Hinter dem Gartenzaun

Quelle: Amazon

Die Serie lief in den neunziger Jahren vor »Star Trek: The next Generation« auf Sat 1. Daher kannte ich sie, auch wenn ich damals wahrscheinlich nicht alle Folgen gesehen habe. Ich erinnerte mich gern an die skurrile Mischung aus Krimi-, Gerichts- und Familienserie. Erst später wurde mir bewusst, das sie von David E. Kelley, dem gleichen Serienmacher war, der »Ally McBeal« und »Bosten Legal« geschaffen hat.

Für diejenigen, die die Serien nicht kennen. »Picket Fences – Tatort Gartenzaun« spielt in der Kleinstadt Rome in Wisconsin. Porträtiert wird die Familie von Sheriff Brock (gespielt von Tom Skerrit) sowie einige weitere Bewohner der Stadt. Gezeigt wird, wie traditionelle konservative Werte auf die Offenheit der modernen Neunziger treffen. Anhand von Kriminalfällen, Prozessen und Auseinandersetzungen innerhalb der Familien bekommt man ein Bild von den Menschen in den ländlichen Regionen der Vereinigten Staaten mit all ihren Vorurteilen und Sorgen.

Lange gab es die Serie nicht auf DVD zu kaufen. Da waren wohl ein paar Dinge bezüglich der Musikrechte ungeklärt. Inzwischen ist die Serie längst auf DVD erschienen und stand eine Weile bei uns im Regal. Innerhalb eines guten Jahres habe wir sie uns komplett angesehen und sind immer noch positiv gestimmt.

Die komplexen Fragestellungen, die in der Serie behandelt werden, sind überraschend aktuell für eine fast 30 Jahre alte Serie und lassen einen mitunter nachdenklich zurück. Das ist noch intelligentes Fernsehen, das seine Zuschauer ernst nimmt und keine Angst hat, unbequeme Wahrheiten anzusprechen. Von Mord, Totschlag, Vergewaltigung, über UFO-Glauben bis hin zur Leihmutterschaft und Transsexualität, immer werden alle Seiten der Medaille beleuchtet. Auf jedes Argument folgt ein Gegenargument und stellt die Blickwinkel aller Beteiligten dar. Derjenige, der meist darüber entscheiden muss, ist Richter Bone – glänzend gespielt von Ray Walston alias Gärtner Boothby aus TNG. In seiner Haut hätte ich bei einigen Fällen nicht stecken wollen.

David E. Kelley hat ein Händchen für ungewöhnliche Figuren und geschliffene Dialoge. Man merkt ihm das Jurastudium an, wenn sich Richter Bone mit Anwalt Douglas Wambaugh vor Gericht fetzt. Dass er auch einen Blick fürs menschliche hat, beweist er in dieser Serien durch die Beziehungen zwischen den Figuren, besonders die der Brocks, die damals schon als Patchwork-Familie angelegt war. Bis zur dritten Staffel hat er jede Folge selbst geschrieben.  In der Vierten musste er aus zeitlichen Gründen an andere Autoren abgeben und das merkt man leider. Die Folgen, in denen es vor Gericht ging, wurden weniger und es wurde mehr Augenmerk auf die Lebensgeschichten der Charakteren gelegt. Nichtsdestotrotz ist »Picket Fences« auch nach 30 Jahren ein sehenswertes Stück Fernsehen, das heute noch genauso aktuell ist, vor allem weil es nicht nur schwarz und weiß, sondern alle Nuancen von Grau zeigt und jedem Argument Gehör schenkt.

Durchmischte 5. Staffel

Quelle: Filmstarts.de

»The Expanse« ist unbestritten eine der besten SF-Serien der letzten zehn Jahre. Keine andere Serie verknüpft spannende Geschichten, starke Charaktere und visuelle Effekte so genial miteinander. Es mag daran liegen, dass die Geschichte auf einer literarische Vorlage basiert. Dabei weicht die Serienhandlung mal mehr oder weniger von den Originalromanen ab. Die Serienproduzenten beweisen ein Gespür für Charaktere und Spannungsbogen. Daher ist es kaum verwunderlich, dass die Serie nach ihrer Absetzung auf Syfy bei Amazon Prime ein neues Zuhause gefunden hat. Der Amazongründer Jeff Bezos persönlich hatte sich für die Serie eingesetzt.

