Vor genau elf Jahren nahm ich zum ersten Mal an einem Schreibseminar an der Bundesakademie für kulturelle Bildung (BA) in Wolfenbüttel teil. Damals fühlte ich mich anschließend wie die schlechteste Autorin der Welt, zumindest hatte ich das in meinem Blog hier geschrieben.
Ich war inzwischen acht weitere Male an der Bundesakademie, aber das erste Seminar werde ich nicht vergessen. Es war eine Offenbarung für mich, Leute zu treffen, die wie ich phantastische Geschichten und Romane schrieben und sich mit den gleichen Problemen herumschlugen. Die Kritik der Teilnehmer an meinem Text fühlte sich zunächst hart an, war aber mehr als wertvoll für meine weitere Entwicklung. Denn zu dem Zeitpunkt schrieb ich schon mehr als zwanzig Jahre im stillen Kämmerlein vor mich hin, ohne je richtiges Feedback von außen bekommen zu haben. Das Gefühl beim Schreiben auf der Stelle zu treten, hatte mich zu jener Zeit bewogen, mich zum Seminar anzumelden. Der Besuch an der Bundesakademie hat mir einen Schubs in die richtige Richtung gegeben. Außerdem traf ich dort viele Gleichgesinnte und konnte wichtige Kontakte knüpfen.

Am vergangenen Wochenende war ich wieder einmal an der BA, fast genau elf Jahre nach meinem ersten Mal. Heuer ging es nicht um das Schreiben von Romanen, sondern um die phantastische Kurzgeschichte. Dozenten waren Olaf Kutzmutz (Programmleiter für Literatur an der BA), Olaf Brill (Redakteur des PERRY RHODAN-Reports und der STELLARIS-Geschichten) und selbstverständlich PERRY RHODAN-Chefredakteur Klaus N. Frick. Für letzteren sollte es ein besonderes Seminar werden, nämlich sein letztes als Dozent. Nach 30 Jahren macht er Schluss – ein Verlust für die BA und vor allem für die Teilnehmer.
Wie gewohnt begann das Seminar am Freitagnachmittag mit der Vorstellungsrunde. Danach wurde gleich die erste der eingesandten Geschichten besprochen. Dieses Mal waren viele erfahrene Autoren und Autorinnen dabei. Im Durchschnitt hatte jeder der Anwesenden etwa sieben Mal an einem Seminar an der BA teilgenommen. Das merkte man auch den Geschichten aus dem Reader an, die sich allesamt auf hohem Niveau bewegten. Nach dem Abendessen ging die Besprechung der Geschichten in die nächste Runde. Vor meiner Geschichte war Schluss, weil sich Olaf Kutzmutz etwas besonderes für Klaus ausgedacht hatte. Er las nämlich die Geschichte vor, die er Klaus zum 60. Geburtstag geschrieben hatte und die in der Anthologie »Das wüsste ich aber!« abgedruckt ist. Es war eine schöne Geste, die sicher nicht nur mir richtig gut gefallen hat.
Die Nächte im Mühlenfoyer sind lang, da bildete dieses Seminar keine Ausnahme. Bei so viel PERRY-Beteiligung drehte es sich häufig um die größte Science-Fiction-Serie der Welt. Aber es wurden auch andere Themen besprochen. Irgendwann gegen zwei Uhr war ich dann endlich im Bett.
Da noch zwei weitere Gruppen in der Mühle übernachteten und frühstückten fand ich mich am morgen erstmal in einer Schlange vor dem Frühstücksbuffet wieder. Und wie schon beim Abendessen war das meiste Essen schon weg. Ich ergatterte die letzten beiden Scheiben Kochschinken und hielt mich dann an die Marmelade.

