Provinzieller Aktionismus

Die Bewohner des Örtchens in dem wir wohnen, sind schon etwas eigen. Das behaupten sogar die Leute aus den Nachbardörfern. Auch ich habe das schon selbst zu spüren bekommen und momentan geht es wieder heiß her.

Zur Zeit gibt es zwei große Themen, die den Ort bewegen bzw. die Bevölkerung. Da ist zum einen der Bürgerentscheid, den ein paar Aktivisten anstreben, in dem es um die Ansiedlung eines REWE- und eines Rossmann-Marktes geht. Einige glauben, dass deswegen die »Innenstadt« ausbluten wird. (Das ist sie schon längst.) Was viele aber meiner Meinung nach vergessen ist, dass 2012 mit der Schleckerpleite die beiden Drogeriemärkte starben und im vorletzten Jahr auch noch der Penny zu gemacht hat. Geblieben sind ein Lidl und drei Edeka-Märkte, wovon einer (in der Ortsmitte) 2018 schließen wird. Ansonsten ist außer einem NKD und ein paar Klamottenläden nicht mehr viel los. Wir persönlich frequentieren häufig den Bioladen, aber auch da gibt es nicht alles. Die Betreiberinnen des Bücher- und Spielzeugladens sind über siebzig, des Weiteren gibt es noch zwei Bäcker und zwei Metzger, ein Haushaltswarengeschäft und einen kleinen Baumarkt auf der grünen Wiese. Keine optimalen Einkaufsmöglichkeiten also. Wenn ich meinen Perry kaufen will oder mal eine DVD oder Drogeriewaren, muss ich in die Kreisstadt fahren. Das sind immerhin 12 km und die Parkmöglichkeiten dort sind eher schlecht als recht. Für eine Touristengemeinde mit sechstausend Einwohnern (im Winter) und zehn- bis zwölftausend (im Sommer) ist das Angebot ungenügend. Machen wir uns nichts vor, die Ansiedlung eines weiteren Lebensmittel- und eines Drogerie-Marktes ist also zwingend. Das Argument, das damit der Ort ausstirbt ist schlicht falsch. Denn in den vergangenen Jahren wurden sukzessive Geschäfte geschlossen, obwohl sich kein großer Markt angesiedelt hat, sondern im Gegenteil sich die Einkaufsmöglichkeiten reduziert haben. Was das Sterben der Geschäfte vorantreibt, sind vor allem die abartig hohen Mieten, die hier verlangt werden. So machen die meisten kleinen Läden nach ein zwei Jahren wieder zu. Wer seinen Laden nicht im eignen Haus hat, hat schlechte Karten. Das ist zumindest meine Beobachtung. Deshalb werden wir uns auch nicht auf den ausliegenden Unterschriftenlisten eintragen.

Aber ich sprach ja von zwei Aufregern. Der zweite ist so gut, den will ich niemandem vorenthalten. Da las ich doch letztens, dass man den örtlichen Bahnhof für 500.000 Euro behindertengerecht ausbauen will. Wow, dachte ich mir, das ist in etwa so unsinnig wie Schnee im Sommer. Erst von wenigen Jahren wurde das Bahnhofsgebäude an einen Privatinvestor verkauft, was dazu führte, dass es jetzt keine Wartehalle mehr gibt, sondern nur noch eine Überdachung wie an einer Bushaltestelle. Dann ist die Zufahrt von den Autos und Anhängern des neuen Grundstückbesitzers so zugeparkt, dass man kaum noch zum Bahnhof hin kommt. Es gibt weder einen befestigten Fußweg, noch ausreichend Park- und Wendemöglichkeiten. Busse kommen überhaupt nicht mehr durch. Aber es soll unheimlich viel Geld in den Ausbau des Bahnsteigs gesteckt werden, weil es gerade Fördermittel gibt. Der größte Witz an der Geschichte kommt aber noch. Die »Bimmelbahn«, die von hier in nur eine Richtung fährt, ist mindestens 30 Jahre alt, wenn nicht noch älter. Vergangenes Jahr hat man die Sitze neu bezogen, LCD-Displays angebracht und alles ein wenig aufgehübscht. Aber der Zutritt zu den Wagons führt nur über eine steile mehrstufige Treppe. Die Fahrzeuge sind gar nicht für Rollstuhlfahrer oder sonstig Gehbehinderte geeignet. Und wer weiß, wie lange die Deutsche Bahn, bei den geringen Fahrgastzahlen eigentlich noch die Strecke betreiben wird. Weil mit Auto oder Bus (sofern einer fährt) ist man deutlich schneller.