In den vergangenen Wochen lief nun die fünfte Staffel. Wir haben uns gestern das Staffelfinale angesehen. Die erste Hälfte der Staffel hatte einige richtig tolle Folgen. Da saß man mitunter nägelkauend vor dem Fernseher und war enttäuscht, als die Folge zu Ende war. Überraschend war, wie viele verschiedenen Handlungsstränge in den Einzelepisoden erzählt wurden, die innerhalb der Folge nicht aufgelöst wurden. In der zweiten Hälfte konzentrierte sich die Handlung dann meiner Meinung nach zu sehr auf eine Hauptfigur. Das hat der Spannung geschadet. Entweder hat die Schauspielerin, Dominique Tipper, Fans in der Produzentenriege, oder sie hat die Produzenten unter Druck gesetzt. Jedenfalls ging es gefühlt fast nur noch um Naomi Nagata. Dabei fiel mir auf, dass die Figur öfter »out of character« agierte, wie man so schön sagt. Normalerweise kennt man Naomi als taff und beherrscht. Sie ist Technikerin und ließ sich bisher kaum von Gefühlen leiten. In dieser Staffel traf sie nicht nur ein paar fragwürdige Entscheidungen, sondern agierte zudem noch weinerlich und schwach. Es sah fast so aus, als wolle sie Michael Burnham aus »Star Trek: Discovery« Konkurrenz machen. Es ist schon sehr offensichtlich, wie ähnlich sich beide Charaktere sehen. Da beugten sich die Verantwortlichen der derzeitigen Diversitätsdebatte. Ich finde, das  »The Expanse« dies eigentlich nicht nötig hatte, weil die Charaktere an sich sehr ausgewogen sind.

Zurück zur Staffelhandlung. Durch die Zeit, die man mit Naomi vergeudete, blieben für die letzte Folge so viele Handlungsfäden offen, dass ich mich fragte, wie sie das eigentlich alles auflösen wollen. Es überraschte mich, dass sich auch die letzte Folge fast zur Hälfte um Naomi drehte, während die anderen kaum in Aktion traten, allen voran Alex und Bobby. Die beiden Marsianer bekam am wenigsten Sendezeit. Dabei war ihre Geschichte um die Aufdeckung einer Verschwörung innerhalb der Marsregierung spannend genug, um mehr Raum einzunehmen. Auch James Holden, sowie Amos Burton und Clarissa Mao kamen in der letzten Folge zu wenig zum Zug. Entsprechend hektisch verliefen die letzten Minuten, in denen so viel passiert, dass man es locker in einer weiteren Episode hätte erzählen können. Das fand ich sehr schade.

Noch mehr bedauere ich aber den Serientod von Alex Kamal. Der Schauspieler wurde aus der Serie geschrieben, weil gegen ihn Vorwürfe wegen sexueller Belästigung vorliegen. Die Vorwürfe kamen im Sommer 2020 auf und konnten trotz offizieller Untersuchung bisher nicht nachgewiesen werden. Ich sehe das kritisch, wie leicht kann man heute in den sozialen Medien denunziert werden, obwohl man unschuldig ist. Ich werde den Charakter jedenfalls vermissen.

Meine absolute Lieblingsfigur in der Serie ist allerdings Chrisjen Avasarala. Die Generalsekretärin der Vereinten Nationen hat sich über die ganzen Serie hinweg von der skrupellosen Politikerin zu einer weitsichtigen Anführerin gewandelt. Sie entspricht keinem der sonstigen Klischees, ist unberechenbar und trägt immer so tolle Klamotten.

Eine sechste Staffel ist angekündigt, gleichzeitig soll es die letzte Staffel sein, obwohl es neun Romane gibt. Band 9 ist gerade erschien. Aber bekanntlich soll man aufhören, wenn es am Schönsten ist.

Auch wenn die Staffel nicht hundertprozentig perfekt war. »The Expanse« beweist, dass man vor allem eine gute Geschichte braucht, um erfolgreich zu sein, dass innere Logik und Glaubwürdigkeit die Erfolgsgaranten für eine Fernsehserie sind. Verglichen mit »The Expanse« ist »Star Trek: Discovery« billiger belangloser Abklatsch. Dies tut um so mehr weh, als das der Executive Producer und Autor mehrerer Folgen von »The Expanse« – Naren Shankar – einst für TNG und DS9 geschrieben hat.

Ich finde übrigens die Veröffentlichungsweise von Amazon Prime gut, nämlich nur eine Folge pro Woche, wie es früher immer war. Da erhält man sich die Spannung und genießt die Serie umso mehr.