SF-Film mit Moral

endersgameJetzt sind wir endlich dazugekommen den Film „Ender’s Game – Das große Spiel“ anzuschauen. Zum Glück und in weiser Voraussicht habe ich mich zuvor nicht über den Inhalt des Films informiert. Das einzige, was ich darüber wusste, war, das es ein SF-Film ist, in dem Harrison Ford mitspielt.

Und ich muss sagen, ich bin beeindruckt und das nicht nur, wegen der atemberaubenden Effekte. Nein, es ist vor allem die Geschichte, die mich fasziniert. Das ist intelligente Science Fiction mit einer tiefen moralischen Botschaft. Der Umgang der Menschheit mit den Folgen der ersten Alieninvasion (die vielleicht gar keine war) sowie die grenzenlose Paranoia den Fremden gegenüber ist so glaubhaft dargestellt und erinnert an den Umgang der Amerikaner mit den Anschlägen vom 11. September 2001. Da werden Kinder für die Kriegsspiele der Erwachsenen missbraucht, da werden weder Fragen über Moral noch nach dem Warum gestellt. Das sich die Wahrheit dem Zuschauer, aus der Sicht des Protogonisten, erst nach und nach entblättert, ist ein genialer Schachzug und macht das verwerfliche Handeln der Erwachsenen umso abstoßender.
Eine gute Frage ist, warum werden ausgerechnet Kinder für die taktischen Aufgaben rekrutiert. Das offizielle Statement im Film dazu ist folgendes: Angeblich neigen Kinder eher zu unkonventionellen und überraschenden Methoden. Mein Verdacht ist aber ein anderer. Nur Kinder können so indoktriniert werden, dass sie jedem Befehl ohne nachzudenken Folge leisten. Wer sich noch keine eigenen Meinung gebildet hat, ist geneigter die Meinung anderer zu übernehmen. Jeder einigermaßen moralisch gebildete Erwachsene hätte das Vorhaben frühzeitig hinterfragt oder gar durchschaut.

Auch vom Look her kann der Film punkten. Er ist einerseits modern und futuristisch, bleibt dabei aber stets glaubhaft. So, dass man sich sehr gut vorstellen kann, dass die Zukunft tatsächlich so aussehen könnte. Die insektoiden Aliens sehen zwar fremdartig aber nicht abstoßend aus – außer ihre Gesten, die wirken vielleicht etwas zu humanoid. Am besten gefielen mir die Szenen in der Schwerelosigkeit, die absolut perfekt wirkten. Im „Making of“  auf der Bluray wird gezeigt, welcher Aufwand betrieben wurde, um die Szenen glaubhaft zu gestalten.
Die Filmsets fand ich auf jeden Fall besser gelungen, als die der (J.J. Abrams)-Star Trek Filme, wo der Maschinenraum auch nach dem Ort aussah, wo gedreht wurde, nämlich nach Brauerei.

Ich möchte mehr solcher SF-Filme wie „Ender’s Game“ sehen. Filme in denen die Handlung im Vordergrund steht, Filme die hinterfragen und nicht nur Effekthascherei betreiben. Das es geht, hat „Ender’s Game“ bewiesen. Und wenn ich mal ganz viel Zeit habe, lese ich auch mal die Romanvorlage dazu.