Verspätungsstatistik vom Januar

Ich hatte mir ja vorgenommen eine Verspätungsstatistik zu führen. Das habe ich auch gemacht und möchte nun das Ergebnis von Januar präsentieren. Wenn nichts dahinter steht, war der Zug pünktlich.

Datum, Strecke, Verspätung, Gründe und Bemerkungen

2.1. Paris-Traunstein, 60 Minuten, eingeschlagene Zugscheiben durch Eis auf der Oberleitung

6.1. Traunstein-München
6.1. München-Traunstein

10.1. Traunstein-München, 15 min, Streckenstörung
10.1. München-Traunstein, 25 Min, Zug ausgefallen, alternative Verbindung genutzt

12.1. Traunstein-München, 5 Minuten
12.1. München-Saalfeld, -10 Minuten, das soll’s auch geben

16.1. Saalfeld-Traunstein

17.1. Traunstein- München, 5 Minuten, Zug bestand nur aus drei Wagen, anstatt sechs
17.1. München-Traunstein, 60 Minuten, Zug ausgefallen, alternative Verbindung genutzt, früher losgefahren und dann wegen Weichenstörung und Zugüberholungen gestanden

19.1. Traunstein-München, 10 Minuten
19.1. München-Traunstein

21.1. Traunstein-München
21.1. München-Traunstein

24.1. Traunstein-München, 20 Minuten, Bereitstellung nicht geklappt, vom EC überholt worden, der zehn Minuten später in Traunstein losfährt
24.1. München-Traunstein

26.1. Traunstein-München, 5 Minuten
26.1. München-Traunstein

31.1. Traunstein-München, 25 Minuten, Zug ausgefallen, EC hatte Verspätung, Wagenreihung falsch, ein Wagen defekt, anschließend wegen Gleisbruch auf der Strecke gestanden
31.1. München-Traunstein

Preisschwankungen bei der Bahn

Mann, Mann, Mann, wenn die Deutsche Bahn nur sonst so flexibel wäre, wie bei ihren Preisen.

Ich erzählte ja bereits im Dezember, dass nach dem Fahrplanwechsel mein Zugticket nach München um einen Euro teurer geworden war. Ich zahlte also seit Dezember 27 Euro mit BahnCard. Gestern stehe ich am Automaten und kaufe mir mein Ticket, als ich plötzlich was von 28 Euro lese. Moment, dachte ich, am Dienstag kostete das Ticket doch noch 27 Euro, warum diese Erhöhung. Normalerweise gibt es Preisanpassungen nur zum Fahrplanwechsel. Also fragte ich heute Nachmittag den Zugbegleiter im EC. Der erklärte mir das läge an dem neuen Flexpreis und der würde sich an der Auslastung der Züge orientieren und die könne schwanken, so wie der Preis.

Ich sah ihn einigermaßen verdutzt an. »Soll das heißen, ich bezahle heute 28 Euro und morgen 27 Euro und am Sonntag vielleicht sogar 29 Euro weil der Zug dann voll ist.«
Er zuckte mit den Schultern und meinte: »So ähnlich. Wir verstehen es selbst nicht so genau.«
»Aha, na dann ist ja gut. Wenn Sie es schon nicht verstehen, muss ich mir keine Gedanken machen, ich wäre zu dumm dafür«, murmelte ich kopfschüttelnd.

