Überraschung zum Advent

In den nächsten Tagen dreht sich in meinem Blog alles um Bücher und Literatur. In diesem Jahr habe ich mir für die Adventszeit etwas Besonderes ausgedacht. Bis zum 24. Dezember öffne ich jeden Tag das virtuelle Türchen eines Adventskalenders.

Adventskalender begleiten mich seit jeher durch den Advent. Schon als Kind hatte ich jedes Jahr mindestens einen. Oftmals bastelte ich welche für mich oder für Freunde. Insofern sind Weihnachtskalender eine ebensolche Leidenschaft für mich wie das Schreiben für meinen Blog. Warum nicht das Schöne mit dem Nützlichen verbinden, denn ein Blog ist geradezu prädestiniert für einen Adventskalender.

Bücher begleiten uns durchs Leben. Diejenigen, die des Lesen mächtig sind und die Freude am Lesen haben, werden im Laufe ihres Lebens viele Bücher lesen, die sie inspirieren, die ihrem Leben eine neue Richtung verleihen oder die ihre Ansichten verändern. Bei mir war das nicht anders. Deshalb werde ich in den nächsten 24 Tagen all jene Bücher vorstellen, die mir wichtig sind, die mein Leben beeinflusst haben oder die mir in Erinnerung geblieben sind.

Da es enorm schwer war, aus den vielen Büchern, die ich bisher gelesen habe, 24 auszusuchen. So stehen beispielsweise mehr als 300 Star-Trek-Romane in meinem Regal, von PERRY RHODAN ganz zu schweigen. Auch von dem einen oder anderen Autor habe ich mehr als ein Buch gelesen. So beschränke ich mich auf ein Buch pro Autor oder Serie, auch wenn ich viel mehr gelesen habe.

Los gehts mit einem Buch, dass ich eigentlich gar nicht selbst gelesen habe. Zumindest nicht zu jener Zeit, denn da konnte ich noch nicht lesen.

Der unsichtbare Wert

Elektromonteur ist ein undankbarer Beruf. Unter den Kollegen kursiert der Spruch, dass man als Elektromonteur mit einem Bein im Grab und mit dem anderen im Gefängnis steht. So ganz verkehrt ist die Aussage nicht. Ein Fehler kann unter Umständen Leben kosten, das eigene oder das von anderen. Schlimm wird es, wenn man sich einerseits an die gültigen Normen und Bestimmungen halten soll, es aber auf der anderen Seite möglichst nichts kosten darf. Diese Diskussionen führe ich regelmäßig mit unseren Kunden.

Ich kann verstehen, wenn die Leute viel Geld für eine neugebaute Eigentumswohnung ausgeben und dann feststellen, dass sie für Sonderwünsche wie LAN-Verkabelung und Deckenspots nochmal viel Geld in die Hand nehmen müssen. Andererseits jedoch geben sie oft viele Euros für Parkett, Fliesen und Sanitär-Ausstattung aus. Da ist es okay, wenn es Geld kostet, aber bei jeder zusätzlichen Steckdose und besonders bei Deckenauslässen für Spots fangen sie an zu diskutieren. Das bringt mich jedes Mal auf die Palme.

Das zu jeder Steckdose, zu jedem Schalter und zu jeder Lampe auch ein entsprechendes Kabel gehört, das diese Kabel aus Kupfer sind und das zu jedem Schaltkreis auch eine Sicherung im Verteilerkasten vorgesehen werden muss, sehen diese Leute nicht. Die Kabel verbergen sich in der Decke und hinter der Wand, und müssen dort von den Monteuren in schwerer Handarbeit eingelegt werden. Dass die Jungs bei Hitze oder strömenden Regen auf den Decken stehen und Leerrohre verziehen müssen, damit die Bewohner später das Licht einschalten können, scheint keiner im Blick zu haben. Es ist den meisten Leuten auch nicht zu vermitteln.

