Buch zum Flug

Das Buch zum Flug

Nebenstehendes Werbeplakat entdeckte ich vor ein paar Wochen auf dem Bahnhof. Da wirbt die Fluggesellschaft Condor mit einem Kilogramm Extra-Gepäck für Bücher.

Ernsthaft? Laufen der Fluggesellschaft jetzt die Kunden weg? Soll es eine Aufforderung des Buchhandels an die Urlauber sein, mehr zu lesen? Oder was soll die Aktion?

Ich bin früher gern mit Condor in den Urlaub geflogen. Früher heißt, vor zehn bis fünfzehn Jahren, als es noch keine Beschränkungen beim Gepäck gab, als noch kostenlose Mahlzeiten im Flieger serviert wurden und als es sogar noch Wein und Bier gab.

Ich erinnere mich an einen Flug auf die Kanaren, als jeder Fluggast eine Gürteltasche mit Zahnbürste und Kopfhörern bekam. Bei dem ich auf dem Rückflug eine Miniflasche Frankenwein getrunken habe und anschließend so beschwipst war, dass ich mir sogar den ersten Harry Potter-Film bis zu Ende angesehen habe. In dem Fall hätte auch das Flugzeug abstürzen können, ich war so blau, es war mir alles egal. Seitdem trinke ich definitiv keinen Alkohol mehr in Flugzeugen.

Was auch immer der Grund für die Werbekampagne ist, bin ich nach wie vor der Meinung, dass Fliegen heutzutage viel zu billig ist. Mir wäre lieber teurer und dafür mit besserem Service für alle Fluggäste. Da könnte man dann vielleicht auch mehr als ein Kilo Bücher mit in den Urlaub nehmen. Wobei die Vielleser wahrscheinlich eh einen E-Book-Reader dabei haben werden.

Der Coup des Plophosers

Quelle: Perrypedia

PERRY RHODAN NEO Band 205 – »Der Geminga-Zwischenfall« von Rüdiger Schäfer

Die CREST II verfolgt Iratio Hondro ins System des Geminga-Pulsars. In der Nähe von Caliban, einem Asteroiden auf dem sich ein Stützpunkt des Geminga-Kartells befindet, übernimmt Hondro innerhalb von Minuten die Kontrolle über die Mannschaft der Crest. Nur die Zellaktivatorträger, die Mutanten und die einstigen Siamesischen Zwillinge Bumipol und Sianuk na Ayutthaya widerstehen der mentalen Kontrolle durch den Plophoser. Während Perry Rhodan, Thora und die Mutanten mit Hilfe der DOLAN und Icho Tolot fliehen können, versuchen die Zwillinge die Bordpositronik SENECA vor der Manipulation durch Ronald Tekener zu schützen, der im Auftrag Hondros handelt, um das Schiff in dessen Gewalt zu bringen.
Rhodan und die Mutanten schmieden einen Plan, um die CREST II zurückzuerobern und die Mannschaft aus den Fängen Iratio Hondros zu befreien. Doch der Plophoser scheint ihnen immer einen Schritt voraus zu sein. Er bringt Rhodan und Thora in seine Gewalt. Nur Tekener kann verhindern, dass Thora Hondros geistigen Angriff überlebt. Gucky teleportiert sie und Rhodan in Sicherheit. Am Ende muss der Protektor kapitulieren und Hondro mit einem Beiboot ziehen lassen. Doch der Plophoser ist weitaus skrupelloser als erwartet. Er hinterlässt an Bord der CREST II nicht nur einen schwerverletzten Tekener, sondern auch eine Zeitbombe. Eine Bombe von der Rhodan und die Crew nichts ahnen. 

Ohne Zweifel schafft Rüdiger Schäfer mit diesem Roman einen Thriller, der den Leser stellenweise atemlos macht. Spannend bis zum Schluss hetzt er den Psychopathen Hondro gegen die Crew der CREST II und gegen Perry Rhodan. Der Terraner wird wiederholt vor eine schwere Entscheidung gestellt. Opfert er die Besatzung der CREST II, um Hondro ein für alle Mal das Handwerk zu legen, oder lässt er ihn ziehen, um die 2000 Menschen an Bord zu retten? Letztendlich wählt Rhodan wie immer den diplomatischen Weg, er gibt nach. Obwohl sich dies angesichts von Hondros Macht als schlimmer Fehler herausstellen könnte. Auch hier steht die Frage im Raum, ob das Leben vieler nicht mehr wert ist als das Leben weniger. Denn schließlich kontrolliert Hondro eine komplette Kolonie, Millionen von Menschen, die seit Monaten unter seiner Herrschaft leiden.

Wobei mir hierzu gerade einfällt: Was passiert im Capella-System, wenn Iratio Hondro nicht dort ist? Kann er die Kolonisten auch über eine so lange Entfernung kontrollieren? Formiert sich vielleicht im Moment seiner Abwesenheit Widerstand gegen ihn? Und wäre es nicht sinnvoll die Terranische Flotte in Bewegung zu setzen, bevor noch weitere Menschen durch ihn sterben? Zumindest die letzte Frage beantwortet Rüdiger Schäfer in seinem Roman. Im Gegensatz zum Solaren Imperium herrscht in der Terranischen Union Demokratie, entscheiden Politiker über das Vorgehen. Wie man aus eigener Erfahrung weiß, mahlen die Mühlen in diesem Fall langsamer. Diese Tatsache ist zwar für den Leser ärgerlich, aber auch ziemlich realistisch.

