Absturz auf Triton

Quelle: Perrypedia

PERRY RHODAN NEO Band 215 – »Botschafter des Imperiums« von Rüdiger Schäfer

Ein Frachter der Mehandor havariert beim Eintritt ins Sonnensystem. Das Raumschiff stürzt auf Triton einem der Monde von Neptun. An Bord sind neben einer Ladung exotischer Tiere für den Zoo Terrania auch ein Abgesandter von Imperatrice Emthon V. Der Arkonide reist verdeckt, weil er Perry Rhodan eine brisante Botschaft überbringen soll. Mit viel Glück überlebt er den Absturz zusammen mit einer Handvoll Mehandor. Doch sie können nicht auf Hilfe der Terranischen Flotte warten, weil das Wrack auf der instabilen Oberfläche des Mondes unterzugehen droht. 
Rhodans Söhne werden vom Geheimdienst losgeschickt, den Botschafter aus dem verunglückten Schiff zu bergen, bevor die offiziellen Retter eintreffen. Man vermutet, dass das Schiff nicht zufällig abgestürzt ist. Ihre Chancen den Arkoniden in dem Trümmerhaufen von Frachter zu finden und lebend zu bergen sind schlecht. Denn ein paar der gefährlichen Tiere haben überlebt und stürzen sich nun auf alles was sich bewegt.

Auch wenn ich viel lieber erfahren hätte, wie es mit der FANTASY und dem Compariat weitergeht, so muss ich gestehen, dass Rüdiger Schäfer ein ausgesprochen spannender Roman gelungen ist. Da kommt dramaturgisch einiges zusammen. Leute, die in einem fast völlig zerstörten Schiff zu überleben versuchen, verfolgt von wilden Tieren und zwei Geheimagenten auf einer fast unmöglichen Mission.

Nicht zu vergessen Thora als Kommandantin der CREST II, die sich zurückhalten muss, nicht nur im Dienst, sondern auch privat. Ihre Sorge um ihren Ehemann darf sie genauso wenig zeigen, wie ihre Meinung darüber wie sie vom Terranischen Rat behandelt wird. Der beschuldigt sie nämlich, Perry Rhodan beim Diebstahl der FANTASY unterstützt zu haben. Was ja eigentlich auch stimmt. Hinzu kommt nun die Sorge um ihre Heimat. Was geht vor im Imperium? Was muss passiert sein, dass sich die Imperatrice an die Terraner wendet? Fragen, die im Laufe der nächsten Staffeln beantwortet werden müssen.

Keine Frage, Rüdiger Schäfer kennt sich aus mit Arkon und seinen Bewohnern. Dieses Detailwissen spürt man in jedem Satz. Hier eine kleine Anspielung, dort ein Informationshappen. Wer mit den Arkoniden nicht so vertraut ist, erfährt hier einiges neues. Natürlich schafft der Autor es auch diesmal wieder mich an mindestens zwei Stellen zum Weinen zu bringen. Diese emotionale Tiefe bekommt nur er so perfekt hin.

Einzig, wie Thora am Ende erlaubt wird, mit der CREST II nach Arkon aufzubrechen, ging mir zu schnell und zu problemlos, wo sie doch zuvor von allen Seiten mit Mistrauen behandelt wird. Vielleicht wollte der Terranische Rat sie auch nur loswerden.

»Botschafter des Imperiums« überrascht, weil er die Leser an einen neuen Schauplatz führt und ein unerwartetes Thema aufgreift. Viele haben darauf gewartet. Eingebettet in eine spannende Handlung erfahren wir, wie es aussieht im Arkonidischen Imperium. Eine Geschichte mittels vier Handlungsebenen spannend zu erzählen, ist nicht einfach. Rüdiger Schäfer hat das grandios gemeistert.

Literatur neu erlebt

»Wie schön alles begann und wie traurig alles endet« von Dirk Bernemann

Ganz ehrlich: Ich bin ein wenig neidisch auf Dirk Bernemann. Der Mann ist ein Jahr jünger als ich und schreibt auf einem Niveau, dass ich niemals erreichen werde, selbst wenn ich die nächsten fünfzig Jahre jeden Tag wie eine Besessene an mir arbeiten würde. Wenn ich könnte, würde ich ihn für den Literaturnobelpreis nominieren, aber ich glaube, das wäre dem genialen Autor nicht Punk genug.

Literatur ist subjektiv und bei Hochliteratur, erst recht. Der eine braucht einen komplexen Plot in anspruchsvoller Sprache, während es dem anderen nicht simpel genug sein kann, sowohl stilistisch als auch inhaltlich. Daran gibt es nichts auszusetzen, jeder muss die Literatur konsumieren, die ihn anspricht.