Noch schwerer ist es aber vermittelbar, dass sie sich möglichst frühzeitig festlegen müssen, wo sie eine Lampe, einen Schalter oder eine Steckdose hinhaben möchten. »Das muss ich erst sehen, sonst kann ich mir das gar nicht vorstellen«, höre ich sehr oft. Leider kann man aber nicht erst das Haus bauen und dann die Stromkabel einziehen. Strom funktioniert nun mal über Kabel und die sollten möglichst in die Wände verlegt werden, bevor der Putz kommt. Manche scheinen zu glauben Schalter und Steckdosen funktionieren wie WLAN. Klar es gibt Funkschalter, aber die Leuchte braucht dennoch Strom aus dem Kabel. Der fließt noch nicht drahtlos, zum Glück.

Eschbach bei Mac & i

Ein lesenswertes Interview gibt es derzeit auf den Seiten von Heise.de. Andreas Eschbach erzählt über das Schreiben, über PERRY RHODAN und die Technologien der Gegenwart. Wie immer witzig, wortgewandt und klug.

Der Redaktion der »Mac & i« ist es sogar gelungen, den Autor zu einem Workshop über das Schreiben zu überreden. Der Artikel erschien zusammen mit anderen interessanten Workshops für Mac-Benutzer in einem Extraheft und ist überall erhältlich, wo es Zeitschrift gibt.

Die Zeitschrift kommt gerade recht. Wir haben uns nämlich einen neuen iMac zugelegt, weil für Windows 7 der Support ausläuft. ??? Die Geschichte erzähle ich ein anderes Mal.

Zurück zum Heft. Neben dem Schreib-Workshop interessieren mich vor allem die Workshops zur Affinity-Software. Deren neuestes Produkt, den »Publisher«, habe ich die vergangenen Wochen getestet. Vielleicht entdecke ich noch weitere Software-Features.

Ich weiß jedenfalls, was ich mir am Freitag in der Bahnhofsbuchhandlung besorge.

Neubeginn im Chaos

Quelle: Perrypedia

PERRY RHODAN-Mission SOL Band 11 – »NEUBEGINN« von Dietmar Schmidt

Ich hänge nach wie vor der Miniserie hinterher. Dieser Tage habe ich den vorletzten Band fertig gelesen.

Band 3, ebenfalls geschrieben von Dietmar Schmidt, hatte mich voll überzeugt, weshalb ich mich auf den zweiten Roman von ihm freute. Im Endeffekt war ich dann doch eher enttäuscht und ernüchtert. Mir wird in diesem Roman zu viel erklärt. Die Informationen hätte man gut und gerne über mehrere Romane verteilen können. Hin und wieder waren mir die Abläufe nicht schlüssig erläutert. Ich hatte das Gefühl, dass Szenen fehlten. Die Figuren können sich bei so viel Information auch nicht richtig entwickeln. Die ausgedehnte Raumschlacht war ebenfalls nicht so meins und das PERRY RHODAN-typische Technobabble störte mich dieses Mal massiv.

Positiv ist: es werden viele Fragen beantwortet. Der Expokrat hat sich Mühe gegeben, all die Ereignisse aus den Bänden zuvor zusammen zu führen. Vieles klang logisch, manches war mir zu weit hergeholt. Es fühlte sich eine Nummer zu groß an, für einen so engen Handlungsbogen wie den der Miniserie. Um das richtig zu würdigen, wäre meiner Meinung nach mehr Raum, sprich mehr Romane, notwendig gewesen. Dieses Kosmokraten- und Chaotarchen-Gedöns war mir persönlich zu abgehoben, ich bin kein Fan von solch extremen Konzepten. Manchmal ist weniger mehr.

Mahlia Meyun riss sich einigermaßen am Riemen. Ich hatte schon fast erwartet, dass sie den Typen meuchelt, der einen ihrer Mitstreiter ermordet hatte. Das sie es dann doch nicht tut, machte sie mir dennoch nicht sympathischer. Zwischen uns wird es sicher keine innige Freundschaft mehr werden.

Fazit: Dietmar Schmidt macht in dem Roman den »Erklärbär«, was sehr schade ist. Da er in Band 3 gezeigt hat, dass mehr in ihm steckt, als Fakten aneinander zu reihen und Chaotarchen-Technologie zu erklären.

Das Belohnungssystem Sozial Media

Immer wieder werde ich gefragt, warum ich nicht bei Facebook oder in anderen Sozialen Netzwerken bin. Man findet mich auch nicht bei WhatsApp.