Wenn ich das richtig interpretiere, kaufe ich also am Automaten ein Flex-Ticket, mit dem ich im Grunde zu jedem Zeitpunkt und mit jedem Zug fahren kann, muss aber einen erhöhten Preis zahlen, wenn ich bei der zwangsläufig notwendigen Angabe der Verbindung, zufälligerweise eine erwische, die stark ausgelastet ist.

Übrigens, ich habe gerade nachgesehen, morgen kostet die Fahrt noch 28 Euro, am nächsten Dienstag bezahle ich wieder nur 27 Euro.

Das ist doch irrsinnig, wer denkt sich denn so was aus?

NEO im nervigen Alltag

Das hatte ich mir anders vorgestellt. Nachdem ich mich auf Arbeit um gefühlt tausend Sachen gekümmert habe, warf ich kurz nach drei einen Blick auf den Bahnstatus im Internet und siehe da, mein EC fiel schon wieder aus. Das hieß zehn Minuten früher (15:10 Uhr) losgehen, wenn ich nicht erst um Sechs zu Hause sein wollte.

Ich nahm also den Meridian und kam bis hinter Trudering. Dann blieb der Zug wegen einer Weichenstörung mit Stromausfall liegen, nach einer halben Stunde setzte der Zug dann zurück und wechselte in Trudering auf das S-Bahn Gleis. Da stand ich noch mal zehn Minuten, bis der Zugführer durch die zwei Zugteile durchgelaufen war und es wieder weitergehen konnte. Das hieß vierzig Minuten später in Rosenheim. Die fadenscheinige Druchsage, dass man doch in den EC umsteigen könne, ignorierten die meisten, da keiner wusste, wann der fuhr und ob er den Meridian überholen würde. Keiner wartet bei dieser Kälte freiwillig längere Zeit auf dem Bahnsteig. Ich blieb also sitzen. Großer Fehler, denn der Meridian fuhr bis zur nächsten Station und blieb dann stehen. In den zwanzig Minuten, die der Zug dort wartete, huschte erst der EC und dann noch der Railjet vorbei.

Witzig fand ich hingegen das Zugpersonal, das sich allenthalben entschuldigte. Sie könnten ja nichts dazu, weil für die Strecke die Deutsche Bahn zuständig ist.

Gegen halb sieben kam ich endlich zu Hause an, hungrig und total genervt. Wird Zeit, dass ich diesen Unsinn endlich beende. Den Stress hält kein Mensch auf Dauer aus.

Zumindest konnte ich die Zeit im Zug sinnvoll nutzen und habe den NEO von Kai Hirdt zu Ende gelesen und auch noch rezensiert. Für solche Fälle habe ich immer mein Notizbuch dabei. Hoffentlich kann ich meine krakelige Schrift morgen auch noch entziffern.

Abenteuer Deutsche Bahn

Unseren Kurztrip nach Paris hatten wir über Ameropa gebucht, was auch die Anreise mit der Deutschen Bahn beinhaltete. Und wie sollte es anders sein, klappte weder die Verbindung auf der Hin- noch auf der Rückreise.

Hinwärts kamen wir planmäßig bis Stuttgart, weil wir fast eine Stunde Aufenthalt hatten, gingen wir einen Kaffee trinken. Die Meldung, dass der ICE aus Paris mit einer halbe Stunde Verspätung angezeigt wurde, registrierte ich zwar, schuf gedanklich aber keine Verbindung zu unserer Abfahrt. Das hätte ich mal lieber tun sollen, denn als wir wieder in Richtung Gleis wollten, stand auf der großen Anzeigetafel, dass der Zug nach Paris wegen Vandalismus heute leider ausfällt. Uff! Jetzt war ich mir sicher, dass es eine übernatürliche Macht gab, die mich nicht nach Paris lassen wollte. Zumal ein erster Versuch bereits vor mehr als fünfundzwanzig Jahren gescheitert war. Sollte es auch diesmal wieder so sein? Ich steuerte den Servicepoint an und bekam von der netten Mitarbeiterin eine Verbindung nach Karlsruhe in die Hand gedrückt. Wir sollten den nächsten ICE nehmen und man würde in Karlsruhe einen Ersatzzug organisieren. Okay, so kamen wir erstmal weiter und sollten wir tatsächlich in Karlsruhe stranden, war mir das auch recht.

