Europäischer Grenzverkehr

Für jemanden der in der Mitte Deutschlands aufgewachsen ist, weit entfernt zu jeder Grenze (von der Innerdeutschen mal abgesehen) ist es in der Tat irritierend, schnell mal zum Einkaufen ins Nachbarland zu fahren.

Weil es regnete und auch keine Wetterbesserung in Sicht war, schlug mein Mann vor, doch mal schnell zum „Hofer“ nach Oberndorf zu fahren. Zum einen waren unsere Kürbiskerne alle und zum anderen finde ich im Österreichischen Aldi stets irgendetwas Außergewöhnliches, dass es bei uns nicht gibt.

Gesagt getan, fuhren wir los und waren kaum zehn Minuten später in Laufen. Dort fährt man durch ein altes Stadttor in den reizvollen Innenstadtbereich aus vielen historischen Häusern mit kleinen Geschäften, die sich um den Marienplatz drängen. Von hier aus spannt sich eine große eiserne Brücke über die Salzach. Die Brücke ist nicht breit, aber sehr aufwändig verziert. Anhand der genieteten Fachwerkkonstruktion sieht man ihr an, dass sie zu Beginn des vorigen Jahrhunderts gebaut wurde. Wenn man die Salzach über diese Brücke quert, gelangt man nach Oberndorf in Österreich. Zum Hofer sind es dann nur noch wenige hundert Meter.

Mich fasziniert ja immer, wie einfach das ist. Man fährt über eine Brücke und schon ist man in einem anderen Land. Ohne Schranken, ohne Kontrollen und zu erkennen eigentlich nur an den anders aussehenden Verkehrszeichen. Möglich macht es das Schengener Abkommen. Es bedeutet Freiheit für uns alle und ist eines der wichtigsten Pfeiler des vereinten Europa.

Ich möchte diese Reisefreiheit ohne die Beschränkungen von Grenzen nicht mehr missen und alle, die gerade fordern einen möglichst großen Zaun um Deutschland zu ziehen, damit die Flüchtlinge draußen bleiben, sollten daran denken, dass es dann mit dem einfach mal zum Einkaufen nach Österreich, in die Schweiz, nach Frankreich oder Holland zu fahren, ein für alle mal vorbei wäre.

Urlaubsimpressionen die Vierte

Heute möchte ich mal die schönen Seiten Madeiras zeigen. Die Eindrücke die mir am besten gefallen haben und haften geblieben sind.

Viele Touristen kommen per Kreuzfahrtschiff auf die Insel. Im Frühjahr und Herbst legt fast jeden Tag ein neues Schiff im Hafen an und ab. In den Sommermonaten sind es weniger. Die meisten der Touristen machen dann eine Fahrt mit der Seilbahn auf den Monte und besuchen dort den berühmten tropischen Garten. Für andere Sehenswürdigkeiten bleibt ihnen meist keine Zeit, weil die Schiffe am Nachmittag schon wieder ablegen. So verpassen viele die beeindruckenden Ansichten der Nordküste, wo das Spiel der wilden ungestümen Wellen zwischen den rauen Felsen faszinierende Ausblicke eröffnet. Da könnte ich stundenlang sitzen und zusehen.

Die großen Schiffe im Hafen
Die Kreuzfahrtschiffe im Hafen von Funchal
Der Jardim da Botanico
Der Jardim Tropical Monte Palace
Die raue Nordküste
Die raue Nordküste bei Porto da Cruz
Wind und Wellen
Wind und Wellen am Strand von Ribeira da Janela

Madeira aktiv

Heute gibt es einige Fotos von meinen Aktivitäten im Urlaub. Manche sehen gefährlicher aus, als sie waren.

Madeira ist keine Insel für Faulenzer. Egal wohin man geht, anstrengen muss man sich immer ein wenig. Dabei haben wir in unserem Urlaub nur ein paar Highlights Madeiras gestreift. Eine unserer Touren wurde vom Wind verweht und wir beschlossen aus Sicherheitsgründen umzukehren. Die Wanderung zum Bussardblick auf dem Pico de Arieero haben wir aber durchgezogen, obwohl es da richtig steil runter geht. Runter geht es auch am Gabo Girao. Um den neuen Skywalk (580 m über dem Meer) zu betreten, benötigt man etwas Mut. Dagegen ist die Levadawanderung nach Balcoes nur ein lockerer Spaziergang.

