Perry im Rotlichtmillieu

Die August-Ausgabe des SpaZz

Dieser Tage fand ich im Zug eine Ausgabe des SpaZz, dem Stadtmagazin von Ulm. Interessiert blätterte ich darin herum und las mich an einem Interview mit einem Rotlicht-Experten fest. Es ging um  FKK-Saunaclubs, Sperrbezirke und den Nuttenpass, um die zunehmende Privatisierung der Prostitution und die daraus folgenden Probleme für die Szene und die Frauen. Kurt Thumm erzählte aus seinem Leben als Bordell- und Clubbesitzer und dass er nur noch beratend im Geschäft ist. Er plauderte aber auch aus seiner Freizeit. So, z.B. dass er den Winter in Thailand verbringt und gerade eine LP für einen Freund produziert. Auf die Frage, ob er viel lese, antwortete er: »Ja, ich lese seit vierzig Jahren PERRY RHODAN.«

Da war ich baff. Ein Rotlicht-Experte der Perry liest, das hätte ich im Leben nicht gedacht. Wahrscheinlich würde ich mich wundern, wenn ich wüsste, wer noch alles die Serie verfolgt. Das gäbe eine schöne Artikelreihe für die SOL – ungewöhnliche Persönlichkeiten unter den PERRY RHODAN Lesern vorzustellen. Mal sehen, vielleicht mache ich das sogar. Da steht dann der Rotlicht-Experte aus dem SpaZz ganz sicher mit auf der Liste.

Wer das spannende Interview selbst lesen möchte, kann das hier tun:
http://de.calameo.com/read/000771566d905f518755e

Begegnung mit Lem

14.000 Zeichen, so viel habe am Montag auf der Zugfahrt für meinen Roman geschrieben. Damit bin ich auf die Zielgerade eingebogen. Es wird langsam eng für meinen Protagonisten, die Handlung verdichtet sich und das große Finale wirft seine Schatten voraus. Noch ein paar solcher Zugfahrten und ich darf ENDE unter die Geschichte schreiben. Es sind zwar mehr Seiten geworden, als ich gedacht habe, aber mehr Fleisch an einem Text kann nicht schaden, denn es wird beim Überarbeiten sicher noch einiges wegfallen.

Für meine Blogleser, veröffentliche ich heute mal wieder einen Appetithappen vom Anfang meines nicht mehr so geheimen Geheimprojekts. Mein Protagonist Pogo hat inzwischen eine neue Mitbewohnerin. Die junge Mandy ist bei ihm eingezogen. Das Mädchen stellt Pogos Geduld gehörig auf die Probe. Dabei findet er in Mandy genau das, was er verloren glaubt – jugendlichen Eifer.