Ein bisschen stört mich tatsächlich die Übermächtigkeit Iratio Hondros. Das ist fast schon ein bisschen zu viel, um noch glaubhaft zu sein. Ein paar Probleme hatte ich auch mit der Darstellung Ronald Tekeners. Er wirkt in diesem Roman auf mich nicht so zerrissen, wie von Oliver Plaschka beschrieben. Außerdem, seit wann kann er so gut Positroniken manipulieren, wo er doch selbst sagt, er wäre kein Experte? Mir ist seine Beziehung zu Hondro nicht klar. Ich nahm an, dass er Hondro erst seit Monaten kennt, seit dessen Veränderung. Doch hier wurde von Jahren gesprochen. In Band 203 schimmerte ein wenig, eine intimere Beziehung durch. Hondro als Mäzen, der von seinem Schützling unter Umständen auch andere Dienste verlangt. Außerdem hieß es in Band 203: Albträume habe Tekener seit seiner Entführung als junger Mann. Jetzt lese ich, dass Hondro ihm und vielen anderen diese Albträume verschafft. Was denn nun?

Gelungen fand ich die Beschreibungen rund um die Zwillinge und die Positronik SENECA. Das war interessant und nachvollziehbar. Bei der Geschichte mit Gucky kurz vor Ende rutschte mir doch tatsächlich das Herz in die Hose und ich dachte: Fuck, die haben doch nicht wirklich.

»Der Geminga-Zwischenfall« ist ein spannender Roman, voller Überraschungen und interessanter Charaktere, der neugierig macht auf die nächsten Romane der Staffel. Rüdiger Schäfer hat mich wieder mit seinem »schwafelnden« Stil (das meine ich jetzt positiv) gefesselt und mir durch seine Ansichten und Erkenntnisse viel zum Nachdenken mitgegeben.

Mein Weg Rezensionen zu schreiben

Ich wurde unlängst gefragt, wie ich eine Rezension schreibe.

Nach der Lektüre eines Romans warte ich zunächst ein wenig, um das Gelesene sacken zu lassen. Sonst kann es passieren, dass ich mich impulsiv an einem Fehler aufhänge und dabei die guten Stellen des Romans vernachlässige. Daher habe ich mir angewöhnt, erst einmal die Finger still zu halten und eine Nacht darüber zu schlafen. Viel mehr Zeit sollte aber nicht verstreichen, weil sich dann die Erinnerungen mit dem überlagern, was ich im Anschluss lese. Oder ich schlicht vergesse, was ich schreiben wollte. Oder wie mir schon mal passiert ist, dass ich Infos aus der Leseprobe des nachfolgenden Hefts in die Rezension geschrieben habe.

Ansonsten ist es so, dass mir schon sehr bald klar ist, was ich über den Roman schreiben möchte. Die Sätze habe ich schon im Kopf, wenn ich mich vor den Computer setze, oft schon, während des Lesens.

Früher habe ich erst Rezensionen von anderen Rezensenten angeschaut, bevor ich selbst geschrieben habe. Doch das mache ich nicht mehr, weil ich gemerkt habe, wie sehr es meine persönliche Sicht beeinflusst. Ich lese Rezensionen oder Spoilerkommentare erst nach dem ich meinen Text hochgeladen habe. Zwar passiert es mir dann oft, dass ich etwas lese und denke: »Stimmt, dass ist dir auch aufgefallen.« Anfangs hat es mich geärgert, dass ich das in meiner Rezension nicht erwähnt habe, aber inzwischen sehe ich das ein bisschen entspannter.

Das Wichtigste an einer Rezension ist für mich der Titel. Ich möchte schon mit der Überschrift ausdrücken, ob mir der Roman gefallen hat oder nicht. Außerdem muss er Informationen über den Inhalt transportieren. Deshalb investiere ich viele Gedanken an die Titelfindung. Manchmal ist es aber so klar, dass ich den Titel schon weiß, wenn ich das Buch noch nicht zu Ende gelesen habe. Aber oft denke ich ein bisschen länger darüber nach.

Eine Rezension ist nie zu Ende geschrieben. Weshalb ich auch noch nach Tagen an dem veröffentlichten Text herumdoktere, vom Ausbessern der Tippfehler oder den Eigenmächtigkeiten der Autokorrektur mal ganz zu schweigen. Weshalb ich meine Rezensionen zur PERRY RHODAN-Serie ausschließlich in meinem Blog veröffentliche und nicht im Spoiler des PERRY RHODAN-Forums.

Die Despoten der deutschen Wikipedia

Es rumort schon lange. Die Diskussionen zur deutschen Wikipedia und ihrem Verhältnis zu Frauen in der Phantastik gärt schon seit Monaten. Ein erneuter Zwischenfall hat jetzt das Fass zum Überlaufen gebracht.

Kurze Zusammenfassung der Ereignisse: Im letzten Jahr stand eine Liste aus deutschen Science-Fiction- und Fantasy-Autorinnen zur Diskussion. Sie sollte gelöscht werden, weil die Bücher der meisten Autorinnen nur bei Kleinverlagen veröffentlicht wurden. Die Frage, ob ein Kleinverlag nicht auch ein Verlag sei, wurde von den Wikipedia-Vertretern nicht beantwortet. Es gab Proteste und eine regelrechte Kampagne für die Liste und gegen die zumeist männlichen Wikipedia-Aktivisten, welche die Löschung initiiert hatten. Namen wurden genannt und die mitunter frauenfeindlichen Kommentare ins Licht der Öffentlichkeit gestellt.

Es wurde ruhiger. Doch jetzt starteten die selbsternannten Herrscher der deutschen Wikipedia ihren Rachefeldzug gegen die Phantastik-Autorinnen, die sich zurecht gewehrt hatten. Und nicht nur das, die ziehen gegen das ganze Genre ins Feld. Die Einträge zweier Vereine, die sich mit phantastischer Literatur beschäftigen, landeten auf der Zu-Löschen-Liste. Unteranderem betroffen ist der PAN e. V., eine sehr junge Vereinigung der Phantastikautoren Deutschlands. Die Gegner dieses Eintrages argumentieren dem PAN mangele es an Relevanz. Weil der Verein nur 200 Mitglieder hat, und bisher nicht in großen Tageszeitungen erwähnt wurde, soll sein Wikipediaeintrag gelöscht werden.

Im Zuge dieses Blogeintrags habe ich mir mal die Diskussion in der Wikipedia zum Vorgang durchgelesen. Sie ist sehr lang und enthüllt einige schlechte Charakterzüge der Wikipedia-Aktivisten. Es wird nicht nur auf unterstem Niveau diskutiert, sondern gehetzt und beleidigt was das Zeug hält. Dabei scheint es, als hätten es die Herren besonders auf Frauen abgesehen. Die verbreitete Meinung lautet, dass eine Autorin, die nur zwei Fantasy-Bücher veröffentlicht hat, keinen Eintrag auf einer Liste wert ist. Sogar gegen Heftroman-Autoren richtet sich der Hass dieser Leute. Nach dem Motto, wer Schundheftchen schreibt, ist kein richtiger Schriftsteller. Achtung jetzt kommt Ironie! Klar doch, und wir alle, die sowas lesen, sind nur Freaks und Eskapisten. Und Frauen die Science Fiction schreiben, sind ohnehin suspekt und gehören eigentlich hinter den Herd. Eine Liste weiblicher Pornodarstellerinnen ist relevant, eine Liste weiblicher Science-Fiction-Autorinnen nicht.

Zurück zum PAN. Die Argumente, die gegen PAN vorgebracht werden, sind an den Haaren herbeigezogen. Dass die Messehalle 2 der Leipziger Buchmesse ohne den PAN nur halb so attraktiv wäre, dass der Verein sich um die Förderung und Anerkennung von Autoren der Phantastik bemüht, spielt in den Augen einiger Wikipedia-Platzhirsche keine Rolle. User, die für einen Erhalt des Eintrages stimmen, werden beschimpft und der Verwendung von Fake-Accounts verdächtigt. Ich habe irgendwann aufgehört, weiterzulesen, weil mir übel wurde von dem Gebaren dieser selbsternannten Hüter der Relevanz.

Was ist relevant und was nicht? Wer bestimmt, welche Information Relevanz hat und welche nicht? Ich denke, dass sollten die Leser selbst entscheiden. Für mich kann etwas anderes relevant sein, als für jemand anderen. Es ist eine Frage des Blickwinkels und dem Zweck der Suche. Die Wikipedia sollte alles Wissen der menschlichen Gemeinschaft abbilden und nicht nur gefiltertes Wissen einiger weniger, die meinen, sich über alle stellen zu müssen, nur weil sie mehr als 100 Artikel in der Wikipedia bearbeitet haben. Grundgedanke ist doch, dass an der Wikipedia jeder gleichberechtigt mitarbeiten darf und nicht nur ein elitärer Kreis selbsternannter Personen. Das, was da gerade in der deutschen Wikipedia abgeht, ist Zensur, es ist zudem Unterdrückung und eine Diktatur der Worte.

So lange sich das nicht ändert, so lange wird die deutsche Wikipedia viel ärmer an Information sein, als die Plattformen in anderen Ländern. Und deshalb stelle ich mit sofortiger Wirkung meine Unterstützung für die Wikipedia ein und dem sollten viele von euch ebenfalls folgen.

Wer sich genauer darüber informieren möchte, dem empfehle ich den Artikel der PhantaNews. Dort gibt es auch den direkten Link zur Löschdiskussion in der Wikipedia.

Deutsche Wikipedia: Die misogynen Inquisitoren der heiligen Relevanz

 

Cyber-Thriller auf Rumal

Quelle: Perrypedia

PERRY RHODAN NEO Band 204 – »Der Schaltmeister von Rumal«

Ungewöhnliche Dinge geschehen im Materiegürtel des Algolsystems. Auf Rumal erfährt davon nur die Wassermeisterin und verständigt NATHAN. Kurz darauf wird sie tot aufgefunden. Schaltmeister und Obmann von Rumal – Krumar Rabkob – sowie der Polizeichef – Shmuel Rodensky – werden in einen Strudel der Ereignisse gezogen, den sie nicht durchschauen und der zum Auslöschen der Kolonie führen könnte.
NATHAN schickt die Zwillinge Laura und Sophie Bull-Legacy zur Aufklärung der Vorfälle. Mit von der Partie sind Leibnitz und Monade. Doch die Positronikspezialisten geraten bei mehreren Anschlägen selbst in Gefahr.
Es gibt nur einen, der hinter all den Geschehnissen stecken kann – Iratio Hondro. Seit der Abschottung von Plophos vor einem halben Jahr scheint seine Macht inzwischen über die Grenzen des Capella-Systems hinauszureichen.