Sich angesprochen fühlen, darum geht es bei einem guten Buch. Doch die passende Lektüre zu finden, ist auf einem Literaturmarkt, der angefüllt ist mit zweit- und drittklassischen Veröffentlichungen und der jeden Tag wächst und wächst wie ungezähmte sich ausbreitende Natur, mehr Glücksfall denn planbar.

Einer dieser Glücksfälle ereilte mich bei der Recherche zu meinem Punk-Roman. Da stieß ich zufälligerweise auf ein Buch, dessen Grundidee mich ein wenig an mein geplantes Projekt erinnerte, in der Machart aber völlig verschieden ist.

»Wie schön alles begann und wie traurig alles endet« von Dirk Bernemann zog mir buchstäblich den Boden unter den Füßen weg.

Man kennt das: Im Zeitalter der E-Books ist es leicht, sich den Auszug eines Buches aufs iPad zu ziehen. Man liest es an, beurteilt es und löscht es gegebenenfalls wieder. Ich bin ein Freund klassischer »Totholzbücher« – richtigen Büchern aus Papier. Lesen mit dem iPad ist nicht mein Ding, weil mir nach zehn Minuten der Arm einschläft. Bei Büchern passiert mir das nie. So kaufe ich mir meist die Bücher im Buchhandel oder bestelle sie im Online-Antiquariat.

Dieses Mal war das anders. Der Auszug aus Dirk Bernemanns Roman saugte mich regelrecht ein. Wie von einer Bestie am Schopf gepackt und in die Tiefen eines Meeres hingerissen. Ich konnte nicht warten … ich wollte nicht warten … um alles in der Welt wollte ich diesen Roman lesen, und zwar auf der Stelle. Das klingt verrückt, nicht wahr?

Dabei entspricht die Geschichte gar nicht dem, was ich sonst konsumiere. Auf den knapp 200 Seiten gibt es kaum Dialoge. Es fehlt der klassische Aufbau und die Figur ist niemand, mit dem ich mich auf Anhieb identifizieren würde und dennoch raubte mir der Text buchstäblich den Atem.

Der innere Dialog eines alternden Punks, mal im Ich-Präsens mal im Ich-Präteritum verfasst, ist gespickt mit klugen und vor allem wahren Aussagen. Dazwischen Rückblicke, lose Erinnerungen, dialogfrei aber nie langatmig oder langweilig. Es geht um Krieg und um Liebe. Beides liegt bekanntlich nah beieinander.

Die Beobachtungen, die Dirk Bernemann zu Papier bringt, könnte man nicht treffender formulieren. Es ist, als entblättere er die Wahrheiten des Lebens bis auf die nackte Existenz, mit einer Wortwahl von ungewöhnlicher Eleganz. Seine Metaphern scheinen unmöglich und doch treffen sie einen tief. Man giert nach jedem Wort. Lechzt nach jedem Satz. Liest und liest und wird immer tiefer hineingezogen in die kaputte Welt des Protagonisten, die der eigenen so ähnlich ist. Irgendwann findet man sich zwischen den Textzeilen wieder, als kleines unbedeutendes Nichts. Spätestens dann glaubt man an den Krieg, den der namenlose Protagonist prophezeit und man fühlt sich hilflos gegenüber der eigenen Inkompetenz.

Der Autor durchbricht das häufige und stete Bla-Bla-Bla der Gegenwartsliteratur mit Texten, die so scharf formuliert sind, dass sie aufschlitzen und das Innerste herausquellen lassen. Nicht von leichtem Inhalt, aber federleicht zu lesen. Es ist fast so als kriechen die Worte und Sätze von selbst in einen hinein und setzen sich wie ein Virus fest, um noch Tage später ihre Bilder im Gehirn zu verteilen.

Mit diesem Roman mutierte ich zum Dirk Bernemann-Fan, kaufte weitere Bücher des Autors, unteranderem sein bekanntestes Werk »Ich habe die Unschuld kotzen sehen«. Nach und nach entstand in meinem Bücherschrank eine kleine Bernemann-Bibliothek.

Ein paar mal traf ich den Autor auf der Buchmesse in Leipzig. Man sieht dem netten und zurückhaltenden Mann nicht an, welche Wortgewalt in ihm steckt und wie viele düstere Gedanken.

Genau diese Düsternis macht »Wie schön alles begann und wie traurig alles endet« für mich zum Wertvollsten, was ich in letzter Zeit, wenn nicht gar überhaupt, gelesen habe. Es ist meiner Meinung nach das bisher beste Buch des Autors.