Mehr als nur windig
Mehr als nur windig
Es ist noch steiler als es aussieht
In 1800 m Höhe – Es ist noch steiler als es aussieht
Auf dem Skywalk am Gab Girao
Auf dem Skywalk am Gab Girao
Lavadaweg für Anfänger
Lavadaweg für Anfänger

Noch mehr Urlaubsimpressionen

Heute zum Thema Verkehr.

Auffällig an Madeira sind die unzähligen Tunnel, die es dort in beinahe jeder erdenklichen Ausstattung gibt: Sehr gut ausgebaut, weniger gut ausgebaut oder einfach nur in den Fels geschlagen (mitunter gibt es da nicht mal eine Beleuchtung). Auch Steigungen von 6% oder mehr sind in den Tunneln keine Seltenheit.
In Sachen Straßen sind die Madeirenser genauso flexibel. Da gibt es von der perfekt angelegten Autobahn, die sich oftmals auf Stelzen an den steilen Hängen entlang windet, bis zur autobreiten wenig gesicherten Küstenstraße alle erdenklichen Formen. Wenn man Glück hat, findet man sogar ein paar hundert Meter, die völlig eben und schnurgerade verlaufen, aber solche Abschnitte sind schon extrem selten.

Neuer Tunnel
Neuer Tunnel
Alter Tunnel
Alter Tunnel
Stadtautobahn von oben
Stadtautobahn von oben
Da kommt einem lieber kein Auto entgegen
Hier kommt einem besser kein Auto entgegen

Langatmige Textarbeit

Heute kämpfe ich mich mal wieder durch das Manuskript meines Star Trek/Perry Rhodan Crossovers „Parallelwelten“. Nachdem ich das Projekt in den letzten Monaten etwas schleifen ließ, muss es endlich getan werden. Meine zwei Testleser wollen Lesestoff.

Ich kann nicht unbedingt sagen, dass es mir Spaß macht. Textarbeit ist wirklich harte Arbeit, gehört aber dazu, wenn man die eigenen hohen Ansprüche erfüllen möchte.

Eigentlich lockt mich ja mein neues Geheimprojekt viel mehr … Nein!

Ich muss das „Parallelwelten“-Projekt jetzt endlich zu Ende bringen. Zumal sich das Ergebnis inzwischen schon sehen lassen kann. Von einem Testleser habe ich ganz viel konstruktive Kritik bekommen, die ich einarbeiten konnte. Sowas freut mich immer sehr, weil es mich in meiner Entwicklung als Autor weiterbringt.

Dafür werde ich heute eben mal nicht so viel bloggen. Ein anderes Mal wieder mehr.

Der Apfel und die Fotos

Ich bin echt genervt und auch ein wenig enttäuscht von der neuen Fotos-App, die Apple seinen Nutzern zumutet. Und Zumutung ist noch schmeichelhaft formuliert.

Seit ein paar Wochen haben wir nach dem Update aufs neue Betriebsystem (Yosemite) auch die neue Fotos-Software von Apple auf dem Rechner. Sie soll das bisherige iPhoto ablösen. Bisher war Fotos die App im iOS-System und lief seit einiger Zeit bereits auf iPhone und iPad. Jetzt hat sie auch den Desktop erreicht und gebärdet sich hier wie ein zickiger Teenager. Allein die Konvertierung der iPhoto-Bibliothek dauert je nach Größe einige Stunden.

Letzteres wäre ja noch zu vertreten, wenn die App wenigstens Vorteile bei der Bedienung bringen würde. OK, sie ist schneller als iPhoto, aber auch deutlich umständlicher zu bedienen. Das gewohnte Speichern der Fotos in Ereignissen und deren chronologische Aneinanderreihung entfällt bei Fotos völlig. Die Bilder werden grundsätzlich nach Aufnahmedatum sortiert. Übrigens die Ereignisse aus dem iPhoto wurden zusammen in ein Album verpackt, womit die gewohnte Übersicht flöten geht. Man kann zwar Alben neu erstellen, aber das ist derartig kompliziert, dass ich letzte Woche irgendwann schimpfend aufgab. Und dabei wollte ich eigentlich nur Fotos von zwei Kameras in ein Album packen. Liebe Softwareentwickler bei Apple! Bedienerfreundlichkeit sieht anders aus. Steve Jobs würde sich wahrscheinlich im Grab umdrehen, wenn er das sehen würde.