Zehn Minuten später steht sie in der Tür. Sie trägt schwarze Leggins, aus denen ihre dünnen Beine wie Hühnerfüße herausragen. Der löchrige Pullover hängt ihr wie ein Lumpen am Körper. Ihre bunten Haare stehen unmotiviert nach allen Seiten ab, aber dafür ist ihr Gesicht wieder sauber. Ihre Finger nesteln an den Ärmeln des Pullis, ziehen sie in die Länge.
Ich versuche sie zu ignorieren, lese weiter in dem alten Taschenbuch vom Aufbau-Verlag, dass ein Belgier geschrieben hat. Und obwohl mich der Krimi fesselt, bin ich durch Mandys Anwesenheit abgelenkt. Aus den Augenwinkeln heraus beobachte ich, wie sie auf der Türschwelle steht und von einem Bein aufs andere tritt. So, als traue sie sich nicht in die Höhle des Löwen. Die Aktion in der Küche hat sie tatsächlich verunsichert.
Irgendwann kommt sie doch herein und streift wortlos durch mein Zimmer. Ihr Blick huscht unruhig hin und her, als suche sie nach etwas, das sie nicht findet. Mit enttäuschter Miene bleibt sie schließlich neben meinem Bett stehen.
»Hast du kein Fernseher, oder was?«
Ich schüttele den Kopf, ohne zu ihr aufzusehen. »Nein, den Fernseher hat mein Ex-Mitbewohner mitgenommen. Ich kann mir die Rundfunkgebühren eh nicht leisten.«
»Und was ist das da?« Sie deutet auf meinen Mac-Performa.
»Das ist mein Computer, der ist absolut tabu für Dich. Sollte ich dich auch nur in der Nähe des Teils antreffen, bist du tot, verstanden?«, drohe ich mit dem Finger und meine es vollkommen ernst. Der Computer ist der einzige Besitz, der mir etwas bedeutet, nicht nur weil er mein Werkzeug ist.
Ihr Blick wandert unsicher zwischen mir und dem Mac hin und her, dann lässt sie die Schultern hängen. »Das ist doch scheiße, ohne Fernseher. Total langweilig.« Dabei ist ihr Ton vorwurfsvoll, beinahe anklagend. »Was soll ich’n jetzt machen ohne Fernsehen?«
Ich verschweige ihr lieber, dass der Computer einen integrierten TV-Tuner hat. Schulterzuckend und ohne sie eines direkten Blickes zu würdigen, schlage ich stattdessen vor: »Lies ein Buch!«
Der Gedanke scheint ihr nicht zu gefallen. Denn das verächtliche Stöhnen ist nicht zu überhören. Jetzt sehe ich doch zu ihr auf. »Was hast du gegen gute Geschichten?« Ich mag nicht glauben, dass es jemanden gibt, der grundsätzlich gegen Literatur ist.
Sie rümpft wieder ihre Stubsnase. »Lesen fetzt nicht.«
»Wer sagt das?«
»Das weiß doch jeder!«, nuschelt sie und blickt zu Boden während ihr rechter Fuß in der bunten Stricksocke immer wieder gegen die Europalette tritt, auf der meine Futonmatratze liegt.
Ich lege den Krimi zur Seite und rappele mich auf. Mit einem sanften Schubs befördere ich sie zu dem, aus Bierkisten zusammengezimmerten, Bücherregal an der gegenüberliegenden Wand, in der auch der Plattenspieler steht. Die LP muss ohnehin gedreht werden. Das erledige ich gleich, dann greife ich wahllos in die Bücherfront und hole ein Buch heraus, das ich ihr feierlich überreiche. »Hier, damit ist dir bestimmt nicht langweilig.«
Sie nimmt es in die Hand und dreht es hin und her, als hätte sie nie zuvor ein Buch gesehen. Dann bleibt ihr Blick am Titel hängen. »Solaris? Von was handelt’n das?«
»Von einem Raumfahrer und einem geheimnisvollen Ozean auf einer fremden Welt.«
»Das ist doch nicht etwa so’ne Science Fiction Scheiße?«
»Nein keine Scheiße, das is’n echter Klassiker«, verteidige ich den alten Lem.
Sie streckt mir das Buch entgegen und fragt stirnrunzelnd: »Hast du auch was, das nich’ für Jungs is‘?«
»Das können auch Mädchen lesen«, widerspreche ich und schmeiße mich wieder auf mein Bett.
Sie bleibt eine Weile unschlüssig stehen, hält das Buch wie etwas Schmutziges, ihr zutiefst Verhasstes.
»Take it or leave it!«, murmle ich vor mich hin und nehme wieder meine eigene Lektüre zur Hand. Als sie gehen will, frage ich beiläufig: »Sag mal, wie alt bist du eigentlich?«
Sie zuckt zusammen.
»Das hab ich dir gestern schon erzählt«, sagt sie protestierend und fügt herausfordernd hinzu: »Vielleicht solltest du weniger saufen, da bleiben auch deine Gehirnzellen intakt.«
Ich muss mich wirklich zusammenreißen, um meine Überraschung nicht zu offensichtlich werden zu lassen. Wenn ich ehrlich bin, gefällt mir ihre Respektlosigkeit. Ich tue so, als hätte sie nichts gesagt und widme mich wieder meinem Buch, während sie stehenbleibt und mich herausfordernd ansieht. Keiner von uns redet, nur die Musik ballert aus den Lautsprechern.
Dann geht sie. Das Buch nimmt sie mit.

Verspätungsalarm

Gebucht und nicht gefunden!

Seit einer Weile nutze ich den Verspätungsalarm der Deutschen Bahn. Immer dann, wenn ich ein Online-Ticket gekauft habe.

Bei einer meiner letzten Bahnfahrten erhielt ich vor der Abfahrt nebenstehende Meldung. Die mich mehr amüsierte, als beunruhigte. Gut, ich hatte zuvor nachgesehen und wusste, dass es eine Streckensperrung gibt. Obwohl mich die Sperrung eigentlich nicht tangierte, wirbelte sie den Fahrplan anscheinend so durcheinander, dass die »Positronik« der Bahn meinte, es gäbe keine Fahrt. Gab es aber, woran man erkennen kann, dass das System noch nicht ausgereift ist.

