Wenn wir in ein paar Jahren auf unsere jetzige Gegenwart zurückblicken, werden wir die Jahre 2020 und 2021 vielleicht als die »leeren Jahre« bezeichnen.
Wir werden uns erinnern an ereignislose Wochen und Monate, an Tage durch die wir uns wie Kaugummi gequält haben. Wohl dem der ein Haustier hatte, das seine Aufmerksamkeit verlangte und ihn von dem täglichen Einerlei ablenkte. Jene, die nicht im Homeoffice arbeiteten, konnten zumindest zeitweise den eigenen vier Wänden entfliehen, um zur Arbeit zu gehen. Doch auch hier war es so, dass man abends nach Hause kam und wie mit Pattex angeklebt auf der Couch saß. Die Nachrichten des Tages ignorierend, sich in einen Film oder eine Serie flüchtend oder in ein Buch. Nur um am nächsten Morgen aufzustehen, zur Arbeit zu gehen, im Strom mitzuschwimmen und doch froh zu sein, wenn abends die Haustür hinter einem wieder ins Schloss fiel. Jeden Tag der gleiche Trott ohne Abwechslung, gefangen in einer scheinbar stillstehenden Zeit ohne Hoffnung auf Änderung. Man fühlte sich wie ein Wartender. Warten auf Was: darauf das Sommer würde, darauf das die Zahlen sinken? Von denen man nie genau wusste, ob sie das abbildeten, was tatsächlich draußen vorging. Warten auf die Impfung oder auf den den Tag X, an dem alles vorbei sein würde?
Die Ereignislosigkeit manifestierte sich je länger sie anhielt. Man reduzierte Kontakte, erst erzwungen, später freiwillig. Man wollte am liebsten nichts mehr mit der Welt da draußen zu tun haben. Man begann sie zu verabscheuen, die Welt, die Menschen, alles was man früher getan hat und was man selbst einmal gewesen war. Man schloss sich ein in sein geschrumpftes Universum und ließ andere nur hin und wieder durch die Kamera an seinem Computer am eigenen Leben teilhaben. Vorfreude und frohe Erwartungen wurden gänzlich ausgelöscht und machten Resignation und Verbitterung Platz.
Wenn ich über diese Jahre eines sagen kann, dann das: Ich habe überlebt, aber ich habe nicht gelebt.