Kein Fan von Fantasy

Obwohl ich als Kind Märchen sehr gern mochte, kann ich mit Fantasy so gar nichts anfangen. Ich mag weder die meist Mittelalterliche Kulisse, noch epische Erzählungen über Elben, Drachen und Könige. Auch mit Hexen, Magiern und Einhörnern tue ich mich schwer.
Ich gestehe, dass ich nie Tolkien gelesen habe und den „Herr der Ringe“ nur aus Filmausschnitten kenne. Das mag eine Bildungslücke sein, aber eine mit der ich bisher gut leben konnte.
Mich stört an Fantasy grundsätzlich das sinnlose Gemetzel. Da wird mit Schwertern aufeinander eingeschlagen statt mit Worten. Da werden Heerscharen von Rittern aufgeboten, die gegen Elben o.ä. kämpfen und es wird meist nur zwischen Gut und Böse unterschieden.
Umso verwunderlicher ist es, dass ich mir gestern „Snow White and the Huntsman“ angesehen habe. Irgendwie lief nichts anderes und ich war neugierig auf diese Version von Schneewittchen.
Letztendlich hat mich der Film enttäuscht und mich in meinem Gefühl bestätigt, dass ich keine Fantasy mag. Was da über den Bildschirm flimmerte, war eine verunglückte Mischung aus „Game of Thrones“, „Herr der Ringe“ und Schneewittchen. Es war weder lustig noch anspruchsvoll, gänzlich ohne Romantik dafür aber mit martialischen Schlachten und unzähligen Toten. Das ist definitiv nicht das, was ich mir unter einem Märchenfilm vorstelle, schon gar nicht am ersten Weihnachtsfeiertag. Wenn das Fantasy ist, werde ich wohl auch in Zukunft einen großen Bogen drumherum machen. Da ist mir ein klassischer SF-Streifen hundertmal lieber.

Alle Jahre wieder: Filme zum Fest

Es gibt eine Unmenge Filme, die sich mit Weihnachten beschäftigen oder zur Weihnachtszeit spielen. Viele davon sind kitschig und albern, viele lustig aber manche auch traurig. Meist handeln sie von der Suche nach Nähe oder dem Guten im Menschen.

Hier sind unsere Top 3, die wir uns liebend gern jedes Jahr wieder aufs Neue anschauen.

Tatsächlich Liebe – Britischer Episodenfilm mit einer Darstellerriege, die sich sehen lassen kann. Ein Film über große und kleine Sorgen zum großen Thema Liebe.
Hier ein nicht ganz so ernst gemeinter Trailer zum Film:

Liebe braucht keine Ferien – Cameron Diaz und Kate Winslet in einer romantischen Komödie aus Großbritannien. Zwei völlig unterschiedliche Frauen tauschen für zwei Wochen ihre Häuser, um den Beziehungsfrust zu vergessen und begegnen am jeweils anderen Ende der Welt einer neue Liebe. Der Film schafft es gefühlvoll zu sein, ohne kitschig zu wirken und man lernt zudem noch eine Menge über die Geschichte der Hollywoodstudios.

Zwei Weihnachtsmänner – Eine zweiteilige Komödie mit Christoph Maria Herbst und Bastian Pastewka frei nach dem Hollywoodstreifen „Ein Ticket für zwei“. Schreiend komisch!

https://www.youtube.com/watch?v=a_T_5rD0-nk

Die Söhne Norwegens

Zwischen all dem Schrott der tagtäglich im Fernsehen läuft und der dort auch brav recycelt wird, findet sich doch hin und wieder eine Perle. So lief am Freitag auf EinsFestival der Norwegische Film: Sons of Norway.
Ich hatte den Film bereits auf DVD gesehen und er hat mir sehr gut gefallen, obwohl es um ein Thema geht, dass mich noch vor einem halben Jahr kaum interessiert hätte – nämlich um Punk. Jaja, so verschieben sich die Perspektiven, aber das ist auch gut so.

Die Geschichte handelt von dem 14-jährigen Nicklas, der Ende der 70er den Punkrock für sich entdeckt. Nach dem Tod der Mutter muss er mit dem depressiven Vater allein klarkommen. Doch seine Rebellion gegen alles und jeden läuft ins Leere, da sein Hippievater noch schräger drauf ist, als er selbst. So wird seine Suche nach dem Sinn des Lebens zur Irrfahrt die schließlich im Krankenhaus endet.