Während der Fahrt von Stuttgart nach Karlsruhe zückte ich erstmal mein iPad und informierte mich, was denn eigentlich los war. Die Information »wegen Vandalismus« war ja doch ziemlich ungewöhnlich. Wie ich schnell herausfand, hatte es in Bruchsal einen Brandanschlag auf eine Bahnanlage gegeben, die zu einer Stellwerkstörung geführt hatte. Dadurch musste auch der IC mit dem wir nach Karlsruhe fuhren, umgeleitet werden. Wir kamen daher gut zwanzig Minuten später in Karlsruhe an, als im Fahrplan vorgesehen. Über das Onlineportal der Bahn hatte ich auch in Erfahrung gebracht, dass unser Zug, mit dem wir eigentlich von Stuttgart nach Paris fahren wollten nur bis Karlsruhe gefahren war und nun dort auf uns wartete. Diese Information hätte man uns ja auch durchaus schon in Stuttgart, zumindest aber in dem IC geben können, mit dem wir unterwegs waren, schließlich waren wir nicht die einzigen Fahrgäste nach Paris.
Letztendlich stiegen wir in Karlsruhe in den wartenden Schnellzug nach Paris und fuhren mit fast fünfunddreissig Minuten Verspätung los. Vor Straßburg, dann ein unerwarteter Halt. Zumindest der Zugführer nahm es mit Humor und teilte den Fahrgästen mit: »Es sind Ferien, weshalb sich spielende Kinder im Gleis aufhalten und sich die Weiterfahrt verzögert.« Dennoch kamen wir trotz aller Schwierigkeiten heil in Paris an, wenn auch mit 58 Minuten Verspätung. Dafür bekam jeder Reisende auf dem Bahnsteig von den französischen Bahnangestellten eine Flasche Wasser in die Hand gedrückt.

Die Rückfahrt war ebenso unterhaltsam wie nervig. Durch den Nebel und die Kälte hatte sich an den Oberleitungen der Hochgeschwindigkeitsstrecke Eis gebildet. Das schien den Zugführer aber nicht zu stören und so jagten wir mit ca. 320 km/h durch die französische Provinz. Dauernd schepperte und rumpelte es oberhalb und unterhalb des Waggons. Mitunter dröhnten die Schläge ziemlich besorgniserregend. Das Eis wurde vom Stromabnehmer von den Leitungen gerissen und flog mit lautem Getöse aufs Dach und gegen die Seiten des Zugs. Ich fragte mich nicht nur einmal, warum der Zug denn nicht langsamer fuhr, denn das hörte sich gar nicht gut an.
In Straßburg standen wir dann zwanzig Minuten am Bahnsteig, bis endlich jemand eine Durchsage machte. Die Eisklumpen hatten wohl mehrere Scheiben im hinteren Waggon zu Bruch gehen lassen. (Da musste man kein Prophet sein, um das vorherzusagen.) Es war unklar, ob wir unsere Fahrt überhaupt würden fortsetzen können. Das machte unseren eng gesteckten Zugfahrplan zunichte. Denn wir hätten in Stuttgart nur 13 Minuten Zeit zum Umsteigen gehabt. Nach sag und schreibe 50 Minuten kam endlich die erlösende Durchsage, dass es tatsächlich weiterging. Es waren übrigens die einzigen zwei Durchsagen in der ganzen Zeit. (Typisch Informationspolitik der Deutschen Bahn.) Weil wir im vorletzten Wagen saßen und ich neugierig bin, war ich kurz ausgestiegen und hatte mir das Dilemma mal angesehen. Man hatte Folie von außen auf die gebrochenen Scheiben geklebt und von innen die Rollos heruntergezogen.
Unseren Anschluss würden wir nicht schaffen, aber zumindest fuhren wir wieder. Der Umstieg in Stuttgart in einen ICE klappte dann problemlos und auch auf der Fahrt mit dem MERIDIAN ereigneten sich keine weiteren Vorfälle, obgleich es schneite. Allerdings waren wir wieder eine Stunde später daheim als geplant.

