Gedanken zu ST-Discovery

Inzwischen habe ich etwa die Hälfte der Folgen von ST-Discovery gesehen und muss gestehen, dass es nicht ganz so schlimm ist, wie erwartet.

Nach wie vor glaube ich, dass der Handlungsbogen über den klingonischen Krieg, mit den Romulanern viel besser funktioniert hätte und auch viel logischer wäre. Mir gefällt auch die Idee, die Geschichte aus den Augen einer Figur zu erzählen, die eben nicht Kommandant und vor allem, die in Ungnade gefallen ist.

Was den Look angeht? Nun, da gibt es vieles, was mir zu modern erscheint. Die Technik ist deutlich fortgeschrittener, als beispielsweise bei der Classic-Serie. Das ist ein Widerspruch, den ich hinnehmen muss, weil mit Pappmaschee-Felsen und gemalten Kulissen, würde man heute keinen Zuschauer mehr an den Bildschirm fesseln. Wobei, es sicher Möglichkeiten gegeben hätte, dies auf irgendeine Art und Weise schlüssiger zu erklären.

Nehmen wir an, die Discovery wäre ein Schiff von Sektion 31, dann hätte wohl keiner der Fans groß gezweifelt. Wobei der Sporen-Antrieb schon ziemlich aus dem Rahmen fällt und mir eine Spur zu mystisch erscheint. Das ist nur noch bedingt Science Fiction, das gleitet schon in Bereiche der Space-Fantasy. Warum nimmt man nicht die bereits vorhandene Idee des Slip-Stream-Antriebes und verknüpft sie mit dem Bärtierchen? Es ist im Star Trek-Universum doch schon so viel beschrieben worden, warum benutzt man das nicht? Warum muss das Rad immer wieder neu erfunden werden? Antwort: Weil man sich zuvor informieren müsste.

In der Tat gibt es ein paar gute Episoden. Die mit Sarek und seinem Verhältnis zu seiner Ziehtochter fand ich sehr gut. Auch die Folge mit Harry Mudd und der Zeitschleife war gut, obwohl die so ähnlich bereits bei TNG vorkam. Sie wurde zumindest originell erzählt.

Was die Figuren angeht, so gefallen diese mir nach und nach besser. Fähnrich Tilly ist mit ihrer quirligen Art zwar ein bisschen nervig, passt aber gut zum ruhigen Charakter von Michael Burnham. An den schlaksigen Commander habe ich mich inzwischen auch gewöhnt. Gut finde ich den Captain. Okay, wenn ich nicht schon wüsste, dass er aus dem Spiegeluniversum stammt, würde ich wahrscheinlich herummosern, dass so ein Charakter niemals Sternenflottenoffizier und schon gar nicht hätte Captain werden dürfen. Da ich sein Schicksal aber kenne, finde ich die Figur durchaus interessant angelegt.

Mein lieber Freund Ben hat der Serie ein zwanzigminütiges Video gewidmet. Er versucht die Frage zu beantworten, ob Discovery wirklich so schlecht ist. Bei den meisten seiner Argumente gehe ich mit. Zum Beispiel, was den Look angeht und auch das Storytelling. Mit einer Crew, bei der nur Friede, Freude, Eierkuchen herrscht, kann man keine spannenden Geschichten erzählen. Punkt. Was den Look der Klingonen angeht, sofern es glaubhaft erklärt wird, können die meinetwegen auch wie Eidechsen aussehen. (Soll ja bei Voyager schon mal vorgekommen sein. Zwar nicht mit Klingonen aber …)

Das Hauptproblem, was ich mit der Serie habe und was ich den Produzenten vorwerfe, bezieht sich auf etwas anderes. Es geht um die Frage, was Star Trek ausmacht. Discovery ist für eine Star Trek-Serie viel zu brutal. Hey, das ist die erste Star Trek-Serie, die erst ab 16 Jahren ist. Das gab es niemals zuvor (bis auf die leidige »Patterns of Force«-Folge aus Classic, die in Deutschland noch heute erst ab 16 Jahre ist). In DSC wird gemetzelt und getötet, als wäre es das Normalste auf der Welt. Star Trek hat sich immer (auch schon zu Kirks Zeiten) damit verdient gemacht, dass man erst geredet hat und erst dann, wenn nichts mehr half, die Waffen sprechen ließ. Sind wir wirklich so abgestumpft und abgebrüht, durch die täglichen Nachrichten, dass wir die Gewalt in Kino und Fernsehen nicht mehr wahrnehmen? Das Gewalt zwingend notwendig geworden ist, um spannende Geschichten zu erzählen? Ich denke nicht.

