Essa bei der Feuerwehr

Quelle: Traunsteiner Tageblatt

Der Artikel im Traunsteiner Tageblatt ist zwar schon eine Weile her, aber ich habe ihn erst gestern entdeckt. Unser Azubi Essa ist jetzt bei der Freiwilligen Feuerwehr.

Essa kam vor drei Jahren nach Waging und lernt bei uns in der Firma »Anlagenmechaniker« (früher hieß das Klempner). Seine Zwischenprüfung hat er mit 2,0 bestanden und war ein bisschen betrübt darüber. Ich habe ihm deshalb ein Buch geschenkt, weil er so gern liest.

Essa wurde in Afghanistan geboren und flüchtete 2016 nach Deutschland. Er hat auf seiner Flucht viele schlimme Dinge erlebt und dennoch nicht sein Lächeln verloren. Seine Eltern leben noch in Afghanistan, seine Geschwister im Iran. Obwohl er Heimweh hat, möchte er nie wieder zurück. Er spricht ein ausgezeichnetes Deutsch und will immer wissen, wie die Dinge heißen und funktionieren. Hier in Deutschland möchte er einen technischen Beruf lernen, der ihm Zukunftsperspektiven bietet. Er interessiert sich sehr für regenerative Energien.

Ich hoffe sehr, dass Essa auch nach seiner Lehre in Deutschland bleiben darf und freue mich, dass er jetzt bei der Feuerwehr neue Freunde gefunden hat.

Ausführung vor Planung 2

Zusatz zum vorherigen Blogeintrag.

Es gibt noch eine Variante der Planung. Auch eine, die Planer nicht sonderlich schätzen. Manche Bauherren oder Architekten haben die Angewohnheit ständig Änderungen zu machen. Selbst dann, wenn das Haus gebaut wird. Oft ist es so, dass man die Änderungen einzeichnet und den Plan ausdruckt. Die Tinte auf dem Plan ist noch nicht richtig trocken, kommen schon die nächsten Änderungen und man fängt wieder von vorn an. Das ist insofern blöd, weil man viel umsonst arbeitet, denn die Bauherren zahlen ja nur eine Pauschale für die Planung. Eigentlich müsste man das Stundenweise abrechnen, dann würde sich das viele überlegen, aber das ist in der Branche schwer durchzusetzen.

Im Film »Schlaflos in Seattle« gibt es eine Szene, in der Tom Hanks als Architekt von einer Kundin genervt wird, weil sie dauernd etwas geändert haben will, obwohl schon alles steht. Das kenne ich nur zu gut.

Ausführung vor Planung

Ich bin beruflich im Stress und das schon seit Wochen. Wie immer ist Zeitmangel der Auslöser. Man hat einfach nie genug Zeit, sich richtig um die Bauvorhaben der Kunden zu kümmern. Im Grunde habe ich es momentan mit drei Situationen zu tun.

Da ist das normale Planungsvorgehen. Man bekommt einen Eingabeplan. Das ist der Plan mit dem das Bauvorhaben bei den Behörden angemeldet wird. Nach dem wird die Baugenehmigung erteilt. Ich mache anhand des Eingabeplans die für mein Gewerk notwendige Planung und gebe die an den Architekten oder die Baufirma weiter. Die übernehmen meine Planungen in die Werkplanung, nach der das Haus dann tatsächlich gebaut wird. Da ist meist noch Zeit, um Änderungen am Grundriss vorzunehmen, um zum Beispiel Platz für Steigschächte für Wasser, Abwasser oder Stromkabel einzuplanen. Manchmal kommen die Bauherren aber auch etwas spät damit an, da muss man sich dann sputen, um die notwenigen Voraussetzungen vom Architekten noch umgesetzt zubekommen. Manchmal muss man auch mit den Bauherren oder Architekten diskutieren, aber meist funktioniert das System.

Dann habe ich momentan ein Bauvorhaben, dass sich noch in der Entwurfsphase befindet. Das ist im Grunde absoluter Luxus für einen Fachplaner. Das heißt, es existiert noch kein Eingabeplan, die Baugenehmigung ist noch nicht angefragt, die Wohnungen sind (wie in diesem Fall) noch nicht verkauft. Zusammen mit den anderen Gewerken kann man sich gut absprechen und vernünftig planen. Da wird man auch mal gefragt, ob das so und so geht, oder was man vorschlagen würde. Das ist toll, so macht das auch Spaß.