Sehr feinfühlig wird hier der Weg eines Jungen zum Erwachsensein erzählt. Die Figur des Vaters mit all seinen verrückten Ideen, zum Beispiel der Urlaub in einem schwedischen Nudistencamp, ist bezeichnend für die Hippiebewegung der 70er, während der Sohn die aufkommende Punkgeneration verkörpert. Alles in allem ein wunderschöner Film übers Erwachsenwerden. Und das nicht nur wegen der Szenen im Nudistencamp. Ehrlich, ich habe in einem Spielfilm noch nie so viele nackte Menschen auf einem Haufen gesehen, das ist einfach klasse inszeniert.
Übrigens ist in einer Gastrolle Johnny Rotten der Leadsänger der „Sex Pistols“ zu sehen.
Das war endlich mal wieder sehenswerte Unterhaltung im Fernsehen. Davon hätte ich gern mehr.

Für alle die es interessiert, hier ist der Trailer:

Sushi in Suhl

81zmoEI22rL._SL1420_Anfang der Siebziger Jahre eröffnet der visionäre Koch Rolf Anschütz ein japanisches Restaurant in Suhl. In tiefster DDR-Provinz eine Herausforderung und wahre Mamutaufgabe, nicht nur bei der Beschaffung von Lebensmitteln und Japandeko, sondern auch bei den Auseinandersetzungen mit den Parteibonzen der HO (Handelsorganisation der DDR). Schließlich ist Japan nicht gerade ein sozialistischer Bruderstaat und die exotische Küche könnte ja Begehrlichkeiten in den Bürgern wecken, die vom Handel nicht gestillt werden können. Doch Anschütz beißt sich durch, setzt alles aufs Spiel und gewinnt: Zunächst nur die Anerkennung eines richtigen Japaners, später auch die der Parteifreunde.
Mit dem ausgeprägten Improvisationstalent eines Ostdeutschen schafft er das Unmögliche: Bis zur Wende bewirtet er fast zwei Millionen Gäste in seinem Restaurant, darunter viele Prominente.
Auf der Strecke aber bleibt die Familie: Frau, Sohn und Vater. Es ist ein hoher Preis den Anschütz für den Erfolg zahlen muss.

Ich war sehr gespannt auf den Film, schließlich hatte es im Vorfeld alle möglichen Kritiken dazu gegeben, positive wie auch negative. Als er am Mittwoch über den Bildschirm flimmerte, erwies er sich als Topunterhaltung.
Die hervorragende Komik mit politischen Unterton, stets ein wenig überzogen, hatte auch seine nachdenklichen Momente. Die Charaktere waren gut besetzt und Uwe Steimle in der Hauptrolle überzeugte, wenn auch sein sächsischer Dialekt nicht in die Region Suhl passte (Die reden da nämlich schon fränkisch.). So ist es dennoch die gelungene Verfilmung einer wahren Begebenheit und zeigt das Leben in der DDR, wie es war. Aus nichts etwas machen, konnten und können wir Ostdeutschen heute immer noch, zumindest die vor 1980 geborenen.
Jetzt weiß ich auch, wie wir Mitte der 80er bei einem Besuch in Suhl an Krabbenchips gekommen sind. Die gab es nämlich nur dort im ansässigen Fischladen.
Auch der Umgang mit den „Parteifreunden“ fand ich gelungen. Christian Tramitz in der Rolle des Ernst Kaltenhauser passte wie die Faust aufs Auge. Nur das er wahrscheinlich eher mit einem BMW als einem Mercedes in die DDR gereist ist. :)
Einzig die Ortsbilder und Außenaufnahmen sehen so gar nicht nach Suhl aus, das in den 80er Jahren eigentlich eine moderne Stadt mit 56 000 Einwohnern war.

Fazit: Der Film zeigt das Leben in der DDR gänzlich ohne den politischen Zeigefinger zu erheben. So wie „Go Trabi Go“ von 1991 will er einfach nur unterhalten und dies gelingt ihm auf fulminante Weise.

