Utopisches in Salzburg

Es sah aus, als drohe der Weltuntergang. Im Radio jagte eine Unwetterwarnung die nächste. Wir wagten uns dennoch auf den Weg nach Salzburg, wo eine Veranstaltung zum Thema utopische Literatur stattfinden sollte. Als einer der Gäste war Kai Hirdt angekündigt.

Am Bahnhof in Freilassing wehten uns die Orkanböen beinahe davon. Im Norden und Süden war der Himmel bedrohlich dunkel, nur über uns und in Richtung Salzburg zeigte sich ein heller Streifen. Ich kaufte am Kiosk noch den aktuellen NEO und den TERMINUS meines Schreibcoach. Dann stiegen wir in die S-Bahn und waren keine 10 Minuten später da. Über die Promenade an der Salzach gelangten wir schneller zum Veranstaltungsort, als wir gedacht hatten und so trafen wir bereits um 19 Uhr in den »Kavernen 1595« ein. Das Foyer und der Saal entpuppte sich als in Felsen getriebene Gemäuer, die aufs modernste eingerichtet waren und somit dem Titel der Veranstaltung »Sprach: Utopie« Rechnung trugen.

Wir überbrückten die Zeit bis zum Beginn bei einem Glas Wasser. Kurz vor halb acht, entdeckte ich unter den ca. 50 Anwesenden im Foyer ein bekanntes Gesicht. Madeleine Puljic kam in Begleitung ihrer Eltern herein geschlendert. Nach einer herzlichen Begrüßung nahmen wir gemeinsam in der dritten Reihe platz.

Auf der Bühne hatten es sich die Teilnehmer der Runde um den Moderator in großen Sesseln bequem gemacht. Kai Hirdt, rechts außen sitzend, überragte mit seiner imposanten Figur alle. Der Veranstalter des Salzburger Literaturfestes eröffnete den Abend mit einer kurzen Rede, bevor Günter Kaindlstorfer vom ORF übernahm. Er stellte als erstes Emma Braslavsky vor, die aus ihrem Roman – »Leben ist keine Art mit einem Tier umzugehen« – lesen sollte. Die Autorin ist nicht auf den Mund gefallen und ließ dem Moderator und den anderen Autoren wenig Gelegenheit zu Wort zu kommen. Es verging einige Zeit, als endlich Kai Hirdt an der Reihe war. Günter Kaindlstorfer fragte als erstes, wie man Perry Rhodan eigentlich richtig ausspricht. Kai erklärte, dass man im Autorenteam und in der Redaktion die deutsche Aussprache bevorzugte, weil man bei einer Konferenz sonst spätestens nach einer halben Stunde einen Knoten in der Zunge hat. Außerdem sitzt der Verlag in Baden-Württemberg und da tue man sich bekanntlich mit dem Englischen etwas schwer. Daraufhin bat ihn der Moderator mal ein Beispiel zum Besten zu geben, was Kai geschickt abwenden konnte und stattdessen über seinen Einstieg ins Autorenteam sprach. Er sei damit quasi zum Erzengel aufgestiegen. Die nächsthöhere Stufe seinen die Exposé-Autoren, die so etwas wie die Götter des Perryversums darstellen.

Danach wandte sich der Moderator dem Historiker Lucian Hölscher zu. Er hat als erster Untersuchungen zur Geschichte der Zukunftvorstellungen angestellt und in einem Buch »Die Entdeckung der Zukunft« niedergeschrieben. Darin legt er dar, ab wann sich der Mensch mit der Zukunft beschäftigt und seit wann es in der Literatur Utopien gibt. Interessanterweise beschäftigen sich die Menschen erst seit zirka dreihundert Jahren damit. Ursprung war die Industrielle Revolution. Der letzte in der Runde war gleichzeitig der jüngste. Joshua Groß aus Nürnberg ist ein junger Autor, der sich an keine Konventionen halten möchte und über Träume und verschobene Parallelwelten schreibt. Sein erstes Buch »Faunenschnitt« räumte einige Preise ab. Ein Faunenschnitt ist übrigens der Fachbegriff für Massenaussterben. Danach kam wieder Emma Braslavsky zu Wort, die aus ihrem Roman las. Die Geschichte spielt in einer nahen Zukunft und beinhaltet mehrere Handlungsstränge, die sich um eine Insel drehen. Mir persönlich war das ein bisschen zu lang und vor allem zu langatmig. Was vielleicht an den Schachtelsätzen lag, die die Autorin mit Vorliebe verwendete. Kai Hirdt gab im Anschluss einen Ausschnitt aus dem ersten Band der Miniserie PERRY RHODAN JUPITER (eine meiner Lieblingsszenen übrigens) und einen kurzen Auszug aus seinem aktuellen Roman der Erstauflage zum Besten. Im Hintergrund blickte der Moderator mit besorgter Miene auf die Uhr. Weil die Zeit schon weit fortgeschritten war, kamen die anderen beiden Autoren leider nicht mehr dazu, aus ihren Büchern zu lesen. Günter Kaindlstorfer, beendete die Lesung nach zwei Stunden, was ich etwas enttäuschend fand, weil ich gern auch etwas von dem Jungautor gehört hätte. Doch draußen wartete bereits der Autor Arnold Stadler um aus seinem Roman »Rauschzeit« zu lesen.

Wir zogen uns ins Foyer zurück, plauderten noch mit Madeleine und Kai und machten das eine oder andere Foto. Der Veranstalter, der die Eröffnungsrede gehalten hatte, kam hinzu und holte sich von Kai ein signiertes Romanheft, das er versprach zu lesen. Von mir wollte er wissen, in welche Verbindung ich zu PERRY RHODAN stehe und ich erzählte ihm ein wenig vom PERRY RHODAN-Fandom.

Nach 22 Uhr brachen wir zum Heimweg auf. Das Unwetter hatte Salzburg verschont, es herrschten angenehme Temperaturen und auf der Promenade waren die Nachtschwärmer unterwegs. Mit S-Bahn und Auto kamen wir eine Dreiviertelstunde später zu Hause an. Auch hier waren die Straßen nur stellenweise nass. Es war also nicht so schlimm gekommen, wie es zunächst den Anschein hatte.

Da es ein sehr schöner Abend in Salzburg war, schlug ich meinem Mann vor, dass wir sowas wir öfters machen sollten. Vielleicht ergibt sich mal wieder die Gelegenheit.

Salzburg im Abendlicht
Das Programm mit einer tollen Kurzgeschichte von Kai Hirdt.
Die Gesprächsrunde
Kai bei seiner Lesung
Gemeinsames Foto

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