Was gar keinen Spaß macht, ist das Bauvorhaben mit dem ich mich diese Woche beschäftige. Da ist außer der Lichtplanung noch nichts geplant, aber der Keller wurde bereits betoniert und morgen wird die erste Decke aufgelegt. Der Albtraum für jeden Fachplaner. Der Bauherr hat sich noch nicht festgelegt, was er will, aber es wird schon mal gebaut. Arrrrrhg! Jetzt haben meine Kollegen und ich die tolle Aufgabe, das irgendwie in kürzester Zeit so hinzubiegen, dass man im Nachhinein möglichst viel noch ändern kann, in der Hoffnung, das der Bauherr dann auch zufrieden ist. Leider handelt es sich um kein kleines Häuschen und natürlich stimmen teils die baulichen Voraussetzungen nicht. Da ist Improvisieren angesagt, was beim Hausbau nicht immer die beste Lösung ist. Jedenfalls versuchen wir in den nächsten Tagen nun möglichst die Kuh vom Eis zu schaffen. Mal sehen, ob uns das gelingt.

Das Motto »Ausführung vor Planung« kommt leider immer häufiger vor und das macht meinen Job mitunter superstressig.

Design trifft auf Physik

Quelle: Mapio.net

Eigentlich wollte ich diesen Text gestern schon schreiben, aber dann hatte ich gestern Abend einen solchen Knoten im Kopf, dass gar nichts mehr ging. Grund dafür ist ein Mehrfamilienhaus, das wenige Schritte von uns entstehen wird und für das ich mit der Durchbruchsplanung beauftragt wurde.

Die Wohnungen sind inzwischen längst verkauft. Bei den Preisen pro Quadratmeter schätze ich mal, dass die Käufer wieder vorwiegend aus der ganzen Republik kommen und keine Einheimischen sein werden. Vermutlich ältere Leute, die ihr Haus verkauft haben und nun in eine Wohnung ziehen, die genausoviel kostet wie anderswo ein Haus oder eine Villa. Das Architekturbüro aus Österreich hat schicke Exposés erstellt, computeranimierte, realistisch aussehende Fotos zeigen moderne Wohnungen.

Quelle: Mapio.net

Das sieht alles wunderbar aus und wäre auch toll, wenn nicht die Physik wäre. Ich habe nämlich nun die schwierige Aufgabe, die Versorgungs- und Entwässerungsleitungen für das Gebäude festzulegen. Da ist es hinderlich, wenn in einem vierstöckigen Gebäude mit Keller, die Bäder und WCs in jeder Wohnung an einer anderen Stelle sind und sich unter und über den Bädern Wohn- oder Schlafräume befinden. Bei denen das Abwasserrohr dann genau durchs Bett verlaufen würde. Außerdem wird gern vergessen, dass Abwasserrohre oben offen sein müssen, damit das Wasser auch ablaufen kann. Sprich, jedes Abwasserrohr muss auf dem Dach in einer Entlüftung enden. Das Abwasserrohr, das vom Erdgeschoss in den Keller führt, muss also auch durch die Obergeschosse und durchs Dach. Wenn die Bäder also nicht übereinander liegen heißt das: ich brauche für jede Wohnung mindestens einen Strang, der sich durch alle Etagen zieht. Wenn Badewanne, Toilette oder Dusche sich auch noch an verschiedenen Seiten des Bads befinden, brauche ich zwei Abwasserrohre. Diese einfach so über den Boden zu verlegen, geht nur bei kurzen Distanzen, weil die Rohre ein Gefälle haben müssen, damit das Wasser nicht stehenbleibt, sondern abläuft. Und dazu reicht der Fußbodenaufbau in den meisten Fällen nicht.