Es gibt dafür viele gute Gründe. Zum einen, möchte ich den Konzernen nicht noch mehr Daten über mich schenken, als ich es ohnehin schon tue. Mit jedem Besuch im Netz hinterlässt man Fußabdrücke, die von Firmen wie Google oder Facebook zur Analyse genutzt bzw. verkauft werden. Das ist ein riesiges Geschäft, von dem wir, die wir die Daten liefern, nicht oder nur bedingt profitieren.

Auf der anderen Seite möchte ich die wenige Freizeit, die mir bleibt, sinnvoll nutzen und nicht in irgendwelchen digitalen Welten verbringen. Mit digitalen »Freunden«, die ich nicht kenne, die mich nicht kennen und die ich im richtigen Leben vielleicht gar nicht mögen würde. Das ist mir zu oberflächlich.

Ein weiterer Punkt, weswegen ich mich so vehement dagegenstemme, ist die Tatsache, dass ich die Sozialen Medien für ein gigantisches Psycho-Experiment halte. Hier werden Menschen mit perfiden Methoden manipuliert und zu Dingen getrieben, die sie sonst nie getan hätten. Ich wundere mich nicht mehr, über den ungezügelten Hass, der in den Foren und auf den Plattformen herrscht. Das ist nur eines der Auswirkungen, die uns Facebook und Co eingebracht haben.

Am schlimmsten finde ich das Belohnungssystem, durch Herzchen und Likes, an dem sich inzwischen sehr viele Leute finanziell bereichern. Damit wird gezielt eine Schwäche des Menschen für Geschäfte ausgenutzt – der Wunsch nach Anerkennung. Jeder freut sich über Lob und Anerkennung, im Internet ist diese Art Belohnung sehr einfach zu bekommen. Man postet ein Bild bei Instagram und bekommt Herzchen, man schreibt einen schlauen Satz bei Facebook und bekommt umgehend eine Reaktion mittels Likes oder vielleicht sogar einen Follower.

Wie sich diese Art der Instant-Belohnung auf Menschen mit schwachem Selbstbewusstsein auswirkt, kann man sich vorstellen. Unter Umständen posten diese Menschen viel mehr Dinge aus ihrem Privatleben, als gut für sie und ihre Umwelt ist. Sie checken dauernd, ob sie wieder neue Likes oder einen neuen Follower bekommen haben. Dadurch werde sie abgelenkt, abhängig und verbringen somit viel mehr Zeit im Internet.

Noch schlimmer wird es, wenn sie für diese Art Ruhm Geld ausgeben und sich Likes oder Follower kaufen. Denn die Anzahl an Likes und Follower bestimmt den Wert des persönlichen Accounts. Influenzer, also Menschen die von Firmen gesponsert werden, damit sie im Internet Werbung für deren Produkte machen, benötigen möglichst viele Follower, von denen sie viele Likes bekommen. Denen wird es irgendwann nicht mehr ausreichen, von echten Menschen gelobt zu werden und sie werden sich Follower kaufen. Also Fake-Accounts, die durch Botnetze erzeugt werden und die nicht von realen Personen stammen.

Welche Funktionalität dahinter steckt und wer alles daran verdient, las ich unlängst in einem spannenden Artikel auf Vice. Unter der Überschrift »Die Applausfabrik« beschreiben die Autoren der Nachrichtenseite, wie das Belohnungsystem von Facebook und Instagram funktioniert, wer daran beteiligt ist und welche illegalen Wege die Hacker ausnutzen, um Likes und Follower zu »produzieren«.

Übrigens hat Instagram vergangene Woche die Likes für angemeldete Nutzer ausgeblendet. Soll heißen, die Belohnung ist nicht mehr sichtbar, obwohl sie im Hintergrund weiter aufgezeichnet wird. Werden jetzt Millionen von Nutzern die Plattform verlassen? … Willkommen zur nächsten Phase des Psycho-Spiels.

