PERRY RHODAN NEO Band 123 – »Blick in den Abgrund« von Rainer Schorm
Ich bin überrascht. Nachdem ich den Prolog gelesen hatte, warf ich sicherheitshalber noch mal einen Blick auf den Titel. Ist der Roman tatsächlich von Rainer Schorm?
Thora und Crest beobachten in der Spacejet, wie die Fünfeck-Feuer die Maahk-Walzen vernichten und die Flotte der Maahks aus dem Arkon-System verjagen. Sie landen auf Arkon I, um die Zerstörung ihrer Heimat mit eigenen Augen zu sehen. Nachdem sie wieder starten, empfangen sie einen Notruf.
Anfangs war ich etwas irritiert, als sich Thora und Crest über die Sonnenbälle wundern, die die Maahk-Raumer angreifen, weil ich in Erinnerung hatte, dass Thora in der Zentrale war, als die Plasmakugeln des Fünfeck-Feuers auf die Maahkflotte losging. Ich habe gleich nachgesehen und tatsächlich, die beiden hatten die Zentrale kurz zuvor verlassen und das Spektakel nicht verfolgt.
Eric Leyden und Luan Perparim gelingt es die KI des Liduri-Schiffes DROP dazu zu bewegen, sein Team sowie Roofpitter und Verleuwen durch das Flecktransmitternetz zu schicken, während die K7 durch den Sonnentransmitter zur CREST zurückkehren muss. Doch die DROP bringt die Wissenschaftler nicht ins heimische Sonnensystem, sondern an einen unbekannten Ort, der scheinbar im Leerraum liegt. Auf einem Planeten müssen sie in einer Kaverne ein Pyramidion bergen, um der KI zu beweisen, dass sie für die Nutzung des Transmitternetzwerkes legitimiert sind. Die Frotzeleien zwischen den Mitgliedern des Teams sowie zwischen Leyden und der KI sind amüsant, wenn auch manchmal scharf an der Grenze zur Lächerlichkeit. Die Höhlenexpedition ist spannend geschrieben, zieht sich am Ende zwar etwas lang hin, wirkt aber durch das Figurenzusammenspiel sehr stimmig. Einzig Roofpitter und die IT-Spezialistin Verleuwen bleiben, verglichen mit dem Rest der Protagonisten, ausgesprochen blass. Man hat das Gefühl, dass der Autor nicht recht wusste, wie er die beiden mit Leben erfüllen sollte.
In der Zwischenzeit gehen Tuire Sitareh und Ishy Matsu an Bord der MAYA, um die Pläne der Maahk-Flotte auszuhorchen.
Warum sich Tuire und Ishy unbedingt in den Maahkanzügen auf ein Maahkschiff begeben müssen, um Informationen zu sammeln, ist mir nicht völlig schlüssig. Vor allem, weil ein ähnlicher Einsatz bereits schiefging. Das riecht ein bisschen nach gewaltsamen Vorantreiben der Handlung. Das sie am Ende entdeckt und gefangen werden, ist da schon zu Beginn des Einsatzes vorhersehbar. Und wieder sind es die beiden Charaktere, die diese Plot-Schwäche wettmachen, denn sie harmonieren trotz ihrer Unterschiede sehr gut. Ich hoffe, das sie durch ihr gemeinsames Abenteuer einander näherkommen. Außerdem ist es schön Tuire mal wieder in Aktion zu erleben. Der Aulore hat mir in den letzten Romanen ein wenig gefehlt. Täusche ich mich, oder hatte er seit seinem Zusammenbruch auf Taui keinen Erinnerungsschub mehr?
Perry Rhodan erhält einen abgehackten Notruf von Thora und Crest, der ihn ins Snarf-System bringt. Dort findet er zwar die zerstörte Spacejet, aber weder seine Frau noch deren Ziehvater. An der Absturzstelle misst man nur eine seltsame hyperphysikalische Spur, mit der nicht mal Hyperphysiker Oxley etwas anzufangen weiß.
Ein Notruf lockt Rhodan also ins Snarf-System. Ich bin mir fast sicher, dass da eine höhere Macht am Werk ist, die a den Notruf abgesetzt hat und b Thora und Crest entführte, vielleicht auch rettete. Womöglich hat es wieder etwas mit den Liduuri und mit Zeitreisen zu tun. Das würde mir jedenfalls gefallen. Genaueres werden wir hoffentlich in den kommenden Romanen erfahren. Zumindest bin ich froh, dass die beiden noch am Leben zu sein scheinen. Das klang im letzten Roman weniger positiv und ich hatte mir schon Sorgen gemacht.
»Blick in den Abgrund« ist ein untypischer Roman für Rainer Schorm. Es geht fast nichts kaputt und die Action hält sich in Grenzen, dafür gibt es ein paar höchst unterhaltsame Szenen zwischen Perry Rhodan und Professor Oxley. (Woher bekommt der Wissenschaftler eigentlich die vielen Naschereien? Die müssen doch auf der CREST extra einen Konditor für ihn abgestellt haben.) Man lernt den Autor quasi von einer ganz neuen Seite kennen. Der Besuch von Thora und Crest auf dem zerstörten Arkon I ist tiefgründig und hochemotional und hat mich sofort gefesselt. Auch sonst las sich die Geschichte ruhig und getragen und nicht mit der ihm sonst eigenen getriebenen Hektik. Das der Roman trotzdem spannend ist, dafür sorgt der Autor mit einem kleinen Cliffhanger am Ende jedes Kapitels. Damit schuf Rainer Schorm einen wahren Pageturner. Denn im Gegensatz zu seinem letzten Roman, für den ich mehrere Tage brauchte, las ich diesen in ein paar Stunden. Seinen Hang zum Technobabble lebt er in Form von Professor Oxley in allen Zügen aus. Was Kai Hirdt für Eric Leyden ist, ist Rainer Schorm für Professor Oxley. Man merkt ihm an, wieviel Spaß ihm die Figur beim Schreiben macht.
Mein Fazit: Ein spannender Roman, der die Staffel-Handlung langsam aber stetig weiterentwickelt und mich vom Schreibstil des Autors her, mehr als überraschte. Klasse!