Witzig, in den letzten Tagen erreichten mich die Verspätungsmeldungen für meine verspäteten Züge erst nach der Ankunft. Was auch alles andere als perfekt ist. Aber immerhin, man versucht es zumindest. Vielleicht klappt es irgendwann auch einmal.

Bis dahin heißt es: lieber selber nachgucken!

Neues von der kotzenden Unschuld

Quelle: Unsichtbar-Verlag.de

Der (für mich) Nobelpreisverdächtige Autor und Lyriker Dirk Bernemann hat im Juni den vierten Band von »Ich habe die Unschuld Kotzen sehen« veröffentlicht. Unter den Untertitel: »Das leise Verschleißen der Gegenwart« präsentiert er gewohnt morbide, unbequeme und auch abstoßende Kurzgeschichten aus der Brutalität des Alltags. In jeder Geschichte findet sich ein Teil der vorherigen wieder und man ist als Leser gespannt, welchem Detail man auf den nächsten Seiten erneut begegnen wird.

Bernemann ist schonungslos mit seinen Figuren und seinen Lesern. Sein Credo: es gibt keine Sicherheit. Er provoziert, sein Schreiben ist Punk. In den Texten geht es oft um Tod und Sterben, manchmal still aber auch oft mit Gewalt, wie in der Geschichte »Das Pferd«. Dieses Mal inszeniert er am Ende sogar die Apokalypse, und zeigt, dass selbst Gott bei Entscheidungen nicht immer ein glückliches Händchen besitzt.

Seine Geschichten zu lesen, erfordert Mut und eine positive Grundeinstellung, denn so mancher Text trifft so tief, dass ein schwaches Gemüt davon aus der Bahn geworfen werden könnte. Warum ich das Buch dennoch fast verschlungen habe, liegt an der Sprache des Autors. Ich kann es nicht beschreiben, man muss es schon selbst lesen, um die Faszination zu verstehen, die aus seinen Wortschöpfungen und seinen Sätzen hervorgeht.

Die Gedanken in »Das leise Verschleißen der Gegenwart« sind noch düsterer und ohne Hoffnung als die Bände zuvor. Was viel über den Gemütszustand des Autor erzählen mag und was mich ein wenig besorgt. Es klingt noch stärker als in seinen bisherigen Romanen nach einem Menschen der zutiefst unglücklich ist, vor allem über sich selbst und die Welt in der wir leben. Sein Unglücklichsein steckt an und deshalb konnte ich das Buch auch nicht an einem Stück lesen. Obwohl ich es gern getan hätte. Denn Bernemanns Geschichten haben auf mich noch einen anderen Einfluss – einen sehr positiven wie ich finde. Wenn ich Texte des Autors gelesen habe, schreibe ich selbst besser. Und das ist ein Kompliment, was ich bisher noch keinem Autor machen konnte.

»Ich habe die Unschuld Kotzen sehen« Band 4 erschien im Unsichtbar Verlag und ist als limitiertes Hardcover oder E-Book im Buchhandel oder auf den einschlägigen Onlineplattformen erhältlich.

Wer sich mit dem ungewöhnlichen Stil von Dirk Bernemann vertraut machen möchte, kann das in seinem Blog tun. Oder aber sich eine Leseprobe seiner Werke in den E-Book-Stores herunterladen.

Ersatz für den Schienenersatzverkehr

Es war mal wieder eine dieser chaotischen Bahnreisen, bei denen man glaubt, ans Ende der Welt zu unterwegs zu sein. Fahrten bei denen man am Ende über jeden Meter froh ist, den man nicht laufend zurücklegen darf.

Dabei hätte ich es schon ahnen müssen. Als ich am Donnerstag am Bahnhof mein Ticket kaufen wollte, verhöhnte mich der Automat mit der Meldung, dass für die gewählte Strecke keine Verbindung gefunden werden konnte. Ich solle den Zeitpunkt ändern oder ein neues Ziel auswählen. Ich war hinreichend irritiert, denn diese Meldung war mir noch nie untergekommen. Irgendeine Verbindung war mir immer angeboten wurden. Ich spielte noch eine Weile vergeblich herum und fuhr dann nach Hause. Auch eine Art seine Kunden zu zwingen, ihre Tickets am heimischen Computer zu kaufen und eben dort auch auszudrucken.

