Verschlampte Wagenreihung

Das die Deutsche Bahn ein Defizit bei der Information ihrer Fahrgäste hat, muss ich niemandem erzählen, das hat jeder sicher schon mal erlebt. Dass aber Pendler über einen großen Informationsvorteil verfügen, durfte ich am vergangenen Donnerstag erfahren.

Morgens kam der IC wie häufig mit fünf Minuten Verspätung am Traunsteiner Bahnhof an. Ich frage mich ja immer, wo er die Zeit auf der Strecke von fünfundzwanzig Kilometern von Salzburg einsammelt. Es könnte dieses Mal mit der verkehrten Wagenreihung zusammenhängen, die der Zug hatte. Schon von weitem war die Ankündigung als weißes Spruchband in den Anzeigen sichtbar. Zeit genug für die Pendler ihre festen Wartepositionen ans andere Ende des Bahnsteigs zu verlegen. Denn merke: nichts ist schlimmer, als am Ostbahnhof nicht direkt am Treppenabgang aussteigen zu können. Die nächste S-Bahn wartet nicht.

Weil ich die Strecke oft genug fahre, weiß ich, dass der IC mit dem ich am Morgen nach München fahre, am Nachmittag aus Frankfurt zurückkommt und als EC weiter nach Graz fährt. Es handelt sich also um ein und denselben Zug mit dem ich an diesem Tag sowohl hin, als auch zurück fahre. Und wenn der Zug am Morgen verkehrt herum war, so ist er das auch am Nachmittag. Da die Bahn den Zug nicht irgendwo drehen wird.

Ich kam also am Donnerstag zum Hbf und siehe da kein Hinweis auf eine verkehrte Zugreihung. Mhm, dachte ich mir und wechselte ein paar Worte mit einer der Pendlerinnen. Inzwischen kennt man sich. Sie wunderte sich auch. Ich blieb erstmal an meiner bevorzugten Einstiegsstelle stehen, weil genau da eine Tür ist, wenn der Zug hält. (Vorausgesetzt, er hat die korrekte Wagenreihung.) Inzwischen hatte sich der Bahnsteig gut gefüllt, wie zur Ferienzeit üblich – vorwiegend Touristen mit tonnenweise Gepäck. Nach und nach trafen die Pendler ein und von jedem, wirklich von jedem vernahm man die Frage, warum die verkehrte Wagenreihung nicht angezeigt wurde.

»Der war doch heute morgen verkehrt herum!« oder »Komm lass uns nach vorn gehen, der kommt bestimmt andersherum!« waren die meisten der Kommentare.

Nachdem der Zug bereits fünf Minuten überfällig war, überlegte ich, ob ich nicht auch lieber zum anderen Ende des Bahnsteigs gehen sollte. Bei so vielen Leuten würde das sicher ein Kuddelmuddel, wenn der Zug tatsächlich falsch einfahren sollte. Ich entschied mich ersteinmal zum Gleis gegenüber zu gehen. Von dort kann man den herannahenden Zug besser sehen, weil die Einfahrt in einer Kurve liegt. Nach einer Weile entdeckte ich den Zug von weitem und er kam natürlich nicht mit dem Triebwagen zuerst, sondern mit der Lok voran. Ein eindeutiger Hinweis, dass die Wagenreihung umgedreht war. Ich bewegte mich zügig zum äußeren Bereich des Bahnsteigs, der schon außerhalb der Halle liegt und kam gerade dort an, als der Zug einfuhr. Die Fahrgäste der erste Klasse, die dort warteten, machten lange Gesichter und schulterten ihr Gepäck, um in Richtung Bahnhofshalle zurückzugehen. Laut schimpfend über die Unfähigkeit der Deutschen Bahn, den Zug in der korrekten Reihung anzuzeigen.

Ich verstand sie, denn am Morgen hatte es ja auch geklappt. Nur irgendwie schien die Information zwischendrin verlorengegangen zu sein. Das nächste Mal sollten sie vielleicht einen Pendler fragen.

2 thoughts on “Verschlampte Wagenreihung

  1. Sehr schön sind auch vertauschte Wagennummern. Letzten Freitag war ich leicht verdutzt, denn da wollte ich in Wagen 9 einsteigen. Der Zug fährt in den Bahnhof ein. Es kommen Wagen 14, 12 (13 gibt’s nie!), 11, 10 und… 8. Hä? Fehlt Wagen 9, in dem ich einen reservierten Platz habe? Der Zug wird langsamer, die hintere Einstiegstür von Wagen 8 nähert sich. Nur steckt dort ein Schildchen drin, auf der die Nr. 9 prangt! Der nächste Wagen hat wieder die Nr. 8. Mir war schon klar, dass da jemand die Schildchen durcheinander gebracht hatte, den meisten anderen Fahrgästen aber nicht. Das gab ein schönes Durcheinander, erst recht, als der Zugchef dann meinem Hinweis folgend das falsche 8-Schildchen durch ein 9-Schildchen ersetzte. Alle Leute, die vermeintlich in Wagen 8 eingestiegen waren, mussten sich am nächsten Bahnhof sagen lassen, dass das Wagen 9 ist…

  2. Das kann ich toppen, zwar nicht im Zug, aber in einem Fussballstadion. Ich hatte via eine großen Ticketportals eine Karte für ein Spiel im Frankfurter Waldstadion (keine Ahnung wie die Kiste aktuell heisst) gekauft. Ich muss dazu sagen, ich kaufe, wenn möglich immer Karten am Ende einer Reihe, da kommt man einfach besser rein und raus.

    Wie auch immer ich komme ins Stadion und suche meinen Platz, gehe die Reihen hoch und alle Reihen haben eine Nr.X (weiss ich nicht mehr genau welchen Platznummer ich hatte) als Platz am Reihenende. Dann kommt meine Reihe und die endet mit X-1 !!!
    Da war ich schon baff. Den Platz gab es einfach nicht, hat es nie gegeben. Er wird aber verkauft. Also habe ich mich erstmal oben an die Barriere gestellt und von dort geschaut. Bis ein Ordner mich darauf hinwies, dass das nicht erlaubt wäre (es sei denn ich wäre Rollstuhlfahrer) und ich mich auf meinen Platz begeben solle. Also gab ich ihm meine Karte und meinte er solle mich hin bringen, ich hätte den Platz nicht gefunden. Er schaut mich an als wäre ich minderbemittelt und läuft voraus. Bis zu der Stelle an der der ausgewiesene Platz sein sollte. Es aber nicht ist. Jetzt schau ich ihn schräg an. Wer ist jetzt der Blöde? Und nun, frage ich ihn. Er meint ich solle mich einfach auf einen der freien Plätze setzen, wären ja genug da. Was in diesem Fall stimmte, aber was hätten die bei einem ausverkauften Haus gemacht?

Schreibe einen Kommentar zu Jonas Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert