Biografie des Bösen

Quelle: Perrypedia

PERRY RHODAN NEO Band 244 – »Iratio« von Rüdiger Schäfer

Die Lebensgeschichte von Iratio Hondro beginnt in Quito Ecuador. Der Sohn eines Trinkers flüchtet mit acht Jahren auf die Straße und gerät an ein Drogenkartell, dem er lange Zeit dient und wo er es bis fast an die Spitze schafft. Doch dann wird er von seinem besten Freund und Adjutanten verraten, an dem er sich bitter rächt.
Er übernimmt für die »Firma« einen Job in Brasilien, dort lernt er Froser Chaselle und dessen Schwester Fee kennen. Iratio verliebt sich in sie schöne junge Frau. Nachdem seine Geschäfte in Brasilien auffliegen und er im Gefängnis landet, folgt er Fees Rat sich für das »Variable Genome Project« der Terranischen Union zu bewerben. Er wird begnadigt und auf Mimas einer genetische Umwandlung unterzogen. Als das zunächst nicht reibungslos funktioniert und dies aufzufliegen droht, tötet er die Ärztin, Frosers Ehefrau, um im Programm bleiben zu dürfen. Iratio will unbedingt Fee heiraten und mit ihr nach Plophos gehen, was ihm auch gelingt.
Auf Plophos steigt er in der Hierarchie schnell auf, bis er herausfindet, dass der Obmann von Plophos ein Verhältnis mit Fee hat. Er inszeniert einen Gleiterunfall bei dem beide sterben. Anschließend gibt er sich als trauernder Witwer aus, damit die Leute ihn zum neuen Obmann wählen. Doch die Kolonie schwächelt wirtschaftlich und gesellschaftlich. Um das drohende Scheitern der Kolonie zu verhindern, geht Hondro eine Verbindung mit dem Geminga-Kartell ein. Nachdem seine Regierungsmitarbeiter das herausbekommen, wird er des Amtes enthoben und verurteilt.
Er flüchtet nach Olymp und schließt sich dem Kartell an. Doch dessen Mitglieder halten Hondro für ein zu heißes Eisen und versuchen ihn auf einem unbewohnten Planeten auszusetzen. Dort wird er mit Dunkelleben infiziert und erlangt die Fähigkeit Menschen mittels seines Willes zu kontrollieren. Er übernimmt die Besatzung eines Raumschiffes und lässt sich auf Olymp nieder.
Doch nach und nach laugen ihn seine Fähigkeiten immer mehr aus. Da erreicht ihn ein innerer Ruf, er möge sich zur chinesischen Kolonie begeben. Auf dem Planeten im Denebsystem trifft er in einer Grotte auf einen Ableger der Wesenheit Tihit, die ihn stärkt und zu ihrem Anker im Einsteinraum macht.

Warum die PERRY RHODAN-Redaktion den Roman mit einem Trigger-Hinweis versehen wollte und hervorhebt, dass der Roman mehr Brutalität und Gewalt enthält als üblich, kann ich nicht nachvollziehen. Es hätte mich aber beinahe dazu gebracht, den Roman nicht zu lesen. Allein als ich zum ersten Mal den Titel las, war ich eigentlich schon bedient. Schon wieder Iratio Hondro! Ich war so froh gewesen, dass er im vorherigen Roman keine Rolle gespielt hatte und jetzt gleich ein ganzer Roman über ihn. Dann noch die Sache mit der Gewalt … Ich hatte ehrlich gesagt keine große Lust auf das Buch, obwohl ich die Romane von Rüdiger Schäfer sehr schätze. Also habe ich den Autor angeschrieben und ihm meine Befürchtungen mitgeteilt. Er schickte mir kurzerhand den Ausschnitt eines Leserbriefs, den er erhalten hatte. Die euphorische Aussage des Fans, stachelte mich an. Sollte der Roman wirklich so gut sein, dass ich eventuell gar etwas verpasse?

Machen wir es kurz. Ja, er ist gut, sehr gut sogar. Die Biografie eines Bösewichts ist spannend und vor allem nachvollziehbar geschrieben. Ich ertappte mich dabei, mit dem Charakter mitzufühlen. Der Autor bemüht sich zu zeigen das auch Mitte des einundzwanzigsten Jahrhundert die Erde noch nicht das Paradis ist, für das wir sie gern halten möchten, da wir sie meist nur durch die Augen von Perry Rhodan und seinen Freunden sehen. Hier eröffnet uns der Autor einen Blick auf die Schattenseiten der jungen vereinten Erde, auf Drogenhandel und Korruption, auf Armut und Diskriminierung. Das ist realitätsnah und bedrückend geschildert. In der ersten Hälfte des Romans glaubt man einen Mafia-Roman zu lesen. Iratios Leben als Kind innerhalb eines Drogenkartells wird sehr plastisch erzählt. Hier und da auch mit Gewaltdarstellungen, aber nie im übertriebenen splatterhaftem Maße. Da gab es schon weitaus schlimmere Romane.

Die zweite Hälfte des Romans dient dazu, verschiedene Fäden aus den vorangegangenen Staffeln zusammenzuführen. Das ist eher der schwächere Teil. Denn es wird vieles wiederholt, was man als NEO-Leser schon weiß. Es wird allerdings in den richtigen Zusammenhang gebracht und man versteht Hondros Handeln besser. Der Part, wie er mit dem Dunkelleben infiziert und zum Anker von Tihit wird, wirkt zugegeben etwas konstruiert. Die letzten Kapitel bestehen weniger aus Handlung und mehr aus Erklärungen, dies war sicher der Länge des Romans geschuldet. Ich hätte mir hier weniger Wiederholungen gewünscht und mehr echte Dialoge.

Alles in allem ist der Roman nicht so schlimm, wie ich anhand der Aussagen befürchtet habe. Insofern bin ich froh, dass mich der Autor überzeugen konnte, doch mal einen Blick zu riskieren. Rüdiger Schäfer ist inzwischen bekannt für starke Charakterromane. Mit »Iratio« hat er zum ersten Mal die Biografie eines Bösewichts geliefert. Das ist lesenswert und berührend. Ich bin aber trotzdem froh, wenn das Thema Dunkelleben und Iratio Hondro am Ende der Staffel endlich auserwählt ist.