Das war meine erste Bahnfahrt in diesem Jahr und sie endete mit einer Stunde Verspätung. Ich werde dem Beispiel eines befreundeten Bloggers folgen und in diesem Jahr eine Liste über alle meine Zugfahrten mit allen Verspätungen führen. Bin schon sehr gespannt, was dabei herauskommt.

Das Sitzplatzdebakel

Zugfahren vor und nach den Feiertagen ist immer wieder spannend. Da erlebt man die tollsten Dinge: zum Beispiel sich um Sitzplätze streitende Fahrgäste. Wenn ich sie schon zielstrebig auf mich zukommen sehe und sie, noch bevor sie »Guten Tag« oder sonst einen Gruß von sich gegeben haben, sofort den Platz einfordern, auf dem man sitzt. Es ist fast so, als hätten sie regelrecht darauf gewartet, jemandem von seinem Sitzplatz zu vertreiben. Wenn man sie dann höflich darauf aufmerksam macht, dass man selbst Platzkarten hat und es unmöglich sein könne, dass sie denselben Sitzplatz reserviert haben, kann man das Funkeln in ihren Augen sehen. Dann wird erst einmal lautstark auf sein Recht gepocht, die Platzkarten herausgekramt und einem vor die Nase gehalten. Nach kurzer Diskussion stellt sich schnell heraus, dass die Sitzplatzbeansprucher entweder im falschen Waggon sind oder sich die falsche Platznummer gemerkt haben. Manche entschuldigen sich, andere ziehen eilig weiter, um sich auf das arme Opfer zu stürzen, dass wirklich auf ihrem reservierten Platz sitzt.
Aber wehe, die Deutsche Bahn hat die Plätze wirklich einmal doppelt verkauft …

Außergewöhnliches Gepäck

Wenn die Züge so voll sind, wie kurz vor Weihnachten, finde ich die Unmengen an Gepäck immer besonders faszinierend. Es ist schier unglaublich, was die Leute mit sich rumschleppen. Vor allem ältere Damen haben Koffer dabei, an denen sich manch junger zuvorkommender Herr fast einen Bruch hebt, wenn er das Gepäckstück auf die Ablage hievt. Auch heute gab es mehr Koffer und Taschen im Großraumabteil des ICEs als Reisende.

Irgendwann vor Nürnberg bemerkte ich ihn, den seltsamen Geruch, den ich nicht mit einem Zug assoziierte, sondern eher mit einem Hasenstall oder einer Feldscheune. Mein »empfindliches Näschen«  – wie mein Mann immer sagt – hatte den Geruch von Heu gewittert. Heu in einem ICE? Das konnte nicht sein. Und tatsächlich war er wenige Sekunden später wieder weg.

Nach einer Viertelstunde roch ich es erneut. »Das riecht nach Heu«, sagte ich zu meinem Mann.
Der schnüffelte und meinte: »Was dein Näschen schon wieder riecht.«

Ich glaubte nicht, dass ich mir das einbildete, aber ich beschloss, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Eine halbe Stunde später hatte ich wieder den Geruch von Heu in der Nase, kein frisch geerntetes, sondern eher das, was man zum Einstreuen in Hasenställe verwendet. (Wir hatten eine Hasenzucht zu Hause, als ich Kind war, daher kenn ich den Geruch gut.)