Die Bearbeitung von Bildern war in iPhoto recht einfach aber immerhin brauchbar. Bei Fotos ist die Korrekturfunktion eigentlich nur noch ein Witz. Das mag für Leute genügen, die keine Ahnung von Bildbearbeitung haben, ist aber für einen (Halb)Profi völlig unzureichend. Na gut, dachte ich, da nutze ich eben Photoshop Elements zur Bearbeitung. Doch hier stieß ich auf ein eklatantes Problem. Wo zur Hölle speichert die App meine Fotos? Die tauchen nämlich in keinem Ordner auf der Festplatte auf. Beim Bestellen von Bildern mit der Software einer Drogeriemarktkette, dann das gleiche Problem. Die Software verbindet sich prima mit der iPhoto-Bibliothek, aber nicht mit der von Fotos und damit kommen ich auch nicht an meine Bilder, um sie zu bestellen. Meine Internet-Recherche und die Hilfe-Funktion der App liefern nur die Erkenntnis, dass man mit Fotos die Bilder in der iCloud speichern kann, um auf dem Computer Platz zu sparen und seine Fotos auf all seinen mobilen Endgeräten ständig zu Verfügung zu haben. Was? Gehts noch! Ich stelle doch nicht all meine Fotos ins Netz. (Ab einem gewissen Speicherplatzvolumen kostet das ganze auch noch richtig Geld.)

Da wir iCloud auf unserem Rechner grundsätzlich nicht aktiviert haben, werden zum Glück auch unsere Bilder nicht dort gespeichert, sondern müssen sich irgendwo auf unseren Computer befinden. Die Frage ist nach wie vor – Wo? Also habe ich unsere 1000 Urlaubsfotos erst einmal aus der Fotos-Bibliothek exportiert und auf einer externen Festplatte gespeichert. Denn der Speicherplatz unseres Mac ist nach der Installation der Fotos-App bedenklich geschrumpft.

Aus all diesen Gründen habe ich beschlossen, lieber wieder zu dem zwar etwas antiquiert aussehende iPhoto zurückzukehren, als mich noch eine Minute länger mit Fotos auseinanderzusetzen. Ich muss dazu zwar die Fotobibliotheken wieder umwandeln, aber das ist mir der Aufwand wert.

Eigentlich ist das alles nicht im Sinne von Apple’s bisheriger Firmenpolitik. Denn im Grunde sollte die Software eines viel leistungsfähigeren Desktop-Computers bedienerfreundlicher und anspruchsvoller sein, als eine Software, die nur für mobile Endgeräte gedacht ist. Mit Fotos ist Apple eindeutig den falschen Weg gegangen.

Schwestern im Brautkleid

Quelle: Amazon

Der Film „Im Brautkleid meiner Schwester“ ist eigentlich eine moderne Interpretation von Kästners „doppeltem Lottchen“. Dass man aus dem Stoff einer so alten Geschichte immer noch etwas Neues zaubern kann, spricht für seine Genialität.

Im Fall der Sat1-Produktion gehen Gefühl und Humor wahrlich eine harmonische Ehe ein. Aufsehenerregend gut spielt Alissa Jung die Doppelrolle von Sina und Sophie, den Zwillingen, die nach der Geburt durch eine Kindesentführung getrennt wurden und sich erst zwei Tage vor Sophies Hochzeit kennenlernen. Während Sophie noch ein kleines Problem mit ihrem Ex – Xavier – in Paris ausräumen will, muss Sina unfreiwillig in die Rolle von Sophie schlüpfen, um deren Hochzeit zu retten. Keiner außer Sophies bester Freundin bemerkt den Tausch, auch nicht Bräutigam David, zu dem sich Sina zunehmend hingezogen fühlt. Doch als Sophie kurz vor der Hochzeit immernoch nicht wieder aufgetaucht ist, steht Sina vor der Entscheidung: Soll sie den Bräutigam ihrer Schwester heiraten oder allen die Wahrheit sagen und somit sowohl David als auch ihre neuen (richtigen) Eltern vor den Kopf stoßen.

