Freitagabend kurz nach 19:30 Uhr ereilt mich ein Anruf meiner Eltern. Aufgeregt fordern sie mich auf, den Fernseher einzuschalten. Es hätte eine Schießerei im Münchner OEZ gegeben. Ich kenne das OEZ sehr gut, habe ich doch selbst gern und oft dort eingekauft.
Ab diesem Zeitpunkt hängen ich und mein Mann bis zum späten Abend vor der Glotze, verfolgen die sich stark unterscheidende Berichterstattung der Öffentlich-rechtlichen und der Privaten. Während man bei der ARD sehr zurückhaltend berichtet und immer wieder dieselben Aufnahmen zeigt, ohne konkrete Informationen zu vermitteln, veröffentlicht man bei RTL auch Aufnahmen von Toten oder Rettungskräften im Einsatz, was mir erst da die Tragweite vermittelt. Der beste Beitrag des Abends kommt aber eindeutig von Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins (cooler Name), der mit erfrischender Professionalität die wenigen bestätigten Informationen verbreitet und vor allem beruhigend auf die Menschen einwirkt.
Eigentlich wären wir an diesem Abend in München beim Trekdinner gewesen. Meine Versuche die Freunde zu erreichen, schlagen fehl. Und ich muss an diejenigen denken, die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Trekdinner kommen und nun wahrscheinlich gestrandet sind. Ich gehe mit klopfendem Herz zu Bett und brauche sehr lange, bis einschlafen kann.
Am Samstagmorgen treffen wir eine Entscheidung. Wir haben uns an diesem 23. Juli mit Freunden verabredet, um uns »STAR TREK-Beyond« im Kino anzusehen. In München! Direkt am Stachus! Ich telefoniere mit den Freunden, checke ob der MVV seinen Betrieb wieder aufgenommen hat und wir fahren los, wenn auch mit einem grummelnden Gefühl im Magen. An der Messestadt stellen wir das Auto ab und suchen die in der Nähe wohnenden Freunde auf. Dort treffen wir auf drei weitere Mitglieder vom Trekdinner, die am vergangenen Abend nicht nach Hause gekommen sind und dort Unterschlupf gefunden haben. (Großen Dank an Sandra und Florian!) Sie erzählen mir, wie sie den vergangenen Abend verbracht haben: im Lokal, vor dem Fernseher, auf dem sonst nur die Fußballspiele der portugiesischen Nationalelf flimmern. Diejenigen Fans, die mit dem Auto da waren, haben Leute nach Hause gebracht oder mitgenommen, so das jeder irgendwie untergekommen ist.
Später fahren wir in die Innenstadt und es herrscht der übliche Trubel am Stachus. Was mich überrascht, ist allein die Tatsache, dass man trotz der Geschehnisse am Tag zuvor nirgendwo einen Polizeibeamten, eine U-Bahnwache oder sonst einen Sicherheitsbeamten zu Gesicht bekommt. Aber vielleicht fühle ich mich gerade deswegen nicht beunruhigt, eben weil es so ist, wie an einem ganz normalen Samstagnachmittag in München. Man sollte sich eben von niemandem verrückt machen lassen und schon gar nicht von solchen Idioten, die am Abend zuvor über die sozialen Netzwerke Angst und Schrecken in der gesamten Innenstadt verbreitet haben.
Mein Mitgefühl gilt den Familien der Toten und den Verletzten. Meine Gedanken sind aber auch den Eltern des Täters, die wahrscheinlich nie verstehen werden, warum ihr Sohn diese Tat begangen hat.
Wie der Film war, werde ich später berichten. Eines steht fest: »STAR TREK-Beyond« wird für mich stets mit den Ereignissen in München verknüpft sein.