Suchend blickte ich mich um. Hatte da irgendeiner sein Zwergkaninchen dabei? Erst als ich hoch in die Gepäckablage blickte, sah ich es. Dort lag ein fünfzig mal fünfzig großer in transparentes Plastik verpackter Heuballen. Unglaublich!

Ich schubste meinen Mann an und deutete nach oben. »Auf das Näschen deiner Frau ist Verlass«, sagte ich kichernd.
Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Was die Leute alles so auf Reisen mitnehmen.«

Die Mathematik der Deutschen Bahn

Von 1,3 % war die Rede, die die Fahrkarten ab 11.12. teurer werden sollten, durchschnittlich wohlgemerkt. Die Wirklichkeit für viele Pendler sieht anders aus. Es sind nämlich gerade die Strecken teurer geworden, die häufig frequentiert werden und zwar bis zu 5%.

München – Salzburg ist so eine Strecke auf der unter der Woche viele Pendler darunter reichlich Schüler und Studenten unterwegs sind; am Wochenende sind es dann die Ausflügler und Touristen, die zwischen der österreichischen und der bayrischen Landeshauptstadt unterwegs sind. Und weil die Nachfrage nun den Preis bestimmt, ist mein Ticket um 3,8 % teurer geworden. Ich zahle mit BahnCard 50 seit Sonntag 27 Euro statt 26, also einen Euro mehr am Tag. Das hört sich nicht nach viel an, aber für Pendler, die diese Strecke mehrmals in der Woche fahren, summiert sich das schnell zu einem ansehnlichen Sümmchen.

Auf der anderen Seite kündigt die DB im nächsten Jahr Einsparungen bei der Wartung der Züge an. Das dies nur der Gewinnmaximierung dient, liegt auf der Hand. Anders ergibt diese Preispolitik wenig Sinn. Denn die Leute werden nicht verstärkt auf weniger frequentierten Strecken fahren, nur weil diese jetzt günstiger sind. Sie fahren weiterhin dort, wo sie fahren müssen.

Und wohin Einsparungen bei der Wartung führen, haben Bahnreisende in den vergangenen Jahren am eigenen Leib oft genug erfahren müssen: Ausfall der Neigetechnik sowie deren spätere Abschaffung, defekte Türen, Mikrorisse in Achsen und Radreifen oder durch Züge beschädigte Oberleitungen. Von ausgefallenen Klimaanlagen oder Heizungen will ich gar nicht erst anfangen.

Ändern können wir an dieser Tatsache nichts. Zugreisende wie ich werden wie in den Jahren zuvor in den sauren Apfel beißen müssen und ein System finanzieren, bei dem der Service darin besteht, dass man fürs gleiche Geld oft länger als gewollt in den Zügen verbringt. Nicht für umsonst heißt der Slogan der Deutschen Bahn: »Die Zeit gehört dir.«

Überraschendes Angebot

Sie hielt mich wohl für eine Schwester im Geiste, die ältere Dame, die heute im Zug neben mir saß.

Ich las Band 4 der PERRY RHODAN Miniserie »Jupiter« und als ich zur Toilette musste, fragte ich sie, ob sie auf meinen Koffer achten könnte. Nachdem ich zurückkam und mich wieder in meine Lektüre vertiefte, stieß sie mich an und hielt mir ein Romanheft hin.

»Hier, den habe ich schon zwei Mal gelesen«, sagte sie.

Ich guckte erstmal verdattert aus der Wäsche. Auf dem goldenen Rand des Covers stand »Adelsroman«. Es war einer dieser Heftromane für Frauen, die sich laut der Kioskbesitzerin, mit der ich mich vergangenes Jahr unterhalten hatte, ziemlich gut verkaufen – neben Arzt- und Heimatromanen.

Ich schenkte der Frau neben mir ein Lächeln und klappte das Cover des Jupiterbandes nach vorn. »Vielen Dank«, sagte ich, »aber ich lese lieber das hier« und hielt ihr meinen Heftroman hin.