Die gefühlvolle Komödie ist die Art „Gute Laune“-Film, den man manchmal einfach braucht. Mit einem soliden Plot in authentischen Dialogen, ohne Hau-drauf-Humor und einer Darstellerriege die überzeugt, wird der Film zu einem federleichten Fernsehgenuss.

David Rott in der Rolle des sympathischen Jungen von nebenan, zeigt sich einmal von seiner komischen Seite. Unbefangen und mit viel Körpereinsatz (Die Szene im Bad wird bei vielen seiner weiblichen Fans zu kurzzeitiger Atemlosigkeit geführt haben.) spielt er sich durch die Geschichte und sorgt zusammen mit Alissa Jung dafür, dass der Film stets glaubhaft bleibt und nicht ins Kitschige abrutscht. Ein swingender Soundtrack und tolle Aufnahmen vom Dach des Berliner Olympiastadions runden die sehenswerte Komödie ab.

Fazit: Die romantische Komödie ist ein Muss für alle die einfach mal zwei Stunden abschalten wollen und für David Rott Fans sowieso.

Der Film läuft übrigens wieder mal am 21.7. um 20:15 Uhr in Sat1. Und wer sich bis dahin nicht gedulden kann, darf sich hier schon mal an der heißen Bad-Szene erfreuen.

Perry und die E-Books

Am Donnerstag war ein schwarzer Tag für alle Perry Rhodan Fans, die ihre Lieblingsserie als E-Book lesen. Die Redaktion kündigte für nächsten Monat eine Preiserhöhung an. Und fast sofort rollte eine Welle an Protesten und Beschimpfungen über sie hinweg.

Dabei war diese Preiserhöhung eigentlich längst überfällig. Bisher kostete ein Heft als E-Book 1,49 EUR. Ab 1. Juli sind es dann 1,99 EUR. Das sind 50 Cent, die auf den ersten Blick auch nach richtig viel aussehen. Doch wenn man mal darüber nachdenkt, welche Beweggründe dahinter stecken, kommt man sehr schnell zu dem Schluss, dass dem Verlag eigentlich keine andere Wahl bleibt.

Zum einen ist da die neue EU-Regelung mit der Mehrwertsteuer; dass nämlich jetzt die Mehrwertsteuer des Landes anfällt, in dem man das E-Book erwirbt. Das finde ich fair, weil es die Internetriesen wie Amazon genauso betrifft wie alle anderen Anbieter. (Der Mehrwertsteuersatz auf E-Books liegt übrigens bei 19% der auf Bücher nur bei 7%)

Das weitaus gewichtigere Problem ist wohl, dass immer weniger Romanhefte in Papierform verkauft werden. Woran das liegt, hat verschiedene Ursachen. Zum einen werden die digitalen Formate immer beliebter und zum anderen schrumpft das Angebot. Perry Rhodan Hefte bekam man noch vor Jahren überall, sogar im Edeka. Heute gibt es sie nur noch in ausgesuchten Zeitschriftenläden oder Bahnhofsbuchhandlungen. Es ist inzwischen schon schwierig, auf dem Münchner HBF ein PR-Heft zu kaufen, da muss man schon genau wissen, wo man suchen soll. In kleineren Städten tut man sich noch schwerer und auf dem Land ist es fast aussichtslos überhaupt an ein Heft zu kommen. Da ist es einfach bequemer sich ein digitales Heft auf den Reader zu laden. Bisher lag das Hauptaugenmerk des Verlags eben auf der Printsparte. Das E-Book wurde mehr oder weniger vom Verkaufserlös der gedruckten Hefte subventioniert. Ich glaube, dass sich das inzwischen gedreht hat und heute mehr mit digitalen Formaten eingenommen wird als mit den „Totholz“-Heften. Und warum sollen nicht auch die Leser der E-Books an allen Produktionskosten beteiligt werden. Denn für so ein E-Book fallen fast die gleichen Herstellungskosten an, wie für ein gedrucktes Heft. Druckprozess und Vertrieb haben bei Weitem nicht so viel Anteil, wie viele Fans glauben. Autoren, Lektorat, Setzer und Layouter – sind alles Menschen, die für ihre Arbeit bezahlt werden wollen. Dazu kommen noch die Kosten fürs Marketing und die Redaktion und nicht zu vergessen die Gebühren, die zum Beispiel Amazon verlangt, wenn ein E-Book über ihre Plattform angeboten wird.

