Mehr als nur Weiße Welten

Quelle: Perrypedia

PERRY RHODAN NEO 138 – »Die Weißen Welten« von Oliver Plaschka

Wie aus einem durchschnittlichen Drehbuch mittels eines guten Regisseurs ein großartiger Film werden kann, so macht auch Oliver Plaschka aus der suboptimalen Zyklushandlung einen perfekten Roman.

Er bindet den Leser emotional in die Handlung ein, wie es nur wenige NEO-Autoren können. Bei all dem Leid, was in den letzten Romanen beschrieben wurde, war es Oliver Plaschkas Schilderung von Leyles Schicksal, die mich zum ersten Mal in dieser Staffel tatsächlich zu Tränen gerührt hat. Ich litt mit der Ara, nicht weil, mich der Autor mit Bildern von toten oder leidenden Menschen und einer zerstörten Erde konfrontiert hat, sondern weil er mir einen Weg in die Gefühlswelt der Ara geebnet hat. Das berührte mich viel tiefer als alle Zerstörung aus der vergangenen Handlung.

Ebenso plastisch erzählt er von Zayabi-Dasi und der Geschichte der Bhrento. Das hat fast schon epischen Charakter und trägt viel dazu bei, dass ich Rhodans Dilemma nachvollziehen kann. Und auch den Protektor selbst, charakterisiert er durch die vielen Gespräche weit besser und tiefer, als es andere NEO-Autoren schaffen. (Rüdiger Schäfer mal ausgenommen.)

Aber es sind vor allem die sprachliche Ausgefallenheiten, die den Roman für mich so besonders machen sowie die kleinen Nebenhandlungen, die nur allzu menschliches offenbaren. Man spürt das Herzblut, das der Autor in seine Sätze gesteckt hat beinahe an jeder Silbe. Da ist alles durchdacht, bis auf … Ja, bis auf jenen plumpen Logikfehler aus dem Exposé, der bereits in Band 137 zu Kopfschütteln meinerseits geführt hat. Auch in Band 138 heißt es: »… nach wie vor saugten sie (Sitarakh) in großen Mengen das aus dem Sonnenchasma austretende Halatium ab … Dass der ausbleibende Halatiumzustrom das fragile bioelektrische Gleichgewicht der Erdbewohner zerstört hatte und die Menschheit aufgrund des Cortico-Syndroms am Abgrund stand, war den Invasoren egal.« Wenn es so wäre, könnten die Menschen nur im Sonnensystem existieren, und es müsste ihnen schon bei früheren Raumflügen aufgefallen sein.
Das ist aber auch das einzige, dass ich bemängeln kann und dies ist nicht einmal dem Autor zuzuschreiben, sondern ausschließlich den Expokraten.

Fazit: »Die Weißen Welten« ist intelligente Science Fiction auf sehr hohem Niveau. Hier stehen endlich wieder Abenteuer und Anspruch im Vordergrund und keine sinnlose Zerstörung der puren Action wegen. Gemeinsam mit Band 133 »Raumzeit-Rochade« von Michael H. Buchholz gehört der Roman zu meinen Highlights der Staffel »Meister der Sonne«, für deren Handlung ich mich bisher nicht sonderlich erwärmen konnte. Zumindest versöhnt mich der Autor für vieles Negative aus den vergangenen Bänden. Und wenn ich einen Wunsch äußern dürfte, dann wünschte ich mir mehr NEO-Romane aus der Feder von Oliver Plaschka.

3 thoughts on “Mehr als nur Weiße Welten

  1. Nach der deutlichen Kritik an der „Sitarakh“-Staffel möchte ich mich als Mitverantwortlicher mal wieder melden.
    Ich kann durchaus nachvollziehen, dass die Millionen Toten auf der Erde dem ein oder anderen Leser des Guten zu viel waren. Allerdings haben Michael Buchholz und ich uns durchaus Gedanken über diesen Aspekt gemacht (und damals mit der Redaktion kontrovers diskutiert). Wie mit NEO 140, dem Staffelabschluss, hoffentlich deutlich wird, setzt durch die beispiellose humanitäre Katastrophe unter den Menschen endlich ein Umdenken ein. Es keimt die Erkenntnis, dass man die Herausforderungen der Zukunft nur als „ein Volk“, als ein Planet, nur gemeinsam Seite an Seite bewältigen kann. Der Impuls, um diesen „kosmischen Funken“ im Verstand der meisten Menschen zu zünden, musste unserer Meinung nach extrem stark sein.
    Ich glaube, dass Tragödien eine enorme emotionale Gestaltungskraft besitzen. Sie wirken über alle Weltanschauungen hinweg und sind in der Lage, Gegensätze zusammenzuführen. Sie zeigen den Menschen, dass wir am Ende Schmerz und Trauer alle auf die gleiche Weise verarbeiten (müssen), und dass so etwas einfacher ist, wenn wir es zusammen tun.
    Dass sensiblere Leser auf die Geschehnisse auf der Erde mit Abscheu und Kritik reagieren würden, haben wir in Kauf genommen, weil wir fest daran glauben, dass aus dem Grauen etwas Positives wachsen wird. Im Moment sind Michael und ich dabei, die Staffeln nach NEO 150 konzeptionell vorzubereiten. Dort werden wir die oben genannten Aspekte berücksichtigen und zusätzlich abrunden.
    Ansonsten gilt, was ich oft auf Cons erkläre: Es wird immer Handlungsabschnitte geben, die diesem oder jenem Leser weniger gut gefallen. Deshalb versuchen wir auch, in jeder neuen Staffel neue Impulse zu setzen und andere Wege zu gehen. Ich hoffe, dass Du, liebe Christina, uns weiter gewogen bleibst, da ich Deine Kommentare zu NEO sehr schätze. Ich könnte mir vorstellen, dass die METEORA-Staffel wieder eher Deine Kragenweite ist, da sie auf den berühmten „sense of wonder“ und kosmische Abenteuer setzt.
    Beste Grüße.
    Rüdiger

