Mit Antonio in NYC

Vor etlichen Jahren las ich in der »Bahn Mobil« die Leseprobe zum Roman »Antonio im Wunderland« von Jan Weiler. Seitdem bin ich großer Fan des Autors und habe eine Vielzahl seiner Werke gelesen. Dabei ist mir »Antonio im Wunderland« am tiefsten im Gedächtnis geblieben. Ich erinnere mich noch gut an die Passage, in der der Held Jan mit seinem Schwiegervater im Emigration Office am JFK festsitzt. Damals habe ich Tränen gelacht. Jan Weiler trifft die Atmosphäre und haucht seinen Protagonisten auf unverwechselbare Art Leben ein.
»Antonio im Wunderland« ist die Fortsetzung des Romans »Maria ihm schmeckt’s nicht«, in dem der Autor zum ersten Mal von seiner Frau und ihrem italienisch-stämmigen Vater berichtet. Der Roman wurde 2009 mit Christian Ulmen verfilmt. Mir hat der Film damals nicht so recht gefallen, weil die Handlung des Romans ziemlich stark verändert wurde und ich die besten Szenen aus dem Buch vermisste. Seit dem 18. August läuft nun die Verfilmung von »Antonio im Wunderland« in den Kinos. Unter dem reichlich blöden Titel »Antonio ihm schmeckt’s nicht« haben wir uns den Film gestern angesehen.

Auch hier wurde wieder die Handlung verändert und dabei vielleicht ein bisschen zu tief in die Klischeekiste gegriffen. Denn davon, dass der Schwiegervater mit in die Flitterwochen fährt, war im Roman nicht die Rede. Der Hintergrund der Reise war im Buch ein zutiefst ernster, ging es doch um den Verfall des Heimatdorfes von Antonio, der sich von seinem Freund dem Architekten Hilfe versprach. Auch das unmögliche Verhalten der schwangeren Sara, die Hormongesteuert nur noch an Geburtstvorbereitungskurse und die Einrichtung des Kinderzimmers inkl. Kinderwagen denkt, machte dem Zuschauer den Charakter zutiefst unsympathisch. Zwar haben die Macher dieses Mal die besten Szenen eins zu eins umgesetzt, was bei den Kinobesuchern großes Gelächter hervorbrachte. Aber die homophobe Anspielung über das unfreiwillige Hochzeitspärchen Jan und Antonio, war überzogen und irgendwann nur noch nervig. Ich habe mich zwar neunzig Minuten lang gut unterhalten, was aber wahrscheinlich daran lag, dass ich das Buch kannte und die Aufnahmen von NYC bei mir ein bisschen Heimweh verursachten.

Wer »Antonio im Wunderland« richtig genießen möchte, dem empfehle ich die Hörbuchfassung, gelesen vom Autor. Jan Weiler versteht es prima, dem kauzigen Schwiegervater auch akustisch zum Leben zu erwecken.

Fazit: Auch dieser Film vergibt die Chance einen tollen Roman richtig umzusetzen. Und vielleicht fällt auch deshalb nirgendwo, weder im Abspann noch auf dem Kinoplakat, der Name des Autors. Das fand ich schon sehr auffällig.

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