Pfingstfeuer

0:30 Uhr steht meine Mutter vorm Schlafzimmerfenster: „Christina, es brennt!“ Ich springe wie angestochen aus dem Bett, renne dabei fast meinen Mann über den Haufen, der neben mir liegt und reiße das Fenster auf. Meine Mutter steht im Nachthemd vor mir. „Das alte Haus brennt“, ist das einzige, was sie sagen kann.

Ich steige in meine Hausschuhe und renne über den Hof. Es riecht verbrannt. Von Himmel regnen orangefarbene Aschepartikel, die am Boden weiter vor sich hin glühen. Man hört das laute Knacken und Knistern schon bevor man etwas sehen kann. Es ist ungewöhnlich hell. Vom Dach unseres Wintergartens offenbart sich mir das ganze Ausmaß der Katastrophe – Das alte Haus gegenüber steht lichterloh in Flammen.

Die Feuerwehr ist schon vor Ort. Laute Rufe dringen durch die Nacht und das hektische Blitzen des Blaulichts beleuchtet die dahinterstehenden Nachbarhäuser. Zwischen uns und dem brennenden Haus liegen vielleicht fünfzig Meter – alles kleine Gartengrundstücke. Ein paar hohe Bäume versperren die Sicht, sie werden vom Feuer rot angeleuchtet. Feuer und eine dicke Qualmwolke erheben sich aus den Trümmern eines Hauses, das bereits vor acht Jahren einmal ausgebrannt ist und seitdem als Ruine ein trauriges Dasein fristet. Dort brennt es nun schon zum zweiten Mal.

Die Brandbekämpfung ist in vollem Gange, man sieht zwar das Feuer nicht, aber man hört das Zischen des Wassers. Wie die Augen eines Gespenstes schälen sich die Scheinwerfer der Feuerleiter aus dem Rauch, streifen die Baume und Sträucher, tauchen alles in helles Licht.

Ich stehe da, sehe zu und meine Beine zittern. Mein Herz klopft und ich muss an die Leute aus den Häusern denken, die sich in direkter Nachbarschaft befinden. Ein Alptraum. Bei so vielen alten Häusern dicht an dicht reicht ein Funke und das eigenen Haus steht mit in Flammen. Mein Vater macht sich zu Recht Sorgen, das die herumfliegenden Aschepartikel auch unsere Scheune oder die des Nachbarn in Brand setzen können.

Irgendwann ist die Rauchentwicklung so stark, dass ich mich zurückziehe. Über dem ganzen Viertel hängt eine stinkende Rauchwolke. Ich gehe wieder ins Bett, aber mein Körper ist voller Adrenalin und es dauert noch Stunden, bis ich wieder einschlafen kann. Der Brandgeruch steckt auch noch am Morgen in der Luft.

Das war keine ruhige Pfingstnacht.

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