Ich bin kein großer Fan von Krimis oder Thrillern, aber ich weiß welche enorme Arbeit das Schreiben eines Solchen macht. In diesem Fall kommt die technologische Komponente hinzu. Das neuronale Positroniknetz, was die Kolonie organisiert und das von einem Schaltmeister und einem Wassermeister verwaltet wird, hat dem Autor die Arbeit sicher nicht erleichtert. Allein dafür verdient er Bewunderung.

Rainer Schorm verknüpft geschickt die Thriller-Struktur und die Cybertechnologie zu einer spannenden Handlung. Die agierenden Personen verfügen über eigenständige und manchmal kauzige Charaktere. Trotz der tödlichen Geschehnisse, kommt der Humor nicht zu kurz. Nur die Töchter von Reginald Bull bleiben im Laufe der Handlung etwas blass. Dafür freute ich mich, Leibnitz und seine Monade wieder in Aktion zu sehen und mehr über ihre Verbindung zu erfahren.

Natürlich war klar, dass die Katastrophe – die Zerstörung der Kolonie sowie der Tod des Schaltmeisters – abgewendet werden wird, was dem Ende ein wenig die Spannung nimmt. Das eine oder andere Opfer (vielleicht sogar Leibnitz oder der Schaltmeister) hätten mich an dieser Stelle mehr überrascht.

Was inzwischen ein bisschen stört, ist die Übermächtigkeit von Iratio Hondro. Die Exposé-Autoren müssen aufpassen, der Figur nicht zu viele Machtmittel zu verleihen. Sonst besteht die Gefahr, dass Perry Rhodan an seinem persönlichen »Moriaty« scheitert und am Ende der Staffel wieder in die Trickkiste gegriffen werden muss, um die natürliche Ordnung innerhalb der Serie wieder herzustellen. Hondro scheint sich zum »Overhead« der NEO-Serie aufzuschwingen … ach nein, den hatten wir ja schon.

Für Freunde des Thrillers bietet »Der Schaltmeister von Rumal« genügend Spannung, um sich gut zu unterhalten. Alle anderen erfreuen sich an dem großartigen Handlungsort Rumal. Hier gibt der Autor schöne Einblicke in eine wundersame aber glaubhafte Welt, die allein schon die Lektüre lohnen. Prima!

Die Abgründe von Plophos

Quelle: Perrypedia

PERRY RHODAN NEO Band 203 – »Tekener« von Oliver Plaschka

Die beiden Rhodansöhne sind mit Jessica Tekener weiterhin auf der Jagd nach Iratio Hondro. Dieser konnte zusammen mit Jessicas Bruder, Ronald, der Feuerhölle auf Olymp entkommen und treibt jetzt auf Plophos sein Unwesen. Während Ronald Tekener noch überlegt, ob er nur Hondros Werkzeug ist, oder ob er dem ehemalige Obmann von Plophos freiwillig folgt, versuchen Tom, Farouq und Jessica an das Oberhaupt des Geminga-Kartells und damit auch an Hondro zu kommen. Der entledigt sich inzwischen einiger seiner ehemaligen politischen Gegner. 
Dann läuft jedoch alles aus dem Ruder. Ronald Tekener versagt bei einem Auftrag für Hondro und wird vor den Augen seiner Schwester von drei Ertrusern halbtot geschlagen. Doch anstatt das Hondro ihn bestraft, lässt er ihn retten und zusammenflicken. Tekener muss zusehen, wie sich Hondros Aufmerksamkeit auf seine Schwester und die beiden terranischen Agenten richtet. Auf seiner Jagd stürzt Hondro mittels seiner manipulativen Fähigkeiten die Hauptstadt von Plophos ins Chaos und sabotiert den Sonnentransmitter, der Plophos mit der Erde und den anderen Kolonien verbindet.

Ich kann die Exposé-Autoren zu ihrer Autorenauswahl nur beglückwünschen. Oliver Plaschka ist einer der wenigen Autoren im Team, der einen solch komplexen Charakterroman, so gekonnt zu schreiben vermag. Sein Tekener hat nicht nur enorme Tiefe, sondern weckt in mir Sympathien, obwohl er ein eher negativer Charakter ist. Seine Spielsucht und die daraus resultierende kriminelle Vergangenheit, wurden von einem ungeklärten Vorfall vor 30 Jahren ausgelöst. Er leidet unter Alpträumen, in denen außerirdische Wesen mit ihm herum experimentieren und eine Infektion auslösen, an der er fast stirbt und die zu seinem Pockennarbigen Äußeren führen. Ich vermute stark, dass Merkosh und seine Spezies dabei ihre Finger im Spiel hatten. Das alles schildert der Autor in sehr eindringlichen Bildern.

Gut eingefangen, hat er meiner Meinung nach auch die Chemie zwischen Tom und Farouq Rhodan, sowie Tekeners Schwester Jessica. Das Agententrio ist keineswegs einer Meinung und harmoniert gerade deswegen so gut. Wobei Jessica hin und wieder dazu neigt, sich nicht ihrem Alter entsprechend zu verhalten. Nach wie vor unklar ist, über welche geistigen Fähigkeiten sie verfügt. Das muss schon ein bisschen mehr als nur Intuition sein.

Gegenüber Olymp, das Ruben Wickenhäuser im vergangenen Roman so »farbenfroh« beschrieben hat, wirkt Plophos eher grau und häßlich. Die sparsamen aber treffenden Schilderungen von Oliver Plaschka unterstreichen das und machen damit offensichtlich, warum die beiden Kolonien miteinander konkurrieren. Der Wald, mit der gefährlichen Tierwelt, die Sonnen, die nur wenig Licht spenden und die teils morbide Architektur, fühlen sich schon beim Lesen trostlos an. Wie muss erst für diejenigen sein, die dort leben? Sehr gut gelungen empfand ich die Atmosphäre des »Achantur«-Casinos, man fühlte sich geradezu hineinversetzt in Spielhöllen wie heutzutage in Las Vegas.

Großen Respekt zolle ich an dieser Stelle sowohl dem Autor als auch den Exposé-Autoren für das Spiel »Colonies«. Sie haben sich mit sehr viel Mühe Regeln für ein Spiel ausgedacht, dass ausschließlich in diesem Roman vorkommt. Im Grunde ist dies ein Detail, welches für die Handlung nicht relevant ist, und was man hätte vernachlässigen können. Das haben sie aber nicht getan, sondern lassen Tekener auch noch mehrere Runden spielen. Die Szenen bekommen dadurch einen sehr glaubwürdigen und natürlichen Anschein.

Aber auch spannungstechnisch hat die Handlung einiges zu bieten. Wobei der Autor die Spannung weniger aus Action-Szenen bezieht, sondern mehr aus den Figuren heraus. Bestes Beispiel ist die Szene, in der Tekener zusammengeschlagen wird. Einfach wäre es gewesen, sie aus der Perspektive seiner Schwester oder eines anderen Aussenstehenden zu erzählen. Der Autor nutzt jedoch die Innenperspektive von Ronald Tekener, was enorm schwer ist, weil dessen Sinne spätestens nach dem ersten Schlag schon stark eingeschränkt sind. Er fühlt, hört und riecht also den Kampf mehr, als dass er ihn sieht. Ein Beispiel: »Eine Woge aus Adrenalin schien die Zeit derart auszudehnen, dass in die Spanne zwischen zwei Herzschlägen plötzlich ganze Minuten passten, und in jede dieser Minuten eine gigantische Zahl von Sekunden des Schmerzes – um den Schmerz portionierter, erträglicher zu machen.«

Damit kommen wir zu dem, womit mich der Roman am meisten mitnimmt – seine Sprache. Ich gestehe, ich habe stellenweise geschwelgt und manchen Satz zweimal gelesen, weil er so poetisch klang. Ich kann mir vorstellen, dass nicht jeder so empfindet. Aber jeder mit Sinn für Sprachgefühl wird mir zustimmen, dass Oliver Plaschkas Romane sprachlich perfekt ausformuliert sind. Kein anderer bekommt das so harmonisch hin wie er und kein anderer NEO-Autor kann mich auf diese poetische Art fesseln.

Für mich ist »Tekener« ein Edelstein unter den NEO-Romanen. Die Geschichte um Ronald Tekener berührt auf vielfältige Weise. Informationen zur Staffel werden zwischen den Zeilen transportiert, wie es sein sollte. Das erfordert Aufmerksamkeit vom Leser, für die er aber mit ausgefeilten Formulierungen belohnt wird. Ich kann nur sagen: Ganz großes Kino!

Enttäuschung auf Evolux

Quelle Perrypedia

Enttäuschend! Mehr fällt mir zu Band 2 der Miniserie-MISSION SOL eigentlich nicht ein. Nach dem furiosen Start durch Kai Hirdt, gelingt es Bernd Perplies nicht, meine Euphorie weiter zu befeuern. Im Gegenteil, angesichts der vielen kleinen Unstimmigkeiten im Roman fürchte ich schon beinahe, was mich in den nächsten Bänden erwartet. Der ganze Roman wirkt auf mich oberflächlich und substanzlos. Die Plotpoints waren vorhersehbar vorbereitet und zu einfach gestrickt. So vermisse ich nicht nur die lebendigen Figuren, sondern auch die bildhaften Beschreibungen des Planeten aus dem ersten Band. Ich kenne den Zyklus nicht, auf den die Geschichte Bezug nimmt. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Evolux nur aus einer verstrahlten Wüste aus Prallfeldern und Energieschirmen besteht.

Die Geschichte, die der Autor in »Die Althanos-Verschwörung« erzählt, bleibt bis zum Ende so flach wie ihr Setting. Rhodan handelt unüberlegt und mit wenig Einfühlungsvermögen. Das er die riesige Kugelzelle der SOL alleine zu steuern versucht, gehört da ebenso dazu, wie die Tatsache, dass er Mahlia nach ihrer Hypnoschulung das Schiff überlässt und ihr alle Verantwortung aufbürdet. Mal davon abgesehen, dass ich nicht glaube, dass eine Hypnoschulung so funktioniert. Klar man hat das Wissen, aber ob man plötzlich alle Handgriffe auch auf Anhieb beherrscht, wage ich doch stark zu bezweifeln. Vor meiner ersten praktischen Fahrstunde wusste ich theoretisch auch, wie ein Auto funktioniert und was man machen muss. Aber als ich dann hinterm Steuer saß, habe ich das Auto auch erst ein paar mal abgewürgt. Unverantwortlich war auch, dass er die Siedler aus dem Tal allein mit dem Schiff zurückgelassen hat, ohne nicht wenigstens zwei oder drei Leute zu schulen. Klar will er wissen, was passiert ist, aber es gab keine direkte Bedrohung, die seinen sofortigen Einsatz gefordert hätte. Seine Jahrtausendelange Erfahrung hätte ihm sagen müssen, dass sich eine Mutter nicht aufhalten lässt, wenn sie von ihrem Kind getrennt wurde.

So war zumindest die Handlung um Mahlia etwas realistischer. Obwohl auch hier einige Kleinigkeiten zu bemängeln sind und vor allem die Nebencharaktere eher flach blieben. Irgendwie wusste ich nie, wie viele der Talbewohner jetzt eigentlich in den Einsatz gehen, weder auf der SOL-Zelle 2, noch auf der Space Disk mit der Mahlia ins Tal zurückgeflogen ist. Gut fand ich, dass sie an ihrer Mission scheitert und auf Widerstand unter den eigenen Leuten stößt. Weniger gut war, dass sie, als sie zum Schiff zurückgeflogen ist, die wenigen, die noch auf ihrer Seite standen, nicht mitgenommen hat.

Auf die Figur von Hemlir mu-Varall einzugehen. Der Bösewicht ist mir persönlich zu stereotyp. Ein ambivalentes Tentakelmonster das Rhodan foltert … Bitte, das ist so tief in die Klischeekiste gegriffen. Noch schlimmer finde ich allerdings, dass er es sein soll, der Rhodan wieder befreit und zur Flucht verhilft. Sorry, das kann und will ich nicht glauben.

Hier noch einer der Flüchtigkeitsfehler, die mir aufgefallen sind. Auf Seite 36, zweite Spalte, vierter Absatz sagt Rhodan zu mu-Varall: »… Zu dem Zeitpunkt müssten die beiden Raumschiffe ins Tal gebracht worden sein.« Dann auf Seite 37 zweite Spalte oben denkt Rhodan: »Dass es ein weiteres Raumschiff dort gab und dass ein drittes derzeit noch verschollen war, verschwieg er.« – Er hat es doch schon verraten. Zum Glück scheint mu-Varall nicht zugehört zu haben.

Fazit: Es ist tatsächlich das Rätsel um die SOL, das mich hat weiterlesen lassen. Ich hoffe, die Romane der kommenden Autoren bieten mehr Tiefe und Charakterentwicklung.

Tolles Heft

»Tolles Heft« mit Beilage

Ich gebe zu, dass ich den bekannten Science-Fiction-Autor Philip K. Dick bisher nur vom Hörensagen kannte. Einige seiner Bücher und Kurzgeschichten sind verfilmt worden und inzwischen echte Klassiker. Ich sage nur »Blade Runner«, »Total Recall« und »Minority Report«. Die Spielfilme habe ich alle gesehen, aber bisher habe ich von dem Autor noch nichts gelesen. Ja, ich weiß, das ist eine echte Bildungslücke. Schon allein deswegen reizte mich die Anfrage der Büchergilde, ob ich nicht ihr neuestes Printprodukt rezensieren möchte.

Was ich geschickt bekam, ist tatsächlich ungewöhnlich. So ungewöhnlich, dass es dem Autor selbst wahrscheinlich gefallen hätte. Es handelt sich um eine Ausgabe der sogenannten »Tollen Hefte«. Das sind in einer limitierten Auflage gedruckte Illustrierte Hefte mit Fadenbindung. In den Ausgaben steht die Verbindung zwischen Illustration und Text im Vordergrund. Im Fall von Heft 46 handelt es sich um eine Comic-Adaption. Es ist die illustrierte Version einer Kurzgeschichte von Philip K. Dick.

»Ach, als Blobbel hat man’s schwer« ist eine klare Anti-Kriegs-Geschichte, die in einer nicht allzu fernen Zukunft spielt. Die Menschen haben beim Terraforming des Mars, die dort lebende Blobbel-Zivilisation in Nöten gebracht, was zu einem jahrelangen Krieg führte. Protagonist der Geschichte ist George Munster, ein Veteran dieses Krieges. Weil man ihn genetisch veränderte, um hinter den Linien zu spionieren, verwandelt er sich ohne seinen Willen mehrere Stunden am Tag in einen Blobbel, einem gallertartigen Organismus. Da die Menschen auf der Erde auch nach dem Krieg nicht gut auf die Blobbels zu sprechen sind, leider er unter der Diskriminierung und zieht sich in sein Elend zurück, bis sein robotischer Therapeut eine Idee hat. Er bringt George mit einer Blobbelfrau zusammen, die im Krieg von den Menschen gefangen genommen wurde. Sie teilen das gleiche Schicksal. An achtzehn Stunden des Tages ist sie ein Mensch, die restlichen sechs Stunden lebt sie in ihrer ursprüngliche Form als Blobbel. Die beiden finden zueinander, heiraten und bekommen Kinder, George Munster wird ein erfolgreicher Geschäftsmann, doch eine dauerhafte Lösung, ist für beide nicht in Sicht …

Die Umsetzung als Comic-Adaption halte ich für gelungen, auch wenn mich der Stil der Künstlerin Katja Fouquet nicht so richtig anspricht. Ich mag es lieber realistisch gezeichnet. Dennoch hat das Heft einen künstlerischen Wert, schon allein wegen des Druckes – Flachdruck in Sonderfarben – und der Haftung mit gelbem Faden. Es richtet sich eindeutig an Sammler und Liebhaber des Besonderen. Was ich schön finde ist, dass dem Heft die originale Kurzgeschichte beiliegt. So kann man sie nochmals im Detail nachlesen.

Alles in allem ein wirklich »tolles Heft«, was die Büchergilde hier veröffentlicht hat. Zu beziehen ist es im Shop der Büchergilde oder in einer ihrer Buchhandlungen. (Leider nur für Mitglieder.) Die Büchergilde ist eine Verlagsgenossenschaft, die sich für den Erhalt der Buchkultur im 21. Jahrhundert stark macht. Sie sieht sich als »lebendige Gemeinschaft aus Leserinnen und Lesern, Autoren, Künstlern, Druckern und Büchermachern«.

Krimi auf Olymp

Quelle: Perrypedia

PERRY RHODAN NEO Band 202 – »Die Geminga-Morde« von Ruben Wickenhäuser

Perry Rhodan trifft auf Olymp mit Kaiser Anson Argyris zusammen. Der Obmann empfängt ihn mit Pomp und Ehren. Doch dann ereignet sich eine Explosion in der Nähe eines Situationstransmitter auf dem Handelsplaneten und man vermutet Rhodans Söhne im Zentrum des Geschehens. Perry fliegt los, um seine beiden Jungs dort hoffentlich heil herauszuholen.
Groom ist ein Grunner, ein genetisch Flüchtling, der auf Plophos geboren wurde, dort aber nicht leben möchte. Weil Grooms Gene aber Firmeneigentum eines am Variable Genom Projekt beteiligten Konzerns sind, muss er sich auf Olymp verstecken. Als Multi-Ingenieur hat er das Wissen, seine Identität zu verschleiern. Aber eines Tages wird er in Geschäfte des Geminga-Kartells verwickelt. Schneller als er denken kann, gerät er zwischen die Fronten des Kartells und den Agenten des Terranischen Geheimdienstes. Es droht nicht nur seine Enttarnung, sondern er entgeht nur knapp einem Anschlag durch Handlanger des Kartells. Die Rhodansöhne bieten Groom Schutz durch den terranischen Geheimdienst an, wenn er ihnen dabei Hilft Iratio Hondo und den Kopf des Kartells zu fassen. Doch das Vorhaben geht furchtbar schief.

Mit einem Mix aus Agententhriller und Krimi überrascht Ruben Wickenhäuser die NEO-Leser. Die Geschichte ist nicht nur spannend erzählt und mit jeder Menge Wendungen gestrickt, nein, dem Autor gelingt es zudem, die Welt Olymp sehr plastisch zu beschreiben. Das liest sich atmosphärisch dicht und wirklichkeitsnah. Es ist eine Welt der Zukunft, die dennoch viel von unserer Gegenwart besitzt. Sie ist fast schon als dystopisch zu bezeichnen.

Allein die Tatsache, dass der Protagonist Eigentum einer Firma ist, weil er mit den Genen geboren wurde, die diese Firma irgendwann einmal seinen Eltern eingepflanzt hat, hat mich schockiert. Es scheint nicht alles so perfekt gelaufen zu sein in den vergangenen 30 Jahren. Es scheint, als habe Perry Rhodan wenig Einfluss auf die adminstrative Politik Terras. Da haben andere die Zügel in der Hand und der Protektor wohl zu wenig Macht, solche Menschenverachtenden Praktiken zu verhindern. Da haben mich der Autor und die Expokraten kalt erwischt. Damit hatte ich nicht gerechnet. Aber ich finde das genial, weil die NEO-Geschichte somit viel realer erscheint, als wenn nur eitel Sonnenschein herrschte. Das Solare Imperium hatte in seiner Anfangszeit ebenfalls Schattenseiten, nur wurden diese nicht so offensichtlich gezeigt.

Wie der Autor das Szenario umsetzt, hat mir jedenfalls großen Spaß bereitet. Das war komplex und durchdacht und ich bin voll des Lobes. Sogar die technischen Abläufe waren für mich glaubhaft geschildert ohne zu viel phantastischen Firlefanz.

Ruben Wickenhäuser hat sich bisher von Roman zu Roman gesteigert, dass finde ich gut. Mit »Die Geminga-Morde« setzt er den starken Staffelauftakt fort und macht viel Lust auf die nächsten Romane. Perfekt!

Arbeitsplatz Friedhof

Quelle: shop.hirnkost.de

Der einzige Tote, den ich in meinem Leben gesehen habe, war ein Fahrradfahrer, der vor unserem Haus von einem LKW überfahren wurde. Damals war ich etwa 13 oder 14 Jahre alt und beobachtete vom Fenster aus, wie die Notärzte versuchten, den Mann wiederzubeleben und es schließlich aufgaben. Dann holte mich meine Mutter vom Fenster weg. Das letzte, was ich sah, war, wie man die Leiche mit einem Tuch abdeckte. Das Bild werde ich nie wieder vergessen.

Volker Langenbein sieht so etwas täglich und oft noch viel schlimmere Dinge, denn der Mann ist Totengräber. Jetzt hat er ein Buch darüber geschrieben, wie er zu dem Beruf gekommen ist, und was er bei seiner täglichen Arbeit auf dem Friedhof alles erlebt. Und das ist ausgesprochen interessant.

Seien wir ehrlich, wer von uns weiß schon, wie die Arbeit eines Totengräbers aussieht. Die meisten haben keine Ahnung und wollen es auch nicht wissen. Wir sind Meister im Verdrängen, wenn es ums Sterben und den Tod geht. Und wir schauen vielleicht auch auf Menschen herunter, die solche »Drecksarbeit« für uns erledigen. Warum das so ist, ist eine der Fragen, die der Autor in seinem Buch zu beantworten versucht.

Er nennt sich Rusty und hat eine schwere Kindheit hinter sich. Der gewaltsame Tod des Vaters, das tägliche Überleben auf den Straßen der Vorstadt prägen ihn und bringen ihn bis ins Gefängnis. Als er 1993 eine befristete Stelle als Friedhofsgärtner angeboten bekommt, packt er sein Schicksal am Schopf. Er arbeitet sich hoch bis zum Leiter eines Stadtteilfriedhofs. Doch der Beruf zehrt, nicht nur an seinem Körper, sondern auch an seiner Seele. Die Rufbereitschaften, in denen er nachts Selbstmörder und Unfallopfer buchstäblich von der Straße kratzen muss, lasten zunehmend auf ihm. Am Ende steht er kurz vorm Scheitern.

Geradlinig erzählt Volker Langenbein seine Geschichte. Die Kapitel bauen in den ersten zwei Dritteln aufeinander auf und liefern dem Leser einen intimen Einblick in die Arbeit eines Friedhofs. Eine Menge Arbeitsschritte sind notwendig, um einen Toten zu bestatten. Die Leiche muss abgeholt, gewaschen, umgezogen und für die Aufbahrung geschminkt werden. Bei Unfallopfern müssen Wunden vernäht und Körperöffnungen verschlossen werden. Gräber müssen ausgehoben, Blumen für die Trauerfeier arrangiert und die Zeremonie vorbereitet werden. Und am Ende müssen Sarg oder Urne beigesetzt werden. Doch das ist längst nicht alles. Ein Totengräber muss auch Grabstätten verkaufen und Hinterbliebene trösten. Er steht an vorderster Front, wenn es darum geht, mit trauernden Angehörigen zu kommunizieren. Und das alles mit einem Hauptschulabschluss und zu einem mickrigen Arbeitslohn. Erst seit 2003 gibt es die offizielle Berufsbezeichnung »Bestattungsfachkraft« und erst seit 2007 hat man sich in Deutschland auf eine einheitliche 3-jährige Berufsausbildung geeinigt. Allein daran erkennt man, welchen Stellenwert der Tod in unserer Gesellschaft hat.

»Totengräbers Tagebuch« ist kein Roman. Es ist, wie schon gesagt, ein Tagebuch. Die Geschichten beruhen auf wahren Begebenheiten und echten Personen. Und hier liegt auch das Kernproblem. Es fehlen die Plotpoints, die Konflikte für die Hauptfigur und ein geschlossener Spannungsbogen. Auch wenn im Buch viele menschliche Schicksale angesprochen werden, für Rusty geht im Grunde alles gut aus. Er hat Erfolg, er arbeitet sich schnell hoch, wird von den Kollegen und Vorgesetzten anerkannt. Man sieht ihn nicht scheitern und wenn, liefert der Autor dies in einer Zusammenfassung nach. Das macht das Buch leider, ich will nicht sagen langweilig, aber vorhersehbar.

Ein guter Vergleich an dieser Stelle ist »Bob, der Streuner« von James Bowen. Das Buch des ehemaligen Junkies entstand auf ähnliche Weise. Auch er erzählt seine Lebensgeschichte und wie die Begegnung mit einem streunenden Kater sein Leben veränderte. Doch James Bowens Geschichte ist deshalb so erfolgreich, weil er auf dem Weg zum »Ruhm« immer wieder vom Schicksal gebeutelt wird oder an sich selbst scheitert.

Das Leben ist nicht gnädig, mit keinem von uns. Jeder stößt irgendwann an Grenzen, an denen er aufgibt oder sie überwindet. Keine Frage, es gehört Mut dazu, darüber zu sprechen. So gesehen hätte ich mir gewünscht, dass Volker Langenbein ein wenig mehr aus den dunklen Kapiteln seines Lebens erzählt hätte. Von den Momenten an denen er kurz davor stand aufzugeben, oder mehr über die Konflikte, in die er durch seine Arbeit getrieben wurde, zum Beispiel über die Trennung von seiner Frau. Ich hätte den Menschen hinter dem Totengräber gern noch ein bisschen näher kennengelernt.

Doch das ist Mäkeln auf hohem Niveau. Denn wie der Titel schon sagt, ist »Totengräbers Tagebuch« kein Roman, sondern ein Tagebuch und so sollte man es auch lesen. Es ist informativ und erweitert den Blickwinkel auf jene Menschen, die uns irgendwann einmal zu Grabe tragen. Es fördert die Wertschätzung für einen Beruf, der sowohl körperlich als auch psychisch unglaublich belastend ist und zudem schlecht bezahlt wird. Allein das zählt.

Co-Autor des Buches ist Klaus N. Frick, der als Punk im Anzug Erwähnung findet. Das Buch erschien im Juni 2019 im Hirnkost-Verlag und ist als Hardcover-Ausgabe und E-Book im Buchhandel erhältlich.