Die Leiden des Autors

Indirekt, passiv, Klischee und show don’t tell – das sind die Begriffe, mit denen ich mich in den letzten Wochen und Monaten auseinandersetzen musste.
Was nichts anderes bedeutet:

  • nicht indirekt beschreiben (dazu gehört meine Lieblingsformulierung »nahm zur Kenntnis«);
  • nicht passiv schreiben (fast alle Sätze, in denen das Wort »werden/wird« enthalten ist.);
  • keine Klischees verwenden (dazu zählen alle Formulierungen, die man jeden Tag in der Zeitung lesen kann)
  • und mein »Lieblingsleitsatz« show don’t tell (zeige, was die Figur tut und fühlt, statt es zu erzählen).

Obwohl mein Schreibcoach Roman Schleifer für jede Änderung den Grund in einem Kommentar erklärte, wusste ich manchmal nicht so recht, warum das, was ich geschrieben hatte, passiv sein sollte oder indirekt. Da half dann nur ein klärendes Gespräch via Skype oder eine E-Mail mit Roman. Durch ihn erfuhr ich, dass ich ein Problem mit Zeitformen habe, speziell mit dem Einsatz von Präteritum und Plusquamperfekt. Denn im obigen Satz müsste es »ich habe erfahren« heißen. Wobei das jetzt das Perfekt ist, das in literarischen Texten nicht eingesetzt wird (dieser Teilsatz ist übrigens passiv, erkennbar am »wird«). Das war mir bisher auch noch nicht bewusst. Man lernt eben nie aus, auch dass man »man« nicht in Romanen verwenden darf. Verben wie »machte« sind genauso schlecht und werden gemeinhin als »Verbfaulheit« bezeichnet. Das Wiederrum zeigte mir mein neues Schreibprogramm Papyrus, das ich jedem Autor ans Herz lege.

Apropos ans Herz legen: Was ich mir abgewöhnen muss, ist die Verwendung von Klischees. Dazu gehört unteranderem der Begriff »Hexenkessel«, wenn ich einen Tumult beschreiben will. Entweder ich umschiffe es mit einer aktiven Beschreibung oder ich finde einen ausgefalleneren Vergleich.

Ich weiß jetzt, dass ich eine Handlung aktiv beschreiben muss und nicht drumrum erklären darf, sprich show don’t tell. Diese Anmerkung von Roman konnte ich am Ende kaum noch ertragen. Aktiv, sprich show, wird es durch Dialoge und Gesten. Wobei ich mit Letzteren aufpassen muss, damit sie nicht zu häufig vorkommen. Da ist Abwechslung gefragt. Was bedeutet, dass ich überlegen muss, wie ein Mensch Gefühle in Bewegungen, Mimik oder Gestik ausdrückt. Außerdem darf ich meine Figur nicht sehen oder beobachten lassen, sondern ich muss beschreiben, was sie sieht, da ich ja im Kopf der Figur stecke und nicht als Autor darüber schwebe. Das ist mitunter schwieriger, als ich dachte. Da kommt es manchmal auf Nuancen an, ob eine Formulierung richtig oder falsch ist.

Wie ist das nun mit all den neuen Erkenntnissen durch das Schreibcoaching von Roman?
Es hat meine Art zu schreiben verändert, weil ich jetzt genauer überlege, ob ein Satz all den Forderungen entspricht. Das ist am Anfang sehr mühsam und ich brauche für einen kurzen Text viel länger als früher. Doch laut Roman soll es nach einer Million Wörtern derart in Fleisch und Blut (wieder ein Klischee) übergehen, dass ich nicht mehr nachdenken muss.

Worüber ich mich aber richtig freue ist, dass ich jetzt weiß, wann man »das« mit s und wann mit ss schreibt. Dieses Problem verfolgt mich seit meiner Schulzeit. Ich habe schon so viele Eselsbrücken ausprobiert, aber keine hat bisher funktioniert. Ich habe das immer gefühlsmäßig eingesetzt, bis Roman mir eine einfache Regel erklärt hat, anhand der ich endlich begriffen habe, wann ich welches Wort verwenden muss. Alleine deshalb hat sich das Schreibcoaching schon gelohnt. Und natürlich auch wegen all den anderen Erkenntnisse …