Der Amazon-Effekt

Was ist eigentlich momentan los? Die letzten beiden Wochen waren echt die Hölle, sowohl auf Arbeit als auch Privat. Vor allem aber arbeitstechnisch. Fast ununterbrochen läutete das Telefon, jeder wollte was und das am liebsten schon vorgestern. E-Mails prasselten fast minütlich ins nicht richtig funktionierende Postfach. Weil ich gestern ausnahmsweise mal nicht auf Arbeit war, hatte ich heute gleich 66 neue E-Mails. Zum Glück waren die meisten nur ärgerlich, aber nicht relevant.

Ich gebe zu, nach dem langen Winter kommen die Bauvorhaben erst so nach und nach in die Pötte. Aber muss man unbedingt einen Tag vor Baubeginn anrufen und einen Plan anfordern, den ich schon in den vergangenen Wochen in Ruhe hätte zeichnen können? Oder glauben die Bauherren, wir hätten keine anderen Baustellen und stünden auf ihren Abruf bereit? Am Schlimmsten sind diejenigen, die sich erst ewig nicht entscheiden können und dann wollen, dass es am nächsten Tag fertig ist. Oder diejenigen, die gern noch eine Wand verschieben möchten, weil das Regal nicht richtig hinpasst, und zwar dann, wenn das Haus schon steht. Letzteres erinnert mich an eine Szene aus dem Film »Schlaflos in Seattle«, in der Tom Hanks als Architekt mit genau so einer Bauherrin zu tun hat. Das ist sowas von aus dem Leben gegriffen …

Ich nenne dieses Sofort-auf der Stelle-haben wollen »den Amazon-Effekt«: Heute bestellt, morgen erhalten. Viele glauben inzwischen, dass man das auch auf andere Bereiche des Lebens anwenden kann. Auf Handwerker zum Beispiel. Nur leider funktioniert das nicht so. Dieser unflätige Zeitdruck macht die Leute noch mal verrückt, die Ungeduld nimmt überhand. Alles muss schnell schnell schnell gehen und wenn deshalb was schief läuft, wird gleich mit dem Anwalt gedroht.

Ich wünsche uns und unserer Gesellschaft ein wenig Entschleunigung. Erstmal zurücklehnen, durchatmen, nachdenken und dann handeln. Das würde allen viel Geld und Ärger ersparen.

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