Interstellarer Wirrwarr

PicStreet-InterstellarWenn man zu viele Botschaften in eine Geschichte packt, dann macht das meist mehr kaputt, als gut für sie ist. Genau dieses Gefühl hatte ich bei „Interstellar“, den wir uns gestern auf Blu-ray angesehen haben. Der Film ist nicht schlecht, hat aber nicht die Qualität, die ich mir erhofft hatte.

Eigentlich wollten wir den Film im Herbst im Kino anschauen, leider war der Streifen schneller aus den Kinos raus, als man Popcorn sagen kann. Seit gestern weiß ich auch warum. Der Film ist modernes intelligent gemachtes Kino, das Mitdenken erfordert und eben nicht der übliche SF-Action-Popcorn-Kinofilm, den die meisten Zuschauer erwarten. Er ist eine Mischung aus „2001-Odyssee im Weltraum“ und „Contact“, wobei er jedoch an die Qualität beider Filme nicht heranreicht. Das liegt weder an der Idee noch an den Effekten, auch nicht an dem phänomenalen Soundtrack, es liegt daran, dass sich die Geschichte in zu vielen Botschaften verzettelt. Da werden szenenlang Diskussionen geführt und viele unterschiedliche Probleme gewälzt, das Hauptproblem aber, die Vernichtung der irdischen Ressourcen und die Gründe der sich verändernde Umwelt werden nur beiläufig angesprochen. Hier wäre die Reduktion auf ein Thema besser gewesen. Eine gestraffte Handlung hätte den Film zwar kürzer gemacht, ihm aber besser getan. Außerdem ist der Plot, um das sich selbst erfüllenden Paradoxon, schon früh vorhersagbar.

Mir fehlte an „Interstellar“ das überraschende Element und auch ein bisschen die Vision. Einerseits können die Menschen der Zukunft Habitate im All bauen, aber die Geräte im Krankenhaus sehen aus wie heute. Genauso wie der Umgang mit der zerstörten Umwelt: Die Atmosphäre ist verpestet, aber die Autos fahren immer noch mit Benzin und in den Büros der NASA trinkt man Kaffee aus Pappbechern. Auch das Monokulturen keine dauerhafte Lösung sind, weiß man heute schon.
Was mir besonders negativ aufgefallen ist, ist die stark amerikanisierte Sichtweise. Wie es scheint, sind es in der gezeigten Zukunft nur die Amerikaner, die etwas tun. Ein solches Projekt, wie es im Film dargestellt wird, kann aber nur in einem globalen miteinander funktionieren.

Es gab auch viel Positives. Witzig und irgendwie treffend fand ich die Stelle, in der die Lehrerin dem Vater erklärt, dass die Mondlandungen in den 60ern nie wirklich stattgefunden haben. Das war ein Seitenhieb auf das amerikanische Schulsystem. Klasse!
Gut finde ich auch, dass der Film vor allem mit den Niederungen des menschlichen Charakters spielt. Ob es der Wissenschaftler Dr. Mann ist oder der Astronaut und Familienvater Cooper, jeder ist am Ende doch nur ein Mensch mit Fehlern. Auch die Aussage, das Emotionen wie Liebe die Zeitschranke überwinden können, macht den Film besonders.
Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus, haben sich die Macher um Regisseur Christopher Nolan sehr viel Mühe gegeben, obwohl ich bei manchen Szenen doch den Kopf schütteln musste. Allein die Besiedelung eines Planeten in Erwägung zu ziehen, der sich in so großer Nähe zu einer Singularität befindet, war Unsinn. Die Gezeitenkräfte, die an einem solchen Objekt zerren, verbieten eine Besiedelung schon in der Theorie, was sich dann in der Realität auch so herausgestellt hat. Auch das Eintauchen in das Schwarze Loch gegen Ende des Films ist ein wenig fragwürdig, wenn auch schwer zu beweisen, weshalb ich mich dazu nicht weiter äußern möchte.
Gestört hat mich die wechselnde Aussage, wohin das Wurmloch führt: Einmal hieß es in eine andere Galaxie, dann wieder an den Rand unserer Galaxis. Ich muss mir dazu unbedingt mal die Originalfassung ansehen.

Die Theorie allerdings, dass es die Menschen selbst sind, die sich zu fünfdimensionalen Wesen entwickelt haben und nun versuchen ihre Vorfahren und damit sich selbst zu retten, finde ich grandios, kann aber angesichts der derzeitigen Situation auf unserer Welt nicht wirklich dran glauben.

Mein Fazit: Interstellar ist ein Film, der zu viel wollte und gerade deshalb nicht das geworden ist, was er hätte sein können. Durch die beeindruckenden Bilder und die Musik von Hans Zimmer, ist er dennoch sehenswert.