Jäger und Gejagte

Quelle: Perrypedia

PERRY RHODAN NEO Band 304 – »Amtraniks Zorn« von Rüdiger Schäfer

Auf Protektor Reginald Bull und Administratorin Stella Michellsen wird ein Anschlag verübt, bei dem mehrere Unschuldige sterben. Der Protektor und seine Frau ziehen sich daraufhin aus der Politik und der Öffentlichkeit zurück und fliegen mit einer Privatjacht in ein 200 Lichtjahre entferntes Raumgebiet in dem zwei Kreuzer der Terranischen Flotte verschollen sind. Eines davon ist die RADIANCE. Sie gehörte zu den 2500 Schiffen, die während der Versetzung von Erde und Mond beim Projekt Laurin vor zehn Jahren verloren ging.
Das Schiff von Bull und Michelsen wird von einem fremden Raumer angegriffen und stürzt auf einer Dschungelwelt ab. Dort stoßen die beiden auf die Überlebenden der RADIANCE und der CONRAD DERINGHOUSE. Letztere war der RADIANCE vor sieben Monaten nach einem Notruf zu Hilfe geeilt und galt seitdem ebenfalls als verschollen. Ein Außerirdischer mit dem Namen Amtranik hat die Schiffe aufgebracht, ihre Besatzungen auf dem Planeten ausgesetzt und nutzt sie nun für Jagdzwecke. Er spielt mit den Menschen wie ein Raubtier mit seiner Beute. Ein großer Teil der Besatzung beider Schiffe wurde bereits von ihm getötet.

Bull ist so erbost darüber, dass er Amtranik den Krieg erklärt. Er tüftelt einen Plan aus, um den überlegenen Gegner zu besiegen. Das Unmögliche gelingt und Amtranik zeigt sich ehrenhaft und lässt die Menschen mit der ausgeschlachteten CONRAD DERINGHOUSE ins Solsystem zurückkehren.

Ich weiß nicht so recht, was ich von dem Roman halten soll. Einerseits reißt er mich aus der Staffelhandlung, die ohnehin bisher eher gemächlich dahindümpelt, andererseits finde ich es wichtig zu wissen, was auf Terra passiert. Dass aber der Protektor der Terranischen Union und die Administratorin derselben einfach mal so in ihrem Urlaub losziehen, um ein verschollenes Raumschiff zu suchen, wie einen versunkenen Schatz, und das ohne Sicherheitsleute oder zumindest einem Kampfroboter als Begleitung … nun, ja, das ist schwer zu schlucken.

Dass auf dieser Reise etwas schiefgeht, war im Voraus zu erwarten. Es hat den Anschein, als wollten die Regierenden auf der Erde die beiden nach dem Attentat loswerden. Die politische Lage und das Attentat sind sehr spannend geschildert und bilden einen guten Auftakt. Dann jedoch füllt Rüdiger Schäfer zu viele und lange Passagen mit Exposition. Ein bisschen mehr »show« anstatt »tell« hätte der Geschichte gut getan. Die Beziehung der beiden ist zwar glaubhaft, bedient sich aber bisweilen zu vieler Klischees. Insbesondere während des Finales, als Bull Amtranik besiegt.

Die 2500 Raumschiffe, die während des Projektes Laurin verschwunden sind, wurden zwar immer mal wieder erwähnt, aber man hatte nie das Gefühl, dass es die Terraner großartig juckt, was aus den Schiffen geworden ist. Klar kam die Besatzung durch Leticron dazwischen, aber spätestens nach der Rückkehr der SOL hätte diese Mission ganz oben auf der Liste stehen müssen. 2500 Schiffe, sind ein Potenzial, bei dem es sich die TU nicht leisten kann, es zu vergeuden.

Amtranik wird in Prolog und Epilog sehr gut charakterisiert. Ich hätte mir gewünscht noch weitere Kapitel aus seiner Perspektive zu lesen. Dafür hätte der Autor einige Gedankengänge von Michelsen und Bull weglassen können. Ich will nicht immer detailliert wissen, was der Protagonist gerade über das oder jenes denkt, vor allem nicht während einer Kampfsituation. Das mag in solchen Situationen tatsächlich passieren, aber es stört massiv den Lesefluss. Zumal Bull vieles bereits auf ähnliche Weise mit Autuum Legacy durchgemacht hat, was er jetzt wieder mit Stella erlebt. Dagegen sehen wir Amtranik nur als gewalttätigen Mörder, der seine Beute mit Freude in den Tod hetzt. Das passte nicht zu der differenzierten Darstellung aus dem Prolog und dem Epilog.

Die Szenen auf den Dschungelplaneten fand ich allesamt sehr beklemmend. Die Hoffnungslosigkeit der Menschen, die dort schon seit Jahren unter widrigen Umständen hausen. Man mag sich das kaum vorstellen, dass sie nach wie vor eine intakte Gemeinschaft bilden. Ein gemeinsamer Feind verbindet offenbar. Diese düstere und fast depressive Stimmung war schon im vorangegangenen Roman von Rainer Schorm zu spüren. Stecken die beiden Exposé-Autoren in einem Tief? Setzt ihnen die schlechte Stimmung in Politik und Gesellschaft so sehr zu, dass ihnen die Freude am Schreiben abhanden gekommen ist? Ich wünsche mir wieder mal einen heiteren Roman, eine Geschichte, die weniger tiefsinnig ist. Die Realität ist gerade betrüblich genug, da muss ich das nicht noch bei meiner Lektüre lesen.

»Amtraniks Zorn« wirft einen Blick auf die Situation im Solsystem und führt eine Figur ein, die hoffentlich noch wichtig werden wird. Die Autoren der NEO-Serie bedienen sich hier erneut Namen und Figuren aus der Erstauflage und interpretieren diese neu. Schauen wir mal, was daraus wird.

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