Planen, Bauen, Wohnen

… so sollte die Reihenfolge eigentlich sein. In letzter Zeit hat sich das irgendwie umgekehrt.

Diese Woche war schlimm. Dass hat man vermutlich schon daran gesehen, dass ich so gut wie nicht bloggen konnte. Dafür glaubte ich bisweilen, die Welt sei ein Irrenhaus und ich arbeite in der Zentrale. Irgendwie scheint die Gesellschaft nach Pfingsten den Corona-Lockdown-Schalter umgelegt zu haben und müsse jetzt alles wieder aufholen. Da kommen Bauherren mit skurrilen Ideen aber ohne Ahnung. Da werden Angebote angefragt für Objekte, für die schon mal die Baugrube ausgehoben wird. So nach dem Motto, wir fangen schon mal an, planen können wir später noch. Da wird Schritt B vor Schritt A getan und dann herumgemeckert, wenn etwas nicht klappt oder fehlt. Die Kunden wollen moderne Hightech, aber zum Schnäppchenpreis und möglichst am nächsten Tag. Zeit und Geld ist im Handwerk momentan zur Rarität geworden.

Leute, dass funktioniert so nicht. Ein Handwerker ist nicht Amazon. Da stehen nicht nur die Produkte auf der Rechnung, sondern auch die erbrachte Arbeitszeit. Auf der einen Seite will man SmartHome (ohne sich richtig bewusst zu sein, was das bedeutet bzw. was es eigentlich machen soll) andererseits darf es aber nichts kosten und soll möglichst sofort erledigt sein. Das ein Handwerksbetrieb mehrere Baustellen hat, scheint niemanden zu interessieren. Manche Kunden denken, wenn man den Auftrag angenommen hat, ist man ihr persönlicher Sklave, der zu jeder Tages- und Nachtzeit zur Verfügung stehen muss.

Am Schlimmsten empfinde ich die mangelnde Zeit. Ein Ein- oder Mehrfamilienhaus mit Elektro, Sanitär und Heizung auszustatten, plant man nicht mal so an einem Vormittag. Ich hatte diese Woche mehrfach das »Vergnügen« mal schnell einen Plan zu machen. Wenn meine Kollegen damit am nächsten Tag auf die Baustelle fahren, ist der wahrscheinlich nicht mal mehr das Papier wert, auf dem er gedruckt ist. Weil sich die Bauherren über Nacht wieder was neues ausgedacht haben. Ständige Planänderungen sind keine Seltenheit und Zeit dafür, sie einzuarbeiten, bekommt man natürlich auch nicht. Ich muss also versuchen, das irgendwie aus dem Ärmel zu schütteln und nebenbei noch die Beschwerden der Kunden am Telefon und per E-Mail entgegennehmen, wenn aus genau diesen Gründen mal wieder was schief gegangen ist. Dann darf man sich Beschimpfungen anhören und wird angemotzt, obwohl man meist gar nichts dafür kann.

Ich ahne, warum es so viel Pfusch am Bau gibt. Nein, das liegt meist nicht an den Handwerkern, sondern ganz oft auch an den Bauherren, die sich nicht entscheiden können oder ihre skurrilen Wünsche einfach nicht rechtzeitig äußern. Aber auch an einigen Architekten, die nicht nachdenken und die unbedingt das Bad über dem Wohn/Esszimmer ohne Wände anordnen, weil das ja so modern ist. (Eine Badewanne im Schlafzimmer ist übrigens nichts ungewöhnliches.) Solche Leute scheinen zu glauben, dass Wasser und Strom wie W-Lan sind und sich rohr- bzw. kabellos über die Luft übertragen bzw. abfließen.

Ich weiß, warum kaum einer Handwerker werden will. Es ist körperlich schwere Arbeit, zeitintensiv (also kein Job von neun bis fünf) und wird schlecht bezahlt. Wenn man dann auch noch von den Kunden behandelt wird, als wäre man der letzte Depp, macht das wirklich keinen Spaß. Ich bin jedenfalls froh, dass heute Freitag ist.