50 Cent! Laut Redaktion hätten es auch 30 Cent getan, dies geht aber aus folgenden Gründen nicht. Die meisten E-Book Plattformen lassen nämlich nur Preiserhöhungen um 50 Cent zu. Das heißt entweder 1,49 EUR oder 1,99 EUR dazwischen gibt es nichts. (Amazon ist da die Ausnahme, dort geht es auch in kleineren Schritten.) Weil man es sich aber nicht leisten kann, nur einen Anbieter zu nutzen und weil laut Buchpreisbindung in Deutschland Bücher (auch im digitalen Format) überall das gleiche kosten müssen, muss der Preis eben auf allen Plattformen gleich sein. Das finde ich zwar auch nicht so toll, aber so ist die Situation nun mal.

Ich kann die Aufregung der meisten Fans nicht so recht nachvollziehen. Es geht im Grunde genommen um zwei Euro im Monat, die sie ab jetzt für ihr Hobby mehr ausgeben müssen. Wenn sie im Café um die Ecke für 3,20 Euro einen Cappuccino oder ein Bier trinken, jammern die meisten ja auch nicht. Und wenn man sich dann noch vor Augen führt: Wie schnell ist ein Bier getrunken und wie lange liest man an einem PR-Heft? …

Eben!

Unangenehmer Sitznachbar in der Bahn

Gestern war wieder so ein Tag, an dem ich am liebsten aus dem Zug gesprungen wäre. Unterwegs ärgerte ich mich, dass ich nicht mein Erste-Klasse-Upgrade eingelöst habe.

Eigentlich begann alles ziemlich entspannt. Ich war mal nicht auf dem letzten Drücker am Hauptbahnhof und hatte sogar noch Zeit den neuen Perry Rhodan NEO von Rüdiger Schäfer zu kaufen und mich mit genügend Proviant einzudecken …

Am Bahnsteig bewege ich mich schon mal ganz nach vorn, weil laut Plan (und Erfahrung) der vordere Zugteil des ICE nach Berlin geht. Ich bin schon fast da, als der Zug gerade einfährt. Doch als ich einen Blick auf die Anzeige am ICE werfe, steht da Dortmund. Mit einem Seufzen drehe ich um und laufe den sehr langen Bahnsteig wieder zurück. Auf den Plätzen für die BahnComfort-Kunden herrscht schon Gedrängel. Glücklicherweise finde ich aber noch eine freie Sitzreihe und begehe sogleich den nächsten Fehler, indem ich mich ans Fenster setze.

Kurze Zeit später taucht ein Mann auf. Typ Businessmensch: jung, dynamisch, teurer Anzug, die Krawatte bereits abgenommen. Er trägt ein Namensschild an einem Lanyard um den Hals und mindestens eine halbe Flasche Rasierwasser, hat aber einen Mundgeruch, den man durch seinen Kaffeeatem hindurch riecht. Der Typ setzt sich ausgerechnet neben mich, packt sein halbes Büro aus, verkabelt sein riesiges MacBook und zückt sein Smartphone.

Ich komme mir in meiner Ecke ein wenig eingeengt vor, weil ich auf dem Klapptisch vor mir eine Flasche Wasser und mein Manuskript ausgelegt habe. Nun gut, zum Platzwechsel ist es zu spät, mittlerweile ist der Zug nämlich richtig voll. Draußen vorm Fenster eilen die Leute vorbei, die in den Zugteil nach Dortmund einsteigen wollten, ein paar Fahrgäste irren noch unsicher umher, wo sie denn nun einsteigen sollen, weil der Zug verkehrtherum steht. Im Minutentakt kommt die Ansage der Zugbegleiterin, dass wir uns in dem Zugteil nach Berlin befinden und wer nach Dortmund möchte, möge doch bitte in den vorderen Zugteil umsteigen. Nach dem zehnten Mal nervt es nur noch.

