Kaum gegrünt schon weggesäbelt

Heute Nachmittag haben wir Naturschutz betrieben. Es waren nämlich die Männer mit den Rasenmähern angetreten, um die Grünfläche vor unserer Terrasse zu mähen. Aber gerade dort blühen zur Zeit viele Blumen, die nicht nur Bienen sondern auch andere Insekten anlocken. Wir baten die Herren, doch einen Streifen um unsere Terrasse stehenzulassen, auf dem die Blumen besonders dicht wachsen. Sie haben sich dran gehalten. Aber wahrscheinlich nur, weil wir wie Gefängnisaufseher auf der Terrasse standen und zugesehen haben, bis sie fertig waren.

Mal ehrlich, seit nicht einmal drei Wochen ist es warm genug, damit das Gras wachsen kann. Und weil es sehr trocken war, ist es ohnehin nicht besonders hoch gewesen. Warum man das jetzt schon mähen muss, ist mir ein Rätsel. Die Pflanzen haben doch gerade erst angefangen zu wachsen und zu blühen. Als Tochter eines Imkers weiß ich, dass die Bienen gerade jetzt genügend Pollen eintragen müssen, um die Jungbienen großziehen, die dann den Honig sammeln können, wenn Raps, Linden oder Akazien blühen. Je weniger Futter sie also finden, desto weniger Bienen gibt es, die können wiederum weniger Honig eintragen und je weniger Honig es gibt, desto teurer ist er.

Früher mähte man eine Wiese nicht eher, bis alles verblüht war und die Samen ausgefallen sind. Aber heutzutage muss ja alles möglichst gleichmäßig grün aussehen. Bei so einem Rasen haben Insekten null Chancen. Und dann wundern sich alle, warum es immer weniger Insekten und immer weniger Vögel gibt. Den meisten Menschen ist das egal, weil die wenigsten wissen, welche Auswirkungen das auf unser Leben haben wird. Denen ist auch egal, das die Rasenfläche jetzt wie grün angemalte Erde aussieht. Da kann man den Rasen doch gleich weglassen und Kunstrasen verlegen, da spart man sich dann auch das Mähen.

Ich bin jedenfalls froh, das Bienen und Hummeln weiterhin vor unserer Terrasse herumfliegen und die Vergissmeinnicht ihre hellblauen Blüten in die Luft strecken können. Das Leben ist eintönig genug, man muss es nicht noch eintöniger machen. Wenn es mehr Leute gäbe, die auf so etwas achten würden, wäre es um unsere Zukunft auch nicht so düster bestellt. Wir haben jedenfalls heute unseren kleinen Beitrag geleistet.