Schicksalsfragen

Quelle: Perrypedia

PERRY RHODAN NEO Band 139 von Kai Hirdt

Auch wenn mir einiges an der Handlung des Romans missfällt, so versteht der Autor es doch, mich mit seinen lebhaften Beschreibungen zu unterhalten.

Besonders Rhodan ist überraschend emotional charakterisiert. Endlich darf der Sofortumschalter auch einmal laut werden und sich seinen Frust von der Seele reden. Es wird ihm aber auch übel mitgespielt. So entscheidet er sich gegen das Wohl von Millionen von Bhrento und für die Liduuri. Nicht jedoch ohne zuvor eine Rückversicherung abzuschließen. Doch die Rekalibrierung wirkt sich nicht sofort auf die Bhrento aus und die fühlen sich verständlicherweise, von den in Position gebrachten Beibooten bedroht. Rhodans Idee seine Mannschaft zum Schutz gegen auftretende Probleme bei der Rekalibrierung loszuschicken, geht nach hinten los und zählt ganz sicher nicht zu den intelligentesten Ideen des Protektors. Er verschlimmert die Lage dadurch noch und 26 Bhrento sterben. Aber auch seine Rückversicherung und Hoffnung für das Wiederbeleben der Bhrento-Kultur – die Kya von Zayabi-Dasi – fällt trotz Schutzmaßnahmen der Rekalibrierung zum Opfer. An dieser Stelle hätte sich Rhodan vielleicht lieber Rat bei Avandrina geholt, anstatt bei Leyden. Überhaupt hätte er die Liduuri zwingen müssen, sich stärker zu engagieren. Schließlich hat sie ihn in die missliche Lage gebracht eine Entscheidung über Leben und Tod zu treffen.

Nach der erfolgreichen Wiederherstellung des Hyperschwalls fliegen sie endlich Achantur an. Doch Avandrina will zunächst allein in das System hinter dem Hyperschwall reißen. Dass sie Leydens Team und den Kater mitnimmt, soll keiner erfahren. Das konnte ich an dieser Stelle kaum glauben. Es muss an Bord der LESLIE POUNDER da doch auffallen, wenn die vier Wissenschaftler fehlen.
Auf Achantur bietet die Liduuri Leyden und seinen Kollegen inklusive Hermes eine Zelldusche an, die die Gruppe nach einiger Diskussion annimmt. Avandrina begründet es damit, dass die Liduuri die Wissenschaftler noch brauchen werden. Das legt nahe, dass sie Kenntnis von der Zukunft haben muss.
Nebenbei bemerkt: um wie viel verlängert sich eigentlich das Leben des Katers? Der Alterungsprozess eines Menschen wird um 33 Jahre (ca. ein Drittel der Lebensspanne) angehalten. Katzen können in Ausnahmefällen circa 20 Jahre alt werden. Verlängert sich Hermes‘ Leben nun um sieben Jahre oder 33 wie bei den Menschen?

Zurück zu Rhodan. Avandrina bittet ihn nach Achantur zu kommen. Er verlangt, Begleiter mitzunehmen, was sie ihm widerwillig gestattet. Auf Achantur dann der Schock: der Planet ist so gut wie entvölkert. Nur etwa 1000 Liduuri haben den gestörten Hyperschwall überlebt. Darunter auch Avandrinas Vater, den Rhodan bereits in der Vergangenheit getroffen hat. Als der Protektor endlich die Hilfe für die Terraner einfordert, lehnt die Präsidentin der Liduuri ab, die niemand anderer als Avandrina selbst ist. Die 1000 Überlebenden sind zu wertvoll, um sie im Kampf für die Menschheit zu gefährden. Dafür bietet sie Rhodan an, zwölf Menschen seiner Wahl eine Zelldusche zu verabreichen. Die nächste unsägliche Entscheidung, die dem Protektor aufgedrängt wird. Da kann man wirklich Mitleid bekommen. Die Menschen helfen den Liduuri, vernichten dabei eine ganze Zivilisation und bekommen dafür nur ein einziges Wasserschiff und Avandrina selbst als Hilfe gegen die Sitarakh. Perry Rhodan behält sich vor, die Entscheidung über die Zellduschen erst nach der Befreiung des Solsystems zu treffen.

