Dieser Tage jährte sich der Geburtstag von Franz-Josef Strauß zum hundertsten Mal. Aus diesem Anlass lief im Deutschen Fernsehen der Spielfilm „Die Spiegel-Affäre“ von 2014. Das war auch für mich ein Grund mal wieder nach der DVD im Regal zu greifen.
In dem auf Tatsachen basierenden Film geht um Spiegel-Gründer Rudolf Augstein und den damaligen Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß, die sich ab 1957 eine Privatfehde auf dem Rücken von Angestellten und Parteifreunden lieferten. Augstein haderte mit der Einstellung von Strauß, dass die Bundesrepublik unbedingt atomar bewaffnet sein sollte, und er als Verteidigungsminister nicht zögern würde, den „Roten Knopf“ zu drücken. Außerdem waren ihm Strauß‘ intrigante Machenschaften ein Dorn im Auge. Im Film wird deutlich wie sich Augstein nach und nach immer weiter in den Hass gegen Strauß hineinsteigert, mitunter gegen den Willen seiner Verlagsangestellten und Freunde. Als in der Spiegel-Ausgabe vom 10. Oktober 1962 der Artikel „Bedingt abwehrbereit“ von Conrad Ahlers und dem Bonner Spiegelredakteur Hans Schmelz zu den Resultaten des NATO-Manövers „Fallex 62“ erschien, ist dass der Tropfen, der das Fass zum überlaufen bringt. Nach Anzeige wegen Landesverrats veranlasst Strauß die Durchsuchung und Besetzung der Spiegelredaktion, tagelang werden die Räume durchsucht und einige der Mitarbeiter festgenommen. Darunter auch Conrad Ahlers, der mit seiner Frau in Spanien Urlaub macht. Seine Festnahme wäre aus rechtlichen Gründen eigentlich nicht möglich gewesen und ist nur durch Überschreitung von Befugnissen durch Strauß persönlich zustande gekommen. Auch Augstein wurde für 103 Tag in Haft genommen, bevor das Verfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt wurde.
Die Besetzung der Spiegel-Büros tritt in Deutschland eine Welle an Protesten los. Vor allem junge Menschen, die die Hitler-Diktatur und den Krieg noch miterlebt haben, sehen die Pressefreiheit gefährdet. Auch wenn die Spiegel-Affäre eigentlich eine Farce war, so wurde sie doch zu einer politischen Affäre, die im Nachhinein zur Entlassung zweier Staatssekretäre führte und den Rückzug Franz-Josef Strauß nach Bayern nach sich zog.
Ich fand den Film auch beim zweiten Mal unheimlich spannend und das nicht nur, weil David Rott mitspielt. Mir gefällt wie lebendig hier Geschichte aufgearbeitet wird. Für jemanden der mehr als zehn Jahre nach Handlungszeit des Films geboren wurde, ist der Eindruck, verglichen mit heute, ein wenig befremdlich, aber ungeheuer interessant. Auch wenn vielleicht nicht alles genau so wiedergegeben wurde, wie es seinerzeit war, so bekommt man als Zuschauer doch einen recht guten Eindruck. Vor allem, wenn man sieht, wie abfällig die Frauen in jener Zeit behandelt wurden. Da gab es schon mal vom Chef einen Klaps auf den Hintern und den Spruch „… dass weibliche Ressortleiter nicht infrage kämen …“. Davon, das überall gequalmt wurde, ganz zu schweigen. Beides ist heute ein Ding der Unmöglichkeit. So ändern sich die Zeiten.
Die Darsteller sind allesamt hervorragend ausgewählt. Besonders hervor sticht Francis-Fulton Smith als Franz-Josef Strauß, der für diese Rolle mindestens zwanzig Kilogramm zugenommen haben muss. Aber auch Sebastian Rudolph als Rudolf Augstein, Gerald Alexander Held als Siegfried Buback, Otto Mellies als Konrad Adenauer und „der letzte Bulle“-Henning Baum als Oberst Alfred Martin glänzen in ihren Rollen. Man spürt förmlich die Spielfreude aber auch die Ernsthaftigkeit, mit der die Mimen bei der Sache waren. David Rott als Conrad Ahlers (auch als der „schöne Conny“ bezeichnet) spielt den aalglatten Journalisten mit diesem überlegenen Gebaren, das er so brillant beherrscht. Und natürlich darf er auch in diesem Film wieder uneingeschränkt rauchen und sich mit hübschen Frauen umgeben.
Fazit: Nicht nur für David Rott-Fans sondern für alle Geschichtsinteressierten ist dieser deutsche Politikthriller ein unbedingtes Muss. Selten habe ich Politik und Geschichte so unterhaltsam aufgearbeitet gesehen. Mein Tipp: Unbedingt anschauen!
In einem interessanten Artikel in der Süddeutschen Zeitung kommentiert Franziska Augstein den Film und zeigt seine dramaturgischen „Verdrehungen“ auf.