschatz ist riesig und die zusätzlichen Erklärungen zu den einzelnen Problemen aufschlussreich. Jedes Füllwort wird gnadenlos gestrichen und wenn man die Passage liest, stellt man fest, dass das Wort tatsächlich überflüssig ist. Das Passiv lässt sich leicht durch die Verwendung eines Verbs oder Artikels zum Aktiv machen und Adverbien und Adjektive lassen sich durch bessere Formulierungen ersetzen. Bei der Arbeit erzieht die Software den Nutzer zu strikteren Formulierungen, da sie knallhart jeden Versuch bestraft, einen Stil-Fehler gegen einen anderen auszutauschen. Man gewöhnt sich recht schnell daran, Füllwörter und Dopplungen zu vermeiden und darauf zu achten, möglichst im Aktiv zu schreiben. Das ist am Anfang unheimlich anstrengend und man braucht für einen Seite eine Ewigkeit, aber je öfter man damit arbeitet, desto schneller kommt man voran.

Was genau hat sich dadurch in meiner Arbeit verändert? Ich achte beim Schreiben darauf, wie ich einen Satz formulieren muss, um den Stil-Regeln zu entsprechen. Bei den folgenden Texten war der Wald an bunten Vierecken und Strichen längst nicht mehr so groß und der Text las sich flüssiger.
Was mir das Programm aber nicht abnehmen kann und was mir nach wie vor große Probleme bereitet, ist das Füllen der »Weißräume«. Wie beschreibe ich eine Szenerie in wenigen Worten? Wie erzeuge ich im Leser ein Bild vom Ort der Handlung? Und wie lasse ich meine Figur agieren, um ihre Gefühle auszudrücken? Das sind die richtig schweren Aufgaben, mit denen ich mich in den nächsten Tagen auseinandersetzen werde.