Verkehrsinfarkt

Seit Freitagabend frage ich mich, ob es eigentlich noch sinnvoll ist, längere Strecken mit dem Auto zu fahren und wie lange es noch dauert  bis auf unseren Straßen nichts mehr voran geht.

Normalerweise nehmen wir immer den Zug, wenn wir meine Eltern in Thüringen besuchen. Am Freitag fuhren wir mit dem Auto, weil mein Mann sich mit dem neuen Wagen vertraut machen und eine längere Strecke fahren wollte.

Wir haben die Entscheidung bitter bereut. Es war die schlimmste Autofahrt seit Jahren, weil wir kaum vorankamen. Das erste Mal standen wir bereits zwanzig Minuten nach dem wir losgefahren sind, auf der Bundesstraße innerhalb einer Ortschaft. 50 Kilometer weiter in Ebersberg das gleiche Spiel. Stau und Schrittgeschwindigkeit durch den Ort wegen einer Baustelle auf der B304. Weil auf der A99 mehrere Kilometer Stau durchgesagt wurden, gondelten wir zwischen Markt Schwaben bis Garching durch die Pampa und brauchten von zuhause bis zur A9 hinter München volle drei Stunden, statt eineinhalb. Auf der Autobahn ging es dann einigermaßen vorwärts, obwohl es proppenvoll war. Ständig gab es Geschwindigkeitsbeschränkungen wegen Staugefahr. Ab Greding standen wir dann zuerst in einem selbstproduzierten Stau, durch diejenigen, die wegen der Stauwarnung abfahren wollten und dann in der Ausfahrt standen. Später dann der Stau wegen einer Baustelle, bei der nicht ein einziges Baufahrzeug zu sehen war. Hier verloren wir mehr als eine Stunde. In Feucht hielten wir kurz an einer völlig überfüllten Raststätte um zur Toilette zu gehen, dann ging es weiter zum nächsten Stau an der Überleitung von der A3 zur A9. Und wieder eine Viertelstunde weg. Der Verkehr nahm kein Ende, obwohl es immer später wurde. In Plech machten wir eine kurze Rast und glaubten das Schlimmste überstanden zu haben. Denkste, denn vor Bayreuth wartete die nächste Baustelle und der nächste Stau. Dazwischen immer wieder dichter Regen, null Sicht und weitere Baustellen.

Als wir dann eineinhalb Kilometer vor der Ausfahrt in Lobenstein in einen Stau gerieten, in dem sich dann kaum noch etwas bewegte, verlor ich kurzzeitig die Nerven. Wenn es nach mir gegangen wäre, wäre ich am liebsten ausgestiegen und auf dem Standstreifen bis zur Ausfahrt gelaufen. Noch lieber aber hätte ich jene Autofahrer aus dem Auto gezerrt und verprügelt, die über die Raststätte abkürzten und dadurch die rechte Spur fast zum Erliegen brachten, weil sie sich vorn wieder rein drängelten. Mein Mann musste beruhigend auf mich einwirken, obwohl er es war, der seit acht Stunden am Steuer saß.

Zumindest die letzten 50 Kilometer Landstraße verliefen ohne größere Vorkommnisse, von den Rasern mal abgesehen, die uns im Dunkeln an den unmöglichsten Stellen überholten.

Nach elf Uhr abends kamen wir nach neun Stunden Fahrt endlich an. Normalerweise brauchen wir fünf maximal sechs Stunden für die 450 Kilometer. Zum Glück waren wir mit einem Hybrid unterwegs, der seine Vorteile im Stau voll ausspielen konnte. So kamen wir nur auf einen Durchschnittsverbrauch von 4,7 Litern. Mit unserem Corsa hätten wir sicher mehr verbraucht.

Aber mal ehrlich, so macht Autofahren keinen Spaß mehr. Die Straßen waren selbst spät in der Nacht noch brechend voll, die LKWs in den Raststätten standen so dicht, dass man mit dem Auto kaum durch kam und parkten mitunter auf dem Beschleunigungsstreifen. Nervig waren vor allem die vielen Endlosbaustellen, an denen man nicht auf ein einziges Baufahrzeug traf. Muss man während der Ferienzeit, wo ohnehin schon viel Verkehr ist, auch noch eine Baustelle nach der anderen eröffnen? Gibt es da nicht andere Zeiten, an denen weniger los ist? Noch nerviger aber waren jene Autofahrer, die rücksichtslos abkürzten sich reindrängelten, mehrfach die Spur wechselten, in der Hoffnug schneller voranzukommen und damit den Stau eigentlich nur schlimmer machten bzw. an manchen Stellen sogar weitere Staus verursachten.

Uns droht in den nächsten Jahren der Kollaps, wenn das so weitergeht. Unsere Straßen können so viele Autos einfach nicht mehr verkraften. Unsere rollenden Lager in Form von LKWs haben inzwischen eine Dimension angenommen, die untragbar geworden ist. Irgendwann kommt der Punkt, an dem alles steht und keiner mehr vorankommt. Ich glaube, sehr weit sind wir nicht mehr davon entfernt.