Vertrackter Staffelauftakt

Quelle: Perrypedia
Quelle: Perrypedia

PERRY RHODAN NEO 131 – »Der Kontrakt« von Rainer Schorm

Mit nicht weniger als zwölf Handlungssträngen startet der Autor in die neue Staffel. Allein diese Zahl sagt aus, wie komplex der Roman ist und wie viel Rainer Schorm versucht auf die begrenzte Seitenzahl zu quetschen. Es macht die Handlung spannend, aber nicht immer überzeugend. Die Szenen um Rhodan, Bull und Ngata sowie um Oxley und die Vizeadministratorin Cheng Chen Lu, zählen noch zu den Unterhaltsamsten des ganzen Romans. Wohingegen man die um Thomas Rhodan und den marsianischen Jungen getrost hätte weglassen können. Ich bin mir nicht sicher, was sich die Expokraten vom Einsatz des Rhodan-Sprößlings versprechen. Jugendliche Leser anlocken?

Die vielen Baustellen, die der Autor in dem Roman aufreisst, reichen locker bis zu Band 150 wenn nicht noch darüber hinaus. Ob sich das mit dem Konzept der zehner-Staffel verträgt, werden wir sehen. Doch ich befürchte, auch in der Staffel um die »Meister der Sonne« werden nicht alle Handlungsrelevanten Elemente zu Ende geführt. Plötzlich wirkt der gesamte Serienaufbau überdimensioniert. Mir schwant, dass die Exposéautoren in die Fußstapfen von Frank Borsch treten wollen und sich am Ende ebenfalls in den vielen Handlungsfäden verheddern.

Und überhaupt … mit dem Plot um die Sitarakh, bekommen wir wiederholt eine Annexion der Erde durch Außerirdische aufgetischt. Die auch noch die Auslieferung von Perry Rhodan fordern. Obwohl die Invasoren ungewöhnlich sind und handeln, ist das alles andere als originell. Das Schema ist bereits zu oft in der EA und auch bereits in NEO aufgegriffen worden. Dabei gäbe es so viele ungelöste Probleme und offene Ereignisse aus den vergangenen Staffeln, an die man hätte anknüpfen können. Zum Teil wird das auch versucht, z. B. bei den Liduuri, die zurückkommen und Perry Rhodan um Hilfe bitten, oder bei dem Sonnenchasma, das Eric Leyden und ein Team von Forschern zu enträtseln versucht. Auch die politische Lage auf der Erde ist nach wie vor instabil. An dieser Stelle habe ich mich gefreut, dass zumindest Administrator Ngata wieder als fieser Gegenspieler auftritt. Das die Staaten, die nicht Teil der Terranischen Union sind, sich nichts sagen lassen, ist ebenfalls sehr glaubhaft beschrieben. In diesen innenpolitischen Verhältnissen steckt viel erzählerisches Potential. Und natürlich ist da immer noch Crest, der als Arkonidischer Imperator nach wie vor eine nicht zu unterschätzende Gefahr darstellt. Allein das hätte ausgereicht, um die nächsten zehn Bände zu füllen.

Da wirkt der Überfall durch die Sitarakh fast schon überflüssig. Hierbei ist zu bemängeln, dass die Verantwortlichen einfach abwarten und vor den Fremden zu kapitulieren scheinen. Selbst als die Invasoren Bodentruppen ausschleusen und Menschen entführen, scheint sich ihnen keiner entgegenzustellen. Das glaube ich nicht. So brav, dass sie keine verzweifelte Aktion starten, sind die Menschen sicher nicht.

Das Rainer Schorm ein brillanter Autor ist, zeigt er mit »Der Kontrakt« wieder mehr als deutlich. So einen komplexen Plot kann nicht jeder überzeugend zu Papier bringen. Allein die Beschreibung der vielen technischen Einzelheiten ist durchdacht und treffend formuliert. Das war einer der wenigen Punkte, an denen mich der Roman überzeugt hat. Singularitäten als Energiequelle zu nutzen, ist zwar kein neues Konzept in der SF (siehe die Romulaner in STAR TREK-TNG), aber zumindest für NEO eine wunderbare Ergänzung. An der Stelle hat mich auch eine bessere Beschreibung der Transformkanone gefreut.

Im Roman führt Rainer Schorm zudem einige neue Figuren ein. Leider waren es so viele, dass ich irgendwann die Übersicht verlor. Besonders lebhaft erinnere ich mich nur noch an Dr. Brömmers und seine holographische KI in Form eines Frosches. Schade, denn auch die anderen Charaktere waren außergewöhnlich und hätten einen größeren Auftritt verdient.

Mein Fazit zum Schluß: »Der Kontrakt« ist ein komplexer und spannender Roman, der aber unter dem überambitionierten Plot leidet. Es werden so viele Dinge angerissen, so viele Figuren ins Spiel geworfen, dass es am Ende unübersichtlich wird. Ich hatte den Eindruck, dass der Autor versucht hat, alles mögliche in den Auftaktroman zu packen. In diesem Fall wäre aber weniger mehr gewesen. Der Überfall der Sitarakh, die für die Reparatur des Sonnenchasmas eine zehntausendjährige Sklaverei fordern, fühlt sich ausgehöhlt an, angesichts der interessanteren Handlung um die Liduuri. Persönlich hat mich der Staffelauftakt daher ziemlich enttäuscht.