Zumindest fand sich im Onlineportal eine Verbindung, wenn auch mit dem Hinweis, dass die Strecke zwischen Nürnberg und Bamberg gesperrt wäre und ein Schienenersatzverkehr (SEV) verkehrt. SEV – allein der Begriff löst bei Kunden der Deutschen Bahn eine gewisse Panik aus. Denn ein SEV funktioniert nur in wenigen Prozent der Fälle. Aber weil ich unbedingt nach Hause musste – schließlich wird die Cousine nur einmal 50 – stürzte ich mich in das Abenteuer. Ich hatte schließlich den ganzen Freitag Zeit, um ans Ziel zu kommen. Und der SEV zwischen Bamberg und Lichtenfels im letzten Jahr hatte ganz gut geklappt. Dass es am Ende dann doch acht statt der sonstigen viereinhalb Stunden werden würde, konnte ich nicht ahnen. Nun ja ich hätte es ahnen müssen.

Bis Nürnberg lief auch alles prima. Kein Verspätungen, keine falsche Wagenreihung, nettes Personal und auch keine sonstigen Katastrophen. Punkt Neun Uhr stand ich in Nürnberg am Bahnhof und genehmigte mir erstmal einen Kaffee, kaufte mir in aller Ruhe noch meine Perryhefte und schlenderte dann gemütlich zum Südausgang, von wo der SEV fahren würde. Der Weg ist ganz schön weit, und »Gnade Gott« wenn man es da eilig hat. Kurz nach halb zehn stand ich bereits in einer Traube von Menschen, die an einer Bushaltestelle warteten. Ein Bus stand da, aber kein Fahrer in Sicht. Nur zwei Bahnbeamte in gelben Jacken standen am Bahnhofausgang und wiesen den Leuten den Weg zur Bushaltestelle.

Um zehn sollte der Bus fahren. Es war heiß, die Sonne prasselte herab und es gab weder eine Bank noch Schatten. Die Taxis hupten, weil ihnen die wartenden Fahrgäste im Weg waren, denn der Gehweg an der Bushaltestelle war bereits hoffnungslos überfüllt und die Reisenden standen mit ihren Koffern bereits auf dem dahinter liegenden Taxiparkplatz.

Nach und nach kamen drei Busse, die aber nur Fahrgäste entließen und dann weiterfuhren. Man konnte gleich sehen, das es Linienbusse waren, die nur innerhalb der Stadt fuhren, aber kein Reisebus, der über die Autobahn fahren konnte. Kurz nach zehn tauchte ein Busfahrer auf, der sofort von den Wartenden umringt wurde. Als der sagte, er würde erst in einer Stunde fahren, gab es natürlich großes Geschimpfe. Die Leute ließen ihren Unmut an dem Busfahrer aus, der eigentlich nichts dafür konnte und auch gar nicht bei der Bahn beschäftigt war, sondern bei einem Busunternehmen. Er wusste auch nicht, ob und wann ein Bus kommen würde und riet den Fahrgäste an den Servicepoint zu gehen. Die beiden Bahnbeamten am Ausgang waren nämlich auf mysteriöse Weise verschwunden. Doch die Leute ließen sich nicht abwimmeln. Keiner wollte riskieren den Bus zu verpassen, wenn er auf die andere Seite des Bahnhofes ging, um sich zu erkundigen.

Viele Fahrgäste waren älter und wollten nach Erlangen ins Klinikum, weil sie dort einen Termin hatten, den sie nicht schaffen würden, wenn sie noch länger warteten. Also rauften sich ein paar zusammen und nahmen sich Taxis, während andere wieder zum Bahnhof zurückgingen. Der harte Kern aus zirka 80 Leuten aber blieb und redete auf den Busfahrer ein. Dem reichte es irgendwann und er rief seinen Chef an. Nach langem Hin und Her beschlossen sie, dass er für den ausgefallenen Bus einspringen sollte. Daraufhin quetschten sie die Leute rücksichtslos in den Bus. Es war ein Doppelstockbus und ich musste den Koffer über die enge Wendeltreppe nach oben schleppen. Zum Glück ist mein Koffer so klein, damit ich ihn unter dem Sitz verstauen konnte.

Mit zwanzig Minuten Verspätung fuhr der Bus dann ab. Mir war klar, dass ich meinen Anschlusszug in Bamberg wohl nicht schaffen würde, war aber froh überhaupt voranzukommen.

Der Bus quälte sich zunächst durch den Stadtverkehr von Nürnberg auf die Autobahn bis nach Erlangen, wo der Bahnhof günstig direkt an der Autobahn liegt, so dass wir nicht zu viel Zeit verloren. Bei der nächsten Station Forchheim, war das anders. Bis wir dort am Bahnhof waren und wieder zurück auf der Autobahn verging eine Viertelstunde. An der Abfahrt nach Bamberg hegte ich kurzzeitig die Hoffnung, meinen Zug doch noch zu schaffen. Schließlich waren es nur wenige Minuten, die ich später dran war. Die würden den Regionalzug sicher warten lassen.