Quelle: Mapio.net

Man sieht, so eine Abwasserplanung ist hochkomplex. Zusätzlich kommen noch die Versorgungsleitungen mit Trinkwasser, Warmwasser sowie Vor- und Rücklauf für die Heizung hinzu. Auch hier gibt es Mindestlängen, die man einhalten muss, zum Beispiel wegen der Trinkwasserhygiene oder der Vorlaufzeiten fürs Warmwasser. Ich habe mir gestern erstmal den ganzen Tag den Kopf zerbrochen, wie man wo lang fahren könnte, um das Haus zu entwässern, ohne den Grundriss der Wohnungen zu ändern. Ich hatte dann zumindest drei von zehn Strängen die einigermaßen von unten bis oben durchgingen, wenn auch mit kleinem Versatz. Beim Rest scheitert es meist an der Entlüftung übers Dach. Sprich, ich komme mitten in der Terrasse bzw. mitten im Wohnzimmer hoch. Oder ich lande im Kellerflur, der als Brandabschnitt gekennzeichnet ist. In diesen darf man nur Rohre oder Leitungen verlegen, die nicht brennbar oder schwer entflammbar sind, bzw. die speziell abgeschottet werden müssen, damit der Brandschutz eingehalten wird. Was extreme Mehrkosten verursacht.

Quelle: Mapio.net

Die Wohnraumlüftung ist auch noch nicht perfekt. Vor allem im Dachgeschoss schaffen wir die vorgegebenen Maße des Herstellers nicht und müssen die Abluftstränge notfalls über den Boden ziehen. Das geht zwar, kostet aber wieder mehr.

Am Montag kommt der Architekt vorbei. Ich bin gespannt, was er sagt. Beim Hausbau ist der Spruch »form follows function« nämlich zwingend. Wasser richtet sich immer nach der Physik und nie nach dem Design.

Ich im Fitnessstudio

Bevor ich mich ab nächste Woche für 14 Tage in den Urlaub verabschiedete, hatte ich diese Woche noch einen spannenden Außeneinsatz auf Arbeit. Ich habe ein Fitnessstudio besucht, beruflich. Dort mussten die Bestandsunterlagen aktualisiert werden und weil bekanntlich gerade alle Fitnessstudios geschlossen sind, kam der Termin gerade passend.

Ich muss gestehen, dass ich noch nie in einem Fitnessstudio war. Auch nicht, als das Gebäude 2017 gebaut wurde und ich die Planung dafür gemacht habe. Ich kannte das Objekt also nur von Plänen und sah es zum ersten Mal in echt.

Ein bisschen beindruckend ist das schon. Bei einer Grundfläche von fast 1000 Quadratmetern mit großem Wellnessbereich ist das auch nicht schwer. Beeindruckend ist die Fülle an »Folter«-Geräten, die dort aufgestellt sind. Die riesige Lüftungsanlage, der 3 x 250 A Hausanschluss (das Anschlusskabel hat einen Durchmesser von 12,6 cm) und der drei Meter breite und zwei Meter hohe Verteilerschrank stehen dem in nichts nach.

Ich bin kein Fan von Fitnessstudios, aber die Besitzerin kann einem echt leid tun. Das Studio ist jetzt seit November geschlossen, die Mitarbeiter in Kurzarbeit auch die Azubis. Hilfen vom Staat kommen spät und dann viel zu wenig, um überhaupt die Ausgaben zu decken. Noch gibt es keine Aussichten, wann sie wieder aufmachen dürfen, obwohl sie sich ein echt tolles Hygienekonzept ausgedacht haben. Einbahnstraßen, jedes zweite Gerät abgesperrt, Wellnessbereich geschlossen und nur eine begrenzte Anzahl an Besucher pro Stunde erlaubt. Ich meine, selbst wenn da zwanzig Leute pro Stunde auf der großen Fläche unterwegs wären, würden die gar nicht auffallen. Die würden sich dort verlieren. Dennoch darf das Studio nicht öffnen.

Die Besitzerin hat sich an den Verband der Fitnessstudios gewandt und der hat bei der Bundesregierung nachgefragt, warum trotz Hygienekonzept die Fitnessstudios nicht öffnen dürfen. Antwort vom Ministerium: Weil Fitnessstudios nur 0,… Prozent vom Bruttosozialprodukt erwirtschaften, also nicht systemrelevant sind. Es geht also gar nicht so sehr darum, dass sich Leute dort anstecken könnten. Es geht viel mehr darum, dass die Leute allgemein nicht mobil sind und sich nicht zufällig draußen treffen könnten.