Mit Adolar in die Vergangenheit

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Als Kind habe ich sie geliebt, „Adolars phantastische Abenteuer“ und auch heute 30 Jahre später habe ich immer noch Spaß daran.
Die Zeichentrickserie aus der ungarischen Trickfilmschmiede der Pannonia-Filmstudios Budapest wurde bereits 1973 produziert und hat nichts von ihrem Charme eingebüßt. 2012 kam sie als DVD-Box auf den Markt und konnte mich aufs Neue begeistern.
Adolar, der schlafmützige Junge der gern im Nachthemd rumläuft, ist ein verkanntes Genie. Im Geheimen hat er ein Raumschiff gebaut, das sich in einem Geigenkasten transportieren und mit einer Flasche Kohlensäure aufblasen lässt. Mit dem Schiff „Gulliverkli“ und seinem sprechenden Hund Schnuffi bricht er jede Nacht vom Dach des Elterlichen Wohnhauses in die Unendlichkeit des Alls auf, um dort jede Menge skurriler Abenteuer zu erleben. Egal ob es ihn dabei auf eine zweidimensionale Welt verschlägt oder er sich in der Urzeit verirrt, jedes Mal löst er auftretende Schwierigkeiten mit Witz und Verstand. Dabei sind die Dialoge geschliffen scharf und ziehen auch erwachsene Zuschauer in ihren Bann.
Ich habe den Kauf nicht bereut. Die Kindersendung von damals hat mich wieder vollends begeistert. Ich wünschte es gäbe noch mehr als nur die 12 Folgen.

Star Trek und der Punk

Weil gestern Abend mal wieder nichts lief, haben wir uns Star Trek IV in der Originalfassung auf BluRay angesehen. Scharfe Sache, kann man nur sagen. Da sieht man tatsächlich jedes Detail. Ich habe den Film bereits unzählige Male gesehen, aber dennoch viel Neues entdecken können. Dabei ist mir aufgefallen, dass die deutsche Übersetzung stellenweise sogar witziger ist, als das englische Original. Aber wahrscheinlich konnte man solche Pointen wie „Es war eine Geschlechtsumwandlung“ dem amerikanischen Zuschauer nicht zumuten.

So richtig ins Auge gefallen ist mir diesmal aber die Szene mit dem Punk im Bus, da ich ja momentan ein wenig sensibilisiert dafür bin. Ich habe mal nachgeforscht. Der Darsteller des Punk, Kirk Thatcher, hat sogar den Song, der aus dem Gettoblaster dröhnt, in einer Nacht- und Nebelaktion selbst geschrieben. Eigentlich war er Associate Producer bei Star Trek IV und weil Leonard Nimoy als Regisseur keinen populären Punksong wollte, ist der junge Thatcher eingesprungen. Dabei hatte er mit Punk eigentlich nichts am Hut. Alle Achtung, dafür klingt es ziemlich authentisch.
Heute ist der gute Mann Drehbuchautor und Emmypreisträger für die beste Kindersendung (Muppets Tonight).

Für alle die Krachmusik lieben und den Song „I hate you“ einmal in voller Länge „genießen“ möchten, können dies hier tun:

Apokalyptisch gute Kneipentour

The-worlds-end-logoGestern Abend gab’s mal wieder Fernsehen aus der Konserve, was soviel heißt, das wir uns eine Blu-ray aus dem umfangreichen Angebot unseres Wandregals reingezogen haben.
„The World’s End“ stammte aus der letzten „4 für 3 Aktion“ vom Müller Drogeriemarkt. Wir hatten den Film unteranderem deshalb mitgenommen, weil der Hauptdarsteller, Simon Pegg, für seine tollen Komödien bekannt ist, außerdem spielt er ja den Scotty in den beiden neuen Star Trek Filmen. Neben ihm tauchen im Film auch noch so bekannte Namen auf, wie Martin Freeman (Sherlock, Hobbit), Nick Frost (Paul-Ein Alien auf der Flucht) und in einer kleinen Nebenrolle Pierce Brosnan. Ich schicke mal vorweg, das sich die Anschaffung auf jeden Fall gelohnt hat. Übrigens passt der Film herrlich zu Halloween. Nicht, dass ich dem Fest etwas abgewinnen könnte, aber man kommt dem Hype ja nicht aus.

Und wie rezensiert man diesen Film nun ohne zu Spoilern? Keine Ahnung, aber ich versuche es trotzdem.