Der Typ neben mir checkt gerade seine E-Mails. Ich habe den totalen Einblick, bei der Größe des Displays kann man eigentlich nicht vorbeischauen. Ich versuche wegzusehen, aber ein paar Infos bekomme ich dennoch mit. Er arbeitet für ein Hamburger Coaching Unternehmen zum Thema Personalsuche und CareerManagement und kommt gerade von einer Tagung, auf der er einen Vortrag gehalten hat. Oha, denke ich, auch so ein Neugescheiter der mit Redenhalten Geld verdient.

Der Zug ist inzwischen tatsächlich losgefahren. Nach einer halben Stunde kommt die Durchsage der Zugbegleiterin, dass wir wegen einer Baustelle zehn Minuten Verspätung haben und den nächsten Bahnhof erst kurz nach fünf Uhr erreichen. Ich blicke zur Uhr und wundere mich. Den vorbeihuschenden Bahnhöfen zufolge sind wir genau im Plan, außerdem hatte ich nicht bemerkt, dass wir wegen einer Baustelle langsamer gefahren wären. Ich habe den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als der Zug langsamer wird und schließlich anhält. Anscheinend besteht die Innovation bei der Deutschen Bahn jetzt darin, dass man schon im Voraus erfährt, dass der Zug Verspätung haben wird. Das ist doch schon mal was.

Mein Sitznachbar telefoniert inzwischen lautstark mit einem Kunden. Es werden Firmeninternas und Angebote besprochen. Das alles geschieht im typisch besserwisserischen Unterton eines Verkäufers. Ich versuche mich auf mein Manuskript zu konzentrieren, komme aber dauernd raus und lege es schließlich frustriert zur Seite. Bei dem Gequatsche kann ich nicht arbeiten. Als ich höre, dass der Typ bis Berlin fährt, wird meine Laune noch schlechter. Aus lauter Verzweiflung blättere ich in der BahnMobil und lese das Interview über Jan Böhmermann, aber ich bin zu abgelenkt und es bleibt nur wenig davon hängen. In der Sitzreihe hinter mir entbrennt plötzlich ein Streit zwischen der Zugbegleiterin und einem Fahrgast. Sie schreit ihn an, er habe sich nicht in ihre Arbeit einzumischen, sie mische sich ja schließlich auch nicht in seine. Anscheinend arbeitet er auch bei der Bahn. Ich bin ein wenig verwirrt, höre aber interessiert zu. Der Mann soll seinen Namen und seine Dienstelle nennen, sonst würde sie die Polizei verständigen, droht die sehr resolut auftretende Zugchefin. Der Mann antwortet etwas, dass ich nicht verstehe und steht auf. Gemeinsam verlassen sie den Wagon. Sehr merkwürdige Situation.

In Nürnberg beendet der Typ neben mir endlich sein Telefonat und stopft sich seine Ohrstöpsel ins Ohr. Auf seinem Bildschirm sehe ich, wie er in der Spotify Bibliothek Gustav Mahler hört und dann wieder Metallica. Seltsamer Musikgeschmack. Immer mal wieder weht mir sein schlechter Atem in die Nase und ich drehe mich angewidert zur Seite.

Die Fahrt zieht sich endlos dahin. Ich komme mir vor wie am Rande einer Singularität, wo sich die Zeit immer mehr zu dehnen scheint. Dehnen würde ich dagegen gern mal meine Arme und Beine, doch dafür ist kein Platz. Als ich nach mehr als drei Stunden endlich aus dem Zug steigen darf, fühlt sich das wie eine Erlösung an.

Ich fahre gern und oft mit der Bahn, aber an Tagen wie gestern wünschte ich mir ein besseres Transportmittel, vier Stunden mit dem Auto auf der A9 stellt jedoch keine Alternative dar.