Künstler in Not

Quelle: Perrypedia

PERRY RHODAN NEO Band 213 – »Der letzte Flug der KORRWAK« von Rainer Schorm

Die FANTASY folgt einem Notruf. Die Transition bringt sie in ein extrem aktives Doppelsternsystem, in dem ein havariertes Raumschiff droht, in eine der Sonnen zu stürzen. Obwohl die äußeren Bedingungen mehr als schwierig sind, schickt Perry Rhodan ein Außenteam unter der Führung von Mentro Kosum los, um eventuelle Überlebende der Besatzung zu retten.
Doch an Bord des Schiffes finden die Menschen nichts, außer der Nahrung der Besatzung, die an den Wänden und Böden wächst. Aber auch die ist am Absterben. Das liegt nicht nur an dem Sonnensturm, der das Schiff regelrecht brät, sondern vor allem am Dunkelleben. Die KORRWAK war auf dem Weg in ein Vimat, wie es die FANTASY in Band 212 entdeckt hat und die mit Dunkelleben infizierte Besatzung damit ohnehin zum Sterben verurteilt. Nach und nach verdichten sich die Hinweise, dass das Schiff attackiert und die Besatzung getötet wurde. Bestätigt bekommen das Mentro Kosum und seine Mitstreiter, als sich dem Außenteam der letzte Überlebende präsentiert. Woggrill ist als »Schwarzmieter« quasi ein blinder Passagier, der das Massaker überlebt hat.
Das Außenteam, durch einen Unfall dezimiert, macht sich auf den Rückweg zur FANTASY, als sie von einem Unsichtbaren angegriffen werden. Gucky soll den Retter spielen, um das Außenteam zurückzuholen. Mittels einer EMP-Waffe enttarnt er den Angreifer. Mit dem, was da zum Vorschein kommt, hat jedoch keiner der Anwesenden gerechnet.

Rainer Schorm lässt in diesem Roman seinem schrägen Humor freien Lauf. Die Szenen mit Woggrill dem Künstler sind nicht nur sprachlich bizarr, sondern auch von der Denkweise des Wesens. Ich hätte zwar nicht einen ganzen Roman in dem Stil lesen wollen, aber die paar Kapitel waren wirklich originell. Wobei mir anfangs nicht bewusst war, dass Woggrill und die Besatzung der KORRWAK einer Spezies angehören. Ich nahm an, dass er sich als fremde Lebensform eingeschlichen hat. Was daran liegen mag, dass man nicht viel über das Aussehen seiner Mitfahrer erfährt. Mit Woggrill ist dem Autor ein neues Meisterwerk in Sachen Charakter gelungen, der uns hoffentlich noch ein wenig länger erhalten bleibt.

Die erzählte Geschichte ist ohne Frage spannend. Ein echter Pageturner, den ich sehr schnell durchgelesen habe. Besonders fies ist der Cliffhanger am Ende, der den Leser ahnungslos zurücklässt. Zum Glück gab es bereits die Leseprobe zu Band 214 auf der PERRY RHODAN-Homepage. Ich hätte das sonst nicht ausgehalten.

Ein bisschen genervt haben mich die Diskussionen. Das Außenteam ist mehrfach in bedrohlichen Situationen. Das Terrain ist fremdartig und hochgefährlich. Unteranderem verlieren sie ein Mitglied (ausgerechnet die Frau) durch einen Strahlungseinbruch. Aber statt sich schleunigst auf den Rückweg zu machen, diskutieren sie ewig über die vorhandene Alientechnologie, ohne dabei ein Ergebnis zu erzielen. Ich dachte beim Lesen ständig: »Macht, dass ihr da rauskommt, dass könnt ihr an Bord der FANTASY noch diskutieren.«

Ärgerlich ist die Gedankenlosigkeit, mit der das Außenteam in der gefährlichen Situation agiert. Mich wundert, dass es nicht mehr Verluste gegeben hat. Da waren typische Redshirts unterwegs, deren Tod von Deringhouse und Rhodan kommentarlos abgetan wird. Das Team geht sehr unvorsichtig vor. Da werden die Raumanzüge innerhalb des Schiffs geöffnet, ohne das grundlegend gesichert ist, ob von der Atmosphäre eine Infektionsgefahr ausgeht. Außerdem ist das Schiff einer enormen Strahlenbelastung durch die beiden Sonnen ausgesetzt. Selbst das stärkste Material kann so ein Teilchenbombardement nicht vollständig abhalten. Die Anzüge des Außenteams müssen allein durch die Strahlung stark kontaminiert sein, vom Dunkelleben ganz zu schweigen. Und was macht Gucky … Er teleportiert sich und den panischen Oproner Merkosh direkt vom Schiff in die Zentrale der FANTASY. Das war nur einer meiner vielen Kopfschüttelmomente.

»Der letzte Flug der KORRWAK« besticht am meisten durch die ungewöhnliche Perspektive von Woggrill. Ich bin mir nicht sicher, ob der Humor alle Leser gleich erfreuen wird. Manche werden damit ihre Probleme haben. Rainer Schorm gibt sich viel Mühe die physikalischen Eigenheiten des Sonnensystems zu erklären und dann lässt er so elementare Dinge wie Strahlenkontamination außer acht. Das fand ich schade, weil der Roman ansonsten wirklich gut ist.

30 Jahre Mauerfall – Kulmbach Teil 2

Gegen halb sieben kamen wir in Kulmbach an. Es war dunkel, die Stadt schlief noch. Wir suchten einen Parkplatz und warteten bis es hell wurde. Dann erkundeten wir die Stadt. Bei der Kulmbacher Stadtsparkasse nahmen wir mit vielen anderen DDR-Bürgern die 100 DM Begrüßungsgeld in Empfang, die damals alle bekamen. Ein Stempel im Ausweis bezeugte, dass wir das Geld erhalten hatten. Anschließend bummelten wir durch die Fußgängerzone und staunten über das Warenangebot in den Geschäften.

Kulmbach ist bekanntlich die heimliche Hauptstadt des Bieres, weil es dort mehrere Brauereien gibt, damals noch mehr als heute. Daher stand vor der Stadthalle ein großer amerikanischer Truck mit dem Auflieger einer der großen Brauereien. Von dem wurde kostenlos Dosenbier und Gläser an die DDR-Bürger verteilt. In der Stadthalle selbst, fand eine Willkommensveranstaltungen statt, bei der es Essen und Trinken gab.

Als wir völlig überwältig und verwirrt hineingingen, wurden wir sehr herzlich von einem grauhaarigen Mann begrüßt. Der fragte, wo wir herkommen und ob wir schon unser Begrüßungsgeld geholt hätten. Er unterhielt sich eine ganze Weile sehr nett mit uns, und stellte sich schließlich als der Oberbürgermeister von Kulmbach vor. Irgendwie haben wir Eindruck bei ihm hinterlassen, denn er erkannte uns jedes Mal wieder, wenn wir uns Jahre später trafen. Wir pflegten bis zu seinem Tod ein sehr herzliches Verhältnis zueinander.

Vielleicht war er es, der uns den Tipp gab, doch unbedingt mal in den »Meisterkauf«, den größten Supermarkt von Kulmbach zu gehen. Man kann die Eindrücke gar nicht beschreiben, die in einem solchen Markt auf uns DDR-Bürger einprasselten. Das viele bunt, die glänzenden Verpackungen gipfelten in einer totalen Reizüberflutung. Ich bin mir sicher, das viel Leute wieder herauskamen, ohne etwas gekauft zu haben.

Ich habe mir eine Milchschnitte gekauft, weil ich die aus dem Werbefernsehen kannte und unbedingt wissen wollte, wie die schmeckt. Die Enttäuschung war groß, der Riegel hatte kaum Ähnlichkeit mit dem aus der Werbung und geschmeckt hat er mir auch nicht.

Gegen Abend fuhren wir wieder zurück. Ich war um eine Jeans, ein paar weiße Turnschuhe und ganz viele Eindrücke reicher. Als ich später im Bett die Augen schloss, sah ich bunte glitzernde Flecken. Es dauerte noch lange bis sich meine Augen davon erholten.

30 Jahre Mauerfall – Kulmbach Teil 1

Weil die Deutsche Bahn mal wieder baut – das ist inzwischen schon begrüßenswert – war ich auf der Rückfahrt von Thüringen auf einer Umleitungsstrecke unterwegs. Das hieß zwar einmal mehr umsteigen, dafür kam ich seit Langem mal wieder durch Kulmbach und Umgebung.

Die Stadt am weißen Main ist für mich in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Nicht nur, dass sie seit den Achtzigern die Partnerstadt von Saalfeld ist, sondern auch weil ich von 1992 an gute drei Jahre in der Nähe gelebt habe.