Frisch gestärkt ging’s um Neun Uhr wieder ans Werk. Meine Kurzgeschichte war dran und wurde von allen Seiten gelobt. Das irritierte mich, denn ich hatte erwartet, dass man die Geschichte in der Luft zerreißen würde. Aber es wurden nur ein paar Kleinigkeiten angemerkt. Einer fand dann doch noch den großen Klopper, den alle übersehen hatten. Ich hatte Fauna und Flora verwechselt und es nicht gemerkt. Der Vormittag verging jedenfalls wie im Flug und schon war es Mittag. Dieses Mal waren wir wieder bei dem guten Italiener, leider gab es keine Tomatensuppe mehr als Vorspeise, aber der Flammkuchen mit Camembert und Preiselbeeren war eine Wucht. Anschließend genehmigte ich mir noch eine Kugel Eis und spazierte mit den anderen durch die Fußgängerzone von Wolfenbüttel zum Gästehaus zurück.
Vom 15 Uhr bis 18:30 Uhr besprachen wir wieder die Geschichten der Teilnehmer. Schön war, dass sich wirklich jeder daran beteiligte und nicht nur immer dieselben sprachen. Die Kritik war stets konstruktiv, und es ist spannend zu sehen, wie unterschiedlich die einzelnen Geschmäcker sind. Zwischendrin machten wir noch ein kleines Fotoshooting vor der eingerüsteten Schünemannschen Mühle. Alle schienen großen Spaß dabei zu haben, denn es wurde viel gelacht.
Beim Abendessen, war dann nicht mehr so viel los, wie am Tag zuvor und niemand musste lange warten. Im Anschluss schafften wir es tatsächlich die restlichen drei Geschichten aus dem Reader noch zu besprechen, so dass am Sonntagmorgen genügend Zeit für eine kleine Schreibübung bleiben sollte. Dazwischen lag wieder ein langer Abend bzw. eine kurze Nacht. Zunächst hatte ein Teilnehmer eine kleine Geschichte für und über Olaf Kutzmutz vorbereitet, die mit verteilten Rollen vorgelesen werden sollte. Ich übernahm die Rolle von Olafs Frau. Das Ganze war wirklich witzig, die Lesenden und die Zuhörer konnten kaum noch vor lachen. Zu späterer Stunde gesellten sich überraschendersweise zwei weitere PERRY-Teamautoren zu den Seminarteilnehmern, so dass die geballte PERRY RHODAN-Autorenschaft alsbald zusammenhockte und diskutierte. Ich schaffte es dieses Mal nicht, bis zum Schluss zu bleiben, weil mir die Augen zufielen. Um halb zwei strich ich die Segel und ging zu Bett. Wie ich hörte, soll es wohl bis drei Uhr gegangen sein.
Die Nacht war trotzdem zu kurz und ich brauchte etwas länger als üblich, bis ich am Morgen wieder in Gang gekommen bin. Nach dem Frühstück hieß es zunächst, das Zimmer zu räumen. Das macht mich zwangsläufig immer ein wenig melancholisch. Dieses Jahr war es besonders schlimm, da ich nicht weiß, ob ich jemals mal wieder hierher kommen werde. Denn ein Schreibseminar in Wolfenbüttel ohne Klaus kann ich mir nicht so recht vorstellen. So genoss ich die letzten Stunden bis zum Mittag noch intensiver als sonst und freute mich sehr, dass mir bei der Schreibaufgabe etwas Sinnvolles eingefallen ist – die Texte der anderen waren viel besser – aber es ist erstaunlich, wie viel Kreatives man in zwanzig Minuten schreiben kann.

Nach dem obligatorischen Mittagessen beim VietThai hieß es Abschied nehmen, von Wolfenbüttel und der Bundesakademie, von Olaf Kutzmutz und Klaus N. Frick, aber auch von den vielen netten Teilnehmern, von denen ich einige noch aus meinem ersten Seminar kannte. Die Seminare an der BA sind nach dem ersten Besuch stets wie ein Klassentreffen, man trifft sich hier immer wieder.
Das war mein Wochenende in Wolfenbüttel, das wieder mal viel zu schnell zu Ende ging. Ich danke dem Veranstalter Olaf Kutzmutz und der BA, die mir die Teilnahme an einer solch kreative Veranstaltung ermöglicht haben. Ich danke den Teilnehmern für das Lob, die Hinweise und die konstruktiven Anregungen. Und ich danke Klaus für dreißig Jahre als Dozent an der BA. Ich wünschte, dass ich schon in den Neunzigern von den Schreibseminaren erfahren hätte, wer weiß, was dann aus mir geworden wäre.