… Deshalb auch die Ausgangsperren, die übrigens bei uns im Landkreis seit Dezember bestehen und so gar nichts gebracht haben. Die Inzidenzen sind nach wie vor im dreistelligen Bereich. Im Gegenteil, ich behaupte, die Inzidenzen sind genau wegen der Ausgangssperren hochgegangen, weil die Leute sich nämlich heimlich treffen und dann die ganze Nacht bei den Freunden und Bekannten verbringen. Ich habe von Leuten gehört, die gesagt haben, dass sie nie bessere Partys gefeiert haben, als wie in dieser Zeit, weil keiner nüchtern bleiben musste, um die Kumpels heimzufahren …

Zurück zum Fitnessstudio. Ich hoffe, das die bald wieder aufmachen dürfen, vielleicht auch nur für Geimpfte und Getestete. Denn das Fitness für ein starkes Immunsystem extrem wichtig ist, interessiert anscheinend keinen Politiker.

Ich, das Alien im Online-Seminar

Gestern hatte ich mein erstes Online-Seminar. Veranstalter war der TÜV-Süd und es ging um Sicherheitsbeleuchtung. Das Thema ist ziemlich trocken, das hat sogar der Referent zugegeben. Von Arbeitsschutz über Baurecht, zu Verordnungen, Richtlinien und Normen, ich glaube, ich hab noch nie über so viele Vorschriften und Anweisungen zu einem Thema auf einmal gehört. Obwohl ich mich in meiner Vergangenheit viel mit DIN- und VDE-Normen beschäftigt habe. Meine Anerkennung dafür, dass der Referent fast acht Stunden lang (mit drei kurzen Pausen) darüber erzählt hat. Am Ende konnte ich dann allerdings das Wort »Maßnahmen« nicht mehr hören. Vor allem aber ging mir das »et cetera pe pe« auf den Keks, was er gefühlt jedem dritten Satz fallen ließ.

Ich war mal wieder die einzige Frau unter den zirka zehn Teilnehmern. Ich weiß nicht, warum es in der Branche so wenig Frauen gibt. In vielen Planungsbüros arbeiten auch Frauen. Jedenfalls fühlte ich mich wie ein Alien, als die Dame vom Organisationsteam am Ende noch ein paar abschließende Worte sprach und herausfand, dass eine Frau teilgenommen hatte. »Eine Frau!« rief sie freudig aus, »Wir haben heute sogar eine Frau dabei.« Nun, ich gönnte ihr die Freude.

Online-Seminare sind einerseits recht praktisch. Man kann zuhause bleiben, spart Benzin und Spesen und kann bei ausgeschalteter Kamera auch nebenbei mal schnell was anderes machen. Ich hab zwei paar Babysöckchen gehäkelt. Es ist aber kein Ersatz zu einem Seminar im echten Leben. Es fehlt der persönliche Kontakt, der Erfahrungsaustausch. Man lernt die anderen Teilnehmer nicht kennen, man sieht die Leute nicht mal. Es gibt keine Geschichte zu hören und kaum einer traut sich Fragen zu stellen. Diskussionen finden überhaupt nicht statt. Das ist schade, weil sie eigentlich ein wichtiger Teil solcher Seminare sind. Man erfährt so, wie andere ein Problem gelöst haben, was man vielleicht selbst hat.

Mal sehen, ob ich je wieder in irgendeiner Form solche realen Seminare besuchen kann. Im Moment kann ich mir das gerade nicht vorstellen.

An der heißen Strippe

Am Donnerstag war Hotline-Tag. Ich verbrachte an diesem Tag viel Zeit mit Hotline-Telefongesprächen oder hing in -Warteschlangen.

Hotlines können, sofern sie gut organisiert sind, absolut hilfreich und in manchen Fällen sogar lebensrettend sein. Beruflich muss ich öfters bei diversen Hotline anrufen, meist geht es um technischen Support für irgendwelche Geräte oder für die Software, mit der ich arbeite. Meistens rufe ich an, wenn ich etwas nicht weiß, oder etwas nicht so funktioniert, wie es sollte. Für das CAD-Programm mit dem ich arbeite, müsste mein Chef eigentlich Rabatt bekommen, dafür, dass ich so viele Programmierfehler finde. Nebenbei lernt man da viele interessante Leute kennen und seit Corona, drehen sich die Gespräche nicht mehr nur um die Software, sondern um Allgemeines, die Arbeit im Homeoffice oder darum, wie jeder mit der Situation klarkommt. Manche Leute haben echt ein Bedürfnis, mal mit jemandem über etwas anderes zu reden. Bei manchen hört man die Kinder im Hintergrund quieken. Die Leute sind wahrscheinlich froh, wenn sie irgendwann wieder in ihre Büros zu ihren Kollegen zurückkehren können.