Meine erste Begegnung mit Kulmbach war gleichzeitig meine erste Fahrt in den »Westen«. An einem Samstag Ende November 1989, ich musste Samstags nun nicht mehr zur Schule, fuhr ich mit meinen Eltern in den »Westen«. Eigentlich gen Süden, denn die Grenze zu Bayern liegt nur wenige Kilometer südlich meiner Heimatstadt.

Wir waren nicht die einzigen. Ich kann mich an eine scheinbar endlose Autoschlange erinnern, die sich in der Dunkelheit auf den schlechten Straßen Richtung Grenze voranschlängelte. Jede Menge Trabbis und Wartburgs waren am frühen Morgen unterwegs. Die Luft war von blauen Abgaswolken geschwängert.

Weil wir nicht wussten, wie weit es bis Kulmbach ist, fuhren wir schon kurz nach fünf Uhr morgens los. Der Autoatlas der DDR endete an der innerdeutschen Grenze, alles was darüberhinaus ging, war eine grau Fläche. So wussten wir weder wie die Straße verlief, noch wie lange wir unterwegs sein würden. Mein Vater, der die Gegend als junger Mann noch kennengelernt hatte, wusste zumindest noch ein paar Ortsnamen, an denen wir uns orientieren konnten.

Als wir die Grenze passierten, musste wir auf DDR-Seite unsere Ausweise zeigen. Die Beamten auf Bundesdeutschen Gebiet winkten uns einfach durch. Das man im »Westen« war, merkte man sofort. Die Straßen waren viel besser. Es gab keine Schlaglöcher und die Begrenzungspfähle leuchteten wie Christbaumkerzen. Sogar die Linien auf der Straße leuchteten im Licht der Scheinwerfer. Das war für mich unfassbar. Man konnte sehen, wohin man fuhr, jede Kurve war schon weit im Voraus zu erkennen. Selbst im trüben Scheinwerferlicht unseres Trabbis.

Das Auffälligste war aber die Beschilderung. Überall standen gut lesbare Wegweiser an der Straße, die Ortschilder leuchteten weit. Man konnte sich eigentlich nicht verfahren. Die Autoschlange dünnte sich allmählich aus, je weiter wir nach Bayern hereinfuhren. Viele blieben in den ersten Ortschaften stehen, andere bogen Richtung Coburg ab. Wir fuhren weiter durch Kronach und weitere Ortschaften, mit Häusern, deren Fassaden weiß und nicht grau waren. Alles sah viel bunter und freundlicher aus.

… Mehr von meinem ersten Besuch in Kulmbach gibt es morgen.

30 Jahre Mauerfall – Erinnerungen

Wie sehr sich Erinnerungen gleichen, entdeckte ich am Wochenende im aktuellen Amtsblatt meiner Heimatstadt. Dort schrieb der amtierende Landrat in seiner Kolumne über die Grenzöffnung 1989. Landrat Marko Wolfram und ich sind nicht nur ein Jahrgang, wir haben auch gemeinsam das Abitur gemacht und gingen in eine Klasse. Wenn es jemanden gibt, den ich für den Landratsposten geeignet halte, dann ihn.

Er sprach in seiner Kolumne über die Tage Anfang November in der DDR und wie er den Mauerfall erlebt hat. Seine Sicht deckt sich mit meinen Erinnerungen, nämlich, das man als Fünfzehnjähriger die Dimension bzw. die Tragweite eines solchen Ereignisses nicht bemessen kann. Da gibt es zu viele Dinge, die einem in diesem Alter wichtiger erscheinen.

Bei Marko kam noch ein besondere Umtand hinzu. Er lebte im Sperrgebiet, also innerhalb der fünf Kilometerzone zur Grenze. Für DDR-Bürger quasi am »Ende der Welt«. Die Bewohner des Grenzstreifens waren abgeschnitten vom Rest der Republik, konnten sie doch keinerlei Besuch empfangen und mussten durch Personenkontrollen, wenn sie das Gebiet verlassen wollten. Ich hatte eine Brieffreundin in Probstzella, die ich in einem Ferienlager kennengelernt hatte, die ich aber nie besuchen durfte. Der Zugang zum Sperrgebiet war ausschließlich mit Passierschein erlaubt und den bekam man nur in ausgesprochen seltenen Fällen, zum Beispiel wenn man dort arbeitete. Die Grenzöffnung brachte den dort lebenden Menschen Freiheit in mehrfacher Hinsicht.

