Überleben auf dem Mars

»Der Marsianer« von Andy Weir

Andy Weir hat mir den Glauben zurückgegeben … den Glauben daran, dass man als unbekannter Autor erfolgreich sein kann. Vom Hobby-Schreiber zum Bestseller-Autor, dessen Buch von Hollywood verfilmt wird und das auch noch im Genre Science Fiction. Welcher Autor träumt nicht davon? Klar, Andy Weir ist Amerikaner, in den USA hat der Beruf eines Genre-Autors ein höheres Ansehen als in Deutschland. Trotzdem hofft jeder, der schreibt, dass er irgendwann den Bestseller abliefert.

Dabei sah es bei dem Softwareentwickler zunächst nicht danach aus. Die Verlage lehnten das Manuskript ab. Er veröffentlichte die Geschichte deshalb zunächst auf seinem Blog. Schließlich bot ausgerechnet der Branchenriese AMAZON, ihm wie anderen Freizeitautoren die Möglichkeit seinen Roman im Kindle-Store anzubieten.

Die Kindle-Edition verkaufte sich so erfolgreich, dass Verleger darauf aufmerksam wurden und das Manuskript schließlich für einen 6-stelligen Betrag kauften. Das beweist wieder, welche Chancen der E-Book Markt einem unbekannten Autor eröffnen kann und mit welcher Ignoranz etablierte Verlage am Leser vorbei wirtschaften. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA.

Auch ich musste zunächst tief durchatmen, nachdem ich die Lektüre von »Der Marianer« beendet hatte. Die Geschichte ist fesselnd bis zum letzten Satz.

Der Astronaut Mark Watney wird bei einem Missionsabbruch versehentlich auf dem Mars zurückgelassen und versucht unter allen Umständen zu überleben.
Der Mars ist ein äußerst lebensfeindlicher Ort, man kann dort viele Tode sterben. Watney kommt mehr als nur einmal haarscharf mit dem Leben davon. Was ihm hilft, ist sein unbändiger Wille zum Überleben, sein wissenschaftliches Verständnis und ein Improvisationstalent, wie es nur wenige Menschen besitzen.
Unterbrochen wird die Erzählung immer wieder von den Reaktionen der NASA-Verantwortlichen auf der Erde und der Rettungsmission seiner Astronauten-Kollegen. Gemeinsam mit dem Gestrandeten versuchen sie ihn, zur Erde zurückzubringen.

Andy Weirs Erzählung, als Logbucheinträge in der Ich-Perspektive verfasst, ist so lebensnah, das sie mich sofort mitgerissen hat. Das ist die Stärke des Buchs. Sein Held Watney zaubert eine Idee nach der anderen aus dem Hut, einige funktionieren, manche scheitern an leichtsinnigen Fehlern. Man lernt als Leser viel über wissenschaftliche Zusammenhänge, während die Beschreibungen der technischen Vorgänge stets nachvollziehbar bleiben. Watneys Risikobereitschaft ist so erfrischend im Vergleich zum Kontrollzwang der NASA, dass dieser Teil sehr amüsant ist.

Ich will ehrlich sein, der Text ist nicht vollkommen perfekt. Die Szenen auf der Erde und an Bord des Marsraumschiffs schwächeln gegenüber Watneys ausgefallenen Logbuchberichten. Die Handlung auf der Erde besteht fast nur aus Dialogen. Da hätte ein bisschen mehr Figurenbeschreibung notgetan, denn ich hatte Schwierigkeiten die handelnden Charaktere zu unterscheiden.

Viele der Szenen leiden unter mangelnder Beschreibung. Ich gewann nur ein verwaschenes Bild von den Umständen auf dem Mars, z. B. wie die Wohnkuppel aussieht, oder das Raumschiff.

Zum Glück gibt es zum Buch eine Verfilmung. Der Film (produziert von Ridley Scott) hilft dabei, die Schwächen des Romans auszubügeln vor allem die Visualisierungen. Die Marsoberfläche, die Wohnkuppel sowie das Kontrollzentrum der NASA, all die Dinge werden durch den Film lebendiger und fassbarer. Überhaupt wirken die Szenen auf der Erde durch Gesten und den Ausdruck in den Gesichtern der Schauspieler gelungener.

Schwächen hat der Film genau da, wo das Buch Stärken hat. Mark Watneys Versuche zu überleben, die Basteleien, die technischen Probleme, mit denen er kämpft, all die Widrigkeiten und vor allem seine Einsamkeit kommen im Film nicht so rüber wie im Buch. Dazu fehlen zu viele der guten und wichtigen Szenen.

Was ebenfalls verloren geht, ist die Sprache. Watney nimmt in den Logbucheinträgen kein Blatt vor den Mund. Das wird im Film zwar angedeutet, steht aber, wahrscheinlich aus Rücksicht vor dem amerikanischen Kinopublikum, in keinem Vergleich zur Direktheit seiner Äußerungen im Text, die ihn gerade deshalb so authentisch machen.

Um die Geschichte in ihrer Vollendung zu erleben, sollte man sowohl den Roman gelesen, als auch den Film gesehen haben. Erst beides zusammen ergibt ein homogenes Ganzes. Wobei ich vorschlagen würde, erst den Film anzusehen und dann das Buch zu lesen. Denn »Der Marsianer« ist eines der spannendsten Bücher, die ich je gelesen habe und unbedingt zu empfehlen, nicht nur, wenn man zum Mars fliegen will.

Es erinnert mich daran, dass man als Autor niemals aufgeben sollte.

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