2021 ist rum und hat bei mir genau so wenig Eindruck hinterlassen wie 2020. Nein, halt! Eindruck hat es schon hinterlassen, nur Eindrücke nicht. Wieder ein verlorenes Jahr ohne Erinnerungen, das zu einer formlosen Masse aus tristen, ewig gleichen Tagen verläuft. Irgendwie ist man gleichermaßen erschrocken, wie erfreut, dass es vorbei ist.
2022. Alles wie gehabt, möchte man sagen. Eine neue Regierung, die da weitermacht, wo die alte aufgehört hat. Nur noch ein bisschen dramatischer und mit mehr Panik und Unvermögen. Man könnte sich darüber aufregen, aber es lohnt nicht. Ich resigniere vor so viel stümperhaften Vorgehens, bei so wenig ganzheitlicher Betrachtung und so viel zu Schaustellung überlegener Moralhaftigkeit.
Der Patient Deutschland ist krank und das nicht erst seit Corona. Jetzt erst merken wir, wie sehr Infrastruktur, Bildung und Gesundheitssystem kaputtgespart wurden. So sehr, dass 5000 Corona-Intensivpatienten auf 80 Millionen Einwohner die medizinische Versorgung an den Rand des Zusammenbruchs bringen. So schlecht, dass die Sterblichkeit auf deutschen Intensivstationen um ein Vielfaches höher ist als in Ländern, die weniger Intensivbetten haben. Wir haben die bessere Technologie, aber die haben wahrscheinlich die besseren Ärzte und mehr Personal. Plötzlich merkt man, dass die Personaldecke bei der wichtigen Infrastruktur so dünn ist, dass eine Erkältungswelle zu Stromausfällen und stockender Wasserversorgung führen kann. Man könnte glatt meinen, es droht uns der Untergang, wenn man den Politikern und Medien genau zuhört.
Und genau hier liegt das Problem. All die Vorhersagen, all die Hochrechnungen bilden ausschließlich den Worst Case ab, also den schlimmsten Fall. Es sind nur Zahlen, nicht mehr und nicht weniger. Hinzu kommt, das die Zahlen auf denen die Modelle basieren nicht mal zuverlässig sind. Es ist allesamt nur theoretisch, ein Könnte, nicht ein Muss. Die Praxis konnte bisher keines dieser Modelle tatsächlich abbilden. Theorie und Praxis sind zwei völlig verschiedene Dinge. Politiker werfen den Corona-Kritikern immer vor nicht-wissenschaftlich zu denken, doch sie selbst agieren meist auch nicht nach wissenschaftlichen Standards.
Ich habe viele Jahre wissenschaftlich als Ingenieur gearbeitet. Bei der Entwicklung neuer Technologien steht anfangs eine Theorie. Die Praxis jedoch schreibt letztendlich ihre eigenen Gesetze. Da passieren Dinge, die man nicht auf dem Schirm hatte, Einflüsse, die man nicht mal erahnen konnte. Das einzige was letztendlich funktioniert, ist das Sammeln von Daten im laufenden Betrieb. Um herauszufinden, was welchen Einfluss hat, ändert man aber immer nur eine Variable und nicht fünf gleichzeitig. Denn nur so findet man heraus, woran es liegt. Doch Datensammeln ist in Deutschland offensichtlich ein Problem, nicht nur wegen der Datenschutzgesetze, sondern wegen der mangelnden Digitalisierung.
Und nicht nur das. Ich habe gelernt, das Wichtigste bei der Lösung wissenschaftlicher Probleme ist der Meinung von Menschen zu vertrauen, die sich auskennen, Menschen die Erfahrung haben und zwar in der Praxis, nicht nur in der Theorie. Ein reiner Theoretiker wird nie eine Maschine bauen und die praktische Erfahrung von vielen Jahren eines Facharbeiters ist oftmals mehr wert, als ein Doktortitel.
Doch mir scheint, das sowohl Politiker als auch Wissenschaftler in der Pandemie nur eine Seite bevorzugen, dass sie nur auf die Theorie setzen und zwar auf die Theorien von einigen wenigen Experten. Ein ganzheitlicher Ansatz … Fehlanzeige. Die Erfahrung von Ärzten und Wissenschaftlern (vor allem von solchen, die das 50. Lebensjahr überschritten haben) wird nicht gehört. Man ist so sehr von sich und seinem Können überzeugt, dass das Wissen anderer nichts mehr gilt, das jahrzehntelange Forschung (Beispiel: Aerosole oder die Erkenntnisse aus der ersten SARS-Epidemie) plötzlich nichts mehr wert sind. Da gibt es Experten, für die gelten die Erfahrungen von alteingesessenen Epidemiologen einfach nicht, weil sie denken, sie sind schlauer als die. Stattdessen werden diejenigen niedergebrüllt, schlecht gemacht und abserviert, die auch nur ansatzweise Kritik an dieser Arbeitsweise üben.
Die Politik ist so weit weg vom realen Leben der Menschen, dass sie überhaupt nicht mehr registriert, welche Auswirkungen ihre Regelungen und Vorschriften haben. Und dann wundert man sich plötzlich, warum Teile der Bevölkerung aggressiv werden, und sich betrogen fühlen von so viel Arroganz.
Ganz ehrlich, ich finde das alles zum Kotzen. Und ich glaube auch nicht, dass sich das in Zukunft ändert. Corona wird irgendwann vorbei sein. Doch dann werden wir das gleiche bei Klimawandel und in der Außenpolitik erleben. Die von sich überzeugten Moralapostel werden einen Krieg vom Zaun brechen und das Land in den Untergang führen. Das wird für uns viel schlimmer und einschneidender sein, als es die Corona-Pandemie je war. Da wünscht man sich fast, es nicht mehr miterleben zu müssen.