In Bamberg parkte der Busfahrer den Bus nicht vor dem Bahnhof, sondern am Ende der Straße. Ich rannte, nahm die Abkürzung über den Seiteneingang (inzwischen kenne ich mich am Bamberger Bahnhof leidlich aus), sprintete durch die Unterführung auf Gleis 6, wo der Zug abfahren sollte und las auf der Anzeige: Fährt heute von Gleis 3. Ich wieder runter und auf Gleis 3 hoch … und stand atemlos an einem leeren Bahnsteig. In der Ferne erkannte ich noch die Rücklichter meines Zuges.

Erschöpft und stinksauer suchte ich den nächsten Bahnmitarbeiter, an dem ich meinen Frust auslassen konnte … doch da war keiner. Am Infopoint hatte ich mich zumindest wieder soweit unter Kontrolle, dass ich im höflichen Ton fragen konnte, wann der nächste Anschlusszug fährt. Fügte aber noch eine paar Bemerkungen über die Deutsche Bahn im Allgemeinen und den eingerichtete SEV im Besonderen hinzu. Die Dame am Schalter ließ das kalt. Sie servierte mir ein ausgedrucktes Stück Papier mit den Worten: ich solle mich nicht aufregen, der nächste Zug ginge doch schon in zehn Minuten und ich solle mich lieber beeilen, damit ich den nicht auch noch verpasse.

Erst im Zug registrierte ich, dass es eine »Bummelbahn« war, die an jedem Briefkasten hielt und ich erst eine Stunde später als geplant ankommen würde.

So kam ich mit einer Stunde Verspätung zusätzlich zu den zwei Stunden an, die ich ohnehin durch den SEV später dran gewesen wäre. Es war zum Heulen.

Das Schlimmste aber ist, dass die Baumaßnahme, die den SEV bedingte, dazu dient, die neue Schnellstrecke von Erfurt anzubinden. Und das wenn die im Dezember fertig ist, kein Schnellzug mehr nach Saalfeld fahren wird, sondern nur noch wenige Regionalbahnen. Was zur Folge hat, dass ich in Zukunft noch öfter umsteigen und noch länger brauchen werde. Das macht das Ganze noch viel frustrierender.

Getrennt oder zusammen?

Seit erstem August gibt es eine neue Verordnung in Deutschland, die sich dem anfallenden Gewerbemüll widmet. Und weil ich mich für meinen Arbeitgeber kundig machen wollte, habe ich das ganze Dilemma nun an der Backe.

Die neue Gewerbeabfallverordnung soll dazu dienen, dass Müll, der in Betrieben anfällt, noch besser recycelt wird. Eigentlich eine gute Idee sollte man meinen. Der Teufel liegt mal wieder im Detail.

Es reicht nicht mehr, die Abfalltrennung dem beauftragten Containerdienst zu überlassen – wahrscheinlich traut da keiner keinem – sondern man muss den Müll selbst trennen, wo er entsteht. Das heißt auf dem Firmengelände oder der Baustelle, auf der man gerade arbeitet. Die Sortierung muss nicht nur in Papier, Glas, Kunststoffe, Metalle, Bio- und Restmüll erfolgen, sondern bei Baubetrieben auch in Holz, Dämmmaterial, Bitumengemische, Baustoffe auf Gipsbasis, Beton, Ziegel sowie Fliesen und Keramik. Das sind 13 verschiedene Arten von Müll, die in 13 verschiedenen Behältern eingelagert und getrennt abgeholt werden müssen. Die meisten Handwerksbetriebe haben mehr als eine Baustelle, da ist es fast unmöglich auf jeder mehrere Tonnen aufzustellen. Außerdem arbeiteten ja mehrere Gewerke, bzw. mehrere Firmen an einem Bau. So viel Platz kann es gar nicht geben, damit jeder Betrieb seine 13 Tonnen aufstellen kann.

Ich vergaß zu erwähnen, dass das Abfallaufkommen natürlich gewogen, protokolliert und abgelegt werden muss, damit es bei Kontrollen vorgezeigt werden kann. Es gibt auch Ausnahmen, wenn wenig Platz da ist (Aber wer bestimmt das, und wieviel ist zu wenig?) Auch darf man unter 10 Kubikmeter den anfallenden Müll weiterhin ohne Trennung entsorgen. Auch hier eine Frage, auf die ich noch keine Antwort bekommen habe. Auf was beziehen sich die 10 Kubikmeter: pro Woche, pro Monat oder pro Baustelle?

