Piepsender Franzose

Das erste Auto an dem ich hinterm Steuer saß, war ein Golf. Das war während der Fahrschule. Und weil ich meinte, mit keinem anderen Auto fahren zu können, kaufte ich mir nach bestandener Fahrprüfung einen gebrauchten Golf II, den ich fast zwanzig Jahre lang fuhr. Irgendwie hatte das Auto etwas von einem bequemen eingelatschten Pantoffel. Man setzte sich rein und hatte das Gefühl, dass sich das Fahrzeug dem Fahrer anpasste. Wie ein Konturensessel bei Perry Rhodan. Mein Vater kaufte sich später einen Golf III, mit dem ich auch recht häufig fuhr, der aber nicht so lange hielt wie meiner. Vor ein paar Jahren mussten sich meine Eltern ein neues Auto kaufen, weil der Golf nicht mehr durch den TÜV kam. Preis und Abmessungen von aktuellem Golf und Polo zwangen sie dazu, sich nach einer anderen Marke umzusehen. Am Ende entschieden sie sich für einen Citroën C3.

Ab hier muss ich aufpassen, was ich sage, denn ich werde von meinen Eltern geschimpft, wenn ich schlecht über ihr Auto rede. Daher fange ich mit den Vorzügen an: unglaublich enger Wendekreis, das heißt man kann das Auto fast auf der Stelle drehen. Der Innenraum ist, verglichen mit dem winzigen Äußeren (Wir sind immer das kleinste Auto auf dem Parkplatz.) erstaunlich geräumig. Das Panoramadach ist schick, wenn nicht gerade die Sonne scheint oder es regnet. Und die sich selbst einklappenden Außenspiegel sind auch nicht so verkehrt. Für die Stadt ist das Auto ideal.

Zu den negativen Seiten gehören die kümmerliche Motorisierung. Ich weiß nicht, wohin die 85 PS verschwinden, ganz sicher nicht auf die Straße. Denn schon halb besetzt, sind Überholvorgänge mit diesem Auto kaum möglich und wenn, dann nur im zweiten oder dritten Gang. (Mein Golf hatte nur 55 PS und ging ab wie eine Rakete.) Die Ladekante des Kofferraums ist mehr als einen Meter hoch, was das Beladen zu einem Kraftakt macht. Und die winzigen Scheiberwischerchen verlieren sich auf der Mega-Panoramascheibe und schaffen es nicht mal auf der Beifahrerseite für freie Sicht zu sorgen. Von dem schwarzen Klavierlack im Innenraum und dem integrierten Duftspender will ich gar nicht erst anfangen.

Das Allerschlimmste an dem Auto aber ist die Geräuschkulisse beim Anlassen. Die Kakaphonie von Piepslauten ist nicht nur verwirrend, sondern auf Dauer extrem nervig. Wenn dann noch das Gepiepse der Abstandssensoren hinzukommt, wünschte man sich Oropax. Neuester Clou nachdem das Auto im Frühjahr zur Durchsicht war, fiept es jetzt auch noch wenn man rückwärts fährt, so wie bei einem LKW. Aber nicht draußen, sondern drin. Das ist echt stressig. Ich bin die letzten beiden Tage ein paar mal völlig verwirrt beim Rückwärtsfahren stehengeblieben, weil ich dachte, hinter dem Auto ist ein Hinterniss. Bis ich endlich dahinter gekommen bin, dass ist ein »Feature not a bug«.

Ich hör jetzt lieber auf, sonst darf ich nicht mehr damit fahren. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, wünsche ich mir meinen Golf zurück. Der hatte zwar weder Servolenkung noch Airbag, aber wenigstens hat er nicht gepiepst.

3 thoughts on “Piepsender Franzose

  1. Lustig, ein Golf II war auch mein erstes eigenes Auto. Der hat von 1984 bis 2001 durchgehalten. Ich habe ihn 1989 gebraucht gekauft. Mit dem Golf IV, den ich danach hatte, war ich recht zufrieden, der hatte nicht so viel elektronischen Firlefanz, der zwangsläufig irgendwann kaputtgeht und für viel Geld repariert werden muss. Mein neuer Golf VI ist für meinen Geschmack schon zu üppig mit solchem Kram ausgestattet. Natürlich piepst er auch. Zum Glück nur beim Rückwärtsfahren.

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