Aus der Kolumne weiß ich nun zumindest, dass man schon ab 10. November 1989 mit dem Zug nach Bayern fahren konnte, und dies auch viele Saalfelder genutzt haben. Außerdem wurde der Grenzübergang Probstzella doch schon eher freigegeben, als ich in Erinnerung hatte.

Ich hänge Markos Kolumne hier als Bild an. Wer sich für die gesamte Ausgabe des Amtsblattes interessiert kann es unter diesem Link downloaden.

Abschied von Ludwig Große

Pfarrer Große bringt meinen Mann auf den richtigen Pfad

Am Samstag den 16.11.2019 besuchte ich einen Gottesdienst. Ich bin kein großer Kirchgänger, aber der Gedenkgottesdienst für den ehemaligen Superintendent und Pfarrer war für mich ein Pflichttermin.

Es gibt Pfarrer, die sind Pfarrer von Beruf und es gibt Pfarrer, die sind Pfarrer aus Berufung. Zu letzterem gehörte Ludwig Große. Sein Engagement für die Saalfelder Kirchgemeinde und darüber hinaus, wirkt bis heute nach, obwohl er schon lange im Ruhestand war.

Er verstarb am 3. Oktober 2019. Am Samstag wurde sein Wirken in stilvollem Rahmen und in Begleitung vieler Menschen gewürdigt. Somit hat er es nicht nur zu Lebzeiten geschafft, die große Johanneskirche vollzubekommen, sondern auch nach seinem Tod.

14 Pfarrer gaben ihm das letzte Geleit. In der Trauerpredigt wurde vieles aufgezählt, was er in seinem langen Leben getan hat. So blieb er da, wo andere Pfarrer in den Westen abgehauen sind und setzte sich für die Schwachen und die Verfolgten ein. Er bot dem DDR-System die Stirn und verstand es, die Kirchgemeinde in der DDR neben und trotz der Staatsmacht erblühen zu lassen. Er half den Pfarrern im Grenzgebiet ihre Arbeit zu tun und seine systemkritischen Weihnachtsspiele, die er selbst schrieb, waren beliebt, obwohl sie immer am frühen Morgen des ersten Weihnachtsfeiertags aufgeführt wurden.

Nach der Wende wurde er mit der Einführung des Religionsunterrichts in Thüringen betraut. Etwas, dass er persönlich nicht für gut hieß, denn die Christenlehre und der Konfirmanden-Unterricht außerhalb der Schule hatte sich in der DDR bewährt. Er setzte sich dennoch mit aller Kraft dafür ein und machte die Thüringer Schulen zum Vorreiter des Religionsunterrichts in den neuen Bundesländern.

Als 2010 mein Mann und ich beschlossen zu heiraten, kam für uns eigentlich nur die Saalfelder Johanneskirche in Frage. Pfarrer Ludwig Große war damals schon Ende Siebzig und nicht mehr im aktiven Dienst. Aber er erklärte sich sofort bereit, uns zu trauen. Ich erinnere mich, wie wir zum Traugespräch in seinem Arbeitszimmer in seinem Haus in Bad Blankenburg saßen und plauderten. Er zeigte sich weltoffen und ließ sich von uns über Star Trek aufklären, weil wir in Star Trek-Uniform heiraten wollten. Er hat das sogar in seine Predigt aufgenommen.

Der Trauergottesdienst für ihn am Samstag hätte ihm sicher gefallen. Es wurden seine Lieblingslieder gespielt, die Thüringer Sängerknaben sangen. Neben seiner Familie waren viele Menschen zu seinem Abschied gekommen. Die Sonne schien durch die bunten Fensterscheiben und brach sich an den weißen Wänden der Johanneskirche, für deren Umbau und Restaurierung er damals federführend war. Ein Mamutprojekt, wie so vieles, was er in seinem Leben energisch angepackt hat.

Ich bin sicher, er wird vielen Menschen in positiver Erinnerung bleiben.