Bei Nichteinhaltung werden bis zu 100.000 Euro fällig. Wie wollen die Behörden das kontrollieren? Viele Entsorgungsunternehmen bieten den Betrieben bei dem Problem Unterstützung an, indem sie den Papierkram übernehmen, lassen sich das aber auch gut bezahlen. Ein Großbetrieb zahlt das aus der Portokasse, so einem Handwerksbetrieb tut das schon weh.

Man sieht, so eine Verordnung zur Erhöhung der Recyclingquote klingt auf den ersten Blick gar nicht schlecht, nur die Umsetzung in der Praxis steht halt auf einem anderen Blatt. Manchmal habe ich den leisen Verdacht, dass viele Verordnungen nur geschaffen werden, um Geld zu kassieren, eben weil sie schwer oder gar nicht einzuhalten sind.

Nächste Woche versuche ich nochmal bei der Innung ein paar Antworten zu bekommen und beim Containerdienst ein paar Bestätigungen einzuholen. Ich wüsste sonst nicht, wo wir die vielen Tonnen auf dem Firmengelände aufstellen sollten.

Nochmal Karlsruhe

Nachdem wir seit Montag wieder daheim sind, möchte ich doch noch ein paar Gedanken über unseren Urlaub und zu Karlsruhe im allgemeinen loswerden.

Wie immer wenn wir Städteurlaub machen, erkunden wir vieles zu Fuß oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Letzteres haben wir in Karlsruhe nicht gebraucht, weil die Sehenswürdigkeiten nicht so weit auseinander liegen und das Hotel strategisch günstig positioniert ist. Vom Hotel bis zum Schloß brauchten wir nicht mal 20 Minuten. Trotz der schönen Parks und der Fußgängerzone ist Karlsruhe nicht wirklich Fußgängerfreundlich. Schon allein wegen der unglaublich vielen Baustellen, die wohl noch die nächsten Jahre die Stadt »schmücken« werden. Jeglicher Verkehr scheint aufs Auto ausgerichtet, was mich am allermeisten wunderte. Gerade an jenem Ort, an dem das Fahrrad erfunden wurde, sind richtige Radwege selten. Das finde ich schade, denn dadurch nimmt man der Stadt viel von ihrem Reiz. Wahrscheinlich bin ich einfach aus meiner Zeit in München verwöhnt, wo es streng getrennte Rad- und Fußwege gibt und man von Radfahrern auf dem Gehweg oder an der Ampel nicht über den Haufen gefahren wird. Da gibt es auch keine dieser Pseudo-Radwege, die auf die Straße gepinselt wurden und auf der meist Autos parken und man als Radfahrer kaum vorankommt.

Besonders sportlich muss man sein, wenn man eine der Hauptstraßen überquert. Am Ettlinger Tor beispielsweise kamen wir während der Grünphase maximal bis zur Mitte der Straße, dann war wieder Rot und die stehenden Autos legten schon mal den Gang ein. Da ist Schnellsein angesagt – ältere Leute oder kleine Kinder haben da wenig Chancen. Ich glaube jedoch, das dies kein alleiniges Problem von Karlsruhe ist, sondern eines das viele größere Städte haben.

Begeistert bin ich nach wie vor von den vielen Grünanlagen und Parks mit dem alten Baumbestand. Eine solche Vielfalt an Baumarten und vor allem an sehr alten Bäumen habe ich in einer Stadt selten zu Gesicht bekommen. Auch die Sternförmige Anordnung der Straßen rund um das Schloss sieht man selten. Einen mittelalterlichen Stadtkern sucht man in Karlsruhe vergebens, doch es ist gerade diese klassizistische Moderne, welche der Stadt einen besonderen Reiz verleiht.

Mein persönlicher Höhepunkt waren jedoch die Schlosslichtspiele und der Lauterberg, auf dem übrigens nach seiner Einweihung eine Fahrradrennstrecke angelegt wurde. Man stelle sich vor, die jungen Männer von damals, haben sich dort mit ihren Hochrädern vom Berg gestürzt – wahrscheinlich im wahrsten Sinnes des Wortes.

