Das unsichtbare Leiden

Ich möchte heute über etwas persönliches sprechen. Nicht nur, weil ich ein wenig über eine unterschätzte Krankheit aufklären möchte, sondern vor allem weil ich Betroffenen Mut machen will, dass es Hoffnung auf Heilung gibt.

Seit meinem zwanzigsten Lebensjahr leide ich an Endometriose. Endometriose ist ein bisschen wie ein gutartiger Krebs. In ihrer schlimmen Form aber greift sie gesunde Organe an. Wahrscheinlich litt ich schon weit früher daran, aber es wurde erst bei einer Bauchspieglung diagnostiziert. Die Eierstock-OP war die erste in einer ganzen Reihe Folgeoperationen. Von da ab vergingen viele Jahre in denen ich mehr oder weniger stark zu leiden hatte. Ich musste zwölf Jahre lang Hormone nehmen, die die Krankheit unterdrückten, mir aber eine jede Menge Nebenwirkungen bescherten. Unteranderem eine Gewichtszunahme von fünfundzwanzig Kilogramm. So richtig schlimm wurde es aber erst, als ich meinen Mann kennenlernte und die Hormonpille absetzte. Bis dahin war es erträglich, aber ab da folgte der Horror. Oftmals war ich nur eine Woche im Monat schmerzfrei. Ohne Schmerzmittel konnte ich während meiner Periode nicht aus dem Haus. Durch den großen Blutverlust war ich manchmal nicht arbeitsfähig. Ich lag einfach nur, wo ich lag. Außerdem musste ich fast jährlich zu einer Bauchspiegelung, um mir Zysten entfernen zu lassen und hatte dadurch viele Verwachsungen.

In meiner Not suchte ich Hilfe bei einem Spezialisten. Zum Glück wusste ich, was ich hatte. Bei vielen Frauen dauert es ewig, bis sie die richtige Diagnose bekommen, weil sich viele Frauenärzte mit Endometriose nicht richtig auskennen. Ich wendete mich also ans Endometriosezentrum in München-Pasing und wurde Patientin von Dr. Theiss. In einer OP 2010 entdeckte er bei mir einen Endometrioseherd am Darm, damals konnte er das aber noch nicht operieren. Ich bekam wieder Hormone, doch die Schmerzen während meine Periode blieben und auch die Darmbeschwerden nahmen zu. Ich ging regelmäßig zur Kontrolle, doch am Ende wuchs der Endometrioseherd im Darm innerhalb von sechs Monaten um fünf Zentimeter. Ich stand kurz vor einem Darmverschluss und musste mich einer erneuten Operation unterziehen.

Dieses mal sollte nicht nur Dr. Theiss dabei sein, sondern auch ein Vizeralchirurg. Dr. Kramer ist unglaublich nett und mein Held, und das nicht nur, weil er aussieht wie John Billingsley, der Schauspieler von Dr. Phlox aus Star Trek Enterprise. Zuvor wurde eine Darmspiegelung gemacht, die sich bei mir allerdings als sinnlos herausstellte, weil der Endometrioseherd meinen Darm so verklebt hatte und man nach zwanzig Zentimetern nicht weiterkam. Zudem legte mir Dr. Theiss nahe, ich solle mir die Gebärmutter entfernen lassen, wegen meiner hochgradigen Endometriose. Es war der einzige Weg, die Krankheit noch in den Griff zu bekommen und weiteren Schaden von meinen inneren Organen abzuwenden. Als kinderlose Frau mit 38 Jahren trifft man diese Entscheidung nicht ganz so leichtfertig.

Die OP war dann für mich eigentlich nur Routine, trotz der Darmbeteiligung. Auch ohne PDA hatte ich überraschend wenig Schmerzen. Die beiden Ärzte haben fast vier Stunden an mir herum geschnippelt und fünfzig Zentimeter Darm entfernt. Außerdem waren meine Harnleiter verwachsen und der Darm hatte sich um die Gebärmutter gewickelt und war angeklebt, den mussten sie erstmal wieder los machen. Nach einer Nacht auf der Intensivstation wurde ich in die Station verlegt und bekam jede Menge Schmerzmittel verabreicht. Ich habe ziemlich dünne Venen und bei mir einen Zugang zu legen und Blut zu nehmen, ist ein echte Herausforderung. Daher hat mir der Zugang mehr Schmerzen bereitet, als mein Bauch. Ich bekam auch recht schnell wieder etwas zu Essen. Die OP war am Mittwoch und am Samstag konnte ich dann schon das volle Essensprogramm bekommen. Weil ich keine Schmerzen hatte, wurde mir auf Wunsch auch der quälende Zugang entfernt und ich bekam nur noch Abends eine Novalgin. Das ist aber nicht die Regel! Sowohl Dr. Kramer als auch Dr. Theiss betätigten mir, dass die meisten Frauen deutlich mehr Schmerzen haben. Warum ich da die Ausnahme darstellte, konnte mir keiner von beiden sagen. Wahrscheinlich war ich nach zwanzig Jahren Endometrioseschmerz einfach nur abgehärtet. Nach sieben Tagen durfte ich wieder nach Hause. Toll an der Klinik in Bogenhausen war, das die schon richtige Hightec-Medizin betreiben. Das heißt, die Schnitte wurden nicht mehr genäht, sondern nur noch verklebt, (da bleiben so gut wie keine Narben) und man brauchte die blöden Thrombosestrümpfe nicht tragen.

Das passierte alles 2012 und ich muss sagen, dass ich den Schritt bis heute nicht bereut habe. Ich habe ein neues Leben geschenkt bekommen, ohne Schmerzen und irgendwelchen Einschränkungen. Zwei Mal im Jahr gehe ich nach München-Pasing ins Endometriosezentrum. Über die Praxis gibt es jetzt auch einen kleinen Film vom Bayrischen Rundfunk, in denen sowohl Dr. Theiss als auch Dr. Kramer zu sehen sind.

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