  2. Hallo auch von mir!

    Es freut mich sehr, dass Dir der Roman gefiel, denn ich hatte offen gesagt einige Zweifel, auch aufgrund der vielen Figuren und Handlungsstränge, mit denen ich jonglierte. Außerdem nahm ich mir im Gegensatz zu meinem letzten Roman auch relativ viele Freiheiten heraus, besonders bei der Struktur und den Perspektiven: Leyle war eigentlich einmal Oxley, Gucky (den ich zum ersten Mal schrieb) wäre eigentlich Leyden gewesen; die Nebenhandlung um die Crew der SD 23 ist „frei erfunden“, weil Arno Endler ein ganzes Datenblatt zu ihr verfasst hatte und ich fand, dass die jungen Leuten noch etwas mehr Raum verdient hatten. Auch das lange Kapitel aus der Sicht von Zayabi-Dasi stammt von mir (oder eigentlich nicht; vielleicht kommt dem ein oder anderem Leser, der sich in Fernost ein bisschen auskennt, die Geschichte ja bekannt vor :))

    Was Perry betrifft, rufe ich mir gerne ins Gedächtnis, dass er vor gerade fünfzehn Jahren noch ein junger Mann war, der mit staunenden Augen das erste Mal zu den Sternen reiste. Und er tut nichts von dem, was er tut, weil er es toll findet, Macht zu besitzen oder über anderer Leute Leben zu entscheiden. Gerade deshalb fanden Rüdiger und Michael es spannend, ihn mit einem richtig schlimmen moralischen Dilemma zu konfrontieren; ich hatte auch explizit den Arbeitsauftrag, das so intensiv wie möglich zu gestalten. Genau für diese zusätzliche Tiefe ist der Extra-Platz in NEO ja da, und nach meinem Verständnis war das auch immer das wichtigste „Neo“ an NEO :)

    Auch die Argumente, die Perrys Freunde im vierten Teil anbringen, wurden von den Expo-Autoren gestellt (Ehre wem Ehre gebührt :)) Ich musste sie also bloß noch in Szenen gießen.

    Was den Logikfehler betrifft: Yup, da haben wir Autoren den Infofluss verbockt. Das ist eine der großen Schwierigkeiten, wenn man eine fortlaufende Handlung erzählt: Man hat selten die Chance, den kompletten Vorgängerroman zu lesen, bevor man abgibt, und die Kollegen, die nach einem kommen, haben ebenfalls kaum noch die Chance, auf Probleme zu reagieren. (Das war einer der Gründe, weshalb wir früher direkte Anschlüsse gerne vermieden; aber für die Leser hieß das, 4-6 Wochen auf die Fortsetzung zu einem bestimmten Handlungsstrang warten zu müssen, was auch nicht ideal war.)

    Um kurz mal meine Perspektive zu schildern: Meine Arbeit beginnt immer damit, dass ich mir einen Ordner mit Kopien sämtlicher für meinen Roman relevanten Datenblätter anlege, in dem ich nach Herzenslust herumschnipseln kann. Dann stellt sich die Frage: Wie viel muss man rekapitulieren, ehe man in die Handlung einsteigt, was kann man voraussetzen? Und ich ging davon aus, dass das Thema Cortico-Syndrom in den Vorgängerromanen bereits zur Genüge behandelt wurde, weswegen ich den komplexen Mechanismus bloß auf Seite 43 kurz streifte:

    „Die Folgen der von den Sitarakh vollzogenen Sonnenarbeiten, des ausbleibenden Halatiumzustroms und der daraus resultierenden Veränderungen im Erdmagnetfeld waren so allumfassend, so global, dass keine Hoffnung mehr für Menschheit bestand, solange die Sitarakh die Herrschaft über den Planeten ausübten.“

    Um diese Wechselwirkung mit dem Erdmagnetfeld geht es ja, nicht um den „reinen“ Halatiumstrom, und darauf spielt auch das „fragile bioelektrische Gleichgewicht“ in der anderen Szene an. Also Sonne > Halatium > Erdmagnetfeld > Hirn :) Aber wie gesagt, das ich hab ich mir halt nur gedacht, nicht hingeschrieben.

    Danke vielmals für die tolle Besprechung und Deinen Einsatz! Es ist immer schön und auch hilfreich zu lesen, wie die Romane ankamen.

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