Die Irrfahrten des Rhodan

Quelle: Perrypedia
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PERRY RHODAN NEO 91 – »Wächter der Verborgenen Welt« von Oliver Plaschka

»Es muss aber auch nicht alles einen tieferen Sinn haben, bloß weil es gerade besonders praktisch oder unpraktisch für uns ist.« …

Dieser Satz von Seite 110 sagt eigentlich alles über den Roman aus. Und fühlt sich wie Kritik des Autors am Expokraten an. Denn der ZickZack-Kurs den Rhodan in den letzten Romanen hinter sich gebracht hat, ist beispiellos. Zuerst wollte er nach Derogwanien, dann das Rätsel der Orristan und Errkarem lösen und nun begibt er sich auf die Suche nach der Verborgenen Welt. Dabei landet er zunächst auf einem Asteroiden, dann auf Vulkan und zuletzt auf der Venus. Und für was oder wen? Es hat die Handlung nur wenig vorangebracht. Die Erde ist noch immer besetzt und Rhodan weiß immer noch nicht welche Mächte hinter dem Ringen stehen. Und vor allem frage ich mich als Leser so langsam, was das alles soll. Noch 9 Romane bis zu Band 100 und es sieht nicht so aus, als würden die Fäden so langsam zusammenlaufen. Es wirkt nach wie vor, wie ein verheddertes Knäul Wolle.
Oliver Plaschka gibt sein Bestes und schafft zumindest mit dem Handlungszweig um Jemmico mein Interesse zu wecken. Die Erzählung um Rhodan und die Crew der INNESAY liegt mir dagegen wie ein Eisenmeteorit im Magen. Die Kapitel lesen sich so zäh wie das Durchschreiten der Venusatmosphäre und fordern vom Leser enormes Durchhaltevermögen. Die ständigen Streitereien zwischen Rhodan und dem Enteron nerven genauso wie der Zusammenhang zwischen DNS-Sequenz und Klopfzeichen der Sternenmenschen. Das Rätselraten ist insofern unglücklich, als dass es auf Vermutungen basiert, die sich rein zufällig als richtig erweisen. Und am Ende sind wir wieder dorthin unterwegs, wohin Rhodan aufgebrochen ist, nämlich nach Derogwanien. Wo er hoffentlich irgendwann auch mal ankommt.

Wie schon gesagt, gefiel mir die zweite Handlung besser. Auch wenn hier ebenfalls nicht alles perfekt ist. Zumindest ist mir Jemmico als Mensch – Verzeihung als Arkonide – nähergekommen. Die kurzen Einleitungen zu Beginn jeden Kapitels, hatten mich anfangs verwirrt, weil ich nicht so recht verstanden habe, in welchen Zusammenhang sie mit der Handlung stehen. Aber nach und nach hat sich mir das Bild erschlossen. Faszinierend war für mich die gegenläufige Chronologie, also das Rückwärtserzählen. Dennoch stellten sich mir einige Fragen. Woher wusste Jemmico, was sich auf der Station verbarg? Was hat Atlan der Imperatrice verraten, dass sie ihren besten Celista ausgeschickt hat, um hinter das Geheimnis der Station zu kommen? Wurde das Attentat von Jemmicos Assistenten geplant oder ging es von Free Earth aus? Und wie war das mit den Positroniken? Kämpfen sie wirklich miteinander um die Vorherrschaft, wenn man eine neue Positronik aufsetzt? Sollte man dann nicht erst die Speicherbänke löschen, damit das nicht passiert?

Der beste Satz des Romans ist folgender: »Dieser Teil der Geschichte ist etwas abwegig: wie ein Hologramm, das mit seinem eigenen Emitter herumläuft.« Der Seitenhieb auf den Holodoc aus Star Trek Voyager hat mich tatsächlich zum Nachdenken gebracht. Und mich ein klein wenig für die abstruse Geschichte versöhnt.