»Oh«, meinte sie verstehend, »sowas lesen sie also.« Dann steckte sie ihren Adelsroman wieder weg.

»Aber ich finde es schön, dass es noch Menschen gibt, die Heftromane lesen«, sagte ich zu ihr und sie nickte lächelnd zurück.

Ist doch toll, was man in Zügen der Deutschen Bahn alles erleben kann.

Langwierige Anfahrt

Besonders viel Geduld brauchte ich vorletzte Woche bei der Fahrt zur Arbeit. Da hatte am Dienstag mal wieder Murphys Gesetz zugeschlagen: Was schief gehen kann, geht schief.

Los ging es, als der Zugführer am Bahnhof durchsagte, dass er eine schriftliche Mitteilung bekommen hätte, dass im Streckenabschnitt vor uns ein Bahnübergang nicht funktioniert und sich die Weiterfahrt um fünf Minuten verzögern würde.

Bei den Worten schriftliche Mitteilung, dachte ich sofort daran, dass ihm wahrscheinlich ein Bahnmitarbeiter einen Zettel ins Führerhaus gereicht hatte. Denn der Mobilfunkempfang auf der Strecke zwischen München und Salzburg ist so gut wie nicht vorhanden. Kaum ist man aus München oder Salzburg raus schon erlöschen die Empfangsbalken im Handydisplay.

Aus den fünf Minuten wurden schließlich fünfzehn, weil wir nicht der einzige Zug auf der Strecke waren und sich schon ein kleiner Stau gebildet hatte. Ich kam also eine Viertelstunde später als sonst in München an, erwischte gerade noch die nächste S-Bahn in Richtung Innenstadt. Als ich aber am Marienplatz ausstieg, herrschte in der U-Bahn das absolute Chaos. Eingleisiger Betrieb am Marienplatz wegen eines Brandes und das mitten im Berufsverkehr. An der Anzeige stand, dass eine U-Bahn in vier Minuten in meine Richtung fahren würde und ich wartete brav. Nach fünf Minuten schaltete die Anzeige um und zeigte plötzlich eine U-Bahn in die Gegenrichtung an. Aus den Lautsprechern war zu vernehmen, dass es nur einen Schienenersatzverkehr in Richtung Sendlinger Tor gebe. Das war mir zu dumm. Zum Glück habe ich die Fahrpläne inklusiver aller Alternativen im Kopf. Ich ging also wieder hoch zur S-Bahn und wartete auf die S6, um direkt bis nach Planegg rauszufahren und von dort die zehn Minuten mit dem Bus auf Arbeit. Man macht zwar eine Rundreise durch München, aber in dem Fall war es ohnehin schon egal.

Selbstverständlich (wie sollte es auch anders sein) hatte auch die S-Bahn sieben Minuten Verspätung, was dazu führte, dass, als ich in Planegg ausstieg, der Bus gerade abgefahren war und ich zehn Minuten auf den Nächsten warten musste. Der quälte sich dann durch die engen Straßen und kam wiederum fünf Minuten später als geplant an meiner Endhaltestelle an.

An diesem Morgen war ich sage und schreibe drei Stunden unterwegs, um auf Arbeit zu kommen. Nachmittags lief zum Glück alles glatt, aber dennoch brauche ich zweieinhalb Stunden bis nach Hause. Ich habe das früher schon mal schneller geschafft, aber nachdem der MVV die Buslinie verlegt hat, fahre ich zwanzig Minuten länger. Ich bin ja gern unterwegs, aber so langsam geht selbst mir das tierisch auf den Keks. Vor allem im Winter macht das frühe Aufstehen kurz nach fünf Uhr keinen so richtigen Spaß.

Ich muss wir wohl doch über kurz oder lang einen neuen Job suchen.

Und bevor jemand etwas einwendet ich könnte ja mit dem Auto fahren: mit dem PKW wäre ich auf der A8 zu dieser Zeit genauso lange unterwegs.