Wohnungsnot herrscht inzwischen nicht nur in den großen Städten, sondern auch auf dem Land. Zumindest in so beliebten Regionen wie der, in der wir leben. Der Mietwohnungsmarkt ist leergefegt. Es wird zwar viel gebaut, aber die Wohnungen gehen nur unter der Hand weg, oder sind für Familien schier unbezahlbar geworden. Für eine Wohnung zahlt man hier inzwischen so viel wie in anderen Regionen für zwei oder drei Einfamilienhäuser zusammen.
Durch meine Arbeit sehe ich die Grundrisse der Häuser und Wohnungen und staune immer, wie groß heutzutage gebaut wird. Kleine Einfamilienhäuschen oder Reihenhäuser gibt es quasi nicht mehr. Dafür werden riesige »Paläste« mit 150-200 Quadratmeter hingestellt, in denen dann maximal vier Leute wohnen. In manchen Eigentumswohnungen ist das Wohnzimmer so groß wie unsere ganze Wohnung. Wie ich in einer Fachzeitschrift lesen konnte, liegt die durchschnittliche Wohnfläche in Deutschland inzwischen bei 45 Quadratmeter pro Person. Demzufolge wohnen immer weniger Leute auf immer größerer Fläche. Eine, wie ich finde, fatale Entwicklung. Durch den massiven Neubau von Wohnungen und Häusern wurden in den vergangenen Jahren in der Gegend ganze Ortsteile aus dem Boden gestampft. Und das auf einer Fläche, auf der doppelt so viele Leute hätten wohnen können, wenn man zurückhaltender gebaut hätte. Leiden tut darunter nicht nur die Natur.
Dieser Gigantismus geht soweit, dass man im Möbelhaus inzwischen schon Probleme hat, Mobiliar für kleine Wohnungen zu bekommen. So taten wir uns vor zwei Jahren ziemlich schwer, für unser kleines Wohnzimmer eine Couch zu finden, die nicht gleich die Hälfte des Raumes einnahm. Am Samstag wollten wir einen Nachtschrank kaufen. Als ich der Dame im Möbelhaus erklärte, dass er nicht breiter als 38 Zentimeter sein dürfte, weil er sonst nicht ins Eck zwischen Bett und Wand passt, schüttelte sie verständnislos den Kopf. Die schmalsten Modelle, die sie führten, wären 45 Zentimeter breit. Sie schlug mir vor, doch einen Beistelltisch zu verwenden. Wir haben später doch noch ein passendes Stück gefunden, aber die Situation ist sinnbildlich.
Immer größer, immer weiter, immer höher … lange werden wir das nicht treiben können. Schon jetzt kann sich eine Familie den Bau eines Eigenheims kaum noch leisten. Die meisten Wohnungen, die ich plane, werden von gutverdienenden Pärchen oder von Rentnern gekauft, die ihr Haus verkauft haben und in eine Wohnung ziehen möchten. In den meisten Kinderzimmern, die es in diesen Wohnungen gibt, werden keinen Kinder wohnen. Sie werden zu Büros oder getrennten Schlafräumen gemacht. Was für eine Verschwendung. Nicht das ich das den Leuten nicht gönnen würde, schließlich bezahlen sie sehr viel Geld dafür. Aber ich frage mich, was machen die Eltern, die gerade soviel verdienen, dass sie über die Runden kommen? In wie vielen Familien müssen sich die Geschwister ein Zimmer teilen? Oder haben, wie ich damals, nur ein abgetrenntes Stück vom Elternschlafzimmer zur Verfügung.
Eigentlich wäre genügend Platz für alle da, wenn wir ein bisschen bescheidender wären und nicht buchstäblich auf so großem Fuß leben würden. Auch das ist eine Form von Energiesparen und Umweltbewusstsein. Doch dafür müssten auch die Bauherren, Immobilienfirmen und Kommunen umdenken. Leider geht es aber wie immer nur ums Geld.
Übrigens mein Mann und ich haben jeder 26,5 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung.
Ich denke, das liegt zum Teil auch an der immer weiter auseinanderklaffenden Schere zwischen Reichen und Nicht-Ganz-So-Reichen (denn es trifft ja nicht mehr nur die „wirklich“ Armen).
Ich fragte mich schon in den letzten Jahren ganz oft, wer all die Luxuswohnungen kauft, die plötzlich überall aus dem Boden schossen, selbst in Vierteln, in denen früher die weniger Begüterten wohnten (vorausgesetzt natürlich das Viertel war cool genug). Ich kenne Leute, die ein wenig Einblick in den Immobilienmarkt hatten, und die meinten, Luxus ginge immer.
Das heißt es gibt immer mehr Leute, die sich die ganz großen Kästen leisten können. Und mit denen lässt sich gut (oder einfacher?) Geld verdienen.
Ein Problem ist, dass dieser Trend sich dann nach „unten“ fortsetzt. Selbst für einfachere Objekte sind die Preise massiv gestiegen. Wer sich das dann noch leisten können soll, wenn selbst Menschen mit einem „normalen“ oder „guten“ Gehalt Probleme haben eine Wohnung zu finden, ist mir schleierhaft.
Und wieviel Quadratmeter hätte euer Haus gehabt, dessen Traum im Mai 2017 leider geplatzt ist?
Zwischen 90 und 100, je nachdem ob man die Terrasse mitzählt oder nicht.