2 thoughts on “Die Irrfahrten des Rhodan

  1. Danke für die Besprechung! Wenn ich ein Exposé bekomme, dann versuche ich meistens erst einmal herauszufiltern, worauf es dem Exposé-Autor primär ankommt: welche Infos vermittelt, welche Fährten gelegt werden sollen. Dann versuche ich, einen spannenden Roman daraus zu bauen — das betrifft z.B. Gliederung, Tempo, und ein paar Szenen, in denen die Helden gut dastehen dürfen. Am meisten Spaß macht mir aber das, was in der Regel danach kommt, und das ist, Charaktere zu schildern und Szenen auszugestalten, in denen sie Konflikte durchleben oder eine bestimmte Seite von sich zeigen.

    Zum Plot: Jemmico wusste nicht genau, was er auf der Station vorfinden würde, und Thetas Auftrag und Motivation waren nicht konkreter definiert, als herauszufinden, was es mit der fliegenden Venuszuflucht eigentlich auf sich hat, ob Atlan wirklich zehntausend Jahre alt ist und Kosol ter Niidars Geist noch in der Station umgeht. Theta hegt schon lange ein vages Interesse an den „mystischen“ Vorkommnissen im Sonnensystem; das hat sie quasi von Sergh da Teffron geerbt, der auch schon völlig besessen davon war. Ursprünglich war die Erde ja einmal als Station auf der Suche nach der Welt des ewigen Lebens angelegt, aber dieser Aspekt trat im Laufe der Jahre in den Hintergrund.

    Das ursprüngliche Attentat auf Kommandant ter Riamente wurde wirklich von Free Earth (oder einer Splittergruppe) begangen. Der spätere Aufstand aber wurde von Jemmico und Rilash bewusst angeheizt, um ein Bedrohungsszenario zu kreieren, das den Beschützer des Tarkanchars (den Roboter) aus der Reserve lockt.

    So weit das Expo.

    Das Faszinierende bei der Arbeit fand ich, Jemmicos Skrupellosigkeit und unbedingte Loyalität weiter auszuarbeiten. Der Charakter geht eigentlich auf Alexander Huiskes zurück. Seit ihrer kleinen Verschwörung am Ende von Band 66 war angelegt, dass Theta Jemmico vertraut und beide ein besonderes Verhältnis pflegen. Dennis Mathiak begann dann, ihn als diesen extrem reservierten, manchmal fast unsicher wirkenden Mann zu zeichnen, der seine Familie verlor, alle Sinnesfreuden ablehnt und seinen Gesprächspartnern nicht einmal in die Augen blicken kann. Diese Eigenschaften wollte ich weiter erforschen: seine Schuldgefühle, seine Pflichtergebenheit und sein überkompensierter Minderwertigkeitskomplex als Essoya, die hier in einen Machtkampf mit Kommandantin Kitrina münden, bei dem seine Gefühle für sie, für Theta und für seine tote Tochter völlig durcheinandergehen. Die Rückblenden, die Jemmicos Werdegang erzählen, waren mein Beitrag zur Figur.

    Meine andere Lieblingsfigur war Leyle, die mehr oder weniger wider Willen in diesen Strudel von Abenteuern gezogen wird und sich mehr als einmal einen Narren dafür schimpft. Ansonsten hat es großen Spaß gemacht, mehr über das Sonnensystem zu lernen: etwa die Umweltbedingungen auf der Venus zu recherchieren oder auch die hypothetische Umlaufdauer Vulkans auszurechnen.

    1. Ich bin beeindruckt! Vielen Dank für den langen Kommentar.
      Ich habe das auch gemerkt, wie viel Mühe du in die Figuren gesteckt hast, deshalb habe ich ja auch geschrieben, dass du dein Bestes getan hast.
      Ich wusste bisher nicht, was ich mit der Figur des Jemmico anfangen sollte, dein Roman hat das geändert. Er ist mir wirklich nähergekommen, das ziehe ich als positives Element aus dem Roman. Ich fand es auch überzeugend, wie überrascht er war, dass seine Härte bei der Kommandantin auf so fruchtbaren Boden gefallen ist. Wie gesagt, dieser Teil des Romans hat mir gut gefallen. Der andere hat mich deshalb frustriert, als dass ich am Ende wieder ohne Ergebnis da stand. Diese Rhodanebene wirkt Staffelübergreifend auf mich irgendwie ziellos. Ich wünschte, da würden endlich mal Nägel mit Köpfen gemacht. Mir zieht sich das zu lange hin. Aber das ist halt Geschmackssache.
      Nochmals Danke für die Erklärungen!

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