Hier noch ein paar Impressionen:

Megabaustelle am Ettlinger Tor
Ein Sequioa in Karlsruhe
Umklammerung im Park
Die Kräne markieren die Baustellen

Der Funke ist übergesprungen

Quelle: Perrypedia

PERRY RHODAN NEO Band 154 – »Die magnetische Welt« von Susan Schwartz

»Die magnetische Welt« ist seit langem mal wieder ein NEO-Roman von Susan Schwartz, der mich von Anfang an überzeugt hat. Man sollte der Autorin öfters die Möglichkeit geben, eigene Figuren und Geschichten zu entwickeln. Dann bekommen ihre Romane auch die notwendige Tiefe, und werden nicht zu einer Aneinanderreihung von Actionszenen und Nahkämpfen.

Die Geschichte um die junge Kerra, deren Bruder Kors auf der Suche nach Erzen in eine Felsspalte gestürzt und für tot erklärt wurde, ist überzeugend geschrieben. Der Autorin gelingt es, das Volk der Etrinonen mit all ihren körperlichen Merkmalen und ungewöhnlichen Sitten fassbar zu machen. Dabei bindet sie den Leser mehr an die Figur der Kerra, als an die Terraner, die mit der jungen Etrinonin agieren. Leyden und Co verblassen neben der starken Protagonistin. Es ist womöglich der einzige Weg, Kerras Reaktion für den Leser nachvollziehbar zu machen. Denn, als sie erfährt, dass ihr Volk von Meister Etrin einst genetisch verändert wurde und bis heute ausgebeutet wird, nimmt sie das mit stoischer Gelassenheit hin und offenbart den irdischen Wissenschaftlern eine überraschend weitsichtige Haltung. Kerra sagt offen, dass das Wissen um das Schicksal ihres Volkes niemanden weiterbringen wird. Im Gegenteil, es könnte das Gleichgewicht der Gemeinschaft zerstören und das Ende ihrer Zivilisation heraufbeschwören.
Ich finde gut, wie Leyden und seine Mitstreiter darüber nachdenken müssen, ob eine Einmischung ihrerseits nicht schädlicher ist, als der Status Quo.

Natürlich diente auch diese Geschichte, um darzulegen wie skrupellos die Meister der Insel sind. Schließlich haben sie auch in diesem System den Hauptstern in einen Magnetar verwandelt und dabei Millarden intelligenter Thetiser geopfert, und sie sogar noch manipuliert, um sie für ihre Zwecke einzusetzen. Ihr Imperium benötigt Metalle, die nur durch extreme Bedingungen wie eine Supernova entstehen können. Aber Erzabbau auf einer Welt deren Magnetfeld mit dem des Magnetars interferiert, kann nicht ohne humanoide Unterstützung funktionieren. Dies hat sogar Miras Etrin, Faktor IV, begriffen, der das Projekt leitet und einst die Randbedingungen festlegte. Diese und weitere Informationen holt sich Leyden aus der Positronik des geheimen Stützpunktes, der über das Leben der Etrinonen wacht. Wie genau der Physiker das macht, bekommen wir als Leser leider nicht erklärt, weil wir es nur durch die Augen von Kerra beobachten. Aber das hat mich in diesem Fall nicht einmal gestört.

Die plastische Schilderung von fantastischen Welten ist die Stärke von Susan Schwartz und ich finde, dass ihr dies an Etrinon besonders gut gelungen ist. Sie versucht all die Effekte anschaulich zu schildern, die eine solche Welt in sich trägt. Auch wenn sie nicht alle potentiellen Gefahren einbezieht. Auf einem Planeten auf dem ständig und überall ein Ladungsaustausch stattfindet, auf dem im Boden ungeheure elektrische Potentiale lauern, könnte man ungeschützt kaum einen Schritt tun. (Ich sage nur Schrittspannung.) Dennoch hatte ich beim Lesen Spaß. Was ich ganz besonders begrüße, es gab keine einzige Kampfszene.

Die Nebenhandlung um Rhodan auf der MAGELLAN ist im Vergleich zur Geschichte auf Etrinon eher dünn. Die Besatzung beobachtet erst einen seltsamen Asteroiden und entdeckt dann einen weiteren Situationstransmitter. Das die MAGELLAN am Ende nicht selbst durch den Transmitter geht, sondern nur eine Sonde schickt, ist verglichen zum alten MdI-Zyklus ein richtiges Novum.

Als Fazit kann ich nur sagen, der Funke ist übergesprungen und das nicht nur zwischen den Protagonisten und ihrem Planeten, sondern auch bei mir. Ein funktionierender Plot, eine fantastische Welt und eine berührende Geschichte, die zum Nachdenken anregt … so macht NEO Spaß.

