Auf meinen Zugreisen über die Feiertage erlebte ich mal wieder, wie viel Potential in den Fahrplänen der Deutschen Bahn steckt. Vorausgesetzt man ist als Fahrgast enorm flexibel und hält sich nicht an die Ratschläge des Servicepersonals.
An einem Dienstag nach den Weihnachtsfeiertagen mit dem Zug zu fahren, bedeutet in der Regel brechend volle Züge und möglicherweise auch Verspätungen. Das es auch anders geht, bewies mir die Deutsche Bahn am 29. Dezember 2015. Gut, die Züge waren tatsächlich voll, aber da wir zu zweit unterwegs waren, hatten wir mit Platzkarten vorgesorgt. Das unsere Plätze im Wagon nicht angezeigt wurden, war nicht schlimm, da der Fahrgast dort freiwillig Platz machte. Wahrscheinlich lag die Fahrkartenbuchung einfach zu lange zurück (Sparticket gekauft am 25. Oktober), sodass sie nicht gespeichert worden war.
Ich verbrachte die meiste Zeit mit Lesen auf dem iPad und legte es nur beim zweimaligen Umsteigen aus der Hand. Als mein Mann viereinhalb Stunden später zu mir sagte: »In zwanzig Minuten sind wir da.«, warf ich einen Blick aus dem Fenster und konnte nicht glauben, was ich sah. Wir waren kurz vorm Ziel, die Fahrt würde keine fünf Minuten mehr dauern. Der Zug war fünfzehn Minuten früher dran, als im Fahrplan stand. Was war denn da los? Die Raucher genossen den langen Zwischenhalt sichtlich, denn sie tummelten sich in Grüppchen vor den Eingängen, als wir aus dem Zug stiegen.
Fazit: So schnell sind wir noch in Thüringen gewesen und werden es angesichts der neuen Hochgeschwindigkeitstrasse über Erfurt auch nie wieder sein.
Die Rückfahrt verlief wie gewohnt. Statt des ICE sollte nur ein IC fahren und der hatte durch verzögerte Bereitstellung einundfünfzig Minuten Verspätung. Ich ließ am Serviceschalter zunächst die Zugbindung unseres Tickets aufheben. Die Dame riet mir auf den Zug zu warten und damit nach München durchzufahren. Ich fand, dass das keine gute Idee war, weil wir dann wahrscheinlich sechs Stunden bis nach Hause brauchen würden. So fuhren wir mit dem nächsten Regionalexpress schon mal vor. In Bamberg hatte uns der IC, der dann doch ein ICE war, wieder eingeholt (jetzt nur noch mit fünfunddreißig Minuten Verspätung). Wir stiegen bequem um und schafften am Nürnberger HBF noch den schnellen ICE über Ingolstadt, weil der freundlicherweise zwei Minuten wartete. So kamen wir gerade rechtzeitig am Münchner HBF an, um zehn Minuten später mit dem EC Richtung Klagenfurt nach Hause zu fahren. Trotz das wir vierzig Minuten später losgefahren sind, waren wir am Ende nur eine Viertelstunde später daheim. Wir holten uns natürlich noch das Geld für die nicht benutzten Platzkarten zurück, denn neun Euro sind nicht wenig.
Ich gebe zu, dass die Fahrt ohne das Smartphone meines Mannes anders verlaufen wäre. So waren wir durch die Liveauskunft der Bahn stets über die nächst schnellere Verbindung im Bilde. Wenn ich dem Ratschlag der Bahnmitarbeiterin gefolgt wäre, hätten wir niemals so schnell unser Ziel erreicht.