Es beginnt mit einem Rückblick auf die Sauftour einer Gruppe Teenies. 12 Pubs an einem Abend und in jedem sollte mindestens ein Bier gezischt werden. Natürlich geht das total in die Hose, weil die meisten alsbald versacken. Für den Leader der Truppe Gary King (Simon Pegg) war es dennoch die beste Nacht seines Lebens. Nie erwachsen geworden, will er es nun mit 40 nochmal wissen. Er trommelt die alte Clique zusammen, die alle außer ihm längst im bürgerlichen Leben angekommen sind und sie fahren gemeinsam in die Heimat. Dort begeben sie sich auf die „Goldene Meile“ von Pub zu Pub, doch irgendwann ist bei den Freunden die Luft raus.
Bis dahin dachte ich OK: Saufen, provozieren, Frauen anbaggern und Blödsinn anstellen, das klingt wie „Peter Pank“, riss mich aber nicht wirklich vom Hocker. Und dann passierte etwas völlig Unerwartetes. Ich saß mit offenen Mund da und staunte. Denn das was ich sah, war so abgedreht, das es keine Worte dafür gibt. Der Film entwickelte sich in eine völlig andere Richtung und erinnerte mich stark an eine Mischung aus „From Disk Till Dawn“ und „Matrix“. Jetzt weiter zu erzählen, wäre ungut, weil es potentiellen Zuschauern die Spannung nehmen würde. Ich verrate nur so viel, das der Film in Richtung SF abgleitet und rate jedem, einfach anschauen und wundern. Der britische Humor gemischt mit rasanter Action und intelligentem Witz ist mehr als sehenswert.

Grüße aus den Achtzigern

Unser gestriger Filmabend fand mal wieder auf Arte statt. Die senden neben aktuellen Serienhinguckern wie „Real Humans“ ab und an auch Highlights der Filmgeschichte.

So zum Beispiel „Fame – Der Weg zum Ruhm“, ein Werk aus den frühen Achtzigern, den ich selbst noch aus dem Kino kenne. (Ja, dieser Film hat es sogar in die Kinos der DDR geschafft. Jahre später zwar, aber immerhin.) In der ARD lief zu jener Zeit auch die gleichnamige Serie. Ist schon komisch, das ich mich auch nach drei Jahrzehnten noch an die Namen der Hauptfiguren erinnern konnte. Überhaupt spülte der Film einer Menge positiver Erinnerungen an diese Zeit hervor. Zum Beispiel das unbesorgte Gefühl, auf eine hoffnungsvolle Zukunft, obwohl die damals wohl genauso unvorhersehbar war wie heute. Es muss wohl am Alter gelegen haben, das man sich weniger Gedanken gemacht hat.

Ende der Woche läuft wieder so ein Streifen, der mich in meine Jugendzeit zurückführt, dann jedoch auf Tele 5. „La Boum – Die Fete“ – Filme wie dieser haben eine ganze Generation von Teenies geprägt, mich eingeschlossen. In Ermangelung eines Videorekorders, habe ich damals, wie wahrscheinlich viele andere auch, den Film mit Mikrofon und Kassettenrekorder mitgeschnitten. (Sehr zum Leidwesen meiner genervten Eltern, die dann nämlich weder Zeitung lesen, noch sprechen durften.) Die Kassetten liefen dann in Endlosschleife während der Hausaufgaben. Und so kommt es, das ich die Dialoge heute noch fehlerfrei mitsprechen kann.

Trotz aller positiver Euphorie machen einen die Erinnerungen doch etwas wehmütig, nämlich dann, wenn man erkennen muss, wie lange das alles schon her ist. Seufz!

Herzkino

Unbeugsame
Quelle: ZDF

Ich gebe zu in den letzten Jahren wenig deutsche Fernsehfilme gesehen zu haben. Wenn man weder auf Tatort noch auf Rosamunde Pilcher steht, tut man sich im öffentlich-rechtlichen Fern-sehen schwer. Die wenigen guten Fernseh-produktionen sind meist Biografien bedeutender Persönlichkeiten. Das ich an dieser Stelle einen herausragenden deutschen Film vorstellen kann, der weder eine Biografie ist und auch noch unter dem Label Herzkino im ZDF lief, verdanke ich eigentlich meiner Mutter. Sie war es nämlich, die mir schon Tage vor der Ausstrahlung (am 8.5.2014) von diesem Film vorschwärmte. Und weil an diesem Abend nichts anderes lief, sahen wir ihn uns gemeinsam an. Und was soll ich sagen…ich war sehr positiv überrascht.

„Julia und der Offizier“, so der Titel, sollte ja ursprünglich „Die Unbeugsame“ heißen, was auch besser gepasst hätte. Es geht um eine junge Frau – Julia Welling – aus Berlin, die in der Mitte der 60er Jahre im tiefsten Bayern ein Kinderheim aufbauen und führen soll. Doch das ist leichter gesagt als getan. Ein großes Hindernis ist das Misstrauen gegen Julia, weil sie eine Frau ist, die so gar nicht dem Frauenbild der 60er entspricht. Erst bringt sie Pfarrer und Bürgermeister gegen sich auf, die bereits einen Handel über eine Immobilie für das Kinderheim quasi unter der Hand abgeschlossen haben und sich das Gebäude als völlig ungeeignet entpuppt.  Dann verhandelt sie eigenständig mit Major David Carter über den Kauf eines Kasernengebäudes, da der amerikanische Stützpunkt aufgegeben wird. Als sie dann auch noch einen Bauernjungen vor seinem gewalttätigen Vater schützt, eskaliert die Situation. Trotz aller Widerstände boxt sich Julia durch und gewinnt dabei nicht nur die Anerkennung des amerikanischen Majors sondern auch dessen Zuneigung. Doch Julia mag keine Soldaten und verhält sich ihm gegenüber kühl.
Einzig das abrupte Ende des Films lässt einen unbefriedigt zurück. Nämlich dann, wenn Julia David endlich ihre Liebe gesteht und erfährt das er nach Vietnam abkommandiert wurde.

Das der Film nur am Rande eine Liebesgeschichte ist, wird bereits sehr früh deutlich. Hier geht es mehr um Emanzipation, Entnazifizierung, Korruption, bornierte Kirchenvertreter, Selbstbestimmung und die menschenverachtende Praxis gegen Frauen und Kinder in den 50er und 60er Jahren. Allein, das sich der Arzt im Sprechzimmer vor seiner Patientin eine Zigarette anzündet, sagt so einiges darüber aus, dass die Sixtis nicht so schön waren, wie man ihnen immer bescheinigt.

Für das 60er Feeling sorgt vor allem der tolle Soundtrack mit: Four Tops („I Can’t Help Myself“), Supremes („Where Did Our Love Go“), The Searchers („Needles And Pins“), Who („My Generation“), Sarah Vaughan („All or Nothing At All“), Byrds („Mr. Tambourine Man“), Bobby Darin („Dream Lover“) and Simon & Garfunkel („Sound Of Silence“). Auch vom Look her ist der Film Stil- und Genresicher inszeniert. Gedreht wurde übrigens im bayrischen Lenggries.

Die beiden Hauptdarsteller Henriette Richter-Röhl als Julia Welling und David Rott als Major David Carter kann man nur als Traumpaar bezeichnen. Selten habe ich eine ehrlichere Darstellung eines Liebespaares gesehen, das unter dem Druck von Gesellschaft und Geschichte steht. Richter-Röhl mit Minirock und Dutt spielt alle an die Wand und David Rott in der Uniform des Majors und mit gespielten Akzent ist so überzeugend, das man glatt vergisst, das er ein deutscher Schauspieler ist.

Für mich ist es einer der besten Filme, die ich in diesem Jahr im deutschen Fernsehen gesehen habe und gehört ab sofort in die Sammlung meiner Lieblingsfilme.
Außerdem hat David Rott von nun an einen Fan mehr. ;)

Jeder, der interessiert ist, kann sich HIER ein paar wenige Ausschnitte aus dem Film ansehen.