Unmelodischer Untergang

Quelle: Perrypedia
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PERRY RHODAN NEO 132 – »Melodie des Untergangs« von Susan Schwartz

Ich bin mir nicht sicher, was ich von dem Roman halten soll. Einerseits ist er stellenweise spannend geschrieben, andererseits gibt es zu viele Dinge, die mich stören. Die ganze Geschichte wirkt auf mich wie Stückwerk, dass mehr schlecht als recht zusammengesetzt wurde.

Da ist zum einen der Prolog in Sankt Petersburg, bei dem die Klischees regelrecht von den Seiten tropfen. Das liest sich nicht nur sehr seltsam für einen NEO, sondern ich ärgerte mich über die stereotype Beschreibung des russischen Sohns und seines alten Mütterchens. Die Autorin versucht hier die russische Seele abzubilden, ohne sie verstanden zu haben. Vergleichbar, wie wenn man alle Deutschen Biertrinkend und in Lederhosen beschreiben würde. Das klingt bemüht, belehrend und alles andere als glaubwürdig.

Ich hoffe auch nicht, dass die Terranische Union ihre Mitglieder einfach machen lässt, ohne nachzuprüfen, ob sie die Gesetze der Union auch einhalten. Denn das hieße, dass die Union die Bürgerrechte nicht schützt. Das mag vielleicht für die jetzige EU gelten, aber nicht für eine Terranische Union unter Perry Rhodan. Reden wir auch nicht davon, dass ein russischer Präsident so skrupellos ist und atomare Sprengköpfe in geringer Höhe über einer Großstadt zu zünden. Zum Glück haben die Sitarahk Schirme an denen die Wirkung verpufft. Wahrscheinlich werden die Bomben vor der Explosion desintegriert. An dieser Stelle hätte ich mir eine präzisere Beschreibung des Vorgangs gewünscht. Denn wären die Bomben explodiert, hätte dort kein Stein mehr auf dem anderen gestanden.

Überhaupt, die Sitarakh sind jetzt also so eine Art Heuschrecken, die über das Sonnensystem herfallen und es ausbeuten. Das ist eine enttäuschend eindimensionale Beschreibung. Da frage ich mich, wieso sie dann die Menschen nicht sofort in einem einzigen Vernichtungsschlag beseitigt haben. Wenn es ihnen nur um Ressourcen geht, dann agieren sie viel zu zurückhaltend. Aber vielleicht gehören ja die Menschen für sie auch zu so einer Art Ressource. Das scheint sich zumindest abzuzeichnen. Der Auftritt der Bestie Masmer Tronkh war für mich am Ende etwas irritierend, macht aber neugierig.

Ich bin immer noch nicht glücklich mit dem Besatzungsszenario. Da ich zeitnah die NEO-Staffel »Kampfzone Erde« gelesen habe, stolpere ich allerorten über Parallelen. Die Reaktionen der Menschen mögen vielleicht besser beschrieben sein, als Frank Borsch das tat, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass es hier darum geht, auf Teufel komm raus Spannung zu erzeugen und dem ehemaligen Exposéautor zu zeigen: Schau mal her, so macht man das! Ich kann mich täuschen und hoffentlich tue ich das auch, aber ein fauler Beigeschmack bleibt.

Die Stirn gerunzelt habe ich über die Vizeadministratorin, die einfach mal ihre Stellvertreterin dazu verdonnert, die Stellung zu halten, damit sie mit Julian Tifflor in den Untergrund gehen kann. Somit ist sie nicht besser als Administrator Ngata, der sein Heil in der Flucht auf die LESLIE POUNDER suchte und nun dem Protektor und der Crew auf der Nase herumtanzt. Ich verstehe auch Rhodan nicht so ganz, wie er angesichts der unbekannten Bedrohung, die die Sitarakh darstellen, der Erde einfach so den Rücken kehrt. Die Diskussion und Abstimmung darüber wurde ohne hinreichende Informationen über die Situation im SOL-System geführt. Ich an seiner Stelle hätte mich zunächst rückversichert, bevor ich in den Kugelsternhaufen M15 aufgebrochen wäre. So könnte es leicht passieren, dass von Terra und dem SOL-Sytem nicht mehr viel übrig ist, wenn er irgendwann mit einer Befreiungsflotte zurückkehrt.

Bei der Flucht von Tifflor und den Mutanten spielen wieder zu viele Zufälle mit und die Information, dass die Bevölkerung inklusive Cheng Chen Li an Schlafmangel leiden, wird so oft unterschwellig angebracht, dass es mich irgendwann nervte.
Das gleiche gilt für Tuire Sitareh und Ishy Matsus Flucht vom Mond. Auch hier sind zu viele glückliche Zufälle im Spiel. Und eigentlich weiß man ja, dass sich unser »Wunderkind« Sitareh irgendwie da wieder heraus mogelt. In solchen Fällen kann man nur über das Innenleben der Figuren Spannung erzeugen. Ishy und Tuire bieten hierfür genügend Potential, das von der Autorin leider nicht genutzt wurde.

Über die vielen logischen und vor allem die Physik verspottenden Fehler – Druckwelle im Weltraum (da gibt es höchstens Strahlungsdruck oder herumfliegende Trümmer) habe ich großzügig hinweggelesen.

Einigermaßen interessant finde ich die Handlung um die Liduuri und Achantur. Die Idee mit der Hyperraumblase ist reizvoll, auch wenn es mich ein wenig an das blaue System der Akonen erinnert. Das Avandrina di Cardelah am Ende noch ins Koma fällt und den Menschen nicht helfen kann, ist ein wenig »plotdriven«, wie man so schön sagt. Dafür werden wir Eric Leyden in Aktion sehen und das entschädigt mich für den unglücklichen Kunstgriff.

»Melodie des Untergangs« hat mich nicht überzeugt, weil hier nichts wirklich zusammenpasst. Als Leser sehe ich Teile eines Mosaiks, ohne ein Bild erahnen zu können. Die Handlung ist mir an vielen Stellen zu oberflächlich und teilweise auch zu auktorial. Ich erfahre nur wenig über das Gefühlsleben der Protagonisten. Man kann Susan Schwartz zugutehalten, dass die Vielzahl der Charaktere eine tiefergehende Schilderung unmöglich machte. Dennoch habe ich schon bessere Romane von ihr gelesen.