Ein weiterer Punkt an dem ich Ben widersprechen muss, ist das Motiv der Produzenten, warum eine Star Trek-Serie sich vornehmlich an ein Massenpublikum richtet und nicht für die Fans geschrieben wird. Das ist zum Teil richtig und das ist auch nichts Neues. Aber, wenn ich als Autor und Produzent etwas nur (und ich betone das hier mal) für den Massenmarkt machen möchte, dann nehme ich doch keine 55 Jahre alte Serie, die mich total einschränkt. Dann entwickle ich doch lieber etwas Neues, bei dem ich völlig frei bin und bei dem mir eben keine Fans im Nacken sitzen und kritisieren. Der Grund, warum es immer wieder Bestrebungen gibt, ein bestehendes Franchise wiederzubeleben, liegt vor allem an seinen Fans. Es geht darum, diejenigen zu »melken«, die sich schon seit Jahren haben »melken« lassen. Das ist einfacher, weil ich mir nicht erst neue Fans machen muss. Wenn ich also, eine neue Star Trek-Serie produziere, dann sollte ich auch auf die Fans achten und eben nicht nur den Geschmack eines Massenpublikums treffen. Denn die normalen Leute sind schnell wieder weg, die Fans bleiben! Insofern ist es für Star Trek-Discovery wichtig, sich eben nicht nur am Massengeschmack zu orientieren, wenn man mit der Serie Erfolg haben möchte.

So, und jetzt möchte ich Ben zu Wort kommen lassen. Seine Gedanken sind nämlich durchaus richtig und nachvollziehbar.

4 thoughts on “Gedanken zu ST-Discovery

  1. ZITAT:
    Aber, wenn ich als Autor und Produzent etwas nur (und ich betone das hier mal) für den Massenmarkt machen möchte, dann nehme ich doch keine 55 Jahre alte Serie, die mich total einschränkt. Dann entwickle ich doch lieber etwas Neues, bei dem ich völlig frei bin und bei dem mir eben keine Fans im Nacken sitzen und kritisieren. Der Grund, warum es immer wieder Bestrebungen gibt, ein bestehendes Franchise wiederzubeleben, liegt vor allem an seinen Fans. Es geht darum, diejenigen zu »melken«, die sich schon seit Jahren haben »melken« lassen. Das ist einfacher, weil ich mir nicht erst neue Fans machen muss.
    —-

    Und genau das ist der Grund warum ich noch nie irgendetwas von NEO erworben habe, nicht mal das „ach so tolle“ Weltcon Geschenk habe ich mir genommen, weil das für mich kein Perry Rhodan ist, sondern einfach nur das Melken der Marke Perry Rhodan. Genau dasselbe Prinzip.

    1. Uneingeschränkte Zustimmung, meinerseits!

      Was mich persönlich angeht: Gäbe es NEO nicht, würde ich überhaupt nicht PERRY RHODAN lesen, oder höchstens die Silberbände. Insofern lasse ich mich gern weiter »melken«. ;-)

  2. „dann nehme ich doch keine 55 Jahre alte Serie, die mich total einschränkt“. Du unterschätzt die Marktmacht etablierter Marken und den Zynismus der Verantwortlichen, Hase. Solche Entscheidungen trifft eben nicht der Produzent, sondern der Manager. Und der sieht weder Fans noch Publikum, sondern erst mal nur Dollarzeichen.

    1. Nun, anscheinend hat das mit den Dollarzeichen bei DSC nicht wie gewünscht funktioniert, sonst würden sie in der zweiten Staffel nicht so viele Dinge ändern und damit nun doch auf die Kritik der Fans eingehen. ;-)

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