Zugbindung oder keine Zugbindung

Die Überschrift erzählt es schon. Ich war am Wochenende wieder mit der Deutschen Bahn unterwegs. Am Freitag lief es planmäßig. Ich kam überpünktlich und ohne Rennerei an und konnte endlich meinen Zahnarzttermin wahrnehmen, der im Dezember wegen meinem Abenteuer mit der Zugevakuierung ausgefallen war.

Die Rückfahrt war allerdings wieder das Problem. Beim letzten Mal war es ein angekündigter Selbstmord, dieses Mal wurde mir schon drei Wochen vorher per E-Mail mitgeteilt, dass ich wegen diverser Baustellen meinen Anschlusszug in Nürnberg nicht erreichen würde. Ich solle doch eine frühere Verbindung nehmen, die Zugbindung bei meinem Sparticket wäre aufgehoben. Ich fuhr also eine Stunde früher los und wollte mir wie immer vor der Abfahrt am Schalter noch schriftlich die Aufhebung der Zugbindung auf meinem Fahrschein bestätigen lassen.

An diesem Montag hatte der Schalter allerdings geschlossen. Ich sprach den Zugbegleiter in der Regionalbahn drauf an, der wollte oder konnte das aber nicht machen. Meine herausgesuchte neue Verbindung klappte hinten und vorne nicht, obwohl ich eine Stunde früher als geplant losfuhr, strandete ich erstmal in Nürnberg. Der junge Mann am Serviceschalter ließ sich auch nach Vorzeigen der E-Mail überzeugen, die Zugbindung meines Tickets aufzuheben. Ich holte mir etwas zu Essen und fuhr mit dem nächsten ICE problemlos nach München.

Hier war wiedererwarten der EC, mit dem ich ursprünglich fahren wollte, noch nicht abgefahren. Im Gegenteil, er stand noch nicht einmal da. Was wieder beweist, dass nichts verlässlicher ist, als Verspätungen bei der Deutschen Bahn. Laut Anzeige sollte er 15 Minuten Verspätung haben, daraus wurden dann 30 Minuten. Ich machte mich schon auf den Weg zur Regionalbahn, als die Durchsage kam, dass wegen einer Stellwerksstörung zur Zeit keine Züge aus Richtung Augsburg und Rosenheim ein- oder abfahren können. Oha! Deshalb war der Bahnhof so leer. Es standen nämlich kaum Züge herum. Ich hatte mich schon gewundert.

Kurzerhand fragte ich beim herumstehenden Bahnpersonal nach, ob es nicht sinnvoller wäre, zum Ostbahnhof zu fahren, sofern die S-Bahn vom Stellwerksausfall nicht betroffen ist. Der freundliche Herr fand, es sei eine gute Idee und schaute gleich auf seinem Smart-Phone nach, ob die S-Bahnen fuhren. Sie taten es, also fuhr ich zum Ostbahnhof. Dort warteten schon hunderte Leute auf einen Zug Richtung Rosenheim. Zehn Minuten später kam eine Regionalbahn, in die die meisten Pendler einstiegen. Zurück blieben nur jene, die weiter als bis Rosenheim wollten.

Auf der Anzeigetafel standen zwei Züge Richtung Salzburg zur gleichen Zeit, die Regionalbahn und der EC, der inzwischen 40 Minuten Verspätung hatte. Da Fernverkehrszüge immer Vorrang haben, kam der auch zuerst. Ich stieg ein und suchte mir einen Platz im fast leeren Großraumwagen.

Irgendwann vor Rosenheim kam der Zugbegleiter, um die Fahrkarten zu kontrollieren. Ein gutaussehender junger Mann – vor zwanzig Jahren wäre das exakt mein Beuteschema gewesen – nahm mein Ticket und meinte, dass ich nicht mit dem EC hätte fahren dürfen. Ich erklärte ihm, dass die Zugbindung der Fahrkarte aufgehoben wäre, und deutete auf den Stempel. Das interessierte ihn aber nicht. Er meinte, das gelte nur für den ICE und weil ich laut Fahrkarte mit der Regionalbahn weitergefahren wäre, hätte ich nicht in den EC einsteigen dürfen. Mein Argument, dass eine aufgehobene Zugbindung bedeutet, dass ich alle Züge der Bahn benützen dürfte, dementierte er. Ich holte sogar mein Handy vor, um ihm die E-Mail zu zeigen. Er sagte, dass ich mir ein Ticket für den EC hätte holen müssen und mir das Geld über die Fahrgastrechte hätte wiederholen sollen. (Das funktioniert nicht, dass Problem hatte ich nämlich schon mal. Das zusätzliche Ticket habe ich damals nicht ersetzt bekommen, weil ich ja eine Fahrkarte hatte, bei der die Zugbindung aufgehoben war.) Deshalb regte ich entsprechend auf.