Die LESLIE POUNDER und das Wasserschiff treten den Rückflug zur Erde an. An der letzten Relaisstation nehmen sie Informationen der terranischen Flotte entgegen, die sie über die Lage im Sonnensystem informiert. An dieser Stelle dachte ich mir: Kein Wunder, dass die Invasioren Schlange stehen. Während sich die Arkoniden ruhig verhalten, posaunen die Terraner taktische Lageinformationen in die Galaxis hinaus. Hier hätte der Autor mehr ins Detail gehen müssen, als nur zu schreiben, dass eine »Nachricht hinterlegt« wurde. Überhaupt kommen solche technischen Details bei Kai Hirdt oftmals zu kurz. Vielleicht sollte er sich von Rainer Schorm beraten lassen, der es vorzüglich versteht, die zugrunde liegende Technik einigermaßen stimmig zu erklären.

Im Sonnensystem erlebt Imperator Crest mit seiner 20.000 Schiffen starken Flotte eine Überraschung. Die Sitarakh vernichten 2000 arkonidische Raumer ohne auch nur einen Kratzer abzubekommen. Selbst als der verrückte Imperator eine Arkonbombe auf der Erde abwerfen will, können die Besatzer das verhindern. Die arkonidische Flotte zieht sich zurück. Es ist erstaunlich, wie unbekümmert die Sitarakh handeln, wenn sie die Flotten der Terraner und Arkoniden weitestgehend in Ruhe lassen. Und auch wie überlegen sie gegenüber den Arkoniden sind. Während es den Menschen gelang die Schirme der Sitarakh mit Dragonflys zu knacken, beißen sich gut ausgerüstete Raumschiffe der Arkoniden die Zähne aus. Auch hier hätte ich mir detaillierte Erklärungen zur Verbesserung der Glaubwürdigkeit gewünscht.

Crest fliegt, nur von den Terranern entdeckt, mit einer Leka-Disk auf die Oberfläche. Dort kämpft Josue Moncadas (Monk) mit seinem geistigen Untermieter Sid González um die Vorherrschaft über seinen Körper. In Moncadas erwacht, angesichts der apokalyptischen Zustände, das längst vergessengeglaubte christliche Empfinden und er will unbedingt die überlebende Menschheit mobilisieren, um mit ihm gegen »Satan« zu kämpfen. Trotz der Bibelzitate wird der Wandel der Figur meiner Meinung nach nicht ausreichend bebildert. So dass ich mich als Leser immer fragte: was hat ihn dazu bewogen? Außerdem glaube ich nicht, dass noch viele Terraner in der Lage wären, seinem Ruf zu folgen, da die meisten ohnehin schon gestorben sind. Auch das Sid seine Teleportations-Künste wiederentdeckt und Monk anhand von Erinnerungen an Sue wieder zur Vernunft bringt, ist ähnlich schwer zu fassen. Hier hätte deutlich mehr Figurenarbeit geleistet werden müssen. Ich bin mir auch noch nicht sicher, was die Autoren mit dem Sid/Monk-Charakter bezwecken. Wahrscheinlich brauchen sie nur wieder einen Teleporter.

Julian Tifflor, Sue Miraflore, Betty Touffry und Tuire Sitareh gehen mit einer Space-Jet auf die Suche nach Crest. Sie stöbern ihn im Lakeside Institut auf, wo er gerade die Fernbedienung der Bujun an sich bringt. Er kam in den Besitz des »Tabernakel von Solt«, mit dem man ja bekanntlich, die von den Liduuri auf der Erde deponierte Bujun zünden kann. Auch hier stellen sich mir Fragen. Woher wusste Crest, wo das Tabernakel aufbewahrt wird? Und warum ist er so haßerfüllt, dass er die Erde unbedingt vernichten will? Als Antagonist wirkt Crest sehr eindimensional, beinahe schon klischeehaft überzogen dargestellt.

Fazit: Mit »Schicksalswaage« legt Kai Hirdt erneut einen soliden Roman vor, der von der Lebhaftigkeit seiner Figuren lebt. Die Zyklushandlung strebt ihrem großen Finale zu und man kann sich in etwa ausmalen, wie alles enden wird. Zumal man weiß, dass die Serie mit der Staffel »Meteora« in die nächste Runden gehen wird.