Leichenschau

Vergangenes Wochenende waren wir mal wieder am See. Seit Dezember werden hier Baumstämme für die jährliche Holzaktion gelagert, wie in jedem Jahr übrigens.

Ich bezeichne das immer als Leichenschau, wenn am Wochenende die Familien und Pärchen herumgehen und sich die Bäume ansehen. Denn nichts anderes ist es. Wenn die Bäume so viel Aufmerksamkeit bekommen hätten als sie noch standen, wie jetzt als tote Stämme, hätten wir weniger Umweltprobleme. Diese Holzauktionen gibt es jedes Jahr und jedes Jahr werden es mehr Stämme. Noch vor zehn Jahren reichte ein kleiner Platz am See. Inzwischen liegen sie überall an der Straße und im Park verteilt.

In den letzten Jahren wurden auch in der Gemeinde und drumherum viele Bäume gefällt. Und damit meine ich nicht, die abgestorbenen Bäume, die in Thüringen ganze Berge haben kahl werden lassen. Hier sind es gesunde Bäume, die wegen des Holzes geschlagen werden oder einfach nur, weil sie im Weg sind. Am Festplatz wurde unlängst ein Baum gefällt, weil für nicht mal eine Woche dort ein Festzelt aufgestellt wurde. Ratsch einfach weg. Das etwa einen Hektar große Wäldchen an der Landstraße Richtung Traunstein war innerhalb einer Woche einfach weg. Der Nussbaum und die Weiden am Bach, weg, wegen einer Straße und zwei neuer Häuser. Neue Bäume werden nur selten nachgepflanzt.

Der Hunger nach Energie holt sich nun die Wälder, wenn Gas- und Ölpreis steigen. Und wer mir erzählen will, dass mit Holz heizen nachhaltig ist, den lade ich gern mal ein, wenn der Nachbar wieder Holz sägt: Mit einem Holzspalter und einer Kreissäge, die mit einem alten Traktor angetrieben werden. Da läuft den ganzen Tag der Dieselmotor. Der Rest des Holzes wird gehäckselt und im Hof tagsüber zum Trocknen breit gemacht. Wo er abends mit dem Traktor und der Baggerschaufel zusammen und am nächsten Morgen auf die gleiche Weise wieder auseinander geschoben wird. Wie viel CO2 allein in der Verarbeitung des Holzes steckt, vom aus dem Wald holen und dem Abtransportieren des geschnittenen Holzes rede ich gar nicht. Jedenfalls müssen die Geschäfte gut laufen, denn es wird oft Holz gesägt in letzter Zeit. Manchmal dröhnt das Geräusch der Säge und des Traktors tagelang über die Straße.