Ich fahre fast 30 Jahre mit der Bahn, aber dass man mir Schwarzfahren unterstellte, ist mir in all den Jahren noch nie passiert. Ich fragte ihn etwas lauter als normal, ob das denn eine neue Vorschrift wäre. Er konterte: dass wäre schon immer so gewesen und ich solle mich bitte beruhigen. Er würde mich jetzt trotzdem weiterfahren lassen, aber ich sollte mir das fürs nächste Mal merken. Meine Frage, wo denn steht, dass IC und EC-Züge nicht unter die Aufhebung der Zugbindung fallen, konnte oder wollte er mir nicht beantworten. Er druckste nur herum, dass seine Vorgesetzten in letzter Zeit genauer hinschauen würden. Aha! Daher wehte der Wind. Er knipste meine Fahrkarte ab und ging weiter. Ich war stinksauer.

Also, ganz ehrlich, beim nächsten Mal ignoriere ich den Verbindungsalarm der DB Reisebegleitung, fahre mit den vorgeschriebenen Zügen, nehme die Verspätung in Kauf und hole mir mittels der Fahrgastrechte ein Teil der Fahrkartenpreises wieder, selbst wenn es nur 5 Euro sind.

Hier zum Nachlesen die Beförderungsbedingungen der DB zur Zugbindung. Da steht ganz deutlich, dass man mit allen Züge fahren kann, auch mit IC- und EC-Zügen. Offensichtlich wissen die Angestellten der Bahn selbst nicht, was in den Bedingungen steht. Ich habe das jetzt auf meinem Handy gespeichert, falls es wieder einer nicht weiß. Unfassbar!

4 thoughts on “Zugbindung oder keine Zugbindung

  1. Ganz im Sinne der Bahn verzichte ich lieber darauf, Geld zu sparen, und kaufe nur Tickets mit Flexpreis. In letzter Zeit sogar öfter den einige Euro höheren Flexpreis Plus (incl. Platzreservierung), weil sich die Verbindungen seit dem Fahrplanwechsel so geändert haben, dass ich meinen Anschluss Freitags NIE erreiche, eine Stunde später weiterfahren muss (macht nix, ich fahre inzwischen zwei Stunden früher los) und somit einen Teil der Kosten erstattet kriege.
    Inzwischen könnten wir unsere Erlebnisse in einem gemeinsamen Buch verarbeiten. Die Frage ist nur: In welchem Genre vermarkten wir es? Comedy oder Horror?

    1. Ich habe früher nur Flextickets gekauft, wobei früher die Flexibilität wirklich flexibel war. Heute gelten diese Tickets auch nur an dem einem Tag. Da die Verbindungsmöglichkeiten seit dem Wegfall des ICE-Halts in Saalfeld sich auf ein Minimum reduziert haben, lohnt sich das für mich nicht mehr. Ich kann ohnehin nur mit bestimmten Zügen fahren und da buche ich gleich ein Spar-Ticket mit BahnCard 25, dass mich pro Strecke 17,50 Euro kostet. Das Flexticket würde mit BahnCard 50 zwischen 60 und 70 Euro pro Strecke kosten und ich spare mir die Kosten der BahnCard 50 immerhin 255 Euro pro Jahr obendrein. Ich zahle inzwischen nur noch einen Bruchteil dessen, was ich früher gezahlt habe. Wenn der Zug ausfällt oder Verspätung hat, was in 60 Prozent aller Fälle passiert, fällt die Zugbindung ohnehin weg. Hinzu kommt: Als ich noch selbstständig war, konnte ich die Kosten absetzen, heute nicht mehr.

      Wir sollten das mit dem Buch tatsächlich in Betracht ziehen. Die meisten Besucher meines Blogs habe ich in dieser Rubrik. Comedy oder Horror? Die Entscheidung ist tatsächlich schwierig. Ich hab die Erfahrung gemacht, je mehr Erlebnisse man gemacht hat, desto entspannter wird man, umso mehr muss man darüber lachen. Also Tragikkomödie wäre passend.

    1. Ich mache das ja nicht nur wegen des Zahnarztes. Gott bewahre, das wäre wirklich übertrieben. Ich mache das hauptsächlich, weil ich meine hochbetagten Eltern betreuen muss, die in Saalfeld wohnen und deren einziges Kind ich bin.
      Davon abgesehen, ist das mit dem Ärztemangel hier auf dem Land kein Märchen. Ich habe z. B. keinen Frauenarzt im Landkreis Traunstein gefunden, der mich neu als Patientin aufnehmen wollte. Hier haben inzwischen schon die Hausärzte Wartelisten. Und wenn man mal einen Zahnarzt gefunden hat, dann wird man gnadenlos abgezockt. Ich sollte für eine Wurzelbehandlung über 1100 Euro zahlen, bei der Zahnärztin in Thüringen waren es nur 600 Euro. (Bemerkung: Die Kasse zahlt da nur unter bestimmten Voraussetzungen, die bei mir nicht erfüllt waren.) Schwieriges Thema.

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