Ein Sonntag im Zoo

Wenn wir schon vis-a-vis vom Zoo übernachten, dann müssen wir ihn auch besuchen. So mein Argument.

Um zehn Uhr am Sonntagmorgen war noch wenig los. Doch das änderte sich schnell, und alsbald war der städtische Garten voller Leute. Meist Familien mit Kindern. Die Sonne schien, doch im Schatten war es so kühl, dass ich eine Jacke anziehen musste.

Die weitläufige Anlage ist mehr Park als Zoo, mit uralten Bäumen,  Blumenrabatten und vielen lauschigen Plätzchen zum Verweilen. Die Gehege der Tiere sind nicht so großzügig wie im Leipziger Zoo, aber man spürt die Bemühungen um eine Artgerechte Haltung. Der Zoo in Karlsruhe beherbergt den Altersruhesitz indischer Elefantendamen. Die Älteste, die hier ihr Gnadenbrot bekommt, ist stolze 62 Jahre. Neben Raubkatzen, Menschenaffen, Giraffen und Zebras gibt es sogar Eisbären, Pinguine und kalifornische Seelöwen, die sich in der Sonne aalten. Der Zoo ist stark auf Familien mit Kindern ausgerichtet, denn überall sind Spielplätze und andere Aktivitäten, bei denen sich die Kleinen austoben können. Auf den beiden Teichen schippern überdachte Gondeln dahin, begleitet von Karpfenschwärmen, die bettelnd die Mäuler aus dem Wasser reckten. Das habe ich in der Form auch noch nicht erlebt. Kaum, dass wir auf der Seebühne standen, kamen fünf bis sechs Tiere angeschwommen und streckten das Maul aus dem Wasser. Viele Besucher geben dem nach, weshalb das Wasser des Sees nicht so sauber ist, wie es sein könnte.

Besonders begeistert war ich von einer Attraktion, die von den meisten Zoobesuchern gemieden wurde, obwohl sie eigentlich nicht zu übersehen ist – der Lauterberg. Die Anhöhe wurde im neunzehnten Jahrhundert errichtet, im Inneren befand/befindet sich der Hochspeicher der Stadt. Heute ist der Tank mit Schaumbeton verfüllt. Zwischen den Bäumen schlängelt sich ein steiler Weg nach oben, der in einer Plattform mündet, von der man einen tollen Überblick über die Stadt hat. Außer einer Tai-Chi-Lady, die in Ruhe ihre Übungen ausführte, waren wir über eine halbe Stunde lang die einzigen hier oben. Gedämpft drang das Geschrei der Pinguine und das Lachen von Kindern herauf. Ein frischer Wind brachte den Geruch nach Sommer mit. Wir saßen da und ließen den Anblick auf uns wirken. Ein schöner ruhiger Ort inmitten des Getümmels. Wenn man genau hinsieht, entdeckt man viele kleine Dinge in der Ferne, ob nun das Atomkraftwerk Phillipsburg im Norden, die Raffinerien vor dem Pfälzerwald im Westen, dem Hauptbahnhof im Süden oder die Ausläufer des Schwarzwald im Osten, man kann ziemlich weit blicken. Besonders abends muss das ein toller Anblick sein, leider schließt der Zoo bereits um 18 Uhr. Abwärts wählten wir den kurzen aber steilen Pfad durch den Wald, als Bergeher sind wir solche Wege gewohnt. Für Familien mit Kinderwagen gibt es einen langen allmählich ansteigenden Weg, aber der scheint kaum genutzt zu werden. Mein Fazit: für mich gehörten die Augenblicke auf dem Lauterberg zu den schönsten in Karlsruhe, von den Schlosslichtspielen mal abgesehen. Allein deswegen würde sich ein zweiter Besuch lohnen.

Übrigens fand ich den Eintrittspreis von zehn Euro ziemlich moderat. Leute, die hier wohnen, können bereits für 40 Euro eine Jahreskarte erwerben, das finde ich so gut wie geschenkt.

Auf dem Rückweg zum Ausgang haben wir uns noch einen Imbiss gegönnt, wenn ich Biertrinker wäre, hätte ich auch mal das legendäre Alpirsbacher Klosterbräu probiert, so blieb es bei einem Wasser.

Nasenbär in Aktion
Skandal im Streichelzoo
Bettelnde Karpfen
Idyll im Stadtgarten
Gondoletta im Zoo
Vom Lauterberg
Panoramaaufnahme vom Lauterberg über Karlsruhe