Nervig wird es, wenn man zunächst ewig in einer Warteschlange festgehalten wird. Bei einigen Firmen meldet sich dann zumindest jemand, der das Problem notiert, und man wird wenig später zurückgerufen. Auch das hatte ich am Donnerstag. Helfen konnte mir der Mann damit zwar nicht, aber es war okay.

Richtig doof war es, als ich dann nach Feierabend die Pakethotline von DHL anrufen musste, weil mein Paket laut Sendungsverfolgung in der Packstation lag, sich aber mit dem Strichcode auf der Benachrichtigungskarte nicht aus der Packstation abholen ließ. Die behauptete stur, dass ihr die Nummer unbekannt sei. Zuerst musste ich mindestens drei mal die Sendungsnummer laut aufsagen, bis mich der Computer verstanden hat und mich zu einem Mitarbeiter weitergeleitet hat. Dann hing ich eine geschlagene Viertelstunde in der Warteschlange, bis sich jemand meines Problems annahm. Der Mensch konnte mir dann sogar helfen und hat mir eine neue Nummer durchgesagt, die ich in die Packstation eingeben musste. Das hat zwar alles geklappt, aber die Zeit, die ich dabei am Telefon vergeudet habe, hätte ich gern anders genutzt.

Auf dem Bau gibts kein Corona

Meine Hoffnung, dass sich mit dem Jahreswechsel die angespannte Lage in meinem Job legt, ist nach einem Monat im neuen Jahr geschwunden. Nicht nur, dass es so chaotisch weiterläuft, auch die Leute werden immer irrer.

Während andere im Homeoffice sitzen oder Kurzarbeit schieben, arbeiten meine Kollegen draußen an der Front. Die Baustellen gehen weiter, müssen weitergehen, allen Corona-Beschränkungen zum Trotz. »Systemrelevant« heißt das Zauberwort. Dabei treiben vor allem die Baufirmen die Baustellen voran. Kaum liegt kein ganzer Meter Schnee mehr, scharren sie schon mit den Hufen und treiben die Handwerker und Planer vor sich her. Dabei wird übersehen, dass die Bauherren, also die Leute, die dann später mal in die Häuser und Wohnungen ziehen, weder in ein Küchenstudio noch in eine Badausstellung der Großhändler gehen können, um sich beraten zu lassen. Ich versuche, so viel wie möglich telefonisch zu klären, aber das geht leider nicht immer. Manche Dinge kann man nicht über eine Telefonleitung zeigen.

Schneller, höher, größer! Noch ein Haus und noch eins und noch eins. Die Zinsen sind niedrig, die Reichen haben Geld. (Wer arm ist, kann es sich ohnehin nicht leisten, zu bauen.) Die Bauherren können sich nicht entscheiden, was sie wollen, zögern vieles hinaus, erwarten dann aber, dass alles sofort und gleich fertig ist, wie bei Amazon. Dabei sind die Angestellten der Großhändler im Homeoffice oder in Kurzarbeit und nur bedingt zu erreichen. Von den Lieferschwierigkeiten will ich gar nicht erst anfangen. Wenn ich auf das Angebot für eine Leuchte schon vier Wochen warten muss, wie lange warte ich dann erst auf die Leuchte selbst.

Die Leidtragenden sind immer die Handwerker, die ihre Gesundheit riskieren, weil … Maskenpflicht hin oder her. Bei dem Wetter gibt es in den Rohbauten meist nur einen beheizten Raum, in dem man sein Frühstück einnehmen kann. Den Büroangestellten der Handwerksbetriebe wird übrigens nahegelegt, möglich nicht ins Homeoffice zu wechseln, aus Solidarität den Angestellten gegenüber, die raus auf die Baustellen müssen.

Vielleicht würde man die Inzidenz runter bekommen, wenn man einfach mal für drei Wochen die Baustellen im Land dicht macht. (Über die Feiertage und im Januar wäre eine gute Zeit dafür gewesen.) Die meisten Baustellen sind nicht systemrelevant. Krankenhäuser und Infrastruktur nehme ich mal aus, aber der Häuslebauer kann es verkraften, wenn sein Häuschen ein bisschen später fertig wird. Und die Planer hätten endlich wieder mehr Zeit, um richtig zu planen. Denn momentan habe ich den Eindruck: es wird erst gebaut und dann geplant. Das dann vieles